Mittwoch, 9. Juli 2008
Hochqualifizierte und Rassismus in Deutschland
Gerade wird wieder viel über die Anwerbung von hochqualifizierten MigrantInnen, die Deutschland nutzen sollen, gesprochen. Als Teil meiner Forschungsprojekte abonniere ich auch eine Mailing-Liste, in der sich hochqualifizierte indische MigrantInnen austauschen. Viele der geposteten Fragen drehen sich um bürokratische Probleme mit Aufenthaltsgenehmigung, (Sozial)Versicherungen, etc. Aber es wird auch immer wieder der Rassismus in Deutschland moniert.

Gestern hat einer unter dem Titel Deutsches Justizsystem einen Vergleich zwischen den milden Verurteilungen von 'Deutschen', die 'AusländerInnen' zusammenschlagen (z.B. hier), und dem harten Urteil gegenüber 'AusländerInnen', die einen 'Deutschen' zusammenschlagen (aktuell hier), gezogen. Er beendet seinen Beitrag mit:

"This is the German justice system which we should get use to….."

Mehr zu der unterschiedlichen Behandlung ähnlicher Taten auch hier im Blog.

Nachtrag: Die taz berichtet über den Münchner Prozess, dass die Verteidigung noch einen Beweisantrag gestellt hat, um zu klären ob das Opfer sich möglicherweise vor der Tat rassistisch geäußert hat. Der Staatsanwalt und das Gericht das aber abgelehnt und wohl als nicht relevant angesehen haben. Allein gesehen, vielleicht ok. Im Vergleich mit anderen Taten und deren Verfolgung aber schon auffällig.

Noch ein Nachtrag: bikepunk kommentiert und ergänzt diesen Beitrag.

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Dienstag, 8. Juli 2008
Türken und Juden
In der taz heute ein sehr lesenswerter Kommentar von Sergey Lagodinsky zu den Debatten rund um Faruk Sens Äußerung zu Türken und Juden. Ein paar Auszüge:

"... Der Verdacht liegt nahe, dass die ablehnenden Reaktionen auf Sen nichts mit den Befindlichkeiten der Juden, sondern mehr mit den Befindlichkeiten der deutschen Mehrheitsgesellschaft zu tun haben. ...

Mit einer Arroganz der Geläuterten glauben wir Deutsche gerne, alles Nötige aus unserer Vergangenheit längst gelernt zu haben, und wollen uns von niemandem das Gegenteil vorwerfen lassen - erst recht nicht auf Türkisch! ...

Wir lagern den antisemitischen Völkermord in die Kategorie des Unmenschlichen aus und nehmen damit dem Antisemitismus jeglichen Bezug zu uns und unserem Alltag. ...

Kein Wunder also, dass Sen über die Diskriminierungsgeschichte der Juden in Europa redet, und wir ihn über die Vernichtungsgeschichte der Juden in Deutschland sprechen hören. ...

Inakzeptabel ist es aber, den Vergleich von Diskriminierungserfahrungen tabuisieren zu wollen, um Befindlichkeiten der deutschen Mehrheitsgesellschaft zu schützen. ..."

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Montag, 7. Juli 2008
Keine Festung Europa
tagesschau.de berichtet, dass die EU-InnenministerIn unter kompletten Realitätsverlust leiden:

"Die Innenminister der Europäischen Union beraten in Cannes über ein härteres Vorgehen gegen illegale Einwanderung. Trotz der Kritik von Menschenrechtlern will der ranzösische Einwanderungsminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende Brice Hortefeux bei dem Treffen einen Vorschlag unterbreiten. Dieser sieht eine schnellere Ausweisung bei fehlender Aufenthaltsgenehmigung vor und soll bis 2010 zu einer gemeinsamen Asylpolitik führen.

....Bei den Mitgliedsländern stoßen die Vorschläge Frankreichs auf Zustimmung. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble sagte: "Wir machen aus Europa keinen Bunker, sondern wir steuern Wanderbewegungen in der Welt." Ferner betonte er: "Ich sehe keine Mauer um Europa".

Auch der luxemburgische Justizminister Luc Frieden stellte klar: "Es geht nicht darum, eine Mauer zu bauen." Europa könne selbst entscheiden, wer hereinkomme."


Vielleicht sollte eine mal den InnenministerInnnen erklären, dass eine Festung sich dadurch auszeichnet, dass sie sich gegen von außen kommendes abschottet. Siehe auch Themensammlung abschieben.

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Sonntag, 6. Juli 2008
Die Geschichte meines Namens
Die Geschichte meines Namens scheint ein beliebter Einstieg in ein Seminar zu antirassistischen/Diversity/interkulturellen/etc. Trainings zu sein. Heute auch wieder. Ich kann viel über die Geschichte meines Namens sagen. Aber nicht weil mich das je interessiert hat. Sondern weil ich mein Leben lang nach der Bedeutung meines Namens gefragt wurde. Mir gesagt wurde, wie interessant mein Name sei, viel interessanter als die deutschen Namen. Man bedauerte, dass ich die Bedeutung nicht kenne. Und mir die Geschichte meines Namens von anderen geradezu aufgedrängt wurde. Über genau diese Fragen wird mir immer wieder klar gemacht (siehe auch hier), dass ich nicht wirklich dazu gehöre, dass ich anders bin, dass ich woanders hingehöre. Deshalb habe ich mich der Übung auch heute wieder verweigert. Ich will bei einem antrirassistischen Training nicht Rassismuserfahrungen wiederholen.

Die Übung müsste nur minimal abgeändert werden, damit auch ich sie gut finde. Die Frage sollte sein: welche Bedeutung(en) hat Dein Name für Dich? Dann kann ich von meinen Rassismuserfahrungen sprechen oder von meinem Spitznamen oder von meinen Eltern oder vielleicht auch von der Geschichte des Namens oder .... Dann kann Kennenlernen über diese Übung viel besser erfolgen.

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Woher kommen Sie?
Ich war kürzlich auf einer wissenschaftlichen Migrationstagung. Beim Abendessen fragte mich eine andere Teilnehmerin etwas über mich, die genaue Formulierung erinnere ich nicht mehr genau, aber sie muss etwas über meine 'Identität' bei Geburt gefragt haben und ich weiß noch, dass sie die Frage mit meinem Namen begründet hat. Denn auf meine Nachfrage, wie sie denn das was sie gefragt hat definiere, sagte sie Staatsbürgerschaft und ich antwortete, dass ich tatsächlich nicht mit deutscher Staatsbürgerschaft geboren wurde. Auf der Basis konnten wir dann über Staatsbürgerschaftsrecht anstatt über meine Herkunft reden.

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Samstag, 5. Juli 2008
Exzellenz
"Auch im Bereich der Mittel sind allerdings keine Quoten geplant. Der Grund: Man wolle sicherstellen, dass ein "exzellentes Projekt" nicht daran scheitern soll, " dass Wissenschaftlerinnen nicht beteiligt sind", so Kleiner." berichtet die taz über Diskussionen der DFG über eine Förderung von Frauen in der Wissenschaft.

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Mittwoch, 2. Juli 2008
BerlinerInnen mit Migrationshintergrund
"Ein Viertel aller BerlinerInnen sind eingewandert oder Nachkommen von EinwanderInnen. Das geht aus einer Analyse melderechtlicher Daten hervor, die das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg am Dienstag gemeinsam mit dem Integrationsbeauftragten des Senats, Günter Piening, vorstellte." berichtet die taz.

Woher wissen die das? Welche Daten haben die über mich, dass sie meinen Migrationshintergrund feststellen können? Und wenn sie keine haben, wie können sie dann die Zahl derer mit Migrationshintergrund angeben?

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Transphob oder nicht
In der taz heute zwei Artikel über den werdenden Vater Thomas Beatie:

Cigdem Akyol kann offensichtlich gut mit Sachen/Menschen/Ideen umgehen, die aus der Norm fallen, und begrüßt das sogar:

"Der schwangere Transsexuelle zeigt, dass es nicht nur Schwarz und Weiß gibt, sondern auch etliche Grauschattierungen. ... Beatie führt ein Leben mit Brüchen und Veränderungen. Ein echtes Leben eben. Ein Dasein als Mann mit einer Gebärmutter."

Auf dem transgenialen CSD 2008

Arno Frank hingegen scheint in seinem Wunsch nach Normeinhaltung völlig irritiert und schlägt deshalb wild (und wenig überzeugend) um sich:

"Das mag ihm glauben, wer will, und derzeit glauben viele Menschen solchen Quatsch sehr gerne - was vor allem an den bizarren Auswüchsen der Genderstudies liegt, deren Ziel es ist, der Gesellschaft einzutrichtern, das Geschlecht sei nichts weiter als ein soziales Konstrukt, das prinzipiell zur Disposition steht und damit unseren Vorlieben sowie der Geschicklichkeit teurer Chirurgen unterworfen ist. Gebärmutter bleibt Gebärmutter, in wessen Bauch auch immer sie steckt."

Enden muss er dann auch noch offen transphob:

"Thomas Beatie ist kein Mann, sondern eine schrecklich verstümmelte Frau - und gottlob nicht verstümmelt genug, um keine Kinder gebären zu können."

Eine solche platte und aggressive Argumentation passt eigentlich eher zu Franz Josef Wagners Bild-Kolumne als zur taz.

Nachtrag 08.07.08: Zum wenig souveränen Umgang der taz mit der Kritik siehe hier.

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Montag, 30. Juni 2008
Public hearing
Als wir Mittwochabend auf dem Balkon gegessen haben, konnten wir die Tore der türkischen Männerfußballnationalmannschaft gut hören. Und von denen der deutschen Männerfußballnationalmannschaft unterscheiden. Bei letzteren war das Geböllere und Geschreie noch lauter und länger.

Heute abend waren wir uns nicht sicher, ob es wirklich ein Tor war. Es gab kaum Jubel. Und auch der Fernsehmoderator, den wir quer über den Hinterhof als Geräuschkulisse verfolgen konnten, blieb sehr ruhig.

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Transgenialer CSD
Transparent auf dem Transgenialen CSD 2008

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