Samstag, 11. Februar 2006
Kelek und die 'Deutschen'
Vor gut einer Woche veröffentlichten WissenschaftlerInnen, die sich mit Migration und Zugehörigkeit in Deutschland beschäftigen, einen offenen Brief, in dem sie die 'deutsche' Integrationspolitik kritisierten und dabei auch auf die fragwürdige Instrumentalisierung von 'authentischen' WissenschaftlerInnen wie Necla Kelek eingingen.

Auf den ersten Blick scheint es so, dass der Schuss nach hinten losgegangen ist. Kelek durfte in mehreren Zeitungen ihre wenig fundierte, dafür aber populistische Replik publizieren. Nicht nur konservative JournalistInnen sprangen ihr zur Seite und nahmen sie vor den 'neidischen' WissenschaftlerInnen in Schutz. Keiner schien den offenen Brief genau zu lesen und sich die Liste der WissenschaftlerInnen genau anzuschauen. Deren Werke kennen noch weniger, sonst würde Keleks Replik nicht so fraglos angenommen. Diese WissenschaftlerInnen zeichnen sich gerade durch Differenzieren aus. Sie analysieren die Prozesse, die zu Ausgrenzungen führen. Die meisten prangern nicht nur Rassismus sondern auch Sexismus und Homophobie an. Intersektionalität ist ihr Thema. Und sie verweigern einfache Antworten wie 'Der Islam ist an allem Schuld.' Damit sind sie nicht marktgängig wie Daniel Bax heute in der taz schreibt:

"Der Erfolg von Necla Kelek und Seyran Ates beruht darauf, dass sie ein klares Feindbild haben. Wenn vor allem die Migranten selbst und eine finstere Gutmenschenmafia aus Multikulti-Ideologen und Migrationsforschern für die Integrationsmisere verantwortlich sind, wie sie behaupten, dann trifft die deutsche Gesellschaft keine Schuld. Kelek und Ates bedienen damit die Ressentiments der Mehrheitsgesellschaft, denn ihre Wut auf türkische Männer passt gut zur deutschen Angst vor allem Fremden. Und so sind die Gesetze des Medienmarkts: Wo eine Nachfrage besteht, da gibt es auch ein Angebot."

Nicht der offene Brief hat zu dem Schulterschluss geführt. Denn gab es schon vorher, er war nur nicht so offensichtlich.

Nachtrag 21.06.06: Es scheint fast, dass mittlerweile wieder differenziertere Meinungen gehört werden.

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