Mittwoch, 29. Januar 2014
Migrationshintergrund
Ich bin Bürderdeputierte im Integrationsausschuss meines Bezirks. Bürgerdeputierte im Integrationsausschuss sollen (müssen aber nicht) Migrationshintergrund haben. Der Senat will nun wissen, wie viele unserer bezirklichen Bürgerdeputieren diesen Migrationshintergrund haben. Also klingelt mein Telefon. Das Büro der BVV ist dran, erklärt sein Anliegen. Sie wüssten nicht, ob ich einen Migrtionshintergrund hätte. Habe ich einen? Ich bin etwas gemein und frage erstmal nach der Definition. Sage, dass ich deutsche Staatsbürgerin sei. Aber nicht seit Geburt. Ja, ein Elternteil sei nach 1949 nach Deutschland migriert. Wir stellen fest, ich habe einen Migrationshintergrund.

Ich sage irgendsowas wie "Ja, nach der Definition habe ich einen Migrationshintergrund.". Da meint das Büro, ob ich mich mit der Bürgerdeputierten X abgesprochen hätte. Die hätte das gleiche gesagt. Ich verneine. Da meint es, na, vielleicht hätten wir mal drüber gesprochen.

Ich verate mal was: Dafür müssen wir uns nicht absprechen. Mit so einer Definition kann mensch sich nicht identifizieren.

0 Kommentare in: andere deutsche   ... comment ... link


Montag, 27. Januar 2014
Marzahn migrantisch
Ein kurzer Vortrag zu No-Go-Areas, Vertragsarbeitenden und demographischen Veränderungen am Beispiel von Marzahn:

DemografieLab Vortrag: Dr. Urmila Goel

0 Kommentare in: veranstaltung   ... comment ... link


Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus
Mit der Befreiung von Auschwitz war der Horror für die Überlebenden noch lange nicht vorbei. Lizzie Dorons Buch Es war einmal eine Familie hat mir das vor kurzem noch einmal deutlich gemacht.

0 Kommentare in: anti-semitismus   ... comment ... link


Freitag, 24. Januar 2014
Evangelikale Macht
Die taz berichtet über einen schwulen Lehrer im ländlichen Baden-Württemberg, der sich insbesondere aufgrund von evangelikalen Eltern nicht zum schulischen Coming Out traut.

0 Kommentare in: heteronormativ   ... comment ... link


Donnerstag, 23. Januar 2014
Berlinale Bär
Letzes Jahr hat Nazif Mujic für seine Rolle in "Epizoda u zivotu beraca zeljeza" den Silbernen Bären für den besten Schauspieler bekommen. Ich habe den Film gesehen und war von ihm filmisch wenig überzeugt. Eine bedrückende Geschichte über das Leben von Roma in Bosnien. Aber die Idee, dass die Menschen, die das Leid selbst erfahren haben, ihre Geschichte in einem Spielfilm spielen, hat für mich nicht wirklich funktioniert. Das war kein richtiger Spielfilm und auch kein Dokumentarfilm (es fehlte eine erzählerische Idee). Die Schauspieler waren keine Schauspieler, aber auch nicht sie selbst. Warum Mujic dafür den silbernen Bären bekommen hat, ist mir nicht klar geworden. Ich hatte aber die Hoffnung, dass er ihm zumindest helfen würde.

Ein Bericht der taz macht jetzt aber klar, dass das nicht der Fall war, sondern im Gegenteil. Als Preis bekam Mujic nur den Bär aber kein Geld. Als Gage bekammen er und seine Frau insgesamt 1000 Euro. Nach dem Preisgewinn glauben aber alle, dass sie jetzt genug Geld hätten und so haben sie jetzt keine Einkommensmöglichkeit mehr und kommen weiterhin nicht an medizinische Versorgung (das war das Thema des Filmes). Zurzeit lebt die Familie in einem Flüchtlingsheim in Berlin-Gatow, ihr Asyantrag wurde aber abgelehnt, Anfang März müssen sie Deutschland verlassen. Mujic sagt der taz:

„Wir wollen den Teddybären zurückgeben, wenn wir dafür hierbleiben und arbeiten dürfen.“

Schön, dass der Film ausgezeichnet wurd und sich danach niemand mehr um die Familie kümmert.

0 Kommentare in: antiziganismus   ... comment ... link


Montag, 20. Januar 2014
Optionszwang aufheben
Laut Koalitionsvertrag soll die Optionspflicht für in Deutschland aufgewachsene Kinder von ausländischen Staatsbürger_innen abgeschafft werden. Laut taz hat Hamburg bereits den Optionszwang aufgehoben. Die Grünen haben letzte Woche einen Gesetzentwurf eingebracht, der die anderen Bundesländer dazu bringen soll, dem Beispiel zu folgen.

0 Kommentare in: staatsbuergerschaft   ... comment ... link


Sonntag, 19. Januar 2014
Rassismus in Delhi
Auf suedasien.info habe ich (aus aktuellem Anlass) über alltäglichen Rassismus gegen Menschen, die Afrika zugeschrieben werden, in Delhi geschrieben:



Rassisistische Äußerungen und Handlungen von Delhis AAP Justizminister Somnath Bharti (siehe dazu eine Analyse von Adity Nigam auf kafila.org) scheinen gerade zu einer öffentlichen Diskussion über rassistische Ausgrenzungen gegen Menschen, die als Afrikaner_innen betrachtet werden, in Indien zu führen. Die Hindustan Times hat verschiedene Artikel dazu veröffenlicht: einmal zum Vorfall mit dem Minister in Khirki Village, über Beschwerden die von Ugander_innen eingereicht wurden und über alttägliche rassistische Ausgrenzung auf Delhis Strassen.

Aktivist_innen haben für heute zu einem Sit-in against racial violence am Jantar Mantar eingeladen.


Nachtrag 21.01.14: Rassismus ist nicht nur ein Machtinstrument von weißen Menschen argumentiert ein Beitrag auf kafila.org.

Nachtrag 03.02.14: Sibi Arasu beschreibt Rassismus in Indien.

0 Kommentare in: rassistisch   ... comment ... link


Donnerstag, 16. Januar 2014
Schulinhalte manipulieren
Als die hindunationalistische BJP bis 2004 die Regierung in Indien stellte, schrieb sie die Schulbücher für Geschichte um (der Guardian) berichtete 2004 darüber, dass die Nachfolgeregierung das wieder rückgängig machen wollte). Ähnliches passiert wie die taz berichtet gerade in Japan:

"Zu sehr würden die Gräueltaten der japanischen Armee im Zweiten Weltkrieg in den Vordergrund und in internationalen Konflikten die japanische Sichtweise zu wenig ins Zentrum gerückt, zitierte die Tageszeitung Asahi Bildungsminister Hakubun Shimomura im November. Auf Basis solcher Bücher könne die japanische Jugend nicht lernen, ihr Land zu lieben."

Und in Baden-Württemberg versuchen rechte und fundamentlistische Kräfte zu verhindern, dass über im Schulunterricht auch nicht-heteronormative Lebensformen vorkommen (siehe z.B. die Süddeutsche).

Schule ist ein wichtiger Ort, um Geschichte und Werte zu fest zu schreiben - und deswegen ein Ort von Auseinandersetzungen.

0 Kommentare in: geschichtsschreibung   ... comment ... link


Neu - oder keine Ahnung?
Wenn mensch zum ersten mal auf eine Idee kommt, zum ersten mal auf eine bestimmte Theorie stösst, etwas selber schreibt, dann besteht die Gefahr, dass mensch meint, nicht nur für si_er ist das neu, sondern es ist überhaupt ganz neu, ganz furchtbar innovativ und mensch ist die_der Erste, die_der diese grandiose Idee hatte. (Ich gehöre bzw. hoffe gehörte zu diesen Menschen.) Dann werden die eigenen Erkenntnisse, das eigene Geschriebene als was völlig Neues in die Welt posaunt.

Wenn mensch sich dann aber weiter mit der Idee, den Theorien und Geschriebenen auseinandersetzt (recherchiert), dann wird mensch wahrscheinlich feststellen, so furchtbar neu ist das gar nicht. Das haben einige schon vorher gedacht und vielleicht auch schon viel komplexer. Es gibt eine Geschichte zu dem Denken und von diesem kann mensch lernen. (Aber nur wenn mensch nicht zu sehr mit der eigenen Grandiosität beschäftigt ist, tatsächlich recherchiert und bereit ist zuzugeben, dass da andere schon vorher drüber nachgedacht haben.)

Migration, zum Beispiel, ist ja kein besonders neues Phänomen. Die gab es schon immer und da wurde auch schon immer drüber nachgedacht. Darauf sollten Migrationsforschende und -schreibende aufbauen und die eigene Singularität kritisch in Frage stellen.

Denken und Veröffentlichen darf mensch natürlich auch, wenn es nicht gänzlich neu ist. Es gibt ja auch noch andere Menschen für die ihr_sein Denken neu ist. Oder es ist eine interessante Ergänzung zu dem, was schon da ist. (In dem Sinne ist wohl auch dieser Blog zu lesen, besonders neu sind die Gedanken hier nicht, aber sie zeigen meine Auseinandersetzung mit einem Thema und für manche Lesende mögen es auch neue Gedanken sein.)

Aktueller Anlass für diesen Blogbeitrag ist das Label "Neue Deutsche", bei dem mir nicht so klar wird, was genau neu ist. Aber das ist nur der aktuelle Anlass, begegnet sind mir geschichtslose Konzepte schon öfter (und wie gesagt, auch bei mir selbst).

0 Kommentare in: geschichtsschreibung   ... comment ... link