Donnerstag, 16. Januar 2014
Kopftuch
Das muslimische Kopftuch hat interessante Auswirkungen in Deutschland. Es scheint Menschen zu signalisieren, frag mich, was Du willst. Alle Fragen, die Du jemals zum Islam loswerden wolltest, stell sie. Auch wenn es keine Fragen sein sollten, sondern eigentlich Statements.

Die junge Mitarbeiterin des Veranstalters heute abend hat da Klasse darauf reagiert. Als der Typ auf sie zukam und sich alle Rechte des Fragens und Zuschreibens rausnahm, war ich völlig geschockt. Sie aber schien das gut zu kennen. Sie bezog sich ganz auf ihre offizielle Funktion, liess alles Persönliche abperlen und verwies auf das weitere Veranstaltungsprogramm, worin der Fragende sicher auch Veranstaltungen zum Islam finden würde. Damit hat sie ihn tatsächlich zum Verstummen gebracht. Beeindruckend!

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Freitag, 10. Januar 2014
Rassismsus gobal
Rasistische Ausgrenzung ist ein Phänomen, dass sich um die ganze Welt zieht. Aus den letzten drei Tagen taz nur ein paar wenige Beispiele:

Nicht nur die CSU sondern auch in Großbritannien wird Angst vor der Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien geschürt. Besonders aktiv ist dabei insbesondere die rechtspopulistische Ukip. Die Tories bedienen allerdings die gleichen Bilder, um rechte Wähler abzuholen (und sicher auch aus ideologischer Überzeugung), wie die taz berichtet:

"Bei den Tories geht deshalb die Angst um. Vor den Europawahlen im Mai sind sie zerstrittener denn je in der Frage, wie man mit der Ukip umgehen solle. Cameron, der die Ukip einmal als „Ansammlung von Trotteln, Verrückten und verkappten Rassisten“ bezeichnet hat, will die EU-Regelungen über Migration reformieren. Er will, dass das freie Niederlassungsrecht nur für Menschen aus Ländern gilt, deren Bruttoinlandsprodukt dem EU-Durchschnitt entspricht."

Die Reichsten der Festung Europa wollen auch innerhalb der EU Festungen aufbauen. Den Rändern der EU wird derweil die Aufgabe zugewiesen, Migration von außen abzuhalten. Je stärker die Festung Europa, um so mehr suchen sich Migrant_innen andere Ziele. Eines davon ist Israel, sowohl für Flüchtlinge wie Arbeitsmigrant_innen. Israel aber will die Flüchtlinge genauso wenig wie die EU und kaserniert sie in der Wüste. Dagegen protestieren Flüchtlinge wie u.a. die taz berichtet. Aber wie die EU scheint sich Israel wenig für Menschenrechte zu interessieren, es geht ihnen nur um Abschottung wie die taz schreibt:

"Igal Palmor, Sprecher des Außenamts in Jerusalem, nannte die Situation „komplex“. Israel sei der einzige entwickelte Staat mit einer Landgrenze nach Afrika und sei deshalb relativ leicht zu erreichen. Aufgrund politischer Instabilität in den Nachbarländern sei es zudem „praktisch unmöglich, eine regionalkooperierende Lösung mit den Herkunfts- und Transitländern“ zu erreichen. "

Ein anderes Zentrum für Migration ist Russland, wohin viele Arbeitsmigrant_innen aus dem Kaukasus und Zentralasien kommen. Wie die taz berichtet müssen sie dabei immer rassistische Gewalt befürchten und dienen dabei wirtschaftlichen Interessen:

"Der kirgisische Politologe Mars Sarijew macht eine fehlende Integrationspolitik in Russland für die Exzesse verantwortlich: Die russische Bauwirtschaft und der Handel fußten auf der Ausbeutung der entrechteten Gastarbeiter. Diese suchten in der organisierten Kriminalität Schutz vor Übergriffen - eine Verbindung, die die russische Bevölkerung empöre."

Die Komplexität von Rassismus zeigt sich rund um den französischen Komiker Dieudonne, der sich antisemitisch produziert (wie die taz) berichtet und dabei wohl gerade auch unter marginalisierten Jugendlichen Zustimmung findet. Ausgrenzung durch einen Rassismus (hier koloniale Rassismen) bedeutet nicht, dass mensch vor Reproduktionen eines anderen Rassismus (Antisemitismus) gefeit ist.

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Donnerstag, 9. Januar 2014
Wer betrügt, der fliegt
Ein einprägsamer Slogan.

Auch wenn er eigentlich nicht viel aussagt. Zu uneindeutig ist er. Was genau bedeutet betrügen? Steuern hinterziehen? Wahlversprechen brechen? Soziale Leistungen beziehen, obwohl mensch zu viel verdient? Wer bestimmt, was Betrug heisst? Und was bedeutet "fliegen"? Bedeutet das, dass nur die betrügende Person sich den Luxus von Flugreisen leisten kann? Ist es eine Belohnung?

Da der Slogan von der CSU kommt, ist natürlich klar, was er bedeutet. Konkret ist er rassistisch und spezifisch antiziganistisch. Als Betrug wird definiert, dass ein Mensch ihrer Meinung nach nicht nach Deutschland gehört und trotzdem hier ist. Deshalb sind auch all die Argumente egal, dass es gar keine Nachweise von erheblichen unberechtigten Bezug von Sozialleistungen gibt. Fliegen steht für rassistische Ausgrenzung (Abschiebung, Beschimpfung, etc.).

Der Betrug, dass die CSU da falsche Aussagen über Menschen aufstellt (Sozialbetrug, etc.), hingegen ist ein Betrug, für den die CSU belohnt werden will durch hohe Stimmenzahl. So wie sich auch für andere Formen des Betrugs einsetzt bzw. sie für angemessen hält (Steuerbetrug, Brechen von Wahlversprechen, Verharmlosung von Verkehrsdelikten, etc.).

Zu befürchten ist, dass dieser Betrug tatsächlich der CSU zum Fliegen verhilft.

Nachtrag: Das Migazin hat auf seiner Facebookseite ein schönes Bild zum Thema:

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Mittwoch, 8. Januar 2014
Neu erschienen: Indian transnationalism online
Vor zwei Jahren war ich auf einer Konferenz in Hyderabad zu "Indian transnationalism online". Jetzt ist das Buch zur Konferenz bei Ashgate erschienen (leider viel zu teuer).



In meinem Artikel "From the German Periphery" setze ich mit methodologischen Fragen von Migrationsforschung und virtuellen Ethnographien auseinander.

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Samstag, 21. Dezember 2013
Abendländische Kultur des Hasses?
Zunehmend nehmen Menschen wahr, dass nicht alle Bewohner_innen, Schüler_innen und Kinder in Kitas christlich (oder überhaupt religiös) sind. Daher gibt es zunehmend auch Überlegungen darüber, wie mit christlichen Ritualen umgegangen wird. Die Versuche des Umgangs sind dann mal mehr und mal weniger gelungen. Die Suchbewegungen werden sicher noch länger andauern, um eine Balance zwischen 'Tradition', Ritual, Religiösität, etc. zu finden.

Bei allen Suchbewegungen kann mensch sich aber sicher sein, dass die Verfechter_innen der abendländischen Kultur mit Hass (und Rassismus) reagieren werden. Sie sehen immer gleich das Abendland (was immer das sein soll) in Gefahr, setzen Christentum und Deutschsein gleich und grenzen alles andere aus. Häufig genug aus nichtigem Anlass. So war das wohl beim Aufschrei um den Martins-Umzug.

Jetzt berichtet die taz über eine Schule in Stuttgart, die in den Fokus der hassenden Abendländer (in abendländischer Tradition lass ich da mal den Gender Gap weg) gekommen ist:

"Aber dann tauchte am zurückliegenden Wochenende die Einladung an die Eltern auf dem islamfeindlichen Onlineportal „Politically Incorrect“ (PI-News) auf, inklusive Foto und Kontaktdaten der Direktorin. Im Laufe der ganzen Woche gingen an der Schule Drohungen und rassistische Mails und Anrufe ein, die Rede war von „Ethik-Mumpitz“. "

Schönes Abendland.

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Samstag, 14. Dezember 2013
Widerstand gegen Section 377
2009 hatte der Delhi High Court geurteilt, dass die Section 377 des Indian Penal Code nicht mehr auf konsensualen Sex zwischen Erwachsenen angewendet werden darf. Die Kriminalisierung und Einschüchterung von Nicht-Heterosexuellen nahm spürbar ab und ein neues Selbstverständnis entwickelte sich. Letzten Mittwoch hat nun der Supreme Court dieses Urteil zurück genommen, die Section 377 gilt wieder voll.

Das hat die queere Community zuerst in Schock versetzt. Aber schon schnell kamen widerständige Reaktionen. So zum Beispiel vom Aktivisten und Rechtsanwalt Gautam Bhan:



Auf dem Blog kafila sind eine Reihe von Analysen des Gerichtsurteils sowie politische Positionierungen erschienen. Für Sonntag wird weltweit zum Global Day of Rage mobilisiert (auch in Berlin).

Aber nicht nur die queere Community und Aktivist_innen empören und engagieren sich. Mein Vater ist gerade aus Indien wieder gekommen und meinte, dass ausser religiösen Fundamentalist_innen alle empört seien. Auch ein Beitrag von NDTV zeigt die allgemeine Empörung. Ausserdem diskutieren in dem Beitrag mehrere queere Aktivist_innen das Urteil, die Konsequenzen und den Widerstand. Jaya Sharma betont, dass das Urteil eine Folge des patriarchalen Systems ist.


Nachtrag 15.12.13: In Berlin demonstrierte eine kleine Gruppe mit einem Weg vom Denkmal für die verfolgten Homosexuellen zur Indischen Botschaft.

Demonstration vor der Indischen Botschaft in Berlin

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Ausnutzung von Tod
Der Mitbewohner stürzt sich vom Balkon und ist tot. Schock. Auseinandersetzung mit dem Tod und der Wohnung. Entscheidung in der Wohnung zu bleiben.

Mehr als drei Monate später (und nach wiederholter Aufforderung) schickt die Hausverwaltung einen Mietvertrag (rückwirkend zum Monatsersten) mit gut 30% Mieterhöhung (obwohl die Miete jetzt schon über dem Mietspiegel liegt). Also Auszug. Aufforderung die Wohnung leer zu übergeben. Vom Toten stehen da noch Gegenstände rum. Es gibt keine Erben, die zuständig sind.

Schon kurz nach dem Tod macht der Arbeitgeber Ärger. Obwohl der Mitbewohner des Toten weiter regelmäßig zur Arbeit gekommen ist. Er wird in den Urlaub geschickt. Dann entlassen, rückwirkend zum Monatsersten. Auf die Rückwirkung lässt er sich nicht ein. Gegen die Entlassung kann er nichts machen.

Krass, wie nicht mal im Falle eines Todes gewinnmaximierende Geschäftsinteressen kurz zurückstehen. In was für einer Gesellschaft leben wir?

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Globald Day of Rage Berlin


Am Sonntag ist internationaler Tag des Protests gegen die Re-Kriminalisierung von Nicht-Heterosexualität in Indien. Auch in Berlin wird es eine Veranstaltung geben:

"Kommt alle am Sonnatg den 15. Dezember 2013 um 1 Uhr nachmittags! Wir treffen uns voraussichtlich am Homosexuellenmahnmal im Tiergarten (ggü. vom Holocaust Mahnmal).

WEITERE DETAILS WERDEN HIER SO BALD WIE MÖGLICH VERÖFFENTLICHT. BITTE SCHAUT NOCHEINMAL NACH BEVOR IHR LOSGEHT!"


Gegen heteronormative Ausgrenzung in Indien, Deutschland und weltweit!

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Rösler und Rassismus
Das Philipp Rösler wie alle anderen Menschen in Deutschland, die vom fiktiven Idealtyp des Standard-Deutschen (ein Konzept von Paul Mecheril) abweichen, Rassismus erlebt, dürfte sicher sein (dazu habe ich hier auch schnon geschrieben). Ob er seine Erfahrungen selber als Rassismus bezeichnet, weiss ich nicht.

Spannend ist aber wie öffentlich mit dem Themenkomplex Rösler und Rassismus umgegangen wird. In der Medienberichterstattung hatte ich das Gefühl, dass häufig dann wenn Rassismus angeprangert wurde, die Anprangernden des Rassismus angeklagt wurden. So wohl im Fall von Jörg-Uwe Hahn und möglicherweise auch beim schiefgegangen taz-Interview. Rainer Brüderles Aussagen zu "deutschen Eichen" und "asiatisches Bambusrohr" hingegen haben keinen Aufschrei produziert, dabei erscheint mir das als klar rassistische Aussage.

Nachdem sowohl Rösler wie Patrick Döring nun ihre Parteiämter verloren haben, benennt letzterer Rassismus gegen Rösler in der Partei und darüber hinaus wie z.B. SPON berichtet:

"An Stammtischen hätten Liberale von "dem Vietnamesen" gesprochen, und manche Abgeordnete hätten dem nur halbherzig widersprochen, sagte Döring der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse".

Mit rassistischen Vorurteilen hätten auch immer wieder Satiriker und Kritiker gespielt. "Das ist so subtil bösartig, wie ich es nicht für möglich gehalten habe. Was mich besonders erschreckt hat: Das fiel in unserer Partei auf fruchtbaren Boden." "


Es wäre spannend, die Berichterstattungen etc. rund um Rösler und Rassismus mal genau zu analysieren. Das würde sicher weitere Einsichten zur Thematisierbarkeit von Rassismus bringen.

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Freitag, 13. Dezember 2013
Antiziganismus im Koalitionsvertrag
Die taz berichtet über die Vereinbarungen zu Asylverfahren im Koalitionsvertrag:

"Zugleich konnte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sich mit seiner Forderung durchsetzen, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien sowie Serbien als „sichere Herkunftsstaaten“ zu deklarieren – „um aussichtslose Asylanträge von Angehörigen dieser Staaten schneller bearbeiten und ihren Aufenthalt in Deutschland schneller beenden zu können“, wie es im Koalitionsvertrag heißt."

Damit wird wieder antiziganistische Ausgrenzung in diesen Ländern geleugnet und antiziganistische Ausgrenzung gefördert.

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