Donnerstag, 12. Dezember 2013
Konservativer Backlash weltweit
Im EU-Parlament verhindern Konservative laut taz eine Vorlage des Frauenausschusses:

"Mit der ursprünglichen Entschließung, die die portugiesische Sozialistin Edite Estrela im Namen des Frauenausschusses erarbeitet hatte, sollten die EU-Staaten aufgefordert werden, Frauen das Recht auf „sichere und legale Schwangerschaftsunterbrechung“ zu gewähren.

Außerdem wurde ein obligatorischer Sexualkundeunterricht für Jungen und Mädchen in der Schule gefordert. Dieser Unterricht müsse „nicht diskriminierende Informationen“ enthalten und ein „positives Image“ von Homosexuellen, Lesben oder Bisexuellen vermitteln, hieß es in der Entschließung. "


und in Indien nimmt der Oberste Gerichtshof die Entscheidung des Delhi High Court von 2009 zurück, die konsensuellen Sex zwischen Erwachsenen für straffrei erklärte. Siddharth Narrrain kommentiert das Gerichtsurteil auf dem Blog Kafila und schliesst mit:

"The Indian Supreme Court has betrayed the values that the Delhi High Court judgment stood for – dignity, liberty, equality, non-discrimination, inclusiveness and constitutional morality.

We Dissent."


Auch der Aktivist Gautam Bhan kommentiert das Urteil und setzt die Stärke der queeren Bewegung dagegen:



Nachtrag 13.12.13: Und in Australien hat der Oberste Gerichtshof den 'Marriage Equality Act' der Provinz Canberra für ungültig erklärt wie die taz berichtet.

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Free Razan and her colleagues
Razan Ghazzawi berichtet darüber, dass Razan Zeitouneh und Kolleg_innen verschleppt wurden und fordert ihre Freilassung.

Heute schrieb Razan G. über Razan Z. (die taz auch).

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Charlottenburg, BMW und das Flüchtlingsheim
In Berlin werden gerade dringend Unterkünfte für Asylbewerbende gesucht. Es werden Notunterkünfte eingerichtet, die den Mindeststandards nicht entsprechen. Es gibt rassistische Hetze.

In Charlottenburg gibt es ein bestehendes Flüchtlingsheim, dass laut taz berlin einen ordentlichen Standard haben soll. Das aber nur einen Vertrag bis Ende des Jahres hat, obwohl der Betreiber den Vertrag verlängern wollen würde. Aber keine Verlängerung bekommt. Oder vielleicht doch für kurze Zeit. Keine_r scheint es so recht zu wissen.

Gestern schrieb die taz berlin BMW hätte mit dem Bezirk/ Senat vereinbart, dass das Flüchtlingsheim geschlossen ist, wenn die BMW-Hauptstadtrepräsentanz daneben eröffnet. Heute berichtet die taz berlin, dass BMW behauptet, dass stimme nicht.

Woran liegt es denn jetzt, dass das Flüchtlingsheim nicht verlängert werden soll? Wessen Interessen werden da im Hintergrund verhandelt und berücksichtigt?

Nachtrag 12.12.13: Heute berichtet die taz berlin, dass der Vertrag mit dem Betreiber für "einen langen Zeitraum" verlängert wird.

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Samstag, 7. Dezember 2013
Mal wieder: Festung Europa
Die EU verhandelt mit der Türkei (siehe z.B. taz). Ziel ist es, einen Korridor rund um die Festung Europa zu ziehen. Dort sollen Menschen, die in die EU wollen, abgehalten werden. Unabhängig davon, ob das menschenrechtswürdig geschieht oder nicht. Hauptsache weg von der EU. Damit es nicht so viele Menschen, in die EU schaffen und wir mit ihnen umgehen müssen. Und um unschöne Bilder von Toten an EU-Stränden zu vermeiden. Wenn sich andere die Hände schmutzig machen, kann die EU glänzen.

Die Türkei bekommt dafür Visafreiheit - vielleicht, irgendwann, für ein paar wenige, Geschäftsleute vielleicht (siehe taz).

Und die EU nimmt vielleicht ein paar mehr Syrer auf. Theoretisch zumindest. Praktisch - so berichtet die taz - verhindert die Bürokratie schon jetzt, dass die bisher zugesagten 5000 Einreisen ausgeschöpft werden. Gerade mal ein Zehntel des Kontingents sei bisher genutzt.

Das hört sich nach Friedensnobelpreisträger an - oder?

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Donnerstag, 28. November 2013
Frontex
Die taz berichtet, dass Frotenx noch mehr Kompetenzen bekommen soll. Ein weiterer Schritt Flüchtlingen elementare Rechte abzusprechen.

Die taz zitiert die EU-Abgeordnete Ska Keller:

„Das ist ein Frontalangriff auf die Rechte von Flüchtlingen [...] Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat solche Pushbacks für rechtswidrig erklärt.“

und den CSU-EU-Abgeordnete Manfred Weber

„Das Asylrecht bleibt gewahrt, jeder Flüchtling soll auch künftig einen Asylantrag stellen dürfen.“ Ob die Antragsprüfungen an Bord oder erst an Land durchgeführt werden, will Weber „den Behörden überlassen“. "

Das wären dann besonders schnelle Asylverfahren an Bord.

Zudem berichtet die taz:

"Umstritten ist, ob Frontex künftig verbindlich verpflichtet wird, Hilfe in Seenot zu leisten."

Das so was überhaupt umstritten sein kann.

Nachtrag 30.11.13: Die taz berichtet, wie europäische Institutionen Menschen in Seenot nicht bzw. viel zu spät geholfen haben und so zwischen 140 und 290 Menschen ertranken.

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Montag, 11. November 2013
Bechdel Test
Alison Bechdel berichtet auf ihrem Blog, dass eine Kinokette aus Schweden, den Bechdel-Test (hier der Original-Comic von Bechdel) zur Bewertung von Filmen nutzen will:

"I was approached a while ago by a group of four Swedish art house cinemas who wanted to call attention to gender inequality in film by “Bechdel-testing” their repertoire. They would create a seal of approval for movies that pass the three simple criteria of the test: at least two (named) women characters, who talk to each other, about something besides a man."

Der Bechdel-Test ist ein einfacher Test, um zu sehen, ob in dem Film eine Welt jenseits der Männerwelt exisitiert. Die Entscheidung der schwedischen Kinos hat zu internationaler Medienaufmerksamkeit geführt. Auch die taz hat einen Kommentar unter dem Titel "Was ist ein Frauenfilm?" veröffentlicht.

Was der Bechdel-Test mit Frauenfilm zu tun hat, weiss ich nicht wirklich? Denn er testet ja ausschliesslich, ob es sich bei dem Film, um einen reinen Männerfilm handelt oder nicht. Der_die Autor_in des Kommentars scheint den Bechdel-Test nicht verstanden zu haben:

"Das Kriterium hat seine Tücken, weil starke Frauen in Männerbeziehungen rausfallen oder Filme mit überhaupt nur einer Frau in tragenden Rollen."

Hee? Der Test, testet ganz vieles nicht. Er testet ausschliesslich, ob in dem Film Frauen vorkommen, die unabhängig von Männern agieren.

Solche Berichterstattung erklärt, warum Bechdel keine Lust mehr auf Medienanfragen hat, wie sie in ihrem Blog erklärt:

"But inevitably in these interviews I say simplistic things, or find myself defending absurd accusations—like that the formal application of the Test by a movie theater is somehow censorious."

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Freitag, 1. November 2013
Unhöflichkeit
Im Krankenhaus. Ein Zwei-Bett-Zimmer. Als wir reinkommen, telefoniert die Zimmernachbarin. Der Fernseher läuft. Ein kurzes Nicken ist die ganze Begrüßung. Noch ein Telefonat. Als sie endlich fertig telefoniert hat, kein weiterer Gruß, keine Anrede. Unhöflich.

Etwas später spreche ich sie an. Frage, ob sie aus Polen kommt (ich meine ihre Gespräche als polnisch erkannt zu haben). Sie bejaht erfreut und sagt, dass sie wenig Deutsch kann. Wir unterhalten uns ein bisschen. Sehr freundlich.

Vermutlich war das nicht Unhöflichkeit, sondern fehlende Sprachkompetenz. So wie ich völlig unhöflich durch Tschechien gegangen bin, da ich nichts verstanden habe und deswegen alles ignoriert habe.

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Dienstag, 29. Oktober 2013
Struktureller Rassismus bei Polizei
Daniel Bax hat für die taz den Polizeigewerkschafter Rainer Wendt rund um Rassismus und Polizei interviewt. Wie üblich für Polizist_innen in den Medien, bestreitet Wendt, dass die Polizei ein (strukturelles) Problem mit Rassismus hat. Interessant ist aber, dass er die Verantwortung der Politik mit einbringt. In Bezug auf Racial Profiling sagt er:

"Die Politik kann uns jedoch nicht den Auftrag und die Befugnisse geben und hinterher sagen: „Igittigitt, das ist Rassismus.“"

Da ist was dran. Polizei setzt politische Vorgaben um, auch da, wo sie rassistisch handelt. Das ist Teil des strukturellen Rassismuses.

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Sonntag, 27. Oktober 2013
Der schwarze Mann und die Kinder
Rassistische Bilder sind unheimlich beständig. Gerade führt das Bild der Kinder stehlenden Zigeuner (ich benutzte hier bewusst das rassistische Wort, weil das Teil des Bildes ist) zu Kriminalisierung von Roma.

So schrieb vor knapp einer Woche auch die taz:

"Ein möglicherweise schon als Baby entführtes Kind ist in Griechenland gefunden worden. Bei der Durchsuchung eines Roma-Dorfes im mittelgriechischen Farsala entdeckten Polizisten ein circa vierjähriges Mädchen, das auf den Namen Maria hört. Das Kind war den Ermittlern wegen seiner blonden Haare und grünen Augen aufgefallen. Zudem hatte es keinerlei Ähnlichkeit mit dem Roma-Paar, das sich als Marias Eltern ausgab. "

Das sind gleich mehrere Rassismen, die hier unhinterfragt reproduziert werden. Erstens, wird auf Basis von Phänotyp festgestellt, dass ein Kind nicht zu Eltern passt. Zweitens, weil das Kind 'weiß' ist, muss es unrechtmässig in die Familie gekommen sein. Drittens, da die Eltern Roma sind, müssen sie das Kind entführt haben. Rassismus ist hier natürlich auch heteronormativ, da es biologische und soziale Elternschaft gleichsetzt.

Kurz nach dem griechischen Fall wurden auch in Irland Roma-Familien denunziert und Kinder aus Familien genommen. Da Untersuchungen, dann feststellten, dass die Eltern allerdings tatsächlich auch biologische Eltern waren, mussten die Kinder zurückgegeben werden und es gibt eine Diskussion um die Unverhältnismässigkeit der Mittel. In der taz schreibt Ralf Sotscheck:

"Zigeuner sind schwarzhaarig und glutäugig. Eine siebenjährige Blondine mit blauen Augen passt nicht in das Bild, das man sich in Irland von Sinti und Roma macht. Nachdem im irischen Fernsehen ein Bericht über die kleine Maria lief, die in Griechenland bei einer Roma-Familie lebte, mit der sie nicht verwandt ist, informierte eine Bürgerin am Montag einen TV-Sender über einen vermeintlich ähnlichen Fall in Dublin. Der Sender schickte einen Reporter, und der schaltete die Polizei ein. Die Beamten überprüften die Sache."

und beschreibt damit gut, die antiziganistischen Bilder, die in diesen Fällen wirken (auch in der taz). Auch in der taz analysiert Norbert Mappes-Niedick das antiziganistische Bild der Kindsentführung:

"Weder die irische noch die griechische Geschichte bietet nur einen Schatten eines Motivs. Ein Muster von tatsächlichem Kinderraub durch Roma gibt es nicht. Ein solches Schema ist nicht dokumentiert, auch nicht historisch. Was es aber gibt, ist ein Muster von Geschichten. Dass demnächst der „schwarze Mann“ kommt und einen mitnimmt, ist fester Bestandteil der Gruselpädagogik nicht nur auf dem Balkan. "

Es wirkt in Griechenland, Irland, Serbien, Großbritannien, Deutschland, etc. Nicht nur als Bild, sondern durch konkrete Eingriffe in familiäres Leben, durch Kriminalisierung und Angriffe.

Jetzt berichtet u.a. die taz, dass die biologischen Eltern des griechischen Kindes in Bulgarien gefunden wurden. Und weiter wird von Entführung und Kindshandel gesprochen. In der rassistischen Logik muss davon ausgegangen werden, dass verabscheuungswürdige Motive dazu führten, dass das Kind nicht bei den biologischen Eltern ist. Wären die Eltern weiße verheiratete Mittelschichs-Deutsche, wären die Vermutungen wohl andere, viel weniger vorverurteilend.

Nachtrag 07.11.13: Die taz berichtet so nebenbei:

"Und auch der Fall der griechischen Maria klärte sich recht unspektakulär auf: Das Mädchen war ihren Zieheltern im Roma-Camp laut Aussage dessen leiblicher Mutter, einer bulgarischen Roma, freiwillig übergeben worden, als diese vor vier Jahren als Erntehelferin in Griechenland arbeitete."

Das hätte etwas größer aufgemacht werden sollen, nachdem die taz vorher auch immer wieder von Entführung geschrieben hat.

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