Dienstag, 23. Oktober 2012
Ferenc Snetberger
Ein taz-Interview mit dem Musiker Ferenc Snetberger über Musik und rassistische Ausgrenzung. Zu letzterer:

"Rassismus war immer da. Die meisten Leute sind dabei nicht bewusst rassistisch. Ihnen ist nicht klar, dass sie andere verletzen. Und wir anderen sind mit dem Wissen aufgewachsen, dass man uns nicht mag."

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Allmächtige Geheimdienste
Geheimdienste entscheiden laut taz auch über die Vergabe von Schengen-Visa:

" Bei Bürgern von 29 Staaten (zum Beispiel Iran und Pakistan) findet zuvor allerdings ein Konsultationsverfahren statt, bei dem die Sicherheitsbehörden aller Schengen-Staaten Bedenken gegen die Erteilung eines Visums erheben können.
3.000 Fälle bekannt

So wurden die deutschen Behörden in den vergangenen fünf Jahren in rund 5,2 Millionen Fällen nach Sicherheitsbedenken gefragt. In rund dreitausend Fällen legten sie ein Veto ein, am häufigsten bei Iranern (421 Fälle) und Ägyptern (316), so die Auskunft der Bundesregierung. Eine Begründung ist nicht erforderlich, wenn Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst, Militärischer Abschirmdienst, Bundeskriminalamt oder das Zollkriminalamt Nein sagen. "

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Bildungsbürgerliche Privilegiensicherung
Die taz hat Josef Kraus, den Vorstitzenden des Deutschen Lehrerverbands interviewt. Ein wunderbares Beispiel für den Versuch bildungsbürgerliche Privilegien zu sichern und soziale Ausgrenzung im Bildungssystem zu leugnen. Ein Beispiel:

"Mehr Schüler zum Abitur zu führen, geht zwangsläufig zulasten der Qualität. Abiturpolitik kann nicht Sozialpolitik sein. Es geht darum, dass junge Leute in der Lage sind, zu studieren. Da hat Sozialpolitik nichts zu suchen."

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Sonntag, 21. Oktober 2012
Kritisch-weiße Fallen
Eine Auseinandersetzung mit Privilegien in ungleichen Machtverhältnissen ist wichtig. Die kritische Weißseinsforschung hat mir hierbei einige Perspektiven eröffnet. In meine Forschung und Trainings fließen diese ein, wobei ich mich aber sowohl aufgrund meiner praktischen Bildungsarbeit als auch aufgrund theoretischer Überlegungen immer mehr von den theoretischen und politisch-aktivistischen Umsetzungen der kritischen Weißseinsforschung in Deutschland distanziere. Kurz zusammenfassen lässt sich meine Kritik mit den drei Kritikpunkten, die Paul Mecheril an antirassistischen Ansätzen (in Einführung in die Migrationspädagogik, Beltz-Verlag, 2004) formuliert: den Tendenzen zur Reduktion, Moralismus und Essentialismus.

Aus aktuellem Anlass will ich zwei kritisch-weiße Fallen beschreiben, in die insbesondere neu konvertierte Kritisch-Weiße gerne fallen:

Das erste ist die Forderung nach (ritualisierter) Positionierung. Dabei geht es darum, dass jede_r Mensch aus einer bestimmten sozialen Positionierung spricht und dies reflektieren sollte – soweit kann ich durchaus mitgehen. Darin enthalten ist aber auch, dass diese Positionierung einfach formulierbar ist und dass es produktiv ist, wenn man dies öffentlich macht. Daran habe ich erhebliche Zweifel, zum einen da soziale Positionierungen in der Regel komplex und ambivalent sind und zum anderen die öffentliche Beichte (daran erinnert mich dieser Zwang zur Positionierung) von Privilegien an sich gar nichts bringt.

Wenn nun Kritisch-Weiße jemenschen zur Positionierung auffordern, geht das zudem mit einer (gewaltvollen) Zuschreibung und Eingriff in die Privatspähre einher. Denn soweit ich verstanden habe, sollen sich ja nur Weiße öffentlich positionieren. Wenn also jemensch zum Positionieren aufgefordert wird, wird der Status Weiße zugeschrieben. Aus welcher Position heraus aber nehmen sich die Kritisch-Weißen das Recht, jemenschen so zu kategorisieren und eine Stellungnahme dazu einzufordern? Aus meiner Bildungspraxis weiß ich, dass meine Kategorisierung von jemenschen als im Rassismus privilegiert immer mal wieder nicht stimmt. Und ich habe auch keine Lust, meine Biographie offenzulegen, um von einer Kritisch-Weißen eine Absolution für mein Forschungsthema zu bekommen.

Und damit zur zweiten Falle: Immer wieder erlebe ich es, dass (neu konvertierte) Kritisch-Weiße Schwierigkeiten haben, analytische Kritik zu verstehen, und nur in Kategorien von Betroffenheit denken und handeln können. So ist es mir schon verschiedentlich passiert, dass ich Aussagen kritisch analysiert und zum Beispiel auf darin enthaltene potentielle Gewalt kommentiert habe, bei den Kritisch-Weißen aber ankommt, dass sie mich verletzt hätten und deswegen ihr Handeln falsch gewesen sei. Das ist kritisch-weiße Allmachtsphantasie. Ich weiß, was ich tue, wenn ich Bildungsarbeit mache. Ich weiß, dass ich mit unreflektierten Aussagen und Handlungen umgehen muss. Das gehört zu meiner Tätigkeit dazu.

Nur in Kategorien von Verletzungen und Schuld zu denken, verhindert eine Auseinandersetzung mit den Schwierigkeiten machtkritischen Handelns. Sich ganz auf das Büßen für eigene Schuld zu konzentrieren, verhindert ein Weiterentwickeln. Den Workshop zu verlassen, weil mensch meint, mich so schützen zu müssen, ist der denkbar schlechteste Weg, um mit meiner analytischen Kritik umzugehen. Sich der Kritik weiter auszusetzen und mit ihr umzugehen wäre produktiver.

Beichten und Büßen ist keine produktive Rassismuskritik. Absolution gibt es nicht. Rassismuskritik heißt für mich, sich mit Komplexitäten und Ambivalenzen auseinanderzusetzen und sie auszuhalten, sich Kritik aussetzen und daraus zu lernen sowie mit sich und anderen fehlerfreundlich umzugehen – weg von Reduktion, Moralismus und Essentialismus.

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Krimi Grenzfall


Auf Basis der Recherchen zum Dokumentarfilm Revision hat Merle Kröger ihren dritten Krimi Grenzfall geschrieben. Hier führt sie die rassistischen Ausgrenzungen 1992 mit der rassistischen Realität 2012 zusammen (jeweils mit einem Schwerpunkt auf Antiziganismus). Dabei hat sie mehr Freiheit als im Dokumentarfilm, der sich an die belegbaren Vorgänge hält, und hat eine spannende Geschichte entwickelt (die auch viele Stränge aus den früheren Krimis Cut und Kyai! aufgreift).

Auf Perlentaucher gibt es eine Rezension.

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Mittwoch, 17. Oktober 2012
Deutscher Wirtschaftsminister in Vietnam
Im September war der deutsche Wirtschaftsminister in Vietnam. Da er da geboren wurde war das für die Medien etwas Besonderes:
  • Spiegel Online veröffentlicht ein Interview mit Rösler: "Vietnam ist Teil meines Lebens"
  • rp online titelt: "Philipp Rösler reist in fremde Heimat"
  • die Märkische Allgemeine schreibt "Die Vietnamesen betrachten Philipp Rösler als einen der Ihren, erklärt Marina Mai"
  • Die Welt behauptet "In Vietnam darf sich Rösler wie ein Popstar fühlen"
  • Spiegel Online schliesst sich an: "Popstar für einen Augenblick"
  • und noch ein Beitrag von Spiegel Online: "Rösler kämpft um sein Waisenhaus"

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Rassistische Panikmache und Ausgrenzung
Eine kleine Sammlung von taz-Artikeln zur aktuellen Panikmache durch den Innenminister, die das Ziel weiterer rassistischer Ausgrenzung hat:
  • 03.10:Entscheidung in 48 Stunden: "Angeblich erschleichen sich serbische und mazedonische Roma Sozialleistungen in Deutschland. Bayern plant jetzt den kurzen Prozess."
  • 13.10: Friedrich will Asylgeld kürzen: "Bundesinnenminister Friedrich hat eine neue Idee, wie die Zahl der Asylbewerber aus Mazedonien und Serbien reduziert werden kann: weniger Kohle. Kritiker finden die Debatte hysterisch."
  • 13.10.:Rasanter Anstieg – des Populismus: "Innenminister Friedrich vermutet Asylmissbrauch von Migranten aus Serbien und Mazedonien. Kritiker warnen vor Populismus."
  • 16.10.: Roma sollen abgeschreckt werden
  • 16.10.:Keine Chance auf Asyl: "Einen „zunehmenden Asylmissbrauch“ sieht Innenminister Friedrich. Doch die realen Zahlen sind weit weniger dramatisch."
dazu: die Gemeinsame Erklärung von Roma- und Flüchtlingsorganisationen zur Debatte um angeblichen Asylmissbrauch.

Was wäre das schön, wenn sich der Innenminister um tatsächlich vorhandene Probleme kümmern würde anstatt rassistische Ausgrenzung zu perfektionieren. Ob er (und seine europäischen Kolleg_innen) dann nicht mehr friedensnobelpreiswürdig wären?

Zum Friedensnobelpreis auch ein Kommentar in der taz:

"Die EU, das ist auch der tausendfache Tod afrikanischer Flüchtlinge im Mittelmeer. Die EU, das ist auch das grandiose Versagen beim Ausbruch der Jugoslawienkriege in den 1990er Jahren und beim ersten Völkermord auf europäischem Boden seit dem Holocaust. "

Und ich lese gerade Merle Krögers Krimi Grenzfall, der auf den Recherchen zu Revision aufbaut und die Panikmache Anfang der 1990er, rassistische Übergriffe und Antiziganismus thematisiert.

Nachtrag 23.10.12: Serbien will die Visumsfreiheit für seine Bürger_innen nicht verlieren, bietet laut taz daher der EU die Übernahme der Kosten für serbische Asylbewerber_innen an. Wenn Serbien sich das leisten kann, dann sollte auch die EU sich das leisten können. Insbesondere da die serbische Reaktion auch zeigt, dass Roma in Serbien rassistisch ausgegrenzt werden. Die taz berichtet, dass serbische Grenzpolizei bei der Ausreise "detaillierte Identitätskontrollen" durchführen, um sicher zu stellen, dass die Ausreisenden genug Geld haben und wiederkommen wollen.

"Bereits registrierte „Asylverbrecher“ werden automatisch aufgehalten. Doch nicht immer ist alles so offensichtlich, beklagt sich die Grenzpolizei. Wenn die Papiere stimmen, könne man, selbst wenn man Verdacht schöpfe, Roma nicht nur wegen ihrer Hautfarbe zurückweisen, sonst hätte man sofort Klagen von Menschenrechtsorganisation und der EU-Kommission wegen Rassismus am Hals. "

Nachtrag 24.10.12: Laut tagesschau.de mit "Prävention und Repression." reagieren und dass obwohl auch dort klar ist:

"Natürlich weiß auch Kotevski, dass all dies das Grundproblem nicht lösen kann: die extreme Armut vieler Roma, die in Mazedonien zu rund 80 Prozent arbeitslos sind und in ihren Behausungen häufig weder fließendes Wasser noch ausreichend Strom oder Heizung haben."

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Eindrücke aus Estland


Vor kurzem war ich zum ersten mal in Estland (zum ersten mal überhaupt in einem der baltischen Länder). Das war in vielerlei Hinsicht interessant - und ich habe viel dazu gelernt. Spannend war der estnische Nationalismus (so wie er uns insbesondere in unserer Reiseleiterin begegnet ist): Mit einer ganz klaren Abgrenzung nicht nur zu den Sowjets sondern zu Russ_innen allgemein. Und einer Nähe zu den Deutsch-Balt_innen (und einer Nicht-Thematisierung der Nazis). Letzteres mag natürlich auch daran liegen, dass wir eine deutschsprachige Gruppe waren und die Reiseleiterin wohl häufig deutsch-baltische Gruppen durch Estland führt.

Spannend war auch Sofi Oksanens Roman Fegefeuer über Estland seit den 1930ern bis heute. Darin geht es auch viel über das Verhältnis zu den sowjetischen Besatzer_innen (und ein bisschen um die deutsche). Und es geht viel um (sexuelle) Gewalt und ist daher nicht einfach zu lesen.

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Samstag, 13. Oktober 2012
Lageralltag in Deutschland
Die taz berichtet über die Reaktionen in Wolgast auf einen kritischen Fernsehbericht über rassistische Ausgrenzung von Asylbewerber_innen. Und die taz berlin über den Angriff auf das Heim in Waßmannsdorf.

Am Samstag in Berlin: Demonstration des Refugee Protest March to Berlin.

Nachtrag 16.10.12: Ein Bericht über die Demonstration in der taz.

Nachtrag 30.10.12: Flüchtlinge protestieren in einem Camp am Oranienplatz in Berlin und mit einem Hungerstreik am Brandenburger Tor. Dort beschlagnaht die Polizei immer wieder alles, was sie in der Nacht wärmen und es ihnen bequemer machen kann wie die taz berlin unter der Überschrift "Eiskalte Schikane" berichtet.

Die Medien berichten recht wenig, weshalb einige Piratinnen angekündigt haben, Oben ohne zu protestieren, und daraufhin dann tatsächlich die Presse gekommen ist. Die Piratinnen haben dann aber nicht sich entblösst sondern die Medien vorgeführt wie die taz berichtet.

Nachtrag 01.11.12: Zur Mahnwache am Brandenburger Tor berichtet die taz.

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Donnerstag, 11. Oktober 2012
Workshop in Hamburg: Konstruktion von Muslimen
Im Rahmen des Kongress gegen Antimuslimischen Rasissmus gebe ich am Samstag in Hamburg von 14.00 bis 16.00 Uhr einen Workshop:

Die Konstruktion von Muslimen - rassistische Ausgrenzung auf Basis religiöser Zuschreibung

Rassismus basiert auf der willkürlichen Differenzierungen zwischen ‚Wir‘ und den ‚Anderen‘. Im antimuslimischen Rassismus werden die Anderen als ‚Muslim_innen‘ definiert. In dem Workshop wird diese Konstruktion genauer betrachtet. Durch welche Merkmale werden die Anderen als ‚Muslim_innen‘ definiert? Welche Rolle spielt Religion in diesem Konstruktionsprozess?

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Donnerstag, 27. September 2012
Prekäre Verhältnisse in Berlin
Die taz berlin berichtet über die desolate Wohnsituation, die Ausbeutung und Ausgrenzung von Roma in Berlin sowie den darausfolgenden Konflikten: Fünf in einem Zimmer und Im Auto zu Hause.

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Mal wieder Buschkowsky
Nachdem Alke Wierth in der taz zwar feststellt:

"Das ganz am Anfang: Wer das Buch von Heinz Buschkowsky nach Belegen dafür durchsuchen will, dass der Neuköllner Bürgermeister ein Rassist ist, wird fündig."

das aber nicht wirklich schlimm zu finden scheint und dem Buch auch Gutes zuschreibt:

"Doch gesteht man dem Autor das Recht zu, auch mit den ganz anders klingenden Stellen seines Buches beim Wort genommen zu werden – etwa da, wo er sich detailliert und seitenweise von Thilo Sarrazin distanziert, dem er Verachtung für Einwanderer vorwirft – empfiehlt es sich, ihn dennoch zu lesen. Denn genau diese Widersprüche machen den Neuköllner Bürgermeister und seinen Bezirk für die Debatte über die Einwanderungsgesellschaft tatsächlich interessant. "

fasst Martin Reeh in einem taz-Kommentar das Buschkowsky-Buch anders zusammen: "Verwirrt in Neukölln" und stellt Buschkowskys Politik dann kenntnisreich in Frage.

Nachtrag 12.10.12:: In einem Artikel über die Verurteilung des Ex-NPD-Chefs Udo Voigt schreibt die taz berlin:

"Dann schlägt er das aktuelle Buch von Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) auf, zitiert, dass, wer sich in Deutschland nicht wohlfühle, ja gehen könne. „Das ist unser Programm!“, ruft der 60-Jährige."

Nachtrag 27.10.12: Neuköllner Initiativen kritisieren laut taz berlin Buschkowskys Buch.

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Dienstag, 25. September 2012
What the fuck!


Am Samstag waren in Berlin zahreiche Demonstrationen (mir fallen auf Anhieb ein: am Kotti gegen Mietsteigerungen, in Treptow-Köpenick gegen Rechts, Kreisfahrt vom ADFC). Ich war auf der Kundgebung gegen den christlich-fundamentatlistischen 'Marsch für das Leben' (siehe taz-Bericht). Die Redebeiträge fand ich unterschiedlich gut bis gar nicht gut. Das Positionspapier der Gruppe „Kritische Feministinnen“ finde ich sehr überlegt und diskussionswürdig (bei Redebeiträge weit runterscrollen).

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