Sonntag, 16. Januar 2011
Inklusive Party


Gestern bei der GLADT -Party im Südblock am Kottbuser Tor: ein paar Rolli-Fahrer_innen finden ihren Weg durch die Menge, Menschen aller Gender feiern miteinander, Dominanzdeutsche sind mal nicht in der Mehrheit (und diese drei Kategorisierungen sind nicht exklusiv gemeint). Leider ein seltenes Erlebnis in dieser Mischung.

1 Kommentar in: interdependenz   ... comment ... link


Freitag, 14. Januar 2011
Hierarchie der Überschwemmungen
In dem taz-Artikel Hundttausende obdachlos:
  • 1.155 Zeichen über die Hochwasser in Australien (ohne Angaben über Todesopfer - die gab es in früheren Artikeln)
  • 622 Zeichen über Brasilien (über 360 Tote)
  • 477 Zeichen über die Philippinen (mindestens 42 Tote)
  • 159 Zeichen über Sri Lanka (mindestens 21 Tote, sonst fast keine Informationen)
Warum sind die Überschwemmungen in Australien so viel berichtenswerter als alll die anderen? Warum habe ich in den Medien bis jetzt kaum etwas von den Überschwemmungen in Sri Lanka erfahren?

2 Kommentare in: (post)kolonial   ... comment ... link


Abschiebung mit Todesfolge
Die taz berichtet: Eine schwerkranke Frau wurde abgeschoben und starb einen Monat nach ihrer Abschiebung:

"Es gab weder Medikamente noch Geld für einen Arzt. ... "Die Abschiebung bedeutete den Abbruch der fachärztlich gebotenen psychiatrischen Behandlung", sagt Anwalt Dieckmann. Man wisse zwar nicht, was die Gehirnblutung ausgelöst habe, erklärt Markus Göpfert, Leiter des Caritas-Fachdienstes Migration. "Aber möglicherweise gibt es einen Zusammenhang ..."

0 Kommentare in: abschieben   ... comment ... link


Donnerstag, 13. Januar 2011
Geschichten über Aussiedler_innen
tagesschau.de interviewt Reiner Klingholz zu Aussiedler_innen. In dem Interview werden einige steile Thesen aufgestellt:

"Der Experte Klingholz erklärt im Interview mit tagesschau.de, warum die Integration der Aussiedler eine Erfolgsgeschichte ist."

Mit Aussiedler_innen habe ich mich noch nicht schwerpunktmässig auseinandergesetzt, aber diese Aussage finde ich überraschend. Zum einen, weil es mal eben eine recht große Gruppe homongenisiert, was nie funktionieren kann. Zum anderen, weil ab und zu Aussiedler_innen auch als Problem gehandelt werden. Zum Beispiel in Marzahn, wo sie die größte Einwanderergruppe stellen. Im Interview wird dann später auch klar, dass die migrierenden Erwachsenen erhebliche Probleme auf dem Arbeitsmarkt haben und weit unter ihrer Qualifikation arbeiten müssen, was sie wahrscheinlich nicht als Erfolg bewerten. Auch das Bild der "kriminellen Aussiedler" wird angesprochen. Da macht Klingholz dann eine deutschtümelnde Unterscheidung:

"In Städten wie Berlin gibt es da eine gewisse Häufung von Kriminellen mit russischem Hintergrund. Aber da werden oft Russlanddeutsche und Russen verwechselt. Es gibt ja auch viele Russen und Ukrainer, die eingewandert sind, ohne deutsche Vorfahren zu haben."

Mit Deutschtümmelei und rassistischen Ausgrenzungsmechanismen hat es sicher zu tun, wenn Aussiedler_innen weniger als Problem angesehen werden. Das spricht Klingholz implizit an, wenn er von phänotypischer rassistischer Zuschreibungspraxis spricht:

"Hinzu kommt, dass sie nicht deutlich anders aussehen als die "Einheimischen". Sie gehen also insgesamt stärker in der Gesellschaft auf."

und explizit, wenn er von gesetzlichen Rahmenbedingungen spricht:

"Sobald sie einen Fuß nach Deutschland gesetzt haben, bekommen sie einen deutschen Pass. Das erleichtert ihre Integration massiv. Sie bekommen zudem Vergünstigungen wie Integrations- und Deutschkurse, mehr als alle anderen. Das spricht nicht gegen die Aussiedler – sondern gegen die Integrationspolitik. Das zeigt, dass man bei anderen Gruppen auch etwas erreichen könnte, wenn man wollte."

Zeigt aber deutlich, dass er keinen rassismuskritischen Zugang hat, wenn er behauptet:

"Es dauert generell immer eine Weile, bis sich Integration in Assimilation gewandelt hat."

Assimilieren können sich nur die, die nicht klar als andere markiert sind. Mit gewissen physiognomischen Merkmalen ist das in Deutschland unmöglich, egal wie sehr mensch sich bemüht.

In seiner Differenzierung von Aussiedlerinnen und Türkinnen reproduziert Klingholz auch antimuslimischen Rassismus:

"Die Erwerbsquote ist aber sehr hoch [bei den Aussiedlerinnen]. Unter den türkischstämmigen Einwanderern sind die Frauen oft zu Hause, weil das teilweise kulturell erwünscht ist."

Wenn wir uns die Migrationsgeschichte in die BRD ansehen, fällt auf, dass viele türkische (und andere) Gastarbeiterinnen gekommen sind, um in den Fabriken zu schuften. Wenn sie heute keine Arbeit mehr haben, liegt das weniger an ihrem Wollen (oder ihrer Kultur), als an den Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt. Frauen und 'Ausländer_innen' und ungelernte Arbeiter_innen (und Kombinationen hiervon noch mehr) erfüllen Pufferfunktionen auf den Arbeitsmarkt, sie werden als erste entlassen, wenn es eng wird. - Es scheint so, als ob Aussiedler_innen weiter oben in der Rangordnung stehen, auch wenn ihr Platz durchaus prekär ist.

Zum Schluß noch ein Kommentar zu einer weiteren steilen These:

"Dass nichts über Aussiedler in der Zeitung steht, ist ein gutes Zeichen. Die Normalität interessiert ja oft keinen. Wenn es schiefläuft, wird es zum Thema."

Als ob alle Gruppen, die Ausgrenzungen erfahren, in den Medien auftauchen. Roma und Sinti findet mensch da selten. Über Illegalisierte und Menschen in Abschiebehaft wird höchst selten berichtet. Transmenschen und Intersex haben so gut wie gar keine Öffentlichkeit. Um nur ein paar Beispiele zu nenen von Gruppen, für die sich niemand interessiert und die daher auch nicht in den Medien auftauchen.

Dass über Aussiedler_innen wenig zu lesen gibt, mag auch damit zusammenhängen, dass wir das Bild aufrecht erhalten wollen, dass wir 'Deutschen' gut miteinander auskommen.

1 Kommentar in: rassistisch   ... comment ... link


Mittwoch, 12. Januar 2011
Rutschgefahr
Es taut seit Tagen, die Autostraßen sind frei. Da lässt sich auch Radfahren, wenn eine die Autosfahrer_innen lassen.

Freie Fahrt für Autos, Rutschen für Radfahrer_innen und Fußgänger_innen


Auf den Radwegen hingegen lässt sich nicht fahren. Die Rad- und Fußwege sind noch lange nicht eisfrei. Es ist weiter höchst gefährlich, sich dort fortzubewegen.

Auch noch nach Tagen Tauwetter Eispanzer auf dem Fußweg.


Wieso werden Autostrassen eigentlich geräumt und Fuß- und Radwege nicht? Warum werden die Mittel immer zu erst für den Autoverkehr ausgegeben?

Nachtrag 14.01.11: Die taz berlin berichtet, dass die Auto- und Wirtschaftslobby weiteres Geld in den Autoverkehr pumpen will und Verbesserungen für Radfahrer_innen verhindern will.

3 Kommentare in: autogesellschaft   ... comment ... link


Dienstag, 11. Januar 2011
Veranstaltung: Heteronormativität und Rasssismus
Rassismus und Heteronormativität sind mit einander verflochten, die beiden Machtverhältnisse bedingen und stärken sich gegenseitig. Im Rahmen ihres Studiums der Gender Studies an der Humboldt-Universität in Berlin haben Studierende empirische Hausarbeiten und Abschlussarbeiten rund um diese Verflechtung geschrieben. Sie haben sich insbesondere aktuelle Medienberichterstattung angesehen und analysiert, wie hier Rassismus und Heteronormativität zusammenkommen.

Im Rahmen der Veranstaltung „Heteronormativität und Rassismus“ präsentieren sie ihre empirischen Arbeiten am Freitag, den 28.01.11 von 10.00 bis 16.30 in der Humboldt-Universität, Juristische Fakultät, Unter den Linden 9, Raum E 23, Berlin.

Den Eröffnungsvortrag zum Thema „Antimuslimischer Rassismus“ hält Yasemin Shooman vom Zentrum für Antisemitismusforschung.

zum Programm

Nachtrag 26.01.11: Den Veranstaltungsraum findet mensch am besten durch den Eingang an der Straße Unter den Linden in die Juristische Fakultät, da ist er gleich links. Vom Bebelplatz muss mensch sich länger rechts halten.

Nachtrag 30.01.11: Die Veranstaltung war ein voller Erfolg. Vielen Dank an die spannenden Vortragenden, exzellenten Moderierenden und die zahlreichen Zuhörenden!

Panel bei der Veranstaltung "Heteronormativität und Rassismus" am 28.01.11 in der HU


Queer Journalism berichtet über die Veranstaltung.

0 Kommentare in: veranstaltung   ... comment ... link


Montag, 10. Januar 2011
Sarrazins Buch lesen oder nicht
Ines Kappert argumentiert in der taz, dass mensch Sarrazins Buch lesen solle:

"Wenn ein Buch so hohe Wellen schlägt, gibt es für jeden kritischen Geist eine Informationspflicht, und nichts ist informativer als das Original."

Das sehe ich anders. Ich muss nicht jeden Müll, der publiziert und diskutiert werden, lesen, um darüber ein Urteil fällen zu können. Wenn ich Sarrazins Buch nicht gelesen habe, kann ich natürlich nicht über Details eine Meinung äußern. Wenn ich aber Auszüge lese, seine öffentlichen Aussagen verfolge und Analysen von Anderen lese, kann ich mir durchaus eine Meinung darüber bilden, ob Sarrazin in der Tendenz rassistisch argumentiert und ob ich meine Zeit dafür nutzen will, den Müll zu lesen oder nicht. Aus dem, was ich gelesen (dazu gehört das Interview in der Lettre Interenational) oder gehört habe, ist für mich klar, dass Sarrazin rassistisch argumentiert und ein fragwürdiges Wissenschaftskonzept hat. Mehr Zeit muss ich seinen selbstgefälligen und rassitischen Ergüssen nicht widmen. Meine Zeit nutze ich lieber um etwas zu lesen, was mir produktive Denkanregungen gibt.

Eine Kopie des Buches hätte ich aber durchaus gerne, um mal Dinge nachschlagen zu können. Aber nur ein Exemplar, dass nicht dazu führt, dass Sarrazin noch mehr Geld verdient.

2 Kommentare in: rassistisch   ... comment ... link


Perspektiven auf Integrationsgesetz
In Berlin gilt jetzt ein Integrationsgesetz. Die taz berichtet über Reaktionen darauf. Wie üblich kritisiert Buschkowsky:

"Auch aus der SPD selbst kam Kritik an dem Gesetz: Etwa von den dem rechten Flügel der Berliner SPD angehörenden Bezirksbürgermeistern Christian Hanke (Mitte) und Heinz Buschkowsky (Neukölln): Es sei "bürokratisches Pillepalle, das uns nicht weiterbringt", so Buschkowsky."

und natürlich auch die CDU:

"Es sei eine "Beleidigung für Zuwanderer", sagte etwa der integrationspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Kurt Wansner, denn es solle "eine Bevorzugung der Migranten bei Bewerbungen sicherstellen, selbst wenn sie schlechter qualifiziert sein sollten als Bewerber ohne Migrationshintergrund". Dies bedeute, "dass man den Migranten nicht zutraut, sich gegen andere Bewerber durchzusetzen", und sei damit "kontraproduktiv", hieß es in einer gemeinsamen Presserklärung von Wansner und dem Berliner CDU-Fraktions- und Landesvorsitzenden Frank Henkel."

Dem gegenüber steht die Einschätzung der Migrant_innenverbände:

"Migrantenvertreter äußern sich überwiegend zufrieden mit dem Berliner Gesetz, auch wenn es keine tatsächliche Quote enthält."

Auch wenn Wanser meint, dass Quoten die 'Migrant_innen' beleidigen würden, fordern diese Quoten. Auch wenn Buschkowsky das Gesetz für Pillepalle hält, scheinen die 'Migrant_innenvertreter_innen' ein solches für sinnvoll zu halten. Nur hätten sie gerne noch viel weitreichendere Massnahmen.

0 Kommentare in: privilegien sichern   ... comment ... link


Brandanschläge auf Berliner Moscheen
Mindestens sechs Brandanschläge auf Berliner Moscheen hat es im letzten halben Jahr gegeben. Bis jetzt sind sie ohne größere Schäden erfolgt - und ohne größere öffentliche Aufmerksamkeit. Die taz spricht von einer "rätselhaften Serie von Brandanschlägen". Wobei mir nicht klar wird, warum sie rätselhaft ist.

"Handelt es sich um Rechtsextreme? Durch die Sarrazin-Debatte und das islamfeindliche Klima Aufgestachelte? Das vermuten Politiker von Grünen und der Linken, doch auch ein ganz anderer Hintergrund ist denkbar. So könnten die Zündler Verwirrte oder Trittbrettfahrer sein - oder gar innerislamische Gegner der betroffenen Gemeinden."

Interessant, dass hier ganz viele Gründe vermutet werden können. (Bei Anschlägen, die wir Muslim_innen zuschreiben, ist immer ganz klar, dass die auf Grund von Islamismus erfolgt sind.) Noch interessanter, dass wieder Muslim_innen als Täter_innen in Frage kommen. Hier meldet auch die taz Widersprüche an:

"Dagegen spricht, dass die angegriffenen Moscheen einen völlig unterschiedlichen Hintergrund haben. Viermal wurde versucht, die größte Berliner Moschee anzuzünden: die Sehitlik-Moschee des eng mit dem türkischen Staat verbandelten Dachverbands Ditib. Aber auch die salafistisch-fundamentalistisch geprägte Al-Nur-Moschee in Neukölln und die "Islamische Kulturgemeinde der Iraner" wurden attackiert; schließlich die Moschee der Ahmadiyya"

Nachtrag 26.01.11: Ein mutmasslicher Täter wurde nun festgenommen. Reflexhaft wird jeglicher rassistischer Hintergrund geleugnet. Die taz berlin berichtet:

"Bei dem mutmaßlichen Moscheen-Brandstifter von Berlin schließen die Ermittler ausländerfeindliche Motive aus. Es sei bislang eher davon auszugehen, dass der 30-Jährige die Taten beging, weil er nach Aufmerksamkeit suchte, sagte Polizeipräsident Dieter Glietsch"

Warum aber schliesst das rassistische Motive aus? Warum sucht sich der Täter gerade Moscheen aus? Er könnte ja auch Kirchen, Kitas, Schulen, Rathäuser, den Bundestag, etc. anzünden und würde Aufmerksamkeit erzielen. Wieso kann ausgeschlossen werden, dass der in den letzten Jahren immer offener artikultierte antimuslimische Rassismus in unserer Gesellschaft den Täter motiviert hat?

0 Kommentare in: islamophobie   ... comment ... link


Donnerstag, 6. Januar 2011
Vision
Aus der taz-Reihe Berlin 2020:

"Parkplätze im öffentlichen Straßenland, wie es sie jetzt überall gibt, sollen die Ausnahme werden. An dieser Stelle gerät Möller ins Schwärmen. Wie die Stadt auf einmal aussehen könnte, ganz ohne Autos an den Straßenrändern. Wie viel Platz es auf einmal geben würde, wie man ihn nutzen könnte, wie ein ganz anderes Gefühl von Urbanität entstünde. "

Ich bin dabei! Motorisierte Stehzeuge sind fast so ärgerlich wie motorisierte Fahrzeuge - weg damit. Eine Stadt für Menschen, nicht für Autos.

Damit die Straßen nicht mehr so aussehen:

Fußweg zugeparkt, kein Platz für Fußgänger_innen

2 Kommentare in: autogesellschaft   ... comment ... link