Montag, 6. Februar 2006
Abschieben statt Einbürgerung
Der baden-württembergische Europaminister Willi Stächele hat inzwischen klar gemacht, dass es in der Debatte tatsächlich nicht um Einbürgerung geht. Er will 21% der 'Muslime' eine Fahrkarte (vermutlich 'nach hause') geben.

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Die Macht der Bilder
Als Lady Di 1997 stirbt, sind Millionen von ZuschauerInnen ergriffen über die Trauerkundgebungen am Kensington Palace. Nach den Anschlägen auf die Twin Towers sind noch mehr erschüttert über die Freudentänze muslimischer Frauen. Heute sind 'wir' entsetzt über das Verbrennen von dänischen Fahnen, die Angriffe auf 'westliche' Botschaften.

Eine Freundin, die in der Nähe des Kensington Palace gewohnt hat, erzählt, dass die vielen Leute erst kamen, nachdem die Medien angefangen hatten zu berichten. Die Freudentänze nach 9/11 galten nicht dem Anschlag. Und auch heute wissen wir nicht, wie viele tatsächlich gewalttätig werden.

Aber wir haben die Bilder im Kopf, sie sind mächtig, sie wirken noch nach, auch wenn sie später kontextualisiert werden. Die Bilder erzeugen Emotionen, die Emotionen mobilisieren und oft genug führen sie dazu, dass die Bilder tatsächlich Wirklichkeit werden. Nicht nur bei Lady Di. Auch jetzt, immer mehr Gewalt entsteht. Die 'Muslime' entsprechen immer mehr 'unserem' Vorurteil. Zumindest die, die sich provozieren/ mobilisieren lassen, und über die 'wir' berichten.

Da es nicht gleich geklappt hat mit dem Provozieren, hat Jyllands Posten übrigens die Karrikaturen an radikale Muslime zur Stellungnahme geschickt. Von da aus kamen sie dann in die Hände von Leuten, die damit auf Mobilsierungstour gegangen sind.

Zur Pressefreiheit sollte die Presseverantwortung und der verantwortliche Umgang der KonsumentInnen mit der Pressefreiheit kommen.

Zur Subjektivität der Kamera hat auch katunia in einem anderen Kontext geschrieben.

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Sonntag, 5. Februar 2006
Bewusstsein des Weiss-seins
"... white people need to be aware of their whiteness - not in the sense of being overwhelmed by guilt or of feeling powerless because they are trapped by forces of history bigger than themselves, but aware in the sense that they can take responsibility for the present and the future and not get stuck as 'victims' of the past."

erklärt die südafrikanische Fotografin Michelle Booth in einem Interview (in: L'Homme, 16. Jg. Heft 2, 2005, S. 126)

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Samstag, 4. Februar 2006
Zweisprachiger Schulunterricht in Bayern
"Die Schüler sollen sich auf natürliche Art und Weise mit dem beschäftigen, was zu Hause gesprochen wird. Das gehört auch zur Identität dazu.", erklärt Harald Niemair vom bayrischen Kulturministerium der taz. Deshalb gibt es jetzt Unterrichtsmaterialien, um in den Schulen die "Heimsprache" zu vermitteln. Allerdings nur für die drei Hauptdialekte Bayerns. Nicht für Türkisch oder Kanaksprak.

Sind die 'bayrischen' SchülerInnen so viel schlauer als die 'türkischen', dass sie gut mit Zweisprachlichkeit leben können? Oder haben sie eh keine Chancen, dass es nichts ausmacht, wenn sie kein Hochdeutsch lernen? Oder habe ich was falsch verstanden, und man kann doch in mehreren Sprachen lernen?

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Anderer Österreicher
Hans W. Korfmann porträtiert heute in der taz berlin einen 'Anderen Österreicher', den Chefkoch eines österreichischen Restaurants, der aufgrund seiner vom 'Standard' abweichenden Physiognomie den alltäglichen Rassismen ausgesetzt ist. Gäste lassen das Wiener Schnitzel zurück gehen, weil der Koch nicht wissen kann, wie es richtig sein muss. Er wird gefragt, woher er kommt. Immer wieder wird sein 'Anderssein' betont.

Schade nur, dass Korfmann das gleiche tut. Der Poträtierte wird beschrieben mit den Adjektiven "lächelnd", "geduldig", "arbeitsam" und "klein". Da muss gar nicht mehr hinzugefügt werden, dass er "Kamobodschner" ist, das 'Asiatische' ist schon ausreichend beschrieben.

Wäre der Chefkoch 'afrikanischer' Herkunft, wäre er wohl eher als athletisch, lebenslustig und lauthals lachend beschrieben worden.

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Romantische Afrikaner
Ein belgischer Dokumentarfilmer zeigt seinen Film über die Tuareg.
Danach Diskussion.
Die Kritik: Die Bilder haben Klischees reproduziert.
Die Reaktion eines weissen Zuschauers: "Aber wenn es da doch so romantisch ist, wie soll er denn das anders filmen?"

Ja, ja, die Afrikaner sind auch viel glücklicher als wir. So nah an der Natur. Und so.

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Freitag, 3. Februar 2006
Arrangierte Ehen, Zwangsheiraten und Necla Kelek
In Indien sind 'arranged marriages' Standard - egal ob bei Hindus, Christen oder Muslimen. Die Eltern suchen nach bestimmten Kriterien (Übereinstimmung von Kaste, Bildungsstand, sozialer Schicht, etc.) nach geeignten EhepartnerInnen für ihre Kinder, Töchter und Söhne. Die können dabei je nach Familie unterschiedlich viel mitwirken. Bei manchen stellen sie die Kriterien mit auf und haben absolutes Vetorecht, bei anderen haben sie keine Mitwirkungsmöglichkeit. Dieses System der 'arranged marriage' stabilisiert eine Gesellschaft, die auf dem Zusammenhalt von Familien aufbaut. Eine Gesellschaft die patriarchal und heteronormativ ist.

Manche dieser arrangierten Ehen sind Zwangsheiraten, weil die Eheleute gegen ihren Willen verheiratet wurden. Alle sind insofern Zwang, da sich junge Menschen in Indien zwar gegen einen speziellen EhepartnerIn aber nicht gegen eine Ehe überhaupt wehren können. Es gibt einen generellen gesellschaftlichen Zwang zu Ehe. Viele empfinden das nicht so, da sie in dieser Gesellschaft aufgewachsen sind und diese Heteronorm verinnerlicht haben. Einige, insbeosondere Homosexuelle, spüren den Zwang sehr deutlich (z.B. das Amritsar Couple.

Die Beurteilung von arrangierten Ehen sollte im Hinblick auf diesen komplexen Sachverhalt erfolgen. Ihre Existenz ist, vorallem durch patriarchale Strukturen und Heteronormativität zu verstehen. Mit Religion haben sie direkt nichts zu tun, die wird nur instrumentalisiert, um die (Hetero-)Normen zu bewahren.

Die Frage ist nun, ob Necla Kelek zu dumm ist, diese Komplexität zu sehen? Ob sie nicht weiss, dass auch Nicht-Muslime arrangierte Ehen haben? Oder ob sie schlicht weiss, dass sie nur, wenn sie die 'deutschen' Vorurteile über die 'Muslime' bedient, so erfolgreich sein kann, wie sie nun ist?

Rennomierte WissenschaftlerInnen aus Deutschland, die sich mit Fragen von Migration und Zugehörigkeit beschäftigen, haben dazu in einem offenen Brief Stellung genommen.

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Wieder Post von der Integrationsbeauftragen
Heute begrüßt die Integrationsbeauftragte den Vorschlag der Unionsinneminister (das sind bestimmt nur Männer), die Einbürgerungsregelungen zu verschärfen. Die Zeiten als die Beauftragte sich auch mal quer gestellt hat, in denen sie sich für MigrantInnen eingesetzt hat, scheinen endgültig vorbei. Wozu braucht man sie dann noch?

Ach ja, die Unionsinnenminister wollen übrigens Einbürgerungstourismus vermeiden. Standortwettbewerb bei Menschenrechten soll es nicht geben.

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Donnerstag, 2. Februar 2006
Meinungsfreiheit
Ich halte Meinungsfreiheit auch für eines der fundamentalsten Rechte. Sie sollte beschützt werden, da eine Einschränkung totalitären Eingriffen den Weg ebnen könnte. Daher muss auch ein Schundblatt wie die Bild existieren dürfen, auch wenn es die Menschen verdummt. Und Religionen müssen kritisiert werden können, auch wenn sich Gläubige dadurch verletzt fühlen.

Aber wo sollen die Grenzen gezogen werden. Denn Grenzen muss es geben, wo andere Grundrechte beschädigt werden. Volksverhetzung, Rassismus, Sexismus, persönliche Angriffe, etc. stellen solche Grundrechtsverletzungen dar. Es ist schwierig, verschiedene Grundrechte miteinander abzuwägen. Das kann eigentlich nur in jedem Einzelfall geschehen.

Die Aufregung um die Karrikaturen des Propheten in einer dänischen Zeitung hat aber wohl ihre Wurzeln woanders. Es geht hierweniger, um das Abwägen von Rechten, sondern um die Feindbilder auf beiden Seiten. Für einige 'Westler' ist mal wieder bewiesen, dass die 'Muslime' die Menschenrechte missachten. Und für einige 'Muslime', dass der 'Westen' ihre religiösen Gefühle nicht ernst nimmt. Auf der Basis lässt sich gut mobilisieren, auf beiden Seiten.

yeahpope hat dazu auch gebloggt.

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'Deutsche' ausgegrenzt
Der 'Bildgungsforscher' Klaus Hurrelmann unterstützt heute in der taz die Deutschpflicht auf Schulhöfen:

"Man muss sich vorstellen, wie das für Kinder ist, wenn ihre Sprache, die außerhalb der Schule völlig normal ist, zur Minderheitensprache wird und auf dem Schulhof überhaupt nicht gesprochen wird."

Ja, das muss man sich mal vorstellen. Wenn die 'deutschen' Kinder ähnliche Erfahrungen machen würden wie ihre 'ausländischen' MitschülerInnen, dann wäre das furchtbar. Aber nur für die, für die anderen nicht. Wäre offensichtlich auch kein pädagogischer Ausgangspunkt für eine Reflektion von Vielfalt, ihren Chancen und Schwierigkeiten. In der Zeit von Globalisierung und Internationalisierung.

PS: katunia hat kürzlich auch die Erfahrung gemacht, anders zu sein. Aber irgendwie schien sie das nicht so schlimm zu finden.

PPS: Wenn die in Baden-Württemberg Deutsch zur Pflichtsprache auf den Schulhöfen machen wollen, was meinen die da: Schwäbisch, Badisch, Alemannisch, etc. oder Hochdeutsch? Bei letzterem würden wieder viele 'deutsche' Kinder, die oben beschriebene Ausgrenzungserfahrung machen.

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Mittwoch, 1. Februar 2006
Geld gehabt
"Sie verpflichten sich nicht nur, sämtliche Kosten für ihn zu tragen. Sondern sie begleichen auch die Aufwendungen, die dem Staat für seine Abschiebung entstanden. Das waren die Bedingungen, dass die fünfjährige Einreisesperre aufgehoben und im Schengener Computernetzwerk gelöscht wurde, mit dem sich Europa normalerweise vor abgeschobenen Flüchtlingen schützt."

Das Ehepaar, dass dem jungen Bosnier die Rückkehr nach Deutschland ermöglicht hat, sagt der taz weiter: "Mehmed war der Einzige ... der ohne polizeiliche Begleitung flog. Das senkt die Kosten natürlich enorm."

Diese ganze Abschiebungspraxis ist absurd. Menschen kommen hierher, leben unter der ständigen Gefahr abgeschoben zu werden, werden abgeschoben und müssen dafür zahlen, damit sie wieder zurückkommen können.

Mehr zu und gegen den Unsinn bei der ini gegen abschiebehaft.

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Gelassenheit
"Anyway, life is still exiting and good. I still fight with German society and lately with a Bank, but life wouldn't be good if we couldn't complain."

Schön mal wieder von meiner mexikanischen Freundin zu hören. Vor Jahren schon ist sie aus Liebe - zu ihrem Mann, nicht zum Land - nach Deutschland gezogen. Auch wenn sie dafür ihren guten Job in London aufgeben musste. Den hat sie inzwischen wieder als Telearbeitsplatz. Ihr früherer Arbeitgeber weiss ihre Qualifikation zu würdigen, die 'deutschen' weniger. Es ist nicht einfach als 'Ausländerin' in Deutschland, es sei denn frau nimmt es mit Humor.

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Queer South Asia
Bei der Diskussion um den Muslimtest wird immer wieder darauf hingewiesen, dass in vielen Herkunftsländern von 'muslimischen' MigrantInnen Homosexualität unter Strafe steht.

Dies gilt auch für ganz Südasien. Die britischen Kolonialherren führten hier ein Gesetz gegen Homosexualität ein, das in fast allen Ländern Südasiens noch heute gilt. Ganz unabhängig von Religion.

Das Internet Portal Südasien Info bietet einen Schwerpunkt zu Queer South Asia.

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Dienstag, 31. Januar 2006
Prima integriert
titelt die taz heute in den Leibesübungen, und schreibt in dem Artikel über einen 'unserer' Handballnationalspieler:

"Mag sein, dass Klimovets in Weissrussland geboren und aufgewachsen ist, jetzt aber zerreißt er sich für Deutschland. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Auch ein Anbruch des rechten Fersenbeins im Dezember, eine Naht unterhalb des Auges und ein abgebrochener Zahn .... sowie 'ein bissschen Blut' aus der Nase ... kann ihn nicht aus der Fassung bringen."

Bei diesem Blutsbeweis kein Wunder, dass der frühere weissrussische Nationalspieler Klimovets im September letzten Jahres eingebürgert wurde.

Pech für Zeynettin Er, über den die taz in der Rubrik 'inland' schreibt, dass er kein Sporttalent ist - und auch kein Blut vergiesen will. Der türkische Kriegsdienstverweiger soll abgeschoben werden. Auch wenn er damit rechnen muss, in der Türkei sofort verhaftet zu werden.

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