Montag, 13. Februar 2006
Andere AmerikanerInnen
Auf der Berlinale habe ich heute den Dokumentarfilm John & Jane gesehen. Ein Film der das Leben von 'indischen' Call Center-Angestellten darstellt. Sie dabei zeigt wie sie 'amerikanische' KundInnen am Telefon beraten, wie sie 'amerikanische' Landeskunde pauken, wie sie den 'amerikanischen' Akzent lernen. Und wie sie dann wieder nach hause in ihre 'indische' Realität gehen. Ein gespenstisches Szenario.

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Identifizierung mit 'unseren' Werten
Gut, dass ich schon eingebürgert wurde. Ich will mich nicht mit 'unseren' Werten identifizieren. Ich bin gegen die Diskriminierung von Minderheiten, gegen Homophobie und Sexismus. Das sind alles 'Werte', die ich auf keinen Fall teilen kann. Natürlich muss ich die Meinungsfreiheit von CDUlerInnen akzeptieren, ihre Meinung teilen, muss ich aber glücklicherweise nicht. Denn ich bin schon deutsche Staatsbürgerin. Noch wird ja die allgemeine Ausbürgerung von StaatsbürgerInnen, die die Werte der CDU nicht teilen, nicht diskutiert. Oder doch?

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Sonntag, 12. Februar 2006
Erfolg von Jyllands-Posten
Die rechstpopulistische Volkspartei gewinnt weitere Unterstützung in Dänemark. Ihre Vorsitzende warnt die 'Dänen' vor dem "inneren Feind", den 'Muslimen'. Die sollen verstehen, dass in Dänemark 'dänische' Werte und Traditionen herrschen, und sollen nicht versuchen die 'dänische' Gesellschaft zu verändern. (Deutschlandfunk)

'Dänische' Regeln sind es wohl, wenn man gezielt eine Minderheit provoziert und wenn sie sich nicht provozieren lässt, dann so lange weiter macht, bis irgendjemand doch drauf anspringt. Danach dann die dänischen 'Muslime' dafür verantwortlich machen, was woanders geschieht. Fertig ist der 'innere Feind'.

Sollte diese 'dänische' Gesellschaft nicht vielleicht doch verändert werden?

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Samstag, 11. Februar 2006
Kelek und die 'Deutschen'
Vor gut einer Woche veröffentlichten WissenschaftlerInnen, die sich mit Migration und Zugehörigkeit in Deutschland beschäftigen, einen offenen Brief, in dem sie die 'deutsche' Integrationspolitik kritisierten und dabei auch auf die fragwürdige Instrumentalisierung von 'authentischen' WissenschaftlerInnen wie Necla Kelek eingingen.

Auf den ersten Blick scheint es so, dass der Schuss nach hinten losgegangen ist. Kelek durfte in mehreren Zeitungen ihre wenig fundierte, dafür aber populistische Replik publizieren. Nicht nur konservative JournalistInnen sprangen ihr zur Seite und nahmen sie vor den 'neidischen' WissenschaftlerInnen in Schutz. Keiner schien den offenen Brief genau zu lesen und sich die Liste der WissenschaftlerInnen genau anzuschauen. Deren Werke kennen noch weniger, sonst würde Keleks Replik nicht so fraglos angenommen. Diese WissenschaftlerInnen zeichnen sich gerade durch Differenzieren aus. Sie analysieren die Prozesse, die zu Ausgrenzungen führen. Die meisten prangern nicht nur Rassismus sondern auch Sexismus und Homophobie an. Intersektionalität ist ihr Thema. Und sie verweigern einfache Antworten wie 'Der Islam ist an allem Schuld.' Damit sind sie nicht marktgängig wie Daniel Bax heute in der taz schreibt:

"Der Erfolg von Necla Kelek und Seyran Ates beruht darauf, dass sie ein klares Feindbild haben. Wenn vor allem die Migranten selbst und eine finstere Gutmenschenmafia aus Multikulti-Ideologen und Migrationsforschern für die Integrationsmisere verantwortlich sind, wie sie behaupten, dann trifft die deutsche Gesellschaft keine Schuld. Kelek und Ates bedienen damit die Ressentiments der Mehrheitsgesellschaft, denn ihre Wut auf türkische Männer passt gut zur deutschen Angst vor allem Fremden. Und so sind die Gesetze des Medienmarkts: Wo eine Nachfrage besteht, da gibt es auch ein Angebot."

Nicht der offene Brief hat zu dem Schulterschluss geführt. Denn gab es schon vorher, er war nur nicht so offensichtlich.

Nachtrag 21.06.06: Es scheint fast, dass mittlerweile wieder differenziertere Meinungen gehört werden.

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Freitag, 10. Februar 2006
Was macht Deutsche eigentlich zu Deutschen?
fragt Bettina Gaus angesichts der aktuellen Einbürgerungsdiskussionen heute in der taz und schreibt weiter: "Jede Diskussion über Einbürgerung ist zunächst einmal eine Diskussion über die eigene Identität."

Ist es das? Geht es bei der Einbürgerung um Identität? Bedeutet die deutsche Staatsbürgerschaft, dass frau 'Deutsche' ist?

Zwischen deutschen StaatsbürgerInnen und 'Deutschen' gibt es ziemliche Unterschiede. Nicht die Staatsbürgerschaft macht 'Deutsche' zu 'Deutschen' sondern so wie Mecheril sagt, die ausreichende Übereinstimmung mit einem fiktiven 'Standard-Deutschen'. 'Weißsein' ist dabei ein wichtiges Kriterium. Die Sprache spielt sicher auch eine Rolle, wie Gaus richtig feststellt, wenn sie auch in keiner weise hinreichend ist. Hautfarbe ist immer noch wichtiger.

Die Staatsbürgerschaft aber ermöglicht aktive Teilhabe am deutschen Staat. Darum geht es bei der Einbürgerung. Um das Recht sich politisch einmischen zu können.

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Aggressive Toleranz
ist ein Kommentar des britischen Journalisten Neal Ascherson zur 'Karrikaturen-Affäre' heute in der taz überschrieben. Er stellt in Frage, dass es den 'westlichen' KritikerInnen der 'Muslime' tatsächlich um Toleranz geht:

"Aber ist es wirklich die Angst vor dem Islam, vor dessen Ablehnung jeglicher Kritik und dessen Widerspenstigkeit gegenüber dem liberalen Gedankengut der Aufklärung? Oder handelt es sich im Grunde nur um die feindselige Haltung einer alteingesessenen Gemeinschaft gegenüber fremden Eindringlingen, die das Familienanwesen mit den Einheimischen teilen wollen?"

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Donnerstag, 9. Februar 2006
Pressemeinung
In letzter Zeit habe ich mich häufiger über meine Zeitung, die taz geärgert. Geärgert, dass in dieser 'linken', 'grünen' Zeitung Leute wie Jan Feddersen, Necla Kelek und Seyran Ates ihre Pauschalverurteilungen des 'Islam' und der 'Muslime' kund tun dürfen. Heute habe ich zufällig auch mal in den Tagesspiegel geschaut, auch keine 'rechte' Zeitung. Und schon auf der zweiten Seite ist mir noch schlechter geworden als bei den oben genannten AutorInnen. Hier wird gar nicht mehr debattiert, hier ist schon alles klar:

Werner von Bebber stellt fest: "Mit den Italienern, Portugiesen, Griechen ... hat es nie Schwierigkeiten gegeben, die heute Zweifel an der Integration begründen könnten." Und fährt fort: "Niemand kann heute sagen, warum die Schwierigkeiten mit den Einwanderern aus dem muslimischen Kulturkreis größer sind." Er fragt dann zwar noch rhetorisch, ob der Eindruck täuscht, aber lässt die Behauptung so stehen.

Die Schwierigkeiten von 'italienischen', 'portugiesischen', etc. MigrantInnen interessieren heute offensichtlich keinen, sie sind vergessen, verdrängt. Wozu auch dahin schauen, denn es sind die 'Muslime', die uns Probleme, und zwar unerklärliche, machen. Da brauchen wir auch keine weiteren Informationen - die es durchaus zu beiden Behauptungen gibt-, um das mal eben behaupten zu können.

Islamophobie scheint inzwischen, selbstverständlich in Deutschland geworden zu sein. In der taz ist sie immerhin nicht durchgängig.

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Produktion Illegalisierter
Weil 'wir' 'unseren' Arbeitsmarkt schützen wollen, ist die Freizügigkeit für ArbeitnehmerInnen aus den neuen EU-Ländern erst einmal eingeschränkt. Wo kämen wir denn auch hin, wenn wir die Tore für die 'PolInnen' und so öffnen würden? Die würden alle in Massen ins gelobte Land stürmen und 'uns' die Arbeitsplätze wegnehmen. (Wie übrigens im Jahr 2000 die indischen IT-ExpertInnen ...)

Der EU-Sozialkommisar Spidla hat zwei Jahre nach der Osterweiterung jetzt die Folgen für den Arbeitsmarkt ausgewertet. Die Schweden waren die einzigen, die den 'Neuen' volle Freizügigkeit gewährt haben. Und sie wurden nicht überrannt. Dort aber, wo die Freizügigkeit eingeschränkt wurde, ist die Zahl der Illegalisierten gewachsen. Wenn die Menschen wandern wollen, und die ArbeitgeberInnen sie haben wollen, dann wandern sie auch. Und wenn sie illegalisiert leben müssen, dann sind sie auch billiger und deshalb gerne gesehen bei vielen ArbeitgeberInnen. War das das Ziel?

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Mittwoch, 8. Februar 2006
'Wir' wollen 'uns' nicht erinnern
Die Deutsche Bahn weigert sich eine Ausstellung über deportierte jüdische Kinder auf ihren Bahnhöfen zu zeigen. Sie hat kein Platz, kein Geld, es ist nicht der würdige Rahmen, etc. Auf französischen Bahnhöfen wurde die Ausstellung bereits mit großem Erfolg gezeigt.

Ist Erinnerung so schlimm? So geschäftsschädigend? Wen stört die Ausstellung?

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Dienstag, 7. Februar 2006
Integrationsanforderungen
Zum vorherigen Eintrag hier nun eine Erläuterung aus der Wissenschaft. Der Erziehungswissenschaftler Paul Mecheril, und Entwickler des Konzepts 'Andere Deutsche', schreibt in seiner Habil Prekäre Verhältnisse (2003, 222):

"Hier wird eine grundsätzliche Regel deutlich: Das für "Fremde", "Neuankömmlinge" bedeutsame Ausmaß der "Integrationsanforderungen" ist größer als das der Forderungen, die an "Alteingesessene" gestellt werden; dies korrespondiert einem subtilen (Loyalitäts-)Misstrauen ...: einmal als Anderer Deutscher der "Türken-Elf" zugejubelt, schon steht das "Ich bin Deutscher" in Frage."

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StaatsbürgerInnen 2. Klasse
Es galt einmal in Deutschland, dass die deutsche Staatsbürgerschaft nicht entzogen werden kann. Damit sollte verhindert werden, dass wieder wie im Nationalsozialismus Menschen staatenlos gemacht werden. Noch heute steht das im Grundgesetz. Aber es gilt nicht mehr. Denn wer sich durch 'Täuschung' die deutsche Staatsbürgerschaft 'erschlichen' hat, dem kann sie entzogen werden. In 84 Fällen war dies zwischen 2002 und 2005 der Fall, z.B. weil die Mitgliedschaft in einem von Verfassungsschutz beobachteten Verein (man beachte: beobachtet, nicht als verfassungswidrig eingestuft) verschwiegen wurde Der Muslimtest soll dazu jetzt noch mehr Möglichkeiten geben. Die Antworten werden bis zum Lebensende aufbewahrt und können jederzeit gegen die Eingebürgerte verwendet werden. Ein Willkürakt sondergleichen. Der 'Leitfaden' fragt kein 'Wissen' ab sondern diffuse Einstellungen. Es kann keine 'objektiven' Kriterien geben, die Antworten zu beurteilen. Damit kann jede als 'Täuschung' interpretiert werden, wenn es denn opportun erscheint.

Soll das Integration sein? StaatsbürgerIn auf Widerruf? Die Aufgabe von Rechtsstaatlichkeit?

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