Montag, 15. Mai 2006
Bedrohung
Heute in der taz:

"Die Anschläge von Madrid und London haben gezeigt, dass im Land lebende, unzufriedene Migranten sich radikalisieren können, ohne dass die von ihnen ausgehende Bedrohung rechtzeitig erkannt wird", sagte Nehm. Dabei zeichne sich ein Trend zu Einzeltätern ab, die noch schwieriger zu fassen seien als Gruppen.

Da werden die 'MigrantInnen' wieder zur Bedrohung stilisiert. Anstatt sich anzuschauen, warum viele wohl unzufrieden sind und dagegen etwas gemacht wird, stellen 'wir' 'sie' mal lieber unter Kollektivverdacht. Das ist bestimmt eine gute Strategie gegen Radikalisierung.

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Kritik von der OECD
Mehr aus der Reihe Internationale Kritik an Diskriminierungen in Deutschland:

"OECD und GEW kommen zum gleichen Schluss: Das deutsche Schulsystem versagt bei der Integration von Migrantenkindern. OECD-Bildungsexperte Schleicher sagte, das dreigliedrige System konzentriere Schüler mit Migrationshintergrund derart in Hauptschulen, dass die Probleme von den LehrerInnen kaum noch bewältigt werden könnten" (Quelle: taz).

Nachtrag 16.05.06:: Heute gibt es nun ausführlichere Informationen in der taz, die analysiert:

"Dass Migrantenkinder zweiter Generation schlechtere Bildungschancen haben als jene, die nicht hier geboren wurden, ist ein Armutszeugnis für das deutsche Bildungssystem. Denn die Entwicklung geht dahin, dass die Migrantenkinder im Laufe der Zeit immer ungebildeter werden - und nicht gebildeter. In den meisten Industriestaaten verläuft die Entwicklung genau umgekehrt"

taztitel


Es liegt also nicht an den 'Migrantenkindern' sondern am deutschen Schulsystem. Neue Ansätze sind gefordert. Die Pädagogin Lisa Britz fordert zum Beispiel eine aktive Anerkennung der Mehrsprachigkeit. Stattdessen geht in Deutschland die strukturelle Diskriminierung von 'Anderen Deutschen', zum Beispiel der Illegalisierten weiter. In Deutschland sind nicht alle Kinder gleich, einige sind gleicher auch wenn das die Entwicklung Deutschlands eher behindert als fördert.

Nachtrag 19.05.06: Mehr zur systematischen Benachteiligung von 'Anderen Deutschen' in deutschen Schulen in einem taz-Interview mit Heike Diefenbach.

Nachtrag 13.04.08: Und wieder mal kritisiert die OECD die Diskriminierung von Frauen sowie von Kindern aus sozial benachteiligten Gruppen in Deutschland (siehe taz).

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Freikaufen
Der 15jährige Junior und die 18jährige Yanga dürfen in Deutschland bleiben. Eine Kampagne der Zeitschrift Siegessäule hat genug Gelder eingeworben, um ihren Aufenthalt zu finanzieren. Schön, dass die beiden bleiben können. Die taz-Autorin Plutonia Plarre hält dies allerdings zurecht für ein problematisches Modell. Die beiden Geschwister müssten so ein Aufenthaltsrecht erhalten, die Wahrung von Menschenrechten darf nicht davon abhängen, ob genug SpenderInnen gefunden werden können. Für die jungen Serientäter, die Körting abschieben will, werden sich wohl keine SpenderInnen finden - ganz abgesehen davon, dass Körting sie wohl auch nicht freikaufen liesse. Das Problem ist nicht fehlendes Geld, sondern das Prinzip Abschiebung überhaupt.

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Zuschlagen
Diesmal war es für die Rechten Schläger nicht so leicht, ihr Opfer zu erkennen. Sie mussten ihn erst fragen, welche Nationalität er hat und dann erst konnten sie zugeschlagen. Da ist es doch einfacher, wenn das Opfer Schwarz ist, dann kann unabhängig von Nationalität ohne Verzögerung zugeschlagen werden. Derweil fallen die Alibis der Schläger von Potsdam in sich zusammen. Da haben die Eltern wohl ihren Sohn schützen wollen (und aus dem Fall Sürücü wissen wir, dass das nicht geht).

Aber jetzt komme bloss keine auf die Idee, dass es für Schwarze in Deutschland gefährlich sei. Das sind alles Einzelfälle, die auf keinen Fall überbewertet werden dürfen. Schliesslich werden auch blauäugige Blonde Opfer von Gewalt.

Nachtrag 16.05.06: Diesmal ist es der Tagesspiegel, der Zweifel daran äußert, dass es eine rassistische Tat war. Auch der Italiener war betrunken. Dass sich keine Zeugen melden, ist laut taz keine Seltenheit. Es ist in Deutschland normal, Gewalttaten zu ignorieren und den Opfern nicht zu helfen. Aber selbst wenn, der 'Italiener' sich die Geschichte nur ausgedacht haben sollte, dann zeigt der Fall ein Problem auf. Denn solch ein rassistischer Überfall ist durchaus wahrscheinlich:

"Dass sich der Vorfall ausgerechnet im belebten Teil des Berliner Szene-Stadtteils Prenzlauer Berg abspielte, scheint zunächst überraschend, ist jedoch kein Novum, sagt Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR). "An dieser Stelle ist es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Übergriffen gekommen", sagte Klose. Dies sei bloß Ausdruck einer Situation, mit der nicht nur die ostdeutsche Provinz, sondern auch Berlin seit längerer Zeit zu tun habe. Wie bei dem rassistischen Übergriff am Ostersonntag in Potsdam ist für Klose die herausragende Frage auch nicht, woher denn die Täter kommen: Sie müssten nicht erst einer rechten Organisation angehören, um auf missliebige Menschen einzuschlagen."

Am Wochenende wurde unter anderem in Eisenach ein "Mann aus Tunesien" schwer verletzt. Rassistische Schläger stehen in Schönebeck und Senftenberg vor Gericht. Die Haftebefehle für die Verdächtigen in Potsdam wurden bestätigt. Trotzdem meint Jörg Schönbohm: "Für Schönbohm ist - man mag es kaum glauben - rechts in Brandenburg "nicht mehr angesagt". "

Und er geht noch weiter: "Schönbohm wie Schreiber [Leiterin der Verfassungsschutzabteilung, ug] wiesen die Behauptung zurück, es gebe in Brandenburg für Ausländer so genannte No-go-Areas. Diese Vorstellung sei "absurd", meinte Schreiber."

Ja, wo leben die denn? Haben die beiden schon mal mit Schwarzen gesprochen? Es gibt massig No-Go-Areas und da sich die meisten Schwarzen daran orientieren, passiert 'relativ' wenig. Die No-Go-Areas zu ignorieren, kann lebensgefährlich sein. Eine Bekannte wurde dreimal in Marzahn zusammengeschlagen, bevor sie wegzog. Sie wollte eigentlich den Rechten nicht nachgeben ....

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