Mittwoch, 25. April 2018
Zeichen setzen
Wer eine staatliche Behörde in Bayern betritt, soll ab jetzt mit einem christlichen Kreuz konfrontiert werden (vgl. tagesschau.de). Das ist ein klares Zeichen, wer willkommen ist und wer nicht.

Wie verträgt sich das damit, dass staatliche Behörden für alle Bürger_innen offen sein sollten? Wie kann ich Vertrauen in eine Behörde entwickeln, die mir offensiv ihre religöse Verortung zeigt? Was mache ich als nicht-christliche Mitarbeitende? Und wie war das nochmal mit der Aufklärung?

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Sonntag, 22. April 2018
Selektive Überprüfung von Asylbescheiden
"Nach den Vorwürfen gegen die Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat der Parlamentarische Staatssekretär Günter Krings vom Bundesinnenministerium eine Überprüfung der Abläufe bei Asylentscheidungen angekündigt. "

schreibt tagesschau.de nachdem bekannt wurde, dass "die frühere Leiterin der Außenstelle im Zeitraum von 2013 bis 2016 in 1200 Fällen Asyl gewährt haben, obwohl die Voraussetzungen nicht gegeben waren." Gegen die Frau wird wegen Korruptionsverdacht ermittelt. Auch Dolmetscher_innen wird das Vertrauen entzogen. Aus dem Kontext der Berichterstattung erscheint es, weil sie auch zugunsten der Asylstellenden agiert haben (es mag aber auch andere Gründe gegeben haben).

Justiz und Politik verfolgen den Fall mit aller Härte, so scheint es. Da frage ich mich, ob mit gleicher Härte gegen widerrechtiges Nicht-Gewähren von Asyl vorgegangen wird. Letzten Dezember berichtete, zum Beispiel, faz.net:

"Immer mehr Flüchtlinge klagen gegen ihren Asylbescheid und sind damit erfolgreich."

Ich kann mich nicht erinnern, dass darauf die Politik reagiert hat mit einer Überprüfung des Asylverfahrens, dass den Mitarbeitenden, die zu unrecht nicht Asyl gewähren, Korruption vorgeworfen wurde. Auch nicht im Fall von unrechtmäßiger Abschiebehaft.

Kann es sein, dass es der Politik weniger um das Einhalten von Recht geht und mehr um das Abwehren von Asylbewerbenden?

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Mittwoch, 11. April 2018
Berlinale: Social Media
Der Spielfilm Profile spielt komplett auf dem Computerbildschirm. Eine Journalistin recherchiert zu IS-Anwerbern, nutzt dazu Social Media und kommt so in den Kontakt mit einem, kommuniziert gleichzeitig mit ihren Auftraggebern und Freund_innen. Alles passiert auf dem Bildschirm. Spannend gemacht. Die Geschichte ist auch okay.

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Samstag, 7. April 2018
Berlinale: Migration
Im Spielfilm Lemonade erzählt Ioana Uricaru, wie die rumänische Krankenpflegerin Mara versucht, für sich und ihren Sohn in den USA eine Zukunft aufzubauen. Angesichts der äußerst restriktiven Zuwanderungsregelungen gibt dies Männern die Möglichkeit sie sexuell auszubeuten und zu missbrauchen. Ein starker Film mit einer starken Frauenfigur. [Passt auch gut zu unserer Tagung: Care - Migration - Gender Anfang 2019.]

Eine starke Frauenfigur ist auch die Protagonistin des Dokumentarfilms MATANGI / MAYA / M.I.A.. Der Filmemacher Steve Loveridge nutzt überwiegend Videomaterial, dass die Künstlerin M.I.A. seit Teenager-Tagen selbst aufgenommen hat, und macht daraus ein Porträt von M.I.A., dass sich vor allem mit ihrer Herkunft aus Sri Lanka, der Rolle ihres Vaters bei den Tamil Tigers und dem Konflikt in Sri Lanka beschäftigt. Eindrucksvoll.

Auch beim Spielfilm Fortuna steht ein Mädchen im Mittelpunkt. Allerdings bin ich vom Film nicht so überzeugt. Das Thema der sexuellen Ausbeutung wird mir zu wenig behandelt (es wir nur gezeigt). Die christlichen Männer zu wenig hinterfragt. Die muslimischen zu stereotyp gezeichnet. Das Visuelle scheint mir die Geschichte zu überlagern. Die Bilder sind sehr schön und sehr inszeniert. Die Geschichte muss sich an sie anpassen.

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Mittwoch, 4. April 2018
Offen reden
Mitte März hat der Deutschlandfunk die Schriftstellerin Monika Maron zu den "umstrittenen Aussagen des Autoren Uwe Tellkamp" interviewt. Da ist viel Problematisches drin (sie versteht die Aufregung um Tellkamp nicht), aber wo ich beim Hören am meisten gestutzt habe, war folgender Abschnitt:

"Heuer: Heißt das, Frau Maron, es hängt vom sozialen oder vom öffentlichen Status ab, ob man in Deutschland noch sagen kann, was man denkt?

Maron: Nein, nicht, ob man in Deutschland noch sagen kann, was man denkt. Aber ich weiß nicht, ob Sie das nicht erleben. Ich erlebe das, ob beim Friseur oder sonst wo. Die Leute vergewissern sich erst mal, mit wem sie reden und ob sie offen reden wollen oder nicht. Man kommt dafür nicht ins Gefängnis etwa, es droht einem auch keine schwere Strafe, aber es droht einem eine kleine oder größere Ächtung. Das haben die Leute oft genug erlebt und das erleben sie ja jetzt bei Uwe Tellkamp."


Welche Normalität spricht da raus?

Für mich (und die meisten Leute um mich rum) ist es ganz selbstverständlich, dass ich mir bevor ich etwas sage, erst einmal Gedanken darüber machen, in welchem Kontext ich bin. Nicht alles lässt sich an allen Orten sagen. Manches lässt sich nur in geschützen Räumen sagen. Abweichungen von der Norm, die nicht unbedingt sichtbar sind (z.B. Genderidentität, Sexualität, natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Beeinträchtigungen, Klasse, etc.), sichtbar/hörbar zu machen, geht mit Risiken einher. "Man kommt dafür nicht ins Gefängnis etwa, es droht einem auch keine schwere Strafe, aber es droht einem eine kleine oder größere" Beleidigung, Abwertung, Ausgrenzung oder unangenehme Situation. Will ich wirklich mit der Friseurin über meine sexuelle Orientierung sprechen, mit dem Arzt über die Herkunft meines Namens diskutieren, beim Familienfest über meine politischen Ansichten reden oder doch lieber über etwas Unverfängliches wie das Wetter? Was mache ich hier im Blog öffentlich? etc.

Wenn sich Maron bisher nicht vergewissert hat, mit wem sie über was redet, muss sie ganz schön in einer Blase gelebt haben, in der sie zur unhinterfragten Norm gehört. Und höchst wahrscheinlich ist sie immer wieder Leuten begegnet, die ihr lieber nicht alles gesagt haben.

PS: In einem Gastkommentar über nach rechts driftende "Künstler" in der Sueddeutschen zitiert Norbert Frei auch diesen Teil des Interviews mit Maron.

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Freitag, 30. März 2018
Berlinale: Sisterhood
Gut gefallen hat mir bei der Berlinale auch der Dokumentarfilm Yours in Sisterhood. Die Filmemacherin Irene Lusztig hat in einem Archiv unveröffentlichte Leserinnenbriefe an die USamerikanische Zeitschrift Ms gefunden. Auf der Basis intersektionaler Überlegungen hat sie davon eine große Zahl ausgesucht und an den Ursrpungsabsendeorten (überwiegend in der USamerikanischen Provinz) Vorleser_innen gesucht, die in einen Bezug zur Schreiberin aufbauen können. Mit den Leser_innen hat die Filmemacherin dann über den Brief und seinen aktuellen Bezug gespochen. Dadurch kommen ganz unterschiedliche Perspektiven zusammen. Zustimmende und Ablehnende zur Ms. Aus unterschiedlichen sozialen Positionierungen. Mit unterschiedlichen politischen Positionierungen. Sehr spannend.

Beim kongolesischen Spielfilm Maki'la ging es auch um Sisterhood. Um Patriarchat. Um Armut. Und ich bin mir nicht sicher wie ich den Film fand. Interessant auf jeden Fall, aber auch seltsam. Weniger zugänglich für mich?

Den Dokumentarfilm Game Girls hat mir nicht gefallen. Ich hatte den Eindruck, dass die Protagonist_innen nicht abschätzen konnten, was es bedeutend in einem solchen Film zu sein, und mir hat eine filmische Reflektion über den Produktionsprozess gefehlt. So war es für mich ein Zurschaustellen von schwierigen Lebensbedingungen von schwarzen Frauen* in den USA.

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Mittwoch, 28. März 2018
Berlinale: Queer in der Provinz
Der Spielfilm L’ Animale nimmt die Zuschauer_innen in die Provinz. Jugendliche kurz vor dem Abitur. Männlichkeitsdarstellungen. Und andere Optionen. Dabei kann die Tochter besser zu ihrem Begehren stehen als ihr Vaters. Sehenswert.

In der argentinischen Provinz ist das Leben in dem Spielfilm Marilyn schwieriger. Marcos/Marilyn sieht keine Möglichkeit zu seiner Geschlechtsidentität zu stehen. Der Film beruht dabei auf einer wahren Geschichte. Mir hätte es besser gefallen, wenn er sich von der ein bisschen mehr befreit hätte und nicht versucht hätte alles abzubilden.

Auch der Dokumentarfilm The silk and the Flame spielt in der Provinz, in der chinesischen. Ein Sohn besucht seine Familie und bringt einen Filmemacher mit, der alles filmt. Ein intensives Porträt, in denen auch die Erwartungen an den Sohn thematisiert werden. In Schwarz-Weiß (wie etliche andere Filme bei dieser Berlinale). Sehenswert.

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