Mittwoch, 14. Mai 2014
Uni Assist
Die taz berlin berichtete gestern, dass ein polnischer Studierender der Humboldt-Universität mit Unterstützung des HU-RefRats dagegen klagt, dass ausländische Studierende - anders als deutsche - für ihre Bewerbungen an deutschen Unis Gebühren zahlen müssen. Die Studierendenvertreter_innen fordern, dass die HU auf die kostenpflichte Prüfung der Bewerbungen durch Uni Assist zu verzichten. Die taz berlin zitiert einen HU-Sprecher, dass sie auf Uni Assist nicht verzichten können, aber:

"Trotzdem sei man einen Schritt in Richtung Gleichstellung gegangen, so Baron: Künftig werde nicht nach Pass entschieden, sondern nach der Herkunft des Zeugnisses. Das heißt, auch Bewerber aus Deutschland mit Zeugnissen aus dem Ausland müssen ihre Dokumente über Uni Assist einreichen."

Sehr verwirrend. Warum gibt es Prüfungsbedarf nach Staatsbürger_innenschaft? Prüfungsbedarf kann es, wenn überhaupt doch nur aufgrund von Abschlüssen, geben? Mussten für eine Bewerbung an der HU Bildungsinländer_innen mit ausländischer Staatsbürger_innenschaft bisher ihr deutches Abitur kostenpflichtig überprüfen lassen? Ein Blick auf die Uni Assist-Seite hilft auch nicht unbedingt weiter, um die Verwirrung zu klären. Auf der Startseite heisst es:

" Herzlich Willkommen bei uni-assist,der Arbeits- und Servicestelle für Internationale Studienbewerber"

Wer aber ist internationale Studienbewerber_in? Das wird nicht weiter erklärt. In der Vereinssatzung steht:

"Zweck des Vereins ist die Unterstützung der Hochschulen und der ausländischen Studierenden bei der Bewerbung um ein Studium in Deutschland. "

Im juristischen Sinne sind Ausländer wohl Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft. Aber warum brauchen diese, wenn sie Bildungsinländer_innen sind, besondere Unterstützung bei der Bewerbung? Rassismus wäre ein Grund, aber darum scheint es bei Uni Assist nicht zu gehen, zumindest nicht um die Bekämpfung von Rassismus.

In den FAQ finde ich aber die Auskunft:

"Die uni-assist-Mitglieds-Hochschulen haben beschlossen, dass ab Sommersemester 2014 die Online-Bewerbung über das uni-assist Online-Portal für Studienbewerber verpflichtend ist"

Bewerber_innen müssen also wissen, ob sie dazu verpflichtet sind oder nicht. Sind sie internationale Studienbewerber_innen oder nicht. Also weiter auf der Suche nach einer Definition. Unter Länder Tipps (in der Rubrik Wissenswertes - ich hatte da vielleicht an Bundesländertipps oder so gedacht, aber sicher nicht, dass ich da die Informationen bekommen, wer sich wie bewerben muss) schliesslich findet sich eine Liste von Regionen und Ländern mit spezifischen Informationen zum Bewerbungsverfahren:

"Hier gibt es spezielle Hinweise für Bewerber aus bestimmten Herkunftsländern, die mit den spezifischen Bildungssystemen dieser Länder zu tun haben. Deshalb sind diese Tipps teilweise auch in den Landessprachen verfasst."

Die Informationen gibt es aber nur für einige Regionen und Länder. Zu Indien, zum Beispiel, finde ich nichts. Die Ausführungen deuten aber daraufhin, dass es nicht um Staatsbürger_innenschaft sondern um ausländische Zeugnisse geht. In der gleichen Rubrik Wissenswertes finden sich auch FAQ. Da finde ich schliesslich:

"Die Kernaufgabe von uni-assist ist die Bewertung von internationalen Zeugnissen. uni-assist prüft, ob die eingereichten Zeugnisse gleichwertig zu deutschen Schul- oder Studienabschlüssen sind und grundsätzlich zum Studium in Deutschland berechtigen. Zusätzlich beauftragen die meisten Hochschulen uni-assist damit, die Erfüllung weiterer Kriterien zu prüfen."

Es geht also um Zeugnisse, nicht um Staatsbürger_innenschaft. Dann verstehe ich aber die von der HU angekündigte Änderung nicht. Mussten sich bis jetzt auch Bildungsinländer_innen über Uni Assist bewerben? Oder mussten deutsche Staatsbürger_innen mit ausländischen Zeugnissen diese nicht überprüfen lassen? Wenn ja, warum? Was soll das ganze? Geht es doch um Rassismus, rassistischen Ausschluss?

Ich habe keinen deutschen Schulabschluss auch wenn ich in Deutschland die Schule besucht habe. Ich habe das Europäische Abitur, bin aber nicht in der Lage auf der Uni Assist-Seite herauszufinden, ob ich (wenn ich mich heute an einer Uni einschreiben müsste) deswegen über Uni Assist gehen müsste. Müssten sie meinen Abschluss erst prüfen oder nicht? Bin ich international, ausländisch, verpflichtet oder nicht? Die Seite gibt dazu nicht wirklich Auskunft.

Wenn ich verpflichtet wäre, müsste ich dann die Gebühren für EU-Staatsbürger_innen zahlen? In der Entgeldordnung wird nach EU- oder Nicht-EU-Staatsbürger_innenschaft unterschieden. Aber warum? Der Prüfungsaufwand für das Zeugnis hängt doch nicht an der Staatsbürger_innenschaft der Bewerber_innen sondern wenn überhaupt an dem Ort, an dem das Zeugnis ausgegeben wurde. Wissen die von Uni Assist nicht, das Menschen mobil sein können (auch schon vor dem Studium)?

Unter Gründung und Vorstand schliesslich steht:

"Keine Mitgliedsbeiträge: uni-assist finanziert sich durch Entgelte, Spenden und Zuschüsse. "

Warum eigentlich? Wäre es nicht fairer, die Unis zahlten Mitgliedsbeiträge (schliesslich wollen sie die Prüfung der Bewerbungsunterlagen an Uni Assist auslagern) und die Bewerber_innen müssten keine Entgelte zahlen?

Ein sehr seltsames Konstrukt. Zumindest auf der Webseite nicht undurchschaubar.

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Änderung Aufenthaltsgesetz
Gerade zirkuliert ein Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung. Darin soll (wirtschaftliche) Integration mit einem verbesserten Bleiberecht belohnt werden und gleichzeitig etliche andere leichter abgeschoben werden. In der taz gab es dazu eine Kurzmeldung, die darauf verweist, dass straffällig gewordene ausländische Staatsbürger_innen mehr abgeschoben werden sollen sowie

"Die Bekämpfung von extremistischen und terrorismusrelevanten Strömungen soll künftig auch mit den Mitteln des Ausländerrechts erfolgen."

Das Aufenthaltsrecht wird genutzt, um gesellschaftliche (in Deutschland entstandene) Problemen abzuschieben. Das kann nicht sein. Mit straffälligen und extremistischen deutschen Staatsbürger_innen wird auch innerhalb der Gesellschaft umgegangen . Das gleiche muss für ausländische Staatsbürger_innen gelten. Gleiches Recht für alle!

Nachtrag: Erst jetzt gesehen: Ein ausführlicherer Artikel in der Süddeutschen. Und auch in der Süddeutschen: Heribert Prantl kommentiert den Gesetzentwurf :

"Dieser Gesetzentwurf verschärft die ohnehin scharfe EU-Aufenthaltsrichtlinie in einer Weise, die man nicht glauben möchte, wenn es nicht schwarz auf weiß da stünde. Das neue Recht (das nicht Recht werden darf) läuft darauf hinaus, dass künftig fast jeder Flüchtling, der nach Deutschland kommt, inhaftiert werden kann."

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Dienstag, 13. Mai 2014
Aufenthalt nach Studium (zur Ausweisung von Simran Sodhi)
Nach dem Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet § 16 Absatz 4 gilt:

"(4) Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums kann die Aufenthaltserlaubnis bis zu 18 Monaten zur Suche eines diesem Abschluss angemessenen Arbeitsplatzes, sofern er nach den Bestimmungen der §§ 18, 19, 19a und 21 von Ausländern besetzt werden darf, verlängert werden. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt während dieses Zeitraums zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. § 9 findet keine Anwendung."

Die Universität Frankfur/Main führt in einem rechtlichen Leitfaden für ausländische Studierende aus, unter welchen Umständen nach diesen 18 Monaten ein Aufenthalt in Deutschland möglich ist. Dies geht mit der Blauen Karte EU, § 19a AufenthG. Dafür muss ein konkreter Arbeitsplatz mit ausreichendem Gehalt nachgewiesen werden:

"Das Mindesteinkommen beträgt Zwei Drittel der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung (für 2012 West: 5.600 Euro, Ost: 4.800 Euro), derzeit sind also 3.733 Euro in den westlichen Bundesländern und 3.200 Euro in den östlichen Bundesländern als Einkommensschwelle vorgesehen (§ 41a BeschV)."

Weiter für die Uni Frankfurt aus, dass es noch eine Möglichkeit nach § 18 AufenthG (Sonstige Beschäftigung) gibt:

"Für die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis in einem (an der Hochschule) erlernten Beruf bedarf es der Zustimmung der Arbeitsagentur (§ 39 AufenthG). Sie wird ohne die Prüfung des Vorrangs sonstiger Arbeitskräfte erteilt (§ 27 Nr. 3 BeschV), allerdings darf weiter geprüft werden, ob die Arbeitsbedingungen (in sbesondere das Gehalt) den branchen- und ortsüblichen Standards entsprechen."

Das sind ganz eindeutig ausschliessende Regelungen, die verhindern sollen, dass ausländische Studierende nach ihrem Studium in Deutschland bleiben. Erwünscht sind nur jene, die ein hohes Einstiegsgehalt bekommen. Etwas das für Absolvent_innen von vielen gesellschafts- oder geisteswissenschaftlichen Studien illusorisch ist (ganz unabhängig von der Staatsbürger_innenschaft). Was aber selten skandalisiert wird.

Gerade aber hat es ein Einzelfall in die Medien geschafft. Das Zentrum für Demokratie Treptow-Köpenick hat öffentlich gemacht, dass die in Treptow-Köpenick angestellte Integrationslotsin Simran Sodhi keine Aufenthatls- und Arbeitsgenehmigung bekommt, da ihre Stelle als Integrationslotsin zu schlecht bezahlt wird (darüber berichtet haben unter anderem RBB, taz und Spiegel Online).

Ich bin mir sicher, dass die Integrationslots_innen zu schlecht bezahlt werden. Das ist ein Skandal und sollte geändert werden. Das betrifft aber nicht nur Simran Sodhi, sondern alle, die unter dem Programm angestellt werden. Es ist sicher kein Grund, warum Sodhi der Aufenthalt in Deutschland nicht verlängert werden soll. Immerhin hat sie eine Stelle gefunden und bekommen, die ihre Qualifikationen (aus)nutzt.

Jetzt versuchen verschiedene Inititiativen (unter anderem eine Petition) die Ausländerbehörde umzustimmen. Denn diese hat natürlich einen Ermessensspielraum und könnte argumentieren, dass es im öffentlichen Interesse ist, dass Sodhi in Deutschland bleibt. All die Inititiativen betonen daher, dass Sodhi eine wichtige Arbeit für die Integration in Deutschland macht und deswegen ihr Verbleib in Deutschland von öffentlichem Interesse ist.

Das ist eine strategisch sinnvolle Argumentation. Sie verbleibt aber leider im Einzelfall und kritisiert nicht grundsätzlich die ausgrenzende Gesetzeslage.

Vom Institut für europäische Ethnologie, an dem Sodhi studiert hat, wird immerhin darauf hingewiesen, dass das geforderte Mindesteinkommen für Absolvent_innen dieses Faches zu hoch angesetzt ist.

Die Forderung muss aber noch weitergehen: Aufenthaltsrecht ohne nachgewiesenen Arbeitsplatz und Mindesteinkommen!

Nachtrag: Aufgrund des großen öffentlichen Protests hat der Innensenator Henkel angkündigt, dass die Ausländerbehörde den Fall nochmal prüfen soll. Für Simran Sodhi ist das eine gute Nachricht. Henkels Pochen auf die rechtliche Lage bleibt aber ein schlechtes Zeichen.

Nachtrag 22.05.14: Im Tagesspiegel berichtet heute Mohamed Amjahid, dass auch ein Volontariatsgehalt nicht ausreichend für einen Aufenthalt ist. Durch Hartnäckigkeit hat er immerhin 18 Monate Aufenthalt bekommen, aber das reicht auch nicht für das gesamte Volontariat.

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Sonntag, 4. Mai 2014
Antiziganismus ist normal
Antiziganismus ist keine Verfolgung sondern normal. Oder aber: Wir sind auch antiziganistisch, also behaltet die mal selber. So ähnlich muss die Bundesregierung argumentieren, wenn sie die sicheren Herkunfsstaaten auf Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina erklärt (die taz berichtete). Die taz zitiert auch die Kritik des Deutschen Instituts für Menschenrechte:

"Die Menschenrechtssituation für Roma sei in diesen Staaten verheerend, sagte die Leiterin der Abteilung Menschenrechtspolitik, Petra Follmar-Otto."

Und im taz-Kommentar fasst Christian Jakob treffend zusammen:

"Wenn Deutschland diese Länder jetzt per Gesetz als sicher für Roma einstuft, dann ist die Botschaft : Behandelt die Roma ruhig weiter wie Dreck – uns ist das egal."

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Mal wieder ein deutscher Verstoss gegen EU-Recht
"Mit der Deutschkenntnispflicht für nachziehende Ehegatten aus der Türkei verstößt Deutschland gegen EU-Recht, sagt ein Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof und setzt ein Signal"

fasst die taz den Schlussantrag des Generalanwalt am EuGH Paolo Mengazozzi.

"Geklagt hatte das türkische Ehepaar Dogan, das seit 1993 verheiratet ist und vier Kinder hat. Während der Mann seit 1998 in Deutschland lebt und inzwischen als Geschäftsführer einer Berliner GmbH arbeitet, blieb die Frau in der Türkei und zog die Kinder auf. Erst 2011 stellte sie einen Antrag auf Ehegattennachzug, der aber abgelehnt wurde, weil sie Analphabetin ist."

Das wirkt doch wie ein klarer Fall von Zwangsheirat, die auf diesem Weg verhindert werden kann.

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Sonntag, 27. April 2014
Nazis blockieren


Die Nazis wollten heute durch Kreuzberg ziehen. Diverse Blockaden, zum Beispiel hier in der Heinrich-Heine-Strasse haben den Abmarsch lange verzögert. Und schliesslich dazu geführt, dass die Nazi zurückgegangen sind. Die Blockierenden sind daraufhin in die Brückenstrasse.

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Freitag, 25. April 2014
Niemand zuständig
Vor ein paar Wochen hatte ich mich postiv beeindruckt von der neue Bundesbeauftragten für Migration usw. Aydan Özoğuz gezeigt. Die Lektüre der heutigen taz berlin schränkt diesen positiven Eindruck schon wieder ein:

Aktivistische Flüchtlinge versuchen wohl schon seit einiger Zeit, ein Gespräch mit der Beauftragten zu bekommen. Das macht auch Sinn, da ihre Forderungen (Abschaffungen der Residenzpflicht, Abschaffen von Lagern, keine Abschiebungen, etc.) Bundespolitik betreffen. Özoğuz scheint aber für die Flüchtlinge nicht zu sprechen. Der taz berlin sagte sie:

"In einer Stellungnahme teilte diese der taz mit, dass sie nur mittelbar von dem Gesprächswunsch erfahren habe und sich auch nicht zuständig fühle. Die Berliner Flüchtlinge seien Sache von Bezirk und Land."

Das ist arg schwach.

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Mittwoch, 23. April 2014
Eingeschränkte medizinische Hilfe
Nicht alle in Deutschland haben Zugang zum Gesundheitssystem. Menschen im Asylverfahren bekommen nur akut notwendige Behandlung. Menschen ohne Aufenthaltsstaus riskieren bei Ärzt_innenbesuchen erfasst und dann abgeschoben zu werden (siehe Flüchtlingsrat Berlin). Und selbst in akuten lebensbedrohlichen Situationen können Menschen im Asylverfahren / ohne festen Aufenthalt / ohne Versicherung nicht darauf vertrauen, medizinische Hilfe zu bekommen. Mitarbeitende des Aufnahmelagers Zirndorf wurden laut taz verurteilt, weil sie für ein lebensgefährlich erkranktens Kind keinen Notarzt riefen. Mit Glück überlebte das Kind. Ein Säugling in Hannover überlebte hingegen nicht, wie der NDR und taz berichteten. Die Mutter sagte aus, dass sie im Krankenhaus angewiesen wurde, dass sie erst eine Bescheinigung ihrer Ärztin brauche, bevor das Kind behandelt werden kann.

Die Würde des Menschen ist offensichtlich nicht bei allen unantastbar.

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Sonntag, 20. April 2014
Indische Secondos
Der Züricher Soziologe Rohit Jain hat dem Tagesanzeiger ein Interview über indische Secondos gegeben und schliesst mit:

"Ehrlich gesagt: Ich mache mir schon Sorgen um die Schweiz, ihre Modernität und vor allem um ihre Demokratie. Denn es ist auch meine Schweiz, mein Zuhause."

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