Ich musste beim Lesen an den rassistischen Angriff auf Ermyas M. vor fünf Jahren in Potsdam denken. Der Politikwissenschaftler Hans-Gerd Jaschke verweist laut taz darauf, dass zwar Expert_innen gelockt werden, aber Flüchtlinge und Geringqualifizierte mit Rassismus und Bürokratie zu kämpfen hätten. Nadia Hitzel-Abdelhamid von der Opferperspektive bestätigt dies und bezweifelt, dass die Wissenschaftler_innen keine Rassismuserfahrungen machten: "Das Thema ist noch immer schambesetzt. Gerade Menschen mit guter sozialer Stellung fällt es oft schwer, über Diskriminierung zu sprechen." (Siehe auch die Suche nach Potsdam hier im Blog.)
Ach ja, die Integrationsbeauftragte von Brandenburg wird noch zitiert mit: "Sicher gibt es Vorfälle wie Angriffe auf Imbisse ausländischer Besitzer." Da muss die Integrationsbeauftragte wohl noch ein bisschen an integrierendem Sprachgebrauch arbeiten.
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"Mit drei Kästchen zum Ankreuzen: Sollte es in der Kolonie künftig 27 Prozent Migranten geben wie im benachbarten Hamburg? 19,6 Prozent, dem Bundesdurchschnitt entsprechend? Oder lieber nur 12,6 Prozent wie in Schleswig-Holstein? 59 von 70 Anwesenden sprachen sich für eine Quotenregelung aus, 41 davon für die strengste."
Ein Sprecher der Stadt gibt sich erschrocken von der "latenten Ausländerfeindlichkeit. Ein Vereinsvertreter berichtet darüber, wie sehr sie versuchen Migrant_innen zu integrieren:
"Eine Bocciabahn wollten sie bauen, einen großen Backofen kaufen, in dem sie auch Spanferkel braten können. Doch für die Finanzierung kam keine Mehrheit zustande. "Die Migranten hier isolieren sich", sagt Rohde. "Warum muss ich jemanden lieb haben, der mich nicht lieb hat?" Unter Zwang funktioniere keine Integration, sagt er und merkt nicht, wie ambivalent sein Satz gerade war."
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In der taz schreibt Gabriela Keller über ihre Schwierigkeiten über Syrien zu berichten, da sie nicht hinreisen darf und auf Informationen von Internetquellen angewiesen ist. Diese lassen sich aber nur partiell überprüfen. Sie können falsch sein, wie im Fall von Gay Girl in Damascus, bei der es sich um eine völlig erfundene Geschichte gehandelt hat. Sie können aber wie Keller berichtet, auch falsch sein, weil sich Aktivist_innen durch die bewußte Verbereitung einer falschen Meldung schützen wollen. Und sie können aus einer ganzen Reihe von anderen Gründen falsch oder zumindest verfälscht sein. Alleine mit der Hilfe des Internets ist der 'Wahrheitsgehalt' einer Nachricht schwer zu überprüfen.
Im Falle von Razan Ghazzawi weiss ich, dass es sich um eine reale Person handelt, da ich sie persönlich getroffen habe und Emailkontakt mit ihr hatte. Dass sie verhaftet wurde und unter Anklage steht, halte ich für eine recht glaubhafte Meldung, da viele verschiedene Quellen darüber berichten und sie sich nicht gemeldet hat, um den Berichten zu widersprechen. Von meinem Computer in Berlin aus, kann ich das aber nicht weiter überprüfen, ich muss mich auf meine Einschätzung der Glaubwürdigkeit der Nachrichten verlassen.
Auf dieser Grundlage beteilige ich mich an der Aufforderung Free Razan und will weiter darüber schreiben. Und das im Sinne von Razan, die vor ihrer Verhaftung getweetet haben soll, dass das syrische Regime nicht die Gefangenen fürchtet, sondern jene, die diese nicht vergessen.
Nachtrag 19.12.11: So die Nachrichten scheinen sich zu verdichten, dass Razan tatsächlich aus dem Gefängnis entlassen wurde. Amira, die auch beim Young Media Summit gewesen ist, schreibt so auf Global Voices. Ich hoffe sehr, es stimmt.
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Dr. Nivedita Prasad engagiert sich seit vielen Jahren
für Frauen- und Menschenrechte. Mutig und entschlossen macht sie Frauenhandel und Gewalt gegen Frauen öffentlich, streitet für Strafverfolgung und Rechtsetzung. Sie kämpft gegen Rassismus und vor allem gegen Gewalt gegen Migrantinnen. Sie greift Tabuthemen wie 'moderne' Sklaverei und Arbeitsausbeutung mit Fokus auf Frauen in haushaltsnahen Dienstleistungen' auf. Sie ist eine der wenigen, die sich persönlich und juristisch um die Opfer von Menschenhandel kümmert. Gegen alle Widerstände setzt sie mit ihren Mitstreiterinnen in der Beratungsstelle Ban Ying Maßstäbe für die rechtliche Anerkennung und Entschädigung der Opfer und für die Strafverfolgung der Täter. Auch aufgrund der Beharrlichkeit von Frau Dr. Prasad und einer Beschwerde beim UN-Frauenrechtsausschuss hat das Auswärtige Amt bereits 2003 Mindeststandards für die Beschäftigung von Hausangestellten von Diplomaten, darunter einen Mindestlohn, festgelegt.
Die Preisträgerin:
Dr. Nivedita Prasad ist 1967 in Madras/Indien geboren worden. Sie hat an der FU Berlin Sozialpädagogik studiert und an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg zum Thema: "Gewalt gegen Migrantinnen und die Gefahr ihrer Instrumentalisierung im Kontext von Migrationsbeschränkung" promoviert.
Dr. Nivedita Prasad hat seit Beginn ihres Berufslebens sowohl in der feministischen Praxis als auch in der universitären Lehre gearbeitet und publiziert. In allen Arbeitsfeldern hat das Thema "Gewalt gegen Migrantinnen" sie begleitet. So hat sie zunächst zu "Migrantinnen und sexualisierte Gewalt" publiziert und Präventionsmodelle entwickelt, die im deutschsprachigen Raum bis heute einzigartig sind. Sie ist Dozentin und Aktivistin gleichermaßen, die wie kaum eine andere Theorie und Praxis miteinander ins Verhältnis setzt und sich u.a. menschenrechtlichen Ansätzen in der Sozialarbeit widmet.
Nachtrag 13.04.12: Ein Porträt von Nivedita Prasad in der taz.
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Dabei plädiert er auch für einen differenzierten Inklusionsbegriff:
"m Moment heißt es oft: "Eine Stadt für alle, Inklusion für alle". Auch bei den Grünen. Dann greife ich schon ein und sage: "Moment". Denn Inklusion für alle gibt es nicht. Bei den tauben Menschen geht es zum Beispiel um den Erhalt der Gebärdensprachkultur. Körperbehinderte haben wieder andere Ansprüche. Dem wird man nur gerecht, wenn man die Betroffenen beteiligt und nicht vom Schreibtisch aus Konzepte schreibt. "
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"Für die Bundesregierung haben sich die Asyl-Videoanhörungen jedoch bewährt. Sie hat im Herbst signalisiert, sie aus der Testphase in den Dauerbetrieb zu übernehmen. Der innenpolitischen Sprecherin der Linkspartei, Ulla Jelpke, liegt nun ein juristisches Gutachten vor, das sie beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags in Auftrag gegeben hat. Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass es für solche Videoanhörungen eine neue gesetzliche Regelung bräuchte, sonst seien sie unzulässig. Eine interne Dienstanweisung allein reiche nicht aus. "
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Im taz-Interview sagt Andreas Zick zur Diskussion um ein NPD-Verbot:
"Parteiverbote richten faktisch nichts aus, wenn nicht zugleich klar ist, dass in dieser Gesellschaft Menschenfeindlichkeit nicht mehr toleriert wird. Ich höre aber wenig davon, dass man sich auf die Seite der Opfer stellt. Dass ein Politiker sagt: "Wir verbieten die NPD, weil wir eine vielfältige, multikulturelle Gesellschaft wollen." Die Norweger haben nach den Attentaten von Anders Breivik gesagt: Wir lassen uns den Multikulturalismus nicht nehmen. Ich habe in Deutschland noch nicht gehört, dass wir die NPD verbieten wollen, weil wir für eine offene Gesellschaft sind."
Und auch der SPD-Politiker Ahmet Iyidirli wird in der taz mit Bedenken gegenüber der NPD-Verbots-Diskussion zitiert:
"Der SPD-Politiker Ahmet Iyidirli erklärt, der Diskurs werde viel zu sehr auf ein NPD-Verbot und die rechtsradikale Szene reduziert. Dabei sei Rassismus ein Problem in der Mitte der Gesellschaft. Iyidirli sagt: "Ein NPD-Verbot wird das Problem nicht lösen." Die Beteiligung von staatlichen Organen an der Mordserie müsse aufgedeckt und die Rolle des Staates müsse diskutiert werden."
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Nach langer Arbeit ist jetzt endlich die Projektseite Migration in die DDR (und BRD) online. Die Seite ist aus einem Projektseminar an der Humboldt-Universität entstanden. Auf ihr werden verschiedene Projektarbeiten rund um die Migration in DDR präsentiert. Eine davon ist eine Online-Bibliographie (bei der leider die Schlagwortsuche noch nicht funktioniert).
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"Insgesamt haben wir 2011 sechs Heime mit rot bewertet, 19 mit gelb und fünf mit grün. Dabei liegen alle grünen Heime in einer Stadt. Drei der rot bewerteten Heime sollen geschlossen werden."
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"Diese Gleichstellung gab der EuGH jetzt auf. Das Assoziationsabkommen verfolge "rein wirtschaftliche Ziele", während sich der 2004 verbesserte Ausweisungsschutz für EU-Bürger auf die Unionsbürgerschaft stütze, die den "grundlegenden Status" von EU-Bürgern regele."
Ich kann zwar verstehen, dass Christian Rath in seinem taz-Kommentar argumentiert, dass das Problem vorallem eines des deutschen Ausländerrechtes sei:
"Dieses geht nach wie vor davon aus, dass man hier geborene und aufgewachsene Menschen, wenn sie straffällig wurden, in ein fremdes "Heimatland" ausweisen kann. Mit anderen Worten: verbannen. "
Die EU-Regelungen würde ich aber aus der Kritik nicht so einfach ausnehmen. Eine exklusive Unionsbürgerschaft beruht auf der gleichen Ausschlusslogik wie das deutsche Ausländerrecht.
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"Für rund 60 Mangelberufe in den Sparten Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik soll künftig eine Gehaltsschwelle von 33.000 Euro im Jahr gelten. Ab 44.000 Euro dürfen Akademiker ohne Vorrangprüfung angeworben werden. Sie erhalten dann nach drei Arbeitsjahren eine unbefristete Niederlassungserlaubnis. Bei Jahreseinkommen von 48.000 Euro und darüber ist für die Einwanderer von Anfang an ein unbegrenztes Aufenthaltsrecht vorgesehen."
Diejeninge, die wir meinen, wirtschaftlich zu brauchen, sollen einwandern dürfen und dabei sogar einen festen Status bekommen, auf dessen Grundlage mensch planen kann.
Vor ein paar Jahren war dauerhaft Geduldeten auch eine Option gegeben worden, damit sie einen festen, wenn auch nicht dauerhaften Aufenthaltsstatus bekommen können. Sie sollten beweisen, dass sie sich selbst finanzieren können. Wie die taz aber berichtet:
"Doch weil die Betroffenen durch Gesetze jahrelang vom Arbeitsmarkt ferngehalten wurden, keinen Anspruch auf berufliche Qualifizierungen oder vom Arbeitsamt finanzierte Sprachkurse hatten, schafften viele von ihnen den Sprung in die Existenzsicherung nicht. So droht ihnen jetzt, zum Stichtag 31. Dezember 2011, der Rückfall in einen unsicheren Rechtszustand."
Es gibt aber wohl Initiativen unter den Innenminister_innen für eine neue Bleiberechtsinitiative für 'gute' Geduldete.
"Auch die schwarz-gelbe Regierung Schleswig-Holsteins hat beschlossen, eine Bundesratsinitiative für eine "Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger Integration" anzustoßen.
Der Vorstoß geht auf den parteilosen Justiz- und Integrationsminister Schleswig-Holsteins, Emil Schmalfuß, zurück. "Wir wollen keinen Zuzug in die Sozialsysteme. Aber die Menschen sind hier und integrieren sich, das sollten wir anerkennen. Im Zeichen des demografischen Wandels sind sie auch wertvolle Mitglieder unserer Gesellschaft", erklärt Norbert Scharbach, Staatssekretär von Minister Schmalfuß, das Vorhaben. "
Auch 'Ausländer_innen' können also wertvoll sein, wenn sie unseren demografischen Wandel abfedern und gut integriert sind. Letzeres ist nur nicht so einfach, wenn mensch strukturell davon abgehalten wird (siehe oben) und rassistischen Ausschlüssen ausgesetzt ist. Die taz berlin berichtet von einer Studie der Soziologin Christine Barwick vom Wissenschaftszentrum Berlin:
"Hartz-IV-Empfänger und Migranten werden bei der Vergabe von landeseigenen Wohnungen massiv diskriminiert. "
Migrant_innenverbände fordern ein stärkeres Engagement gegen Rassismus und bekommen, wie die taz berichtet, auch ein Treffen mit der Integrationsbeauftragten:
"Auch Mehmet Tanriverdi von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände in Deutschland (BAGIV) zeigte sich dankbar, dass die Bundesregierung so schnell und entschlossen gehandelt und der Bundespräsident mit den Angehörigen der Opfer gesprochen habe.
Es sei "symptomatisch, dass solche Selbstverständlichkeiten so betont werden müssen", befand dagegen Jee-Un Kim vom deutsch-asiatischen Verband "Korientation" nach dem Treffen mit der Staatsministerin. Die Anwältin aus Berlin wünscht sich einen Paradigmenwechsel in der Integrationsdebatte, denn die größeren Integrationsdefizite verortet sie eher bei der Mehrheitsgesellschaft: "Rassismus ist kein Randphänomen", findet Kim, "er ist ein Problem der gesamten Gesellschaft." "
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Die syrische Aktivistin Razan Ghazzawi ist verhaftet und in Gefahr, Menschen rund um die Welt treten für ihre Freilassung ein, auf Facebook gibt es die Seite Free Razan. Vor ein paar Tagen stand dort in einer Statusmeldung "how to spread Razan's cause even more". Für mich bedeutet das, sich nicht nur für ihre Freilassung einzusetzen sondern sich für ihr politisches Anliegen einzusetzen. Beides zu vereinbaren finde ich gar nicht so einfach.
Während des Young Media Summits im Frühsommer in Kairo hat sie immer wieder kritisiert, dass die wenigen Facebook-Aktivist_innen viel mehr Aufmerksamkeit bekommen als all die anderen Aktivist_innen und Gefangenen. Sie war dagegen die Aufmerksamkeit auf einzelne Bekannte zu richten. Rund um den Amina Hoax tweetete Razan:
"Back to real activists in danger: are you going to support them like you supported "Amina"? or they have to be gay and speak English first?"
Genau das ist jetzt auch zu fragen: Wer wird gehört? Im Gegensatz zu Amina ist Razan kein Hoax. Aber auch in ihrem Fall scheint international zu ziehen, dass sie sich nicht-heterosexuell definiert und versiert im Englischen ist. Die Lesbenkarte zu ziehen, kann erfolgreich sein, um internationale Unterstützung zu bekommen. Aber genau das ist etwas, dass Razan (soweit ich sie verstanden habe) nicht wollte. Sie hat sich überhaupt gegen die Vereinnahmung der arabischen LGBTIQ* durch Staaten des Nordens gewehrt .
Überhaupt habe ich Razan als eine ungewöhnliche Aktivistin erlebt. Engagiert im syrischen Widerstand hat sie sich klar gegen Nationalismus und seine Ausschlüsse ausgesprochen:
"I do not believe in a ‘national consciousness,’ I don’t believe in nationality, look how it is interpreted by those apologetic to Assad crimes, and those who’re fighting for their dignity and freedom, and they’re all “Syrians.”
So please, do not talk to me about being “Syrians."
und
"I don’t want to be a citizen when other citizens are prevented from getting their rights, I don’t want to be a Syrian when other Syrians cannot be one."
Diese Anliegen von ihr will ich mit unterstützen. Für ihre Freilassung will ich mich einsetzen. Vorallem natürlich weil ich sie kenne und ihr Fall mir sonst gar nicht so nahe käme (Syrien ist weit weg vom Schreibtisch in Berlin und kann gut ausgeblendet werden). Aber auch, weil sie eine besondere und wichtige Perspektive vertritt. Und so blogge ich jetzt schon zum zweitenmal über sie, was ich bei anderen Gefangenen nicht gemacht habe. Ihre internationale Bekanntheit bescherrt ihr mehr Aufmerksamkeit. Diese Form der Aufmerksamkeit hat sie kritisiert. Und doch ist sie nötig - mit all den damit verbundenen Widersprüchen.
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