Freitag, 2. Dezember 2011
Debatte über Rassismus gefordert
Kenan Kolat fordert im taz-Interview:

"Es muss endlich eine breite Debatte über Rassismus stattfinden und darüber, wie man ihn bekämpft, in der Gesellschaft und in den Institutionen. Rassistische und diskriminierende Äußerungen müssen geächtet werden. Der Strafbestand der Volksverhetzung sollte deshalb weitergefasst werden. Die Vereinten Nationen und die OECD werfen der Bundesrepublik ja schon seit Jahren vor, einen verengten Rassismusbegriff zu haben. Die beste Antwort wäre allerdings eine Politik, die auf stärkere Gleichberechtigung und Partizipation von Migranten zielt. "

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Donnerstag, 1. Dezember 2011
Neutrale Worte?
Der Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch schreibt über diskriminierende Sprache. Dabei betont er, dass die Suche nach nicht-diskriminierenden Worten als Ersatz von diskriminierenden Worten scheitern muss, wenn nicht die zugrundeliegende Diskriminierung angegangen wird:

"Die verzweifelte Suche nach einem „akzeptablen“ Wort [ für x] verstellt den Blick auf die Frage, warum man Menschen überhaupt nach [ nach x] kategorisiert [...] Die Sprachgeschichte zeigt, dass jedes neu eingeführte, neutral gemeinte Wort hier negative Bedeutungskomponenten annehmen wird, solange die zugrundeliegende Kategorisierung nicht wenigstens explizit benannt wird. "

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Der Westen, der Osten und der Rassimus
Zur komplexen Verflechtungen zwischen Westdominanz in Deutschland, inklusiver der Verschiebung von Rassismus in den Osten, und der Realität von Rassismus (auch) im Osten Deutschlands eine Diskussion auf dem Blog Einwende.

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Dienstag, 29. November 2011
Bei denen sparen, die noch nicht mal ein Klo haben
Die taz berlin berichtet, dass der Bezirk einen Toilettencontainer am Bahnhof Zoo, der von Wohnungslosen und anderen aus der Gesellschaft Ausgegrenzten genutzt wurde, abgebaut hat. Der Sozialstadtrat von der CDU begründet:

"Der Container war alt und unsicher geworden, zudem waren die Betriebskosten für uns zu hoch"

Die Lobby für den Container und seine Nutzer_innen war wohl auch nicht wichtig genug.

Nachtrag 08.12.11: Zusätzlich streicht der Senat nun laut taz die Mittel für die Ambulanz für Obdachlose am Bahnhof Zoo. Die Begründung: Staatlich finanzierte Krankenversorgung nur für deutsche Staatsbürger_innen und in der Ambulanz werden viele Menschen aus Osteuropa und Illegalisierte behandelt.

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Schlechte Argumente gegen Herdprämie
Im taz-Interview kritisiert die SPD-Politikerin Katrin Altpeter die Herdprämie, die Ministerin Schröder einführen will. Soweit so gut. Da lassen sich viele gute Gründe gegen anbringen. Altpeter bringt aber auch zwei schlechte:

"Da schicken unsere Kommunen zum Beispiel Integrationsbeauftragte zu Migrantenfamilien, um sie davon zu überzeugen, ihre Kinder in die Kita zu bringen. Und jetzt kommt die Bundesfamilienministerin und bietet ihnen Geld dafür, genau das nicht zu tun."

Der Bundesfamilienministerin vorzuwerfen, dass sie irgendwas plane, was Migrant_innenfamilien nutzen könne, ist eine absurde Vorstellung. Die Unterstellung, dass 'Migrant_innen' lieber Geld nehmen als ihre Kinder zu fördern, ist rassistisch.

"Wir haben ein Demografieproblem und einen Fachkräftemangel. Wenn gut ausgebildete Frauen durch das Betreuungsgeld längere Zeit vom Arbeitsmarkt ferngehalten werden, verschlechtert das die Situation. Wir dürfen auf die guten Potenziale von Frauen heute nicht mehr verzichten."

Heisst das, dass wenn wir keinen Fachkräftemangel hätten, die Frauen zu hause bleiben sollen? Also Gleichberechtigung abhängig von der Wirtschaftslage?

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Wissenschaftler_innen distanzieren sich von Ministerin Schröder
Mitglieder des Beirats und eines wissenschaftlichen Workshops zu einer Studie zu Zwangsheirat kritisieren den Umgang von Ministerin Schröder mit den Ergebnissen der Studie. Unter anderem auf migazin ist die Stellungnahme zu lesen:

"Die öffentliche Darstellung und Auswertung der Studie durch Ministerin Schröder wird den Befunden in wichtigen Punkten nicht gerecht. Über mögliche Fehlwahrnehmungen, stereotype Interpretationen und etwaige politische Instrumentalisierungen der Studie wurde sowohl im Beirat als auch im wissenschaftlichen Workshop intensiv diskutiert. Dass ausgerechnet die Auftraggeberin der Studie verzerrende Interpretationen wichtiger Befunde in der Öffentlichkeit verbreitet, ist für alle Beteiligten, die viel ehrenamtliche Arbeit in die Beratung der Studie investiert haben, mehr als bedauerlich. "

Nachtrag 30.11.11:Die Süddeutsche berichtet über die Kritik an Schröder und die Versuche des Ministeriums, die Kritik zurück zu weisen.

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Samstag, 26. November 2011
Anderer Deutscher in Abschiebehaft
Die taz berlin berichtet über Amboka Kasukamaku, der als Kleinkind nach Deutschland kam und nun nach über 20 Jahren Duldung in den Kongo abgeschoben werden soll.

Nachtrag 29.11.11: Von Martin Schröter von der Initiative gegen Abschiebehaft hat die taz einen Leser_innenbrief zu den vielfältigen Facetten des Rassismus abgedruckt:

"Doppelbestrafungen, Lager, Abschiebungen - Rassismus hat viele Facetten. "

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Freitag, 25. November 2011
Deutschgriech_innen in der taz
In der taz schreiben Miltiadis Oulios, Vassilis Tsianos udn Margarita Tsomou über die Erfahrungen in Folge der Wirtschaftskrise in Griechenland in Deutschland als Griech_innen ausgegrenzt zu werden:

"Seit Einbruch der griechischen Krise sind viele von uns DeutschgriechInnen um einiges griechischer geworden. Bisher hatten wir es mit einem Profil zwischen assimiliertem Kanaken und zugehörigem Europäer geschafft, ein meist widerspruchsloser Teil Deutschlands zu sein, der die Herkunftsfrage unspektakulär und schnell beantwortet.

Unser Griechischsein konnten wir individuell dosieren, je nach der eigenen Vorliebe für Osterrituale oder Schafskäse - ansonsten performten wir auch mal unbemerkt den Inländer. Das hat sich geändert - der Migrationshintergrund ist nicht mehr so einfach im Hintergrund zu halten, denn Griechen stehen im Rampenlicht der gesamten Welt! "


In dem Artikel wird auch Vassilis Tsianos Konzept des postliberalen Rassismus dargestellt (das ich noch nicht verstanden habe).

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Ausgrenzungen Wohnungsloser
Ungarns rechte Regierung hat sich in letzter Zeit unter anderem durch Antiziganismus hervorgetan. Jetzt wenden sie sich laut taz auch gegen Wohnungslose:

"Am 1. Dezember tritt in Ungarn ein Gesetz in Kraft, das Obdachlosigkeit zum strafrechtlich verfolgten Delikt macht. Wer nach einer ersten Verwarnung innerhalb von sechs Monaten neuerlich auf der Straße angetroffen wird, muss umgerechnet 500 Euro Strafe zahlen oder er kommt hinter Gitter."

Das ist Ausgrenzung von Menschen mit wenig finanziellem und sozialen Kapital. Es unterstützt aber auch Antiziganismus:

"in den letzten Jahren der Anteil der Roma dramatisch zugenommen habe: "In den 1990er Jahren waren weniger als zwei Prozent der Obdachlosen Roma. Heute ist es jeder Vierte." Das liege daran, dass die traditionellen Sozialstrukturen, die Großfamilien und Gemeinschaften bieten, langsam zerfallen: "Als Folge tiefer Armut.""

Hier zeigt sich die Verflechtung von verschiedenen Ausgrenzungsverhältnissen.

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Hilfe nur für Integrierte
Bundespräsident Wulff wird spätestens seit seiner Rede zum 3. Oktober als Integrierer gefeiert. Jetzt hat er sich mit den Angehörigen der Opfer der der NSU getroffen, unterstützt ein zentrales Gedenken und ist wie auch schon am 3. Oktober weiter ausgrenzend. Die taz zitiert ihn:

""Ich habe Menschen mit ausländischen Wurzeln, bestens in Deutschland integriert, erlebt, die ihre schrecklichen Erfahrungen bisher nahezu allein und häufig isoliert aufarbeiten mussten", erklärte der Bundespräsident. Ihnen müsse nun geholfen werden."

Was soll das heißen? Wenn sie nicht 'integriert' wären, sollte ihnen nicht geholfen werden? Was ist integriert daran, wenn mensch von der Gesellschaft verdächtigt und alleine gelassen wird? Integration muss dann ja wohl sehr einseitig sein?

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Donnerstag, 24. November 2011
Terror nur mit Bekennendenschreiben?
Die Ermittlungsbehörden erklären ihr Versäumnis, die Morde und die Bombenanschläge als rechtsterroristisch einzustufen, ganz wesentlich damit, dass es keine Bekennendenschreiben gegeben hätte und es damit keinen Hinweis auf eine Terrortat gegeben habe.

Die taz berichtet allerdings, dass es bei rechtsterroristischen Anschlägen in Deutschland in der Regel keine Bekennendenschreiben gegeben hat.

Bei rechtem Terror gegen 'Ausländer_innen' scheint es auch keinen Bekennendenschreiben zu brauchen, damit die Terrorist_innen ihre Position vermitteln können. Vielleicht können sie ihre Ziele sogar besser erreichen, wenn sie sich nicht als Täter_innen öffentlich bekennen. Bei allen Taten der NSU hat ihr Nicht-Bekennen dazu geführt, dass die Opfer (bzw. die natio-ethno-kulturellen Gemeinschaften, zu denen sie gerechnet wurden) selber als Täter_innen verdächtigt wurden. Die Berichterstattung und Ermittlungen führten zu einer ganzen Reihe von Rassismusreproduktionen (siehe dazu die taz-Dokumentation) und rassistischen Ausschlüssen. Diejenigen, die die NSU aus Deutschland vertreiben wollte, wurde der Aufenthalt in Deutschland immer unangenehmer gestaltet (siehe zum Beispiel taz-Artikel zum Bombenanschlag in der Keupstrasse). Die NSU-Täter_innen haben so nicht nur einzelne Personen getötet und verletzt, sondern darüber hinaus einer ganzen Bevölkerungsgruppe gezeigt, dass sie nicht nur der Gefahr von Angriffen ausgesetzt ist, sondern in Deutschland nicht gewollt ist und nicht auf faire Ermittlungen hoffen kann. Die Gesellschaft und die staatlichen Ermittlungsstellen haben so auf ihre (natürlich nicht gewalttätige, zumindest nicht so offensichtlich) Art den Terror der NSU zum Erfolg verholfen. Viel mehr als wenn es ein Bekennendenschreiben gegeben hat.

Dann wenn die terroristischen Ziele anschlussfähig an gesellschaftliche Bilder sind (und sich vorallem in der Form der Umsetzung unterscheiden), dann sind wahrscheinlich Bekennendenschreiben für den Erfolg nicht nötig.

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Dienstag, 22. November 2011
Zwangsarbeiter_innen nicht Verfolgte
Aus einem taz-Artikel zur Besteuerung von Renten von ehemaligen Zwangsarbeiter_innen:

"Nach der Änderung des Gesetzes [...] sollen all jene, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz als "Verfolgte" gelten, von der Regelung ausgenommen werden. Dazu gehören Personen, die unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft "verfolgt worden sind" oder denen "Unrecht geschehen ist". Der Sprecher des für die Auslandsrenten zuständigen Finanzministeriums in Schwerin, Stephan Bliemel, bezweifelt aber, dass darunter automatisch alle Zwangs- und Ghettoarbeiter fallen werden. "

Behauptet der Ministeriumssprecher da tatsächlich, dass nicht davon auszugehen ist, dass alle Zwangs- und Ghettoarbeiter_innen Unrecht geschehen ist?

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Kontinuitäten
Kübra Gümüsay zeigt auf ihrem Blog Fremdwörterbuch die Kontinuitäten im Verharmlosen von rassistischer Gewalt auf: vom Mordfall Marwa El Sherbini über Sarrazin zur NSU.

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