Sonntag, 20. Februar 2011
Berlinale: Dance Town
Der südkoreanische Spielfilm Dance Town begleitet eine Nordkoreanerin auf ihrer nicht ganz freiwilligen Flucht in den Süden und ihre ersten Schritte dort. Düsterer Film, aber gut. Gefallen hat mir unter anderem, dass der Norden nicht als das Böse schlechthin gezeichnet wurde. Die Protagonistin hatte dort auch ein Leben. Südkoreanische Propaganda stellt das in der Regel anders dar.

Zum Ende der Berlinale wurde leider keine Diskussion mit der_dem Regisseur_in angeboten.

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Samstag, 19. Februar 2011
Berlinale: Rotkohl und Blaukraut
Der Kurzfilm Rotkohl und Blaukraut von Anna Hepp zeigt das selbstverständliche Zusammenleben von Menschen im Ruhrpott, deren Eltern zum Teil aus der Türkei stammen.

Irritierend waren aber mal wieder ein paar Aussagen der Regisseurin. So erzählte sie, dass ihr die Idee zum Film gekommen ist, als sie ein Seminar zum Thema Glauben an der Kunst- und Medienhochschule Köln hatte. Glauben kommt in dem Film aber kaum vor, der scheint im Leben der zwei porträtierten Familien kaum eine Rolle zu spielen. Hat sie da 'Türk_innen' und Glaube gleichgesetzt? Irritierend auch ihre Begründung, warum sie die türkischen Gesprächspassagen nicht untertitelt hat. Sie meinte, dass wäre authentischer da die dominanz-deutschen Ehepartner_innen auch kein Türkisch verstünden.

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Samstag, 19. Februar 2011
Berlinale: Dernier etage gauche gauche
Eine Wohnung soll zwangsgeräumt werden, dann geht alles drunter und drüber. Der französische Film Dernier etage gauche gauche spielt irgendwo in den Banlieu, überspitzt die damit verbundenen Bilder ins Komische, macht dabei viel Spaß und ist irgendwie auch Ernst.

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Berlinale: Illegalisierte Migration
Die Nachrichten sind voll von den Menschen, die per Boot nach Lampedusa kommen, und von den Bemühungen der Europäischen Union diese von ihr ungewollte Migration zu unterbinden. Auf der Berlinale gibt es diverse Filme, die sich mit diesem Themenkomplex beschäftigen.

Der philippinische Film Halaw zeigt wie eine Gruppe von Filippina_os mit dem Schiff von Mindano nach Malayasia reisen wollen.

Der griechische Film Man at Sea thematisiert Bootsflüchtlinge im Mittelmeer.

Der deutsche Kurzfilm Eisblumen erzählt die Geschichte eines Illegalisierten in Deutschland.

Nachtrag 23.02.11: Mir hatte der Film Man at Sea ganz gut gefallen. Kurz zur Geschichte: ein griechischer Öltanker nimmt eine Gruppe Bootsflüchtlinge auf, schafft es nicht, sie in Europa an Land zu bringen, auch danach scheitern einige Versuche, zwischen der Besatzung und den Flüchtlingen kommt es zu Konflikten und auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen (mit Toten). Ich habe den Film als eine Auseinandersetzung mit den menschenverachtenden Rahmenbedingungen der Festung Europa und marktwirtschaftlicher Zwänge gelesen, die menschenfreundliches Handeln kompliziert machen.

Ein Freund hat den Film ganz anders gelesen: der Tanker als Sinnbild für Griechenland, das überschwemmt wird von Flüchtlingen, sich das nicht leisten kann und menschenverachtend handeln muss, um nicht selbst zugrunde zu gehen. Ich kann diese Lesart durchaus nachvollziehen, auch wenn ich ihn anders gesehen habe. Spannend wie unterschiedlich Filme wahrgenommen werden können.

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Berlinale: Vorverkauf
Vorverkauf bei der Berlinale 2011

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Dienstag, 15. Februar 2011
Berlinale: The Queen has no crown
The Queen has no crown ist ein sehenswerter Dokumentarfilm der Familie, Sexualität und Nation verbindet (und dabei an stellen zu sehr schwuler Ästhetik verfällt).

Nachtrag 18.02.11: Der Regisseur Tomer Heymann wiess in der Diskussion explizit daraufhin, dass es nicht ausreiche für die Rechte von Homosexuellen zu kämpfen. Man müsse generell für Menschenrechte eintreten. In seinem Fall heisst das, sich gegen die Politik seiner Regierung gegenüber den Palästinenser_innen zu engagieren.

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Berlinale: West is West


Ich war ja skeptisch gewesen. Häufig sind Nachfolgefilme schlechte Kopien des Originals. Da East is East aber ein wichtiger Film (für mich) war, wollte ich mir den Folgefilm West is West dann doch anschauen. Und es hat sich gelohnt. Sicher lässt sich einiges am Film kritisieren (so das Idealisieren des Verankertsein in zwei Kulturen und auch, dass es vorallem männliche Perspektiven - wie schon bei East is East - gab), aber es war ein unterhaltsamer Film mit politischer Dimension. Das wurde auch klar in der Diskussion danach, bei der die Produzentin klare politische Positionierungen gemacht hat. Und dafür gesorgt hat, dass der junge Schauspieler Aqib Khan gewürdigt wurde.

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Sonntag, 13. Februar 2011
Berlinale: Tomboy
Mein Berlinale-Auftakt war heute der Film Tomboy von Céline Sciamma. Ein Film über die_den zehnjährigen Laure/Mikael, die_der am neuen Wohnort als Junge auftritt. Die Kinder spielen beeindruckend. Der Film bietet viel, um Trans* zu thematisieren. Wenn das Ende nicht wäre, bei dem Zweigeschlechtlichkeit nochmal explizit wieder hergestellt werden muss. Und wenn mensch der Regisseurin nicht zuhört. Was sie nach der Vorstellung erzählt hat, war traurig. Sie schien das Trans*-Potential ihres Filmes überhaupt nicht zu sehen und es auch aktiv zu bekämpfen.

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Samstag, 5. Februar 2011
Nord-Süd-Kooperationgegen Abschottung und Armut
Zur Zeit zieht eine Karawane von Aktivist_innen aus afrikanischen und europäischen Ländern rund um die Themen Abschiebungen aus Europa, Flucht und Armut von Mali nach Senegal. Organisiert wird der Protestzug von Afrique-Europe-Interact". Die taz berichtet vom Zug.

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Freitag, 4. Februar 2011
Rassismuskritische Studie über Ethnotourismus
Die Ethnologin Mechtild von Vacano hat eine interessannte rassismuskritische Studie über Ethnotourismus in Indonesien geschrieben: Reise Reflexionen - Selbst Bilder beim Verlag regiospectra.

In ihrem Buch versucht Mechtild von Vacano, Ansätze der kritischen Weißseinsforschung auf den Kontext des Ethnotourismus anzuwenden. Auch wenn ich immer wieder mit einigen Aspekten der kritischen Weißseinsforschung hardere, fand ich den Ansatz durchaus produktiv, um die Rolle von Tourist_innen aus Deutschland in Indonesien zu hinterfragen.

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Interkultureller Blödsinn
Laut tagesschau.de lernen deutsche Soldat_innen in interkulturellen Trainings nicht nur, dass sich Männer in Afghanistan an der Hand halten und das nichts mit Homosexualität zu tun hat, sondern üben das auch noch. Das soll ihnen irgendwas vor Ort bringen. Ich frage mich nur was?

Ich weiss, dass in südasiatischen Ländern der Körperkontakt unter Männern ein anderer ist als in Deutschland. Ich weiss auch, dass Deutsche den Körperkontakt als schwul wahrnehmen. Aber nach allem, was ich mitbekommen habe, wissen die Menschen in Südasien auch, dass der Körperkontakt unter Männern in Europa anders geregelt ist. Wenn sie händchenhaltende europäische Soldaten sehen, dann wird sie das irritieren. Und möglicherweise halten sie das dann auch für schwul. Auch bezweifle ich, dass sie mit den bewaffneten deutschen Soldaten Händchen halten wollen.

Völlig unklar ist mir auch, warum die Soldatinnen lernen Händchen zu halten. Soviel ich weiss, dürfen Frauen in Deutschland durchaus Händchen halten ohne gleich als lesbisch zu gelten. Sie müssen das also nicht lernen. Und mit Männern Händchen halten sollten sie in Afghanistan eher auch nicht.

Irgendjemand verdient da sein_ihr Geld mit ziemlichem Blödsinn.

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Burka in Hessen
Die letzten Tagen waren die Medien voll mit Berichten über eine Mitarbeiterin des Bürgeramts Frankfurt/Main, die nach ihrer Elternzeit in Burka zur Arbeit kommen wollte. Was genau da passiert, weiss ich nicht, denn dazu habe ich zu wenig Informationen. Daher will ich mich auch nicht mit dem Fall sondern mit der Berichterstattung und der politischen Reaktion beschäftigen.

Das Land Hessen hat die Gelegenheit ergriffen und die Burka im öffentlichen Dienst untersagt (siehe taz). Niedersachsen prüft wohl auch ein Burka-Verbot, ohne dass es dort einen konkreten Anlass gibt (siehe Zeit. Damit reihen sich die Länder in europaweite Kriminalisierungen der Buka bzw. des Phantoms der Burka ein.

Wenn ich es richtig sehe, dann werden zur Bebilderung der Berichte, keine Bilder aus Hessen oder Europa genommen, sondern aus Afghanistan. So erscheint es mir in der Print-taz sowie bei etlichen Filmen des Hessischen Rundfunks. Am krassesten war da ein Film vom Mittwoch, den ich jetzt nicht mehr online finde (hier war er). Zwischen die Berichterstattung aus Frankfurt/Main waren Bilder von Frauen in taubenblauen Burkas geschnitten, die mit größter Wahrscheinlichkeit aus Afghanistan stammen. Was sollen die Bilder aussagen? So ganz unkommentiert?

Getragen werden die Berichte von den üblichen Bildern des antimuslimischen Rassismus, wonach muslimische Frauen von unserer Gesellschaft ausgegrenzt werden müssten, weil sie vom Islam ausgegrenzt würden. Interesannterweise vermischt sich die Argumentation aber damit, dass die Frau 'uns' nur ausnehmen wolle. Denn es gehe ihr gar nicht um die Burka, sondern sie wolle nur eine hohe Abfindung erreichen. Spannend wie beide Argumentationslinien parallel geführt werden können.

Spannend auch noch ein Hinweis aus der taz:

"Allerdings könne es auch Ausnahmen geben, sagte Rhein. Gemeint sind offenbar Angestellte wie Reinigungskräfte, die zur Nachtzeit tätig sind. "

Das passt zu einer Aussage, die ich vor ein paar Tagen in einem Vortrag zu antimuslimischen Rassismus gehört habe: Das Kopftuch ist erst dann zum Problem in Deutschland geworden, als Frauen mit Kopftuch qualifizierte Stellen einnehmen wollten. Solange es sich um Reinigungskräfte dreht, interessiert das keine.

Nachtrag 05.02.11: Aus der taz:

"Der Personaldezernent der Stadt Frankfurt, Markus Frank (CDU), sprach von "wehrhafter Liberalität". ... dazu geführt habe, dass eine Ganzkörperschleier tragende städtische Angestellte am Donnerstagabend ihren Dienst quittierte."

Liberalität bedeutet also, wenn sich Frauen aus der Öffentichkeit zurückziehen.

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Interessantes Genderverständnis
Simone Schmollack schreibt in der taz über die Buchvorstellung des neuen Buches von Ex-taz-Chefredakteurin Basha Mika mit dem Titel "Die Feigheit der Frauen"

So, wie ich Schmollack verstehe, verlagert Mika die Verantwortung für Sexismus von den gesellschaftlichen Strukturen zu den individuellen Frauen:

"Ist es nicht eher so, dass es Müttern nicht unbedingt leicht gemacht wird, nach einer Auszeit in den Beruf zurückzukehren, will Braun wissen. "Ich wäre nicht so dumm, die Strukturen zu leugnen", kontert Mika: "Aber was hat sich denn geändert, seit wir die Strukturen beklagen? Nichts.""

Wenn das so stimmt, dann passt das zu der Entwicklung der taz in den letzten Jahren. Immer weniger Kritik ungleicher Machtstrukturen in der Gesellschaft, immer mehr Reproduktion von Ausgrenzungsmechanismen (u.a. Heterosexismus und Rassismus), immer mehr Verlagerung auf das Individuelle. Erschreckend.

Nachtrag 05.02.11: Aus den Referrern: "Search request: die feigheit der frau micka pascha"

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