Samstag, 8. April 2006
'Rechtes' Gedankengut gibt es immer
"Glauben Sie nicht, dass es rechtes Gedankengut immer gibt?", fragt er gereizt. "Das ist eben eine Strömung. Die muss man akzeptieren. Es ist nun mal so. Die Rechten sind da." wird der ehrenamtliche Bürgermeister von Bargischow im taz-dossier: Nazi-Aufbau Ost zitiert.

Im ersten Teil: "Glauben Sie nicht, dass es rechtes Gedankengut immer gibt?" stimme ich ihm weitgehend zu. Ich würde allerdings eher 'überall' als 'immer' sagen, denn genau das ist das Problem in unserer (und vielen anderen) Gesellschaft, 'rechtes Gedankengut' ist weit verbreitet. Damit meine ich rassisistische Denkstrukturen, die historisch gewachsen und institutionell verankert sind. Sie beeinflussen, wie die Mehrheit der 'Weißen' denken und handeln. Sie werden solange sie nicht reflektiert werden, permanent reproduziert.

Wer den Erfolg der 'Neonazis' verhindern will, muss daher die Mitte der Gesellschaft zur Refektion über diese rassistischen Strukturen bringen. Denn aus der Mitte kommt die Unterstützung für die ExtremistInnen. Und aus der Mitte kommen ganz viele alltäglichen, selbstverständlichen Rassismen.

So hat es der Bürgermeister aber vermutlich nicht gemeint. Er differenziert zwischen den 'Rechten' und sich selber. Und die ersten sind seiner Meinung nach auch nicht gefährlich. Da unterscheiden wir uns in der Einschätzung doch fundamental.

Die 'Rechten' sind nicht nur eine Strömung. Sie sind die Spitze des Eisbergs.

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Freitag, 7. April 2006
Weiß
Da war mir doch vor ein paar Wochen vorgeworfen worden, dass ich mit dem Benennen von 'Weiß' und 'Schwarz' erst diese Kategorisierung schaffen würde. Hier in Deutschland gebe das bisher nicht.

Die NPD schreibt auf ihrem WM-Planer laut taz:

Im Text der NPD heißt es: "Weiß. Nicht nur eine Trikot-Farbe! Für eine echte NATIONAL-Mannschaft!"

und spielt damit auf den 'deutschen' Nationalspieler Patrick Owomoyela an, der ihnen nicht 'Weiß' genug ist. Das ist bestimmt keine Reaktion auf Critical Whiteness Studies. Und es ist bestimmt auch nicht nur die Meinung von wenigen Verblendeten. Die NPD will damit Werbung machen und geht davon aus, dass der Spruch ankommt.

Nachtrag 19.05.06: Die NPD hat laut taz vor Gericht verloren:

"Der Vorsitzende Richter schloss sich Owomoyelas Auffassung und der des DFB an. "Der unbefangene Leser kann nur denken, dass Sie meinen, dass nur weiße Spieler zur WM antreten sollen", erklärte er der NPD-Seite."

Nachtrag 25.03.08: Laut tageschau.de wird nun NPD-Chef Voigt wegen Volksverhetzung angeklagt.

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Medienterror
Robin Alexander schreibt heute in der taz über die verzerrte Darstellung Neuköllns in den Medien:

"In Neukölln, Oma. Ich wohne in Berlin-Neukölln. Nur was in Neukölln passiert, ist in unserer Nähe."
Das war ein Fehler.

Denn seit zehn Tagen wird meiner Oma vom Videotext (und allen anderen Medien) erklärt, wo ihr Enkelsohn, seine Freundin und ihr Urenkel leben.
Im Slum.
Im Ghetto.
Dort, wo die Gewalt regiert.

Meine Oma ruft immer noch an, aber ich muss sie nicht mehr beruhigen. Es reicht ihr, wenn sie meine Stimme hört.

Ich möchte meine Oma hier nicht vorführen. Sie ist 88 Jahre alt und ihre Nerven haben sich von der Luftschlacht ums Ruhrgebiet nie erholt. Damit ist sie in etwa so cool wie die Reporter und Redakteure unserer Zeitungen, Magazine, Sender und Nachrichtenagenturen.

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Othering an den Schulen
Nachdem der erste Medienhype zur Rütli-Schule abgeebbt ist, die absurdesten Forderungen gestellt wurden, kommen langsam auch vernünftigere Stimmen zu Gehör. Die taz hat Ute Erdsiek-Rave, die Kultusministerin Schleswig-Holsteins interviewt. Die sich vehement gegen die momentane Stimmungsmache ausspricht und schaut genauer auf das eigentliche Problem:

"Aber ich bin dagegen, diese Schüler ständig als defizitär hinzustellen. Das sind Kinder, die etwas ganz Großartiges leisten, indem sie schon vor der Schule eine zweite Sprache lernen. Warum sollen diese Kinder dafür bestraft werden, indem wir sie aussondern? Wir bereiten ihnen damit schon am Beginn ihres Bildungswegs die erste Demütigung. Das ist pädagogisch falsch und fatal für das Selbstbewusstsein. Sechsjährige merken genau, wie man über sie spricht und mit ihnen umgeht."

Hier beschreibt sie sehr genau die strukturellen Prozesse des Otherings an deutschen Schulen, die schon früh dafür sorgen, dass 'Andere Deutsche' nicht die gleichen Startchancen haben wie 'Weiße Deutsche'. Das Nicht-Anerkennen von Mehrsprachigkeit ist eine Form des Otherings. Die wiederholte Erfahrung als defizitär angesehen zu werden, macht die Sozialisation aus. Wenn dieser strukturelle Rassismus angegangen wird, dann lassen sich viele Probleme verhindern.

Leider verharrt aber auch Ute Erdsiek-Rave in einem kulturalistischen Bild von den 'Migrantenkindern':

"Vor allem viele pubertierenden Jungen mit Migrationshintergrund, die ein archaisches Wertesystem in ihren Familien erleben."

Hier spielt wieder das Bild der rückständigen 'muslimischen' Familie mit rein. Schade.

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Adam und Assma
Als Reaktion auf den 'Karrikaturenstreit' läuft im dänischen Fernsehen nun das Debattenprogramm "Adam und Asmaa". Asmaa Abdol-Hamid ist laut taz eine junge 'dänische' Sozialarbeiterin mit Kopftuch. Bei vielen scheinen die Debatten zwischen dem 'Atheisten' Adam Holm und der überzeugten Muslima gut anzukommen:

"Nun quillt ihr E-Mail-Briefkasten von vorwiegend positiven Kommentaren - "vor allem von ethnischen Dänen", wie sie betont - für ihre Fernsehauftritte über."

Aber nicht alle sind begeistert:

"Derweil sammeln Frauenorganisationen Unterschriften für die Absetzung der Sendung, da Asmaas Kopftuch für Frauenunterdrückung werbe."

So wie Asmaa Abdol-Hamid in der taz aber porträtiert wird, habe ich nicht das Gefühl, dass sie eine 'unterdrückte' Frau ist. Ja, sie hängt einigen 'muslimischen' Regeln an, denen ich nicht folgen möchte. Aber sie scheint selbstbewusst, tritt für ihre Rechte ein, tritt in die Öffentlichkeit, etc.

Ich verstehe nicht, warum sich viele 'FeministInnen' so vehement gegen das Kopftuch aussprechen. Selbst wenn frau akzeptiert, dass das Kopftuch aus einer patriarchalischen Struktur stammt, hilft es doch keiner Muslima, wenn kopftuchtragende Frauen aus der Öffentlichkeit verbannt werden, wenn sie keine öffentlichkeitswirksamen Auftritte haben können, wenn sie ihre Stimme nicht hören lassen können.

Ich verstehe sehr wohl, warum 'Schwarze' Frauen sich durch den 'Weißen' Feminismus nur zum Teil vertreten fühlen. Sie erfahren eine doppelte Marginalisierung.

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Freitag, 7. April 2006
Gewalt an den Schulen
Kaum wurde der Brief der LehrerInnen der Rütli-Schule bekannt, da waren sich Medien und PolitikerInnen einig: Die 'AusländerInnen' sind schuld. Und schnell wurden Ausweisungen etc. gefordert. Ein 'rassistischer' und 'islamophober' Reflex, der immer mehr zum Standard wird. Das Denken wird weitgehend ausgeschaltet.

In einem Interview mit der taz Berlin distanziert sich die ehemalige Schulleiterin Brigitte Pick von dieser Interpretation. Sie sagt:

"Aber das ist keine Frage der ethnischen Herkunft, sondern des sozialen Status. Ich bin der festen Überzeugung, dass auf dem Thema zurzeit deshalb so rumgehackt wird, weil es sich hier um eine ausländische Minderheit handelt. Wenn man die Klassenfrage zu einer Rassenfrage macht, wird man sich noch wundern, was in Stadteilen wie Neukölln abgeht."

Sie relativiert auch das Bild, dass die 'Kriminellen' alles 'Ausländer' sind:

"Es gibt einige Rütli-Schüler, die hinter Gittern gelandet sind - aber auch das seit Jahrzehnten. Armut macht nun mal eher kriminell. Ich erinnere mich noch an ein deutsches Mädchen, das hat Taxis überfallen."

Und führt aus, dass auch aus 'kriminellen' Jugendlichen noch etwa werden kann:

"Heute ist sie Sozialarbeiterin."

Brigitte Pick fordert, dass mit den spezifischen Problemen von Schulen an sozialen Brennpunkten umgegangen wird, dass attraktive Lernangebote gemacht werden, dass den SchülerInnen auf Augenhöhe begegnet wird, dass motivierte LehrerInnen eingesetzt werden, und einiges mehr.

Gewalt ist keine Frage der 'ethnischen' Zugehörigkeit sondern von Marginalisierungen wie das Gewaltproblem an der Karl-Marx-Schule in Gardelegen zeigt. Dort gibt es fast nur Weiße SchülerInnen - und viel Gewalt. Mehr dazu in einem Hörfunkbeitrag des mdr.

Nachtrag 24.01.07: An der Rütlischule scheint sich was zu tun. Die taz zitiert den neuen Direktor: ""Die Projekte werden sehr gut angenommen", erzählt Dzembritzki. Der Unterricht verlaufe mittlerweile reibungslos."

Allerdings bleibt auch zu beachten, was der vorübergehende Direktor sagt: "Der Interimsdirektor, Helmut Hochschild, hatte am Ende seiner Amtszeit ein ernüchterndes Fazit gezogen: "Eine Berliner Hauptschule kann nicht gesund werden. Denn das System ist krank.""

Soziale Probleme und ein ausgrenzendes Schulsystem lassen sich nicht einfach lösen.

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Dienstag, 4. April 2006
Schwarze Italienerin
Die taz berichtet über eine Schwarze Italienerin, die für das italienische Parlament kandidiert. Sie scheint einen aussichtsreichen Platz zu haben und wäre die erste Schwarze im Parlament. Schön.

Die Berichterstattung gefällt mir allerdings weniger. Über ihr politisches Programm erfahren wir wenig. Aber viel über ihre naturverbundenheit, die sie in ihrem Heimatdorf in Guinea erlebt hat.

Aber was soll man machen, so sind sie halt die Schwarzen.

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Nationaler Aktionsplan
Die taz berichtet über den 'Nationalen Aktionsplan Integration' der CDU, den sie als Reaktion auf die "Missstände an Berliner Schulen" vorschlägt:

"Die CDU/CSU-Fraktion forderte unter anderem: mehr Sprachkurse mit stärkeren Sanktionen bei Nichtteilnahme; Änderungen im Jugendstrafrecht, "z. B. Warnarrest"; leichtere Ausweisung ausländischer Straftäter; Begrenzung beim Ehegattennachzug; Einbürgerungstests; Nachweis von Sprachkenntnis vor Einreise."

und dann geht es noch weiter:

"Die Union dagegen wolle jetzt handeln und unter anderem "Ehrenmorde verbieten"."

National hört sich das sehr an. Aktionistisch auch. Mit Schulen und deren Problemen hat es wenig zu tun. Aber das ist ja auch egal. Hauptsache Disziplin.

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Montag, 3. April 2006
Rassismus
Auch der Zentralrat der Sinti und Roma hat laut taz Rassismus und seine Bagatelisierung in Deutschland angeklagt:

"Der Zentralrat der Sinti und Roma hat von Justizministerium und Justizministerkonferenz härtere Strafen für rassistische Gewalttäter gefordert. "Es ist ein Verbrechen, wenn Menschen wegen ihrer Hautfarbe überfallen und zu Tode geprügelt werden", sagte Zentralratschef Romani Rose. Doch diese Taten würden bagatellisiert."

Nachtrag 24.10.10: In der taz ein Interview mit Romani Rose zum Antiziganismus.

"das Bild, das die Gesellschaft hat, besteht darin, dass diese Minderheit romantisiert wird, dass sie als unheimlich dargestellt wird. Und es besteht vor allem darin, dass man diese Minderheit mittels der Darstellung ausgrenzt."

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Muslime in die Kirchen
Gestern in der taz zum 'Schulstreit':

"Dagegen will Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) Eltern von jungen MigrantInnen stärker in die Pflicht nehmen. Sie sollten Elternbildungskurse in Volkshochschulen oder Kirchen besuchen, sagte Oettinger dem Focus." [Hervorhebung: anders deutsch]

Das ist doch mal wieder Islamophobie pur: Die 'MigrantInnen' sprich 'Muslime' sind schlechtere Eltern als 'deutsche' und müssen daher ausgebildet werden. Und das dann auch noch in christlichen Kirchen.

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Sonntag, 2. April 2006
Aprilscherz
Ministerin Schavan auf tagesschau.de:

"Zugleich verlangte die Ministerin eine "neue Pädagogik", die selbstbewusst mit der deutschen Kultur und Identität umgehe."

Sehr gut. Selbstbewusst damit umgehen, dass auch die 'deutsche' Kultur und Identität einem ständigen Veränderungsprozess unterliegt. Dass sich, was 'deutsch' ist, immer weiter verändert. Dass auch 'Andere Deutsche' 'deutsch' sind. Und dass das Schulsystem, endlich selbstbewusst damit umgehen muss.

Oder hab ich das was falsch verstanden?

"Künftig bräuchten Lehrer mit besonders schwierigen Schülern und einem hohen Ausländeranteil in den Klassen stärkere Unterstützung."

Falsch verstanden!

'Ausländer' sind keine 'Deutschen'. Und sie sind schwierig. Damit müssen 'wir' selbstbewusst umgehen.

Leider kein Aprilscherz.

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Samstag, 1. April 2006
Sprachkompetenz
Zum Thema Gewalt an Schulen:

"Es müsse dafür Sorge getragen werden, dass Kinder in der Lage seien, ihre Lehrer überhaupt zu verstehen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin."

Das ist sicher förderlich, wenn SchülerInnen die LeherInnen auch verstehen. Wenn nun das Problem ist, dass bei den Kindern begrenzte Sprachkompetenzen vorliegen, dann muss die Schule damit umgehen. Die Schule soll schliesslich den Kindern was beibringen. Ein erster Schritt wäre da vielleicht, wenn LehrerInnen an Schulen mit hohem Anteil von 'Anderen Deutschen' zumindest Grundkenntnisse von deren Muttersprache lernen würden. Das wäre eine Aufeinanderzugehen, dass die Kommunikation verbessern und das Selbstwertgefühl der SchülerInnen steigern würde.

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Ausländer raus!
Nun sagt auch Stoiber nochmal ehrlich und präzise, was er meint:

"Auch Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber setzte sich für Sanktionen ein. Ausländische Familien, die in Deutschland mit ihren Kindern lebten und über einen längeren Zeitraum die Integration verweigerten, sollten in einem ersten Schritt bestimmte soziale Leistungen gekürzt werden, sagte Stoiber der "Welt am Sonntag" . Bei dauerhafter Verweigerung der Integration müsse in einem zweiten Schritt auch der Aufenthalt in Deutschland beendet werden."

Oder kurz gesagt: 'Ausländer raus!'

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Hitlergruß
Ein Fussballspieler hat auf dem Fussballfeld den Hitlergruß gezeigt. Deswegen wird gegen ihn ermittelt.

Fussballfans schreien rassistische Parolen. Bezeichnen einen 'afrikanischen' Spieler als "Bimbo". Untermalen das ganze mit Urwaldlauten. Später wird der Spieler auch tätlich angegriffen. Keiner schreitet ein.

Nach dem Spiel sagt er dem mdr:

"Es war nicht das erste Mal, dass ich beschimpft wurde. Doch bislang habe ich mich auf mein Spiel konzentriert. So schlimm wie in Halle war es aber noch nie. Das tut weh", sagte der Spieler des FC Sachsen.

Es hat so sehr wehgetan, dass Adebowale Ogungbure es nicht so stehen lassen konnte. Der mdr schreibt dazu:

"Der Nigerianer Ogungbure war am vergangenen Sonnabend von Teilen des HFC-Publikums mit rassistischen Parolen beschimpft und provoziert worden. Am Ende dann hat er zwei Finger seiner Hand an die Oberlippe gelegt und danach den verbotenen Hitlergruß gezeigt."

Das erscheint mir eine durchaus verständliche und auch passende Reaktion Ogungbures. Aber erst einmal bekommt er eine Anzeige wegen des "Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole".

Wer hat hier Ogungbures Reaktion so verstanden, dass er den Rassismus unterstützen wollte. Ist es nicht auf Anhieb klar, dass er den Rassismus als solchen anklagen will und daher das rassistische Symbol anwendet? Wenn auch nicht sofort, so wurden die Ermittlungen inzwischen eingestellt.

Ob gegen die rassistischen Fans ermittelt wird, weiß ich nicht. Immerhin verlangt die FIFA, dass die Vereine für den tolerierten Rassismus ihrer Fans zur Verantwortung gezogen werden müssen.

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