Freitag, 7. April 2006
Othering an den Schulen
Nachdem der erste Medienhype zur Rütli-Schule abgeebbt ist, die absurdesten Forderungen gestellt wurden, kommen langsam auch vernünftigere Stimmen zu Gehör. Die taz hat Ute Erdsiek-Rave, die Kultusministerin Schleswig-Holsteins interviewt. Die sich vehement gegen die momentane Stimmungsmache ausspricht und schaut genauer auf das eigentliche Problem:

"Aber ich bin dagegen, diese Schüler ständig als defizitär hinzustellen. Das sind Kinder, die etwas ganz Großartiges leisten, indem sie schon vor der Schule eine zweite Sprache lernen. Warum sollen diese Kinder dafür bestraft werden, indem wir sie aussondern? Wir bereiten ihnen damit schon am Beginn ihres Bildungswegs die erste Demütigung. Das ist pädagogisch falsch und fatal für das Selbstbewusstsein. Sechsjährige merken genau, wie man über sie spricht und mit ihnen umgeht."

Hier beschreibt sie sehr genau die strukturellen Prozesse des Otherings an deutschen Schulen, die schon früh dafür sorgen, dass 'Andere Deutsche' nicht die gleichen Startchancen haben wie 'Weiße Deutsche'. Das Nicht-Anerkennen von Mehrsprachigkeit ist eine Form des Otherings. Die wiederholte Erfahrung als defizitär angesehen zu werden, macht die Sozialisation aus. Wenn dieser strukturelle Rassismus angegangen wird, dann lassen sich viele Probleme verhindern.

Leider verharrt aber auch Ute Erdsiek-Rave in einem kulturalistischen Bild von den 'Migrantenkindern':

"Vor allem viele pubertierenden Jungen mit Migrationshintergrund, die ein archaisches Wertesystem in ihren Familien erleben."

Hier spielt wieder das Bild der rückständigen 'muslimischen' Familie mit rein. Schade.

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