Mittwoch, 18. Februar 2015
Berlinale: Censored Voices
Berlinale Q&A Censored Voices


Im Dokumentarfilm Censored Voices stellt die Filmemacherin Mor Loushy die Stimmen von israelischen Soldaten des Sechs-Tage-Krieges 1967 vor. Sie wurden wenige Tage nach Kriegsende aufgenommen und zeigen die Desillusionierung der jungen Zionisten. Bis jetzt waren sie nicht öffentlich zugänglich, da 70% der Aussagen zensiert worden waren. Loushy verbindet die aufgenommen Stimmen mit Filmmaterial aus dem Sechs-Tage-Krieg und schafft so ein eindrückliches Bild der Gewalt, die jeder Krieg mit sich bringt. Allein die über die Bilder und Stimmen gelegte Musik hat mich gestört, ansonsten war es ein sehr beeindruckender Film.

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Berlinale: Filme zu Migration
Gestartet bin ich in die Berlinale mit dem Dokumentarfilm Flotel Europa von Vladimir Tomic. Auf dem Schiff Flotel Europa wurden 1992 in Kopenhagen Flüchtlinge aus Bosnien untergebracht und blieben dort zum Teil über zwei Jahre (wie heute gab es damals einen Mangel an Unterkünften für Flüchtlinge und die provisorischen Unterbringungen waren zum Teil nicht menschenwürdig). Tomic lebte als Kind auf dem Schiff. Für seinen Dokumentarfilm nutzt er Videomaterial, das damals aufgenommen wurde, um Familie und Freund_innen in Bosnien Grüße aus dem Exil zu schicken. Dieses verbindet Tomic mit einer Erzählung über sein Leben an Bord und produziert so einen sehr beeindruckenden Dokumentarfilm. Das Arsenal zeigt Flotel Europa diese Woche am Mittwoch.

Berlinale Q&A nach dem Film Hotline


Im Dokumentarfilm Hotline stellt Silvina Landsman die israelische Organisation Hotline für Migranten vor. Sie porträtiert die Beratung von Migrant_innen, den juristischen Kampf für ihre Rechte sowie die politische Arbeit der Hotline. Ein beeindruckender Film über Ausgrenzung und den Kampf dagegen.

Berlinale Q&A zu Iraqi Odyssey


Der Schweizer Filmemacher Samir geht im Dokumentarfilm Iraqi Odyssey der Geschichte seiner irakischen Familie, die über den ganzen Erdball verteilt lebt, und der Geschichte Iraks nach. Spannend ist seine Familie nicht nur, weil sie zur säkularen Mittelschicht gehört sondern sich auch lange im Rahmen der kommunistischen Partei engagiert hat. Auch dieser Dokumentarfilm ist beeindruckend, gut gemacht und informativ (und in 3D). Begleitend zum Film wurde eine Webseite gestartet, auf der irakische Geschichten gesammelt werden sollen.

Berlinale Q&A Mizu no koe o kiku


Während ich von den Dokumentarfilmen beeindruckt war, sprachen mich die Spielfilme nicht so an. Im japanischen Film Mizu no koe o kiku stehen koreanische Japaner_innen im Zentrum. In Anlehnung an koreanische Rituale bauen sie eine kommerziell ausgerichtete Sekte auf und sind damit erstmal sehr erfolgreich. Die Idee hat mir gut gefallen, aber mit der Erzählweise bin ich nicht so recht zurecht gekommen (das ging mir bei einem anderen japanischen Film auch so).

Der koreanische Film Gukje shijang war hingegen sehr einfach aufgebaut. Er erzählt die Geschichte eines Mannes/ einer Familie, die durch den Koreakrieg aus dem Norden des Landes vertrieben und getrennt wurde. Das ist inhaltlich spannend, filmisch aber sehr kitschig und langweilig umgesetzt. Spannend für mich war vor allem, dass es Sequenzen in Deutschland gab. Der Protagonist geht als Bergarbeiter in die BRD, um Geld für seine Familie zu verdienen (da sie im Krieg vom Vater getrennt wurden, trägt er als ältester Sohn die Verantwortung). In Duisburg lernt er eine koreanische Krankenschwester kennen, verliebt sich und heiratet sie später in Südkorea. Da ist auch viel deutsche Migrationsgeschichte drinnen und ich hatte den Eindruck, dass im Publikum viele Personen waren, die selbst eine ähnliche Migrationsgeschichte hatten. Da es aber zu keiner Diskussion nach dem Film kam, konnten sie sich nicht äußern. Das war Schade.

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Freitag, 30. Januar 2015
Schädlicher Unterbrechungszeitraum
Heute wieder was gelernt (zumindest ansatzweise): Wer im öffentlichen Dienst in Berlin angestellt wird, wird aufgrund der Berufserfahrung für das Gehalt eingestuft. Wenn es allerdings einen mehr als 18monatigen schädlichen Unterbrechungszeitraum gibt, dann gilt die Erfahrung nicht mehr und man wird als Berufseinsteigerin eingestuft.

Konkret heisst das für mich (wenn ich es richtig verstanden habe): Ich arbeite zwar seit 16 Jahren, seit zehn Jahren in der Wissenschaft, aber weil ich die letzten Jahre freiberufliche Wissenschaftlerin war, gelte ich jetzt bei der Einstellung (als wissenschaftliche Mitarbeiterin für sechs Monate) als Berufseinsteigerin. Toll, so kann die Universität aus dem prekären Dasein von Wissenschaftler_innen auch noch einen finanziellen Vorteil ziehen. Immer wieder Berufseinsteigerin, zwischendurch dann auch mal Gastprofessorin.

Ich stell jetzt erstmal einen Antrag auf Vorweggewährung (oder so ähnlich), um ein bisschen meiner Berufserfahrung anerkannt zu bekommen.

Nachtrag 25.02.15: So mein Antrag auf Vorweggehwährung ist nun angenommen worden. Bis zu zwei Stufen hätte ich hoch gestuft werden können. Werde aber nur eine höher gestuft. Zwei hoch gestuft werden nur diejenigen, die noch viel mehr anrechnungsfähige Zeiten haben, die nicht angerechnet werden als bei mir (bei mir sind es etwa 4 1/2 Jahre Anstellungen und Stipendien, bei anderen sind es auch mal zehn Jahre). Meine freiberuflichen Arbeitszeiten (in denen ich gelehrt und geforscht habe) bleiben weiter unberücksichtigt.

Wenn man maximal zwei Stufen hochstufen erlaubt. Und wenn man den schädlichen Unterbrechnungszeitrum einführt. Dann kommen da natürlich solche Logiken raus. Sind in sich stimmig und nutzen die selbst produzierte Notsituation aus.

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Sonntag, 25. Januar 2015
Wieviele demonstrieren?
Zwischen Polizei und linken Demonstrant_innen gibt es selten eine Übereinstimmung darüber, wie viele nun auf einer Demonstration waren. Die Linken gehen in der Regel davon aus, dass sie mehr waren als die Polizei gezählt hat. Bei den Pegida-Demonstrationen gibt es auch wieder Unstimmigkeiten über die Anzahl der Demonstrierenden. Und zwar wieder zwischen Linken und der Polizei. Diesmal wundern sich Demo-Beobachtende immer wieder über die hohen Schätzungen der Polizei. Jedes mal werden es mehr. Vor Weihnachten sollen es 17.500 gewesen sein, danach 18.000 und dann 25.000 wenn ich mich recht erinnere.

Es sind aber nicht nur linke Aktivist_innen, die die Zahlen in Frage stellen. Eines der Forschendenteams, die versucht haben Pegidisten zu befragen hat zwar nicht wirklich Aussagen zu den einzelnen Demonstrierenden bekommen, bezweifelten letzte Woche aber laut tagesschau.de die Polizei-Schätzungen:

"Die offizielle Teilnehmerzahl der Polizei halten die Wissenschaftler um Rucht ohnehin für zu hoch gegriffen. Laut ihren Erhebungen mobilisierte Pegida am vergangenen Montag nicht 25.000, sondern allenfalls 17.000 Demonstranten."

Und nach der Legida-Demonstration in Leipzig haben sich Pressefotograf_innen laut Spiegel Online daran gemacht, mal nachzuzählen, wieviele denn da waren. Sie kamen auf viel weniger als die 15.000, die die Polizei geschätzt hat:

"Damit wäre die Gesamtzahl der Teilnehmer kurz vor Beginn der Demonstration maximal 4270 gewesen."

Der Fachstchaftsrat Soziologie der Uni Leipzig kam zu einem ähnlichen Ergebnis:

"Nach unseren Schätzungen haben an der Legida-Demonstration am 21. Januar maximal 5000 Leute teilgenommen."

Diese eklatant unterschiedlichen Schätzungen sind wichtig (auch wenn ich sonst gegen Statistiken wettere). Pegidas Erfolg (wachsende Teilnehmendenzahlen, Berichterstattung, Nachahmer, Reaktionen von Politiker_innen, etc.) ist wesentlich davon abhängig, dass sie als erfolgreich gelten, dass davon ausgegangen wird, dass sie immer mehr Menschen mobilisieren können. Die hohen Zahlen der Polizei helfen also Pegida.

Wenn die Polizei massiv überschätzen sollte, dann müsste untersucht werden, wieso es dazu kommt. Und die Überschätzungen müssten natürlich beendet werden.

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Freitag, 23. Januar 2015
Widerspruch statt Dialog
Stefan Schönfelder von der sächsischen Heinrich-Böll-Stiftung fragt in der taz Wozu Dialog?. In seinem Kommentar setzt er sich mit der Forderung, mit den Pegidisten in Dialog zu treten, auseinander und zählt verschiedene Irrtümer aus. Spannend finde ich insbesondere den dritten Irrtum, dass es um Dialog und nicht Streit gehen solle:

"Wer sich aber mit seinen Überzeugungen in den öffentlichen Raum begibt, der muss Kritik, Widerspruch und auch Streit aushalten und nicht als Zensur absichtlich missverstehen. Die Anhängerschaft von Pegida kann und will keinen Widerspruch aushalten, verzerrt die Auseinandersetzung (Transparente, Gegenkundgebungen oder Sprechchöre) als "Verbot" und inszeniert sich als Opfer von Unterdrückung. Und alle, die Streit und Abgrenzung ablehnen, helfen ihnen dabei. "

Meinungsfreiheit heisst eben nicht Kritikfreiheit. Wer menschenverachtende Meinung vertritt, muss mit Kritik konrontiert werden. Alles andere legitimiert diese Meinung.

Schönfelder wendet sich auch gegen die Einschätzung die Pegidisten wären normale Bürger_innen:

"Normal sind sie im Sinne der weiten Verbreitung rassistischer Ressentiments. Dies zur Normalität im politischen Diskurs zu machen, ist ein brutaler Fehler."

Das finde ich spannend, weil es so selten in den Medien zu lesen ist, aber ein wesentlicher Teil von rassismuskritischer Forschung ist. Ja, Rassismus ist in unserer Gesellschaft normal, Teil unserer Normen. Deswegen funktioniert er so gut und ist so stabil. Die Pegidisten sind insofern normal, unnormal ist nur, dass sie ihn öffentlicher vertreten als das sonst üblich ist. Normal ist also nicht gut, sondern eher normierend und in diesem Fall ausgrenzend. Gegen diese Normalität muss mobilisiert werden.

Schönfelder kommt so zu der klaren Einschätzung:

"Der Kern ihrer Antworten, ihre grundlegende Haltung, ist nationalistisch, völkisch, rassistisch, chauvinistisch und schürt Angst. Ein unmittelbarer Dialog mit Pegida wertet diese auf und bringt keine - gute -Veränderung im demokratischen Klima und Alltag."

In Kritik der Handlungen der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung schliesst er zum Thema politische Bildung:

"Politische Bildung hat den Auftrag menschenrechtsorientierter Demokratiebildung. Deshalb darf sie keine Plattform für menschenverachtende, Grundrechte negierende Propaganda sein. Wenn Dialog zu mehr Demokratie führen soll, ist Widerspruch notwendig."

Dem kann ich nur zustimmen. Politische Bildung muss parteiisch für die Menschenrechte sein.

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Donnerstag, 22. Januar 2015
Mit dem AGG gegen Menschenrechtsverletzungen
Die taz berlin hat Eva Maria Andrades von Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin zu juristischen Schritten gegen Diskriminierung befragt. Der Anlass für das Interview war, dass Mieter_innen (mit Rechtsschutzversicherung) erfolgreich gegen rassistische Mieterhöhungen geklagt hatten.

Andrades weisst darauf hin, dass nach den europäischen Richtlinien, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz so umgesetzt werden muss, dass es von Diskriminierungen abschreckt:

"Klar ist aber: Die Sanktion muss abschreckend sein. Das sagen die europäischen Richtlinien, auf denen das Gesetz beruht, ganz deutlich: Die Sanktion soll die diskriminierende Person davon abhalten, das wieder zu tun. "

Sie erklärt zudem, warum so wenige Menschen juristisch gegen Diskriminierungen vorgehen:

"Für viele Menschen ist Diskriminierung so etwas Alltägliches, dass sie gar nicht auf die Idee kommen, sich rechtlich dagegen zur Wehr zu setzen. Das gehört einfach zu ihrem Leben dazu. Und dann müssen sie zunächst ja auch mal wissen, dass es eine gesetzliche Grundlage für den Schutz vor Diskriminierung gibt. Sie müssen wissen, an wen sie sich wenden können. "

Ein lesenswertes Interview.

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Unerhebliche Sorgen
In der Debatte darüber, ob mit Pegida nun ein Dialog geführt werden soll oder nicht, wird immer wieder vergessen, dass es da noch die Menschen gibt, die von Pegida bedroht werden und dass man sich auch mit denen mal unterhalten könnte. Das thematisiert Ines Kappert im taz-Kommentar und folgert:

"Diese Ignoranz ist kein Zufall, sondern Teil von Alltagsrassismus.

und fordert: "Das Schutzbedürfnis der demonstrativ gehassten Flüchtlinge muss schleunigst ein zentrales Thema bei den Pegida-Debatten werden."

Dem kann ich nur zustimmen.

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Papst gegen Gleichberechtigung
Die taz berichtet, dass der Papst nicht nur was zu Kaninchen sondern auch was gegen Gleichberechtigung gesagt hat:

"Er erzählte von dem Versuch, Gender-Erziehung in Dritte-Welt-Ländern voranzubringen – und geißelte ihn als „ideologische Kolonisierung“."

Der Papst gehört also auch zu all denen, die dagegen sind, für Gleichberechtigung von verschiedenen Geschlechtsidentitäen einzutreten und vielleicht sogar Geschlechtskonstruktionen grundsätzlich zu hinterfragen. Muss er wohl. Er wird die Geschlechterdifferenzen für natürlich halten. Ganz unideologisch natürlich. Und auch nicht kolonisierend.

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Dienstag, 20. Januar 2015
Schrecklich
Unter der Überschrift Eine schrecklich nette Runde kommenteirt Jürn Kruse in der taz eine Jauch-Talk zur Etablierung von Pegida und AfD. Neben Vertreter_innen dieser beider Organisationen waren noch andere Pegida-Versteher anwesend. Die taz fasst zusammen:

"Die Talkshow zeigte: Die Anbiederung an die Protestbewegung hat begonnen."

Ist es eigentlich auch denkbar, dass in einer solchen Talkshow zu Pegida ausschliesslich Muslim_innen, Flüchtlinge, linke Aktivist_innen und Parteienvertreter_innen links der Mitte vertreten sind? Warum nicht, wenn es doch auch Talks nur von Rechten gibt?

So eine Zusammensetzung wie bei Jauch macht mir wirklich Angst.

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Samstag, 17. Januar 2015
Grenzen der Meinungsfreiheit
Nach dem Anschlag auf Charlie Hebdo schienen sich alle einig: Das war ein Anschlag auf die Pressefreiheit. Satire darf alles. Wir sind alle Charlie. Die Freiheit, satirisch alles kritisieren zu dürfen, muss unbedingt geschützt werden.

Inzwischen sind einige Tage vergangen und die Aussagen und Handlungen sind weniger eindeutig. Allgemein wird zwar noch das Töten verdammt, aber immer häufiger kommt ein aber dazu. Die Meinungsfreiheit wird nicht mehr ganz so hochgehalten.

Der Papst meint laut tagesschau.de, dass man sich über Religion nicht lustig machen dürfe. Und soweit ich das mitbekommen habe, gab es zu dieser Aussage keinen medialen Aufschrei.

Und der Komiker Dieudonne wird laut tagesschau.de in Frankreich unter dem Vorwurf der Verherrlichung des Terrorismus festgenommen. In seinem Fall darf Humor wohl nicht alles. Gut möglich, weil er nicht wirklich witzig sondern eher antisemitisch ist (vgl. Blogbeitrag vom letzten Jahr).

Dass Satire aber einmal alles darf und einmal nicht, ist nicht ganz so leicht zu vermitteln. Vor allem denen nicht, die sich von der einen (als legitim angesehenen) angegriffen und von der anderen (als illegitim verurteilten) angesprochen fühlen. So berichtet die taz von Konflikten an französischen Schulen:

"Für die Erzieher im Bildungssektor ist es konsternierend, dass die Jugendlichen nicht begreifen, dass ein wesentlicher Unterschied besteht zwischen Karikaturen, die sich über Terroristen lustig machen, die im Namen religiöser Phrasen morden, und einem offen antisemitischen Pseudo-Komiker, der schmierige Witze über Millionen Holocaust-Opfer macht."

Der Artikel suggeriert hier, dass der Unterschied einfach zu sehen ist. Ich bin mir da nicht so sicher. Macht sich eine Mohammed-Karrikatur tatsächlich über Terrorist_innen lustig? Oder macht sie sich über die Religion insgesamt lustig? Machten sich die Charlie Hebdo-Karrikturen über die Terroristen oder über Muslime lustig? Wurde durch sie auch antimuslimischer Rassismus reproduziert? Ich kann das nicht wirklich beurteilen, da ich noch keine Charlie Hebdo in der Hand hatte. Von den öffentlichen Diskussionen kann ich aber schliessen, dass es eine beachtliche Zahl von Menschen gibt, die meinen, dass sich die Karikaturen entweder über die Religion lustig machen (was der Papst problematisch findet) oder antimuslimischen Rassismus reproduzieren (was ich problematisch fände).

Hierüber bräuchte es eine differenzierte Diskussion, die auch die Schwierigkeiten der Abgrenzung thematisiert und eingesteht, dass die Abwägung von Grundrechten (Meinungsfreiheit vs. Schutz vor Rassismus) nicht immer einfach ist. Es gilt auch zu schauen, wessen Meinungsfreiheit verteidigt wird und wessen nicht. Über wen alles gesagt werden darf und über wen nicht. Dafür mag es jeweils gute Gründe geben, aber die müssen angegeben und ausgehandelt werden. Es ist nicht so eindeutig, wie der Artikel über die konsternierten französischen Erzieher_innen suggeriert.

Auch Daniel Bax problematisiert in der taz die Verhaftung von Dieudonne:

"Solche Reaktionen sind Wasser auf die Mühlen all jener, die Frankreichs Staat und Gesellschaft vorwerfen, im Umgang mit seinen Muslimen mit doppeltem Maßstab zu messen. "

Mit Reaktionen im Plural meint Bax nicht nur die Aktionen gegen Dieudonne, sondern auch dass bei Charlie Hebdo die Meinungsfreiheit nie grenzenlos war:

"Zur Wahrheit gehört auch, dass es selbst bei Charlie Hebdo nie eine absolute Meinungsfreiheit gab. Vor sechs Jahren warf die Zeitschrift ihren langjährigen Zeichner Siné hinaus, nachdem dieser eine Karikatur von Jean Sarkozy, dem Sohn des damaligen Präsidenten, veröffentlicht hatte, die als antisemitisch kritisiert worden war. "

Bei der Aushandlung der Grenzen von Meinungsfreiheit handelt es sich um einen schwierigen gesellschaftlichen Prozess. Zur Meinungsfreiheit muss es dabei auch gehören, dass die Äußerungen von Anderen kritisiert werden. Charlie Hebdo zu kritisieren, sollte als Teil von Meinungsfreiheit verstanden werden. Die Meinungsfreiheit muss aber da enden, wo Gewalt ins Spiel kommt. Morde sind selbstverständlich nicht Teil von Meinungsfreiheit. Wie weit Reproduktionen von Rassismen Teil von Meinungsfreiheit sind, muss noch weiter ausgehandelt werden. Einfach ist das nicht.

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