Freitag, 23. Januar 2015
Widerspruch statt Dialog
Stefan Schönfelder von der sächsischen Heinrich-Böll-Stiftung fragt in der taz Wozu Dialog?. In seinem Kommentar setzt er sich mit der Forderung, mit den Pegidisten in Dialog zu treten, auseinander und zählt verschiedene Irrtümer aus. Spannend finde ich insbesondere den dritten Irrtum, dass es um Dialog und nicht Streit gehen solle:

"Wer sich aber mit seinen Überzeugungen in den öffentlichen Raum begibt, der muss Kritik, Widerspruch und auch Streit aushalten und nicht als Zensur absichtlich missverstehen. Die Anhängerschaft von Pegida kann und will keinen Widerspruch aushalten, verzerrt die Auseinandersetzung (Transparente, Gegenkundgebungen oder Sprechchöre) als "Verbot" und inszeniert sich als Opfer von Unterdrückung. Und alle, die Streit und Abgrenzung ablehnen, helfen ihnen dabei. "

Meinungsfreiheit heisst eben nicht Kritikfreiheit. Wer menschenverachtende Meinung vertritt, muss mit Kritik konrontiert werden. Alles andere legitimiert diese Meinung.

Schönfelder wendet sich auch gegen die Einschätzung die Pegidisten wären normale Bürger_innen:

"Normal sind sie im Sinne der weiten Verbreitung rassistischer Ressentiments. Dies zur Normalität im politischen Diskurs zu machen, ist ein brutaler Fehler."

Das finde ich spannend, weil es so selten in den Medien zu lesen ist, aber ein wesentlicher Teil von rassismuskritischer Forschung ist. Ja, Rassismus ist in unserer Gesellschaft normal, Teil unserer Normen. Deswegen funktioniert er so gut und ist so stabil. Die Pegidisten sind insofern normal, unnormal ist nur, dass sie ihn öffentlicher vertreten als das sonst üblich ist. Normal ist also nicht gut, sondern eher normierend und in diesem Fall ausgrenzend. Gegen diese Normalität muss mobilisiert werden.

Schönfelder kommt so zu der klaren Einschätzung:

"Der Kern ihrer Antworten, ihre grundlegende Haltung, ist nationalistisch, völkisch, rassistisch, chauvinistisch und schürt Angst. Ein unmittelbarer Dialog mit Pegida wertet diese auf und bringt keine - gute -Veränderung im demokratischen Klima und Alltag."

In Kritik der Handlungen der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung schliesst er zum Thema politische Bildung:

"Politische Bildung hat den Auftrag menschenrechtsorientierter Demokratiebildung. Deshalb darf sie keine Plattform für menschenverachtende, Grundrechte negierende Propaganda sein. Wenn Dialog zu mehr Demokratie führen soll, ist Widerspruch notwendig."

Dem kann ich nur zustimmen. Politische Bildung muss parteiisch für die Menschenrechte sein.

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