Sonntag, 4. Januar 2015
Empörung
Die Medien sind gerade voll der Empörung über die gewissenlosen Schleusenden, die Menschen (insbesondere Flüchtende aus Syrien) auf ungesteuerten Schiffen lassen. Und das mag wohl sein, dass da Menschen mit der Not anderer Menschen gewissenlos Geld machen. Aber die Schleusenden sind nicht das Problem. Sie sind die Folge von europäischer Politik. Wenn es keine legalen Möglichkeiten der Einwanderung nach Europa gibt. Wenn es insbesondere keine legalen Möglichkeiten gibt, aus Konfliktgebieten wie Syrien zu flüchten. Dann bleiben die Schleusenden der einzige Ausweg für Menschen, die nicht da bleiben wollen/ können, wo sie sind.

Die Empörung müsste sich also gegen die EU richten. Weil sie Menschen nicht einwandern lässt. Weil sie in Konfliktregionen nicht annähernd ausreichend hilft. Weil sie durch ihre Wirtschaftspolitik dafür sorgt, dass in anderen Regionen der Welt wirtschaftliche Not herrscht, etc.

Stattdessen höre ich im Radio ein Interview mit einer Frontex-Vertreterin, die sich über die Schleusenden aufregt. Als ob nicht Frontex ganz wesentlich dazu beiträgt, dass Menschen nichts anderes übrig bleibt, als Schleusende in Anspruch zu nehmen.

Es hängt übrigens immer vom politischen Standpunkt ab, ob Menschen, die anderen Menschen über Grenzen helfen, als gut oder böse eingeschätzt werden. dogfilm hat das 1998/99 eindrücklich mit ihrem Film "Mit fremder Hilfe" dargestellt: Gut waren (aus heutiger Sicht) jene, die Menschen aus Nazi-Deutschland geschleust haben. Gut waren auch jene, die DDR-Bürger_innen zur Flucht verholfen haben. Böse sind jene, die Menschen helfen, die restriktiven EU-Einreiseregeln zu überwinden.

Die Empörung muss ich gegen die Abschottung richten! Wenn die abgeschafft wird, werden auch Schleusende kein Geld mehr mit dem Leid von Menschen machen können.

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