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Freitag, 14. September 2012
Hochschulrektorenkonferenzpräsident
urmila, 17:23h
Die taz hat den Präsident der Hochschulrektorenkonfernez Horst Hippler zum neuen OECD-Bildungsbericht, der feststellt, dass in Deutschland zu wenige Akademiker_innen ausgebildet werden, befragt. Im Interview erscheint Hippler über alle, die nicht auf die Universität kommen, glücklich zu sein. Dass bestimmte Gesellschaftschichten an den Universitäten unterrepräsentiert sind, scheint ihn nicht zu stören. Gesellschaftliche Machtungleichheiten, strukturelle Ausgrenzungen von Menschen (aufgrund von Klassismus, Rassismus, Ableism oder Heteronormativität) scheinen für ihn kein Thema, das zu bekämpfen ist. Im Gegenteil behauptet er:
"Wenn ein immer größerer Prozentsatz der Bevölkerung das Abitur macht, kann das Kompetenzniveau nicht dasselbe sein, wie noch vor 40 Jahren. "
Mit dieser Aussage erhebt er das Komptenzniveau von vor 40 Jahren (als er vermutlich selbst studiert hat) zur Norm, an der mensch sich orientieren muss. Er tut so, als ob damals niemand vom Studium ausgeschlossen wurde, obwohl er/sie dafür geeignet gewesen wäre. Er unterstellt, dass die meisten derer, die nun zustätzlich das Abitur machen, dass nur machen können, weil das Niveau abgesenkt wurde (und nicht weil die Barrieren zu ihrer Bildungskarriere abgesenkt wurden). Das Zitat zeigt, dass er die ungleiche soziale Schichtung von vor 40 Jahren beibehalten will und seine Privilegien weiter ausnutzen möchte.
Oder zeigt das Zitat, dass der Hochschulrektorenkonferenzpräsident über wenig Kompetenzen zur Analyse des Hochschulzugangs in Deutschland verfügt?
"Wenn ein immer größerer Prozentsatz der Bevölkerung das Abitur macht, kann das Kompetenzniveau nicht dasselbe sein, wie noch vor 40 Jahren. "
Mit dieser Aussage erhebt er das Komptenzniveau von vor 40 Jahren (als er vermutlich selbst studiert hat) zur Norm, an der mensch sich orientieren muss. Er tut so, als ob damals niemand vom Studium ausgeschlossen wurde, obwohl er/sie dafür geeignet gewesen wäre. Er unterstellt, dass die meisten derer, die nun zustätzlich das Abitur machen, dass nur machen können, weil das Niveau abgesenkt wurde (und nicht weil die Barrieren zu ihrer Bildungskarriere abgesenkt wurden). Das Zitat zeigt, dass er die ungleiche soziale Schichtung von vor 40 Jahren beibehalten will und seine Privilegien weiter ausnutzen möchte.
Oder zeigt das Zitat, dass der Hochschulrektorenkonferenzpräsident über wenig Kompetenzen zur Analyse des Hochschulzugangs in Deutschland verfügt?
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Donnerstag, 13. September 2012
Kinotipp: Revision
urmila, 02:35h

Der Film Revision läuft heute im Kino an (in Bautzen, Berlin, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt/Main, Freiburg, Hamburg, Hannover, Karlsruhe, Kiel, Köln, Leipzig, München, Münster, Nürnberg, Potsdam, Rostock, Tübingen und Weimar - Termine hier).
Ich habe ihn bei der Kinopremiere in Berlin heute zum zweitenmal gesehen und kann ihn nur empfehlen für alle, die sich interessieren für:
Strukturellen Rassismus, Antiziganimus, Festung Europa, Abschiebungen, illegalisierte Migration, Grenzen, den rassistischen deutschen Sommer 1992, Rostock Lichtenhagen, ...
Nicht verpassen! Am besten bei den Veranstaltungen mit dem Regisseur - da gibt es noch viele interessante Zusatzinformationen.
Nachtrag: Filmbesprechung heute in der taz.
Nachtrag: Die Kritiken des Filmes sind alle hervorragend, aber die Zuschauendenzahlen sind gering - Leute geht ins Kino! Unterstützt den politischen Dokumentarfilm!
Nachtrag 11.10.12: Ein Interview mit Philip Scheffner und Merle Kröger über Film und Buch.
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Mittwoch, 12. September 2012
Zu restriktiv
urmila, 13:48h
Das Bundesverwaltungsgericht hat laut taz beschlossen, dass Menschen, die zu ihren Ehepartner_innen mit deutscher Staatsangehörigkeit in Deutschland ziehen wollen, nicht unbedingt Deutsch können müssen. Deutsche Staatsangehörige haben ein Recht dazu, ihre Ehe in Deutschland zu leben. Im konkreten Fall ging es um eine Frau aus Afghanistan, die zu ihrem Mann, der in Deutschland eingebürgert wurde, ziehen wollte und in der Sicht der Botschaft nicht über 'ausreichende' Deutschkenntnisse verfügte.
Und der Europäische Gerichtshof hat laut taz beschlossen
" Von religiösen Minderheiten kann künftig nicht mehr verlangt werden, dass sie in der Heimat ihren Glauben nur im Stillen leben, um politische Verfolgung zu vermeiden."
Im konkreten Fall ging es um Ahmadis aus Pakistan, die dort ihre Religion nicht öffentlich leben dürfen.
Und der Europäische Gerichtshof hat laut taz beschlossen
" Von religiösen Minderheiten kann künftig nicht mehr verlangt werden, dass sie in der Heimat ihren Glauben nur im Stillen leben, um politische Verfolgung zu vermeiden."
Im konkreten Fall ging es um Ahmadis aus Pakistan, die dort ihre Religion nicht öffentlich leben dürfen.
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Mittwoch, 12. September 2012
Einwanderer
urmila, 00:31h
Die taz berichtet über den rassistischen Serientäter 'Lasermann', der in Schweden gezielt auf Menschen geschossen hat, die er als natio-ethno-kulturell nicht zugehörig eingeordnet hat. Die taz schreibt:
"John Ausonius, Sohn einer Deutschen und eines Schweizers, hatte seine Opfer nur nach einem Kriterium ausgewählt: Es mussten Einwanderer sein."
Aus diesem Zitat geht nicht hervor, welches Wort Ausonius benutzt hat. Es kann sein, dass er ein schwedisches Äquivalent zu dem deutschen 'Einwanderer' genutzt hat. Es könnte auch sein, dass er auch das deutsche 'Einwanderer' benutzt hat, denn möglicherweise beherrscht er die Herkunftssprache seiner Eltern. Es kann aber natürlich auch sein, dass Ausonius gar nicht von 'Einwanderern' gesprochen hat, die taz das Wort aber als passend empfindet.
In jedem Fall ist es seltsam. Wäre es für Ausonius entscheidend gewesen, dass seine Opfer 'Einwanderer' gewesen wären, dann hätte er sie nicht willkürlich auswählen können. Dann hätte er erst sicher gehen müssen, dass seine Opfer tatsächlich eingewandert sind (und dann hätte es potentiell auch seine Eltern treffen können, wenn diese nach Schweden eingewandert sind, oder ihn selbst, wenn er der Migrant ist). Viel wahrscheinlicher ist es, dass er auf Menschen gezielt hat, die er phänotypisch für nicht zugehörig gehalten hat. Das Wort 'Einwanderer' passt dafür nicht.
"John Ausonius, Sohn einer Deutschen und eines Schweizers, hatte seine Opfer nur nach einem Kriterium ausgewählt: Es mussten Einwanderer sein."
Aus diesem Zitat geht nicht hervor, welches Wort Ausonius benutzt hat. Es kann sein, dass er ein schwedisches Äquivalent zu dem deutschen 'Einwanderer' genutzt hat. Es könnte auch sein, dass er auch das deutsche 'Einwanderer' benutzt hat, denn möglicherweise beherrscht er die Herkunftssprache seiner Eltern. Es kann aber natürlich auch sein, dass Ausonius gar nicht von 'Einwanderern' gesprochen hat, die taz das Wort aber als passend empfindet.
In jedem Fall ist es seltsam. Wäre es für Ausonius entscheidend gewesen, dass seine Opfer 'Einwanderer' gewesen wären, dann hätte er sie nicht willkürlich auswählen können. Dann hätte er erst sicher gehen müssen, dass seine Opfer tatsächlich eingewandert sind (und dann hätte es potentiell auch seine Eltern treffen können, wenn diese nach Schweden eingewandert sind, oder ihn selbst, wenn er der Migrant ist). Viel wahrscheinlicher ist es, dass er auf Menschen gezielt hat, die er phänotypisch für nicht zugehörig gehalten hat. Das Wort 'Einwanderer' passt dafür nicht.
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Berliner Integrationsbeauftragte
urmila, 20:31h
Die Benennung der neuen Berliner Integrationsbeauftragte scheint derzeit so gar nicht integrierend zu wirken. Vor ein paar Tagen schrieb die taz Zur Begrüßung ein Boykott. In dem Artikel geht es vorallem um Kritik an der Senatorin Dilek Kolat (und weniger um die neue Integrationsbeauftragte Monika Lüke):
13 der 14 Migrant_innenvertreter_innen des Landesbeirats für Integration hätten die gesetzlich vorgeschriebene Anhörung zur Neubesetzung boykottiert, da diese eine "reine Alibiveranstaltung" sei, weil Kolat schon vorher den Namen der neuen Integrationsbeauftragten öffentlich bekannt gemacht habe. Zudem kritisieren sie den generellen Umgang Kolats mit dem Gremium, für das noch keine Termine angesetzt seien. Kolat verweigere auch Antworten zur "Degradierung" der Integrationsbeauftragten (von Staatssekretär_in zu Abteilungsleiter_in). Diese Veränderung wird als eine faktische Abschaffung der Integrationsbeauftragten angesehen, da so keine Kontrolle des Senats mehr möglich sei.
Laut taz berlin kommt auch Kritik aus der SPD am Verfahren, das zwar "rechtlich wahrscheinlich einwandfrei" sei, politisch aber unglücklich. Zudem werde die Kompetenz von Lüke in Frage gestellt:
"Lüke habe Erfahrungen in der Flüchtlings- und Asylarbeit. "Was sie im Bereich Integration und Teilhabe mitbringt, ist aber nicht ersichtlich", so Bozkurt."
Die Frage hat sich für mich auch gestellt - wobei ich mir über die Antwort unsicher bin. Es hängt sicher davon ab, was denn genau die Aufgabe der Integrationsbeauftragten ist. Vielleicht ist es ja sogar eine Kompetenz, dass sich Lüke insbesondere mit Flüchtlingen und Asyl beschäftigt hat und die Interessen aus diesem Bereich in ihre Arbeit mit einbringen kann. Es ist aber sicher keine ausreichende Kompetenz, denn die Integrationsbeauftragte muss sich auch um die Anliegen derer kümmern, die einen sicheren Aufenthaltsstatus haben.
Gefragt habe ich mich zudem, als ich zum erstenmal über Lükes Benennung gelesen habe, ob es denn wirklich keine fähigen Bewerber_innen gegeben hat, die aus eigener Erfahrung wissen, was es heisst, in Deutschland nicht als zugehörig angesehen zu werden. Warum werden immer wieder dominanzdeutsche Integrationsbeauftragte benannt, die dann die 'Anderen' integrieren sollen? Dies fragen laut taz berlin auch die Migrant_innenvertreter_innen im Landesbeirat:
"Weiter beklagten MigrantenvertreterInnen, dass mit Lüke, der ehemaligen Generalsekretären von Amnesty International (AI), eine Westfälin und kein Berliner mit Migrationsgeschichte das Amt des Integrationsbeauftragten besetzen soll. "
Kolat soll dazu gesagt haben, dass interkulturelle Kompetenz nicht an die Herkunft geknüpft sei und da hat sie natürlich recht. Es ist aber die Frage, ob es bei dem Posten der Integrationsbeauftragten um interkulturelle Kompetenz geht. Für mich ginge es da mehr um rassismuskritische Kompetenz und um die parteiliche Unterstützung von Menschen, die als zu Integrierende konstruiert werden. Auch das ist nicht an Herkunft geknüpft - aber symbolisch bedeutend ist es schon, wer die Posten bekommt und wer nicht.
In einem taz berlin-Kommentar argumentiert Alke Wierth, dass der rot-schwarze Senat dem Papiertiger Integrationsgesetz etc. die letzten Zähne ziehen würde. Und empfiehlt, dass Kolat nach dem Rücktritt der Wirtschaftsenatorin, deren Amt übernehmen sollte, da sie dafür besser qualifiziert sei (als für ihr jetztiges Amt - dass sie wohl eher aufgrund von Herkunft hat).
13 der 14 Migrant_innenvertreter_innen des Landesbeirats für Integration hätten die gesetzlich vorgeschriebene Anhörung zur Neubesetzung boykottiert, da diese eine "reine Alibiveranstaltung" sei, weil Kolat schon vorher den Namen der neuen Integrationsbeauftragten öffentlich bekannt gemacht habe. Zudem kritisieren sie den generellen Umgang Kolats mit dem Gremium, für das noch keine Termine angesetzt seien. Kolat verweigere auch Antworten zur "Degradierung" der Integrationsbeauftragten (von Staatssekretär_in zu Abteilungsleiter_in). Diese Veränderung wird als eine faktische Abschaffung der Integrationsbeauftragten angesehen, da so keine Kontrolle des Senats mehr möglich sei.
Laut taz berlin kommt auch Kritik aus der SPD am Verfahren, das zwar "rechtlich wahrscheinlich einwandfrei" sei, politisch aber unglücklich. Zudem werde die Kompetenz von Lüke in Frage gestellt:
"Lüke habe Erfahrungen in der Flüchtlings- und Asylarbeit. "Was sie im Bereich Integration und Teilhabe mitbringt, ist aber nicht ersichtlich", so Bozkurt."
Die Frage hat sich für mich auch gestellt - wobei ich mir über die Antwort unsicher bin. Es hängt sicher davon ab, was denn genau die Aufgabe der Integrationsbeauftragten ist. Vielleicht ist es ja sogar eine Kompetenz, dass sich Lüke insbesondere mit Flüchtlingen und Asyl beschäftigt hat und die Interessen aus diesem Bereich in ihre Arbeit mit einbringen kann. Es ist aber sicher keine ausreichende Kompetenz, denn die Integrationsbeauftragte muss sich auch um die Anliegen derer kümmern, die einen sicheren Aufenthaltsstatus haben.
Gefragt habe ich mich zudem, als ich zum erstenmal über Lükes Benennung gelesen habe, ob es denn wirklich keine fähigen Bewerber_innen gegeben hat, die aus eigener Erfahrung wissen, was es heisst, in Deutschland nicht als zugehörig angesehen zu werden. Warum werden immer wieder dominanzdeutsche Integrationsbeauftragte benannt, die dann die 'Anderen' integrieren sollen? Dies fragen laut taz berlin auch die Migrant_innenvertreter_innen im Landesbeirat:
"Weiter beklagten MigrantenvertreterInnen, dass mit Lüke, der ehemaligen Generalsekretären von Amnesty International (AI), eine Westfälin und kein Berliner mit Migrationsgeschichte das Amt des Integrationsbeauftragten besetzen soll. "
Kolat soll dazu gesagt haben, dass interkulturelle Kompetenz nicht an die Herkunft geknüpft sei und da hat sie natürlich recht. Es ist aber die Frage, ob es bei dem Posten der Integrationsbeauftragten um interkulturelle Kompetenz geht. Für mich ginge es da mehr um rassismuskritische Kompetenz und um die parteiliche Unterstützung von Menschen, die als zu Integrierende konstruiert werden. Auch das ist nicht an Herkunft geknüpft - aber symbolisch bedeutend ist es schon, wer die Posten bekommt und wer nicht.
In einem taz berlin-Kommentar argumentiert Alke Wierth, dass der rot-schwarze Senat dem Papiertiger Integrationsgesetz etc. die letzten Zähne ziehen würde. Und empfiehlt, dass Kolat nach dem Rücktritt der Wirtschaftsenatorin, deren Amt übernehmen sollte, da sie dafür besser qualifiziert sei (als für ihr jetztiges Amt - dass sie wohl eher aufgrund von Herkunft hat).
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Sonntag, 2. September 2012
Ein kleines Quiz
urmila, 13:09h
Wessen eingeschränktes Geschichtsbild wird hier dargestellt?
"Heimat und Identität brauchen Geschichte; daher liegt der Ausgangspunkt der Integrationsbemühungen unter anderem in der Definition der historisch gewachsenen Basis unserer gesellschaftlichen Fundamente und demokratischen Werte. Folgende Epochen und historischen Ereignisse einer über 2000-jährigen europäischen Geschichte dienen einer deutsch-europäischen Identität heute als Bezugspunkte:
Auflösung: Hauptstadtpreis
Wer dieses Geschichtsbild teilt, kann sich um den Status 'gut integriert' bewerben und versuchen Seyran Ates von der eigenen Integration zu überzeugen. Alle, die ein etwas komplexeres Geschichtsbild haben, bezeugen, dass sie nicht integrationsfähig sind.
"Heimat und Identität brauchen Geschichte; daher liegt der Ausgangspunkt der Integrationsbemühungen unter anderem in der Definition der historisch gewachsenen Basis unserer gesellschaftlichen Fundamente und demokratischen Werte. Folgende Epochen und historischen Ereignisse einer über 2000-jährigen europäischen Geschichte dienen einer deutsch-europäischen Identität heute als Bezugspunkte:
- Griechische und Römische Antike
- Christentum
- Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation
- Reformation Aufklärung und das geistige, kulturelle Erbe Deutschlands und Europas
- Französische Revolution von 1789 und Paulskirchenverfassung von 1849
- Die Weltkriege von 1914-1945 und das Bekenntnis zur Verantwortung für die Verbrechen des Nationalsozialismus
- Europäischer Einheitsprozess
- Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas
Auflösung: Hauptstadtpreis
Wer dieses Geschichtsbild teilt, kann sich um den Status 'gut integriert' bewerben und versuchen Seyran Ates von der eigenen Integration zu überzeugen. Alle, die ein etwas komplexeres Geschichtsbild haben, bezeugen, dass sie nicht integrationsfähig sind.
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Samstag, 1. September 2012
Antisemitische Gewalt
urmila, 19:35h
„Jeder Jude ist potenziell gefährdet, Opfer eines antisemitischen Angriffs zu werden, wenn er sein Judentum so lebt, dass es andere mitbekommen“ zitiert die taz berlin den Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Berlin und beschreibt damit die alltägliche Gefahr des Antisemitismus in Deutschland.
Als vor ein paar Jahren Bekannte von uns den jüdischen Nachnamen der Ehefrau zum Familiennamen machten, da waren ihre Verwandten besorgt. Sie fürchteten, dass dieser Name zu Ausgrenzungen und Gewalt führen könne. Jüdisch-Sein (in all seinen unterschiedlichen Ausprägungen) ist in Deutschland immer noch mit Gefährdung verbunden.
Die alltäglichen Antisemitismuserfahrungen werden dabei kaum öffentlich wahrgenommen. Diese Woche aber wurde der Rabbiner Daniel Alter in Berlin krankenhausreif geschlagen. Glücklicherweise bekommt er viele Solidaritätsbekundungen (siehe taz) und Antisemitismus wird öffentlich diskutiert.
Dabei besteht aber die Gefahr im Kampf gegen Antisemitismus antimuslimischen Rassismus zu reproduzieren. Daniel Alter selbst warnt davor, wie die taz berichtet:
"„Das waren nicht 'die Araber', sondern ganz bestimmte Jugendliche“, betont der 53-jährige Rabbiner und warnt vor Pauschalisierungen."
Und auch Sergy Lagodinsky, Vorsitzender des Kulturausschusses der Jüdischen Gemeinde Berlin, warnt laut taz berlin
"vor dem Reflex, Antisemitismus als exklusives Problem der muslimischen Bevölkerung anzusehen. In Gegenden mit einem hohen Neonazianteil seien Juden mindestens genauso gefährdet. Er trage selbst keine Kippa und sei auch kein frommer Mensch, so Lagodinsky. Dennoch müsse auch er damit rechnen, angefeindet zu werden. „Wir erfahren ständig Hass.“ Der komme auch in der Mitte der Gesellschaft und in linken Kreisen vor."
Antisemitismus ist ein Problem in Deutschland, in sehr vielen Bevölkerungsgruppen (sicher auch unter Menschen, die muslimisch sind). Dem muss begegnet werden. Aber nicht mit rassistischen Reflexen. Und auch nicht indem Jüd_innen und Israel, Antisemitismus und Kritik an bestimmten politischen Entwicklungen in Israel gleichgesetzt werden (siehe Artikel von Judith Butler zur Kritik den Zentralrats der Juden an ihrer Person).
Als vor ein paar Jahren Bekannte von uns den jüdischen Nachnamen der Ehefrau zum Familiennamen machten, da waren ihre Verwandten besorgt. Sie fürchteten, dass dieser Name zu Ausgrenzungen und Gewalt führen könne. Jüdisch-Sein (in all seinen unterschiedlichen Ausprägungen) ist in Deutschland immer noch mit Gefährdung verbunden.
Die alltäglichen Antisemitismuserfahrungen werden dabei kaum öffentlich wahrgenommen. Diese Woche aber wurde der Rabbiner Daniel Alter in Berlin krankenhausreif geschlagen. Glücklicherweise bekommt er viele Solidaritätsbekundungen (siehe taz) und Antisemitismus wird öffentlich diskutiert.
Dabei besteht aber die Gefahr im Kampf gegen Antisemitismus antimuslimischen Rassismus zu reproduzieren. Daniel Alter selbst warnt davor, wie die taz berichtet:
"„Das waren nicht 'die Araber', sondern ganz bestimmte Jugendliche“, betont der 53-jährige Rabbiner und warnt vor Pauschalisierungen."
Und auch Sergy Lagodinsky, Vorsitzender des Kulturausschusses der Jüdischen Gemeinde Berlin, warnt laut taz berlin
"vor dem Reflex, Antisemitismus als exklusives Problem der muslimischen Bevölkerung anzusehen. In Gegenden mit einem hohen Neonazianteil seien Juden mindestens genauso gefährdet. Er trage selbst keine Kippa und sei auch kein frommer Mensch, so Lagodinsky. Dennoch müsse auch er damit rechnen, angefeindet zu werden. „Wir erfahren ständig Hass.“ Der komme auch in der Mitte der Gesellschaft und in linken Kreisen vor."
Antisemitismus ist ein Problem in Deutschland, in sehr vielen Bevölkerungsgruppen (sicher auch unter Menschen, die muslimisch sind). Dem muss begegnet werden. Aber nicht mit rassistischen Reflexen. Und auch nicht indem Jüd_innen und Israel, Antisemitismus und Kritik an bestimmten politischen Entwicklungen in Israel gleichgesetzt werden (siehe Artikel von Judith Butler zur Kritik den Zentralrats der Juden an ihrer Person).
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Freitag, 31. August 2012
Neu-Neuköllner
urmila, 23:22h
Die taz berlin interviewt die Bezirksstadträtin Franziska Giffey über eine Gruppe von Neu-Neuköllner_innen - über Roma, die aus Osteuropa zuwandern. Das Interview hat mich positiv überrascht:
"Aber erstens muss ich doch die Fakten akzeptieren: Roma sind EU-Bürger, sie genießen bald die volle Freizügigkeit. Es ist überhaupt keine Option, sie zurückzuschicken. Stattdessen halte ich es für besser, nicht die Fehler zu wiederholen, die wir bei früheren Einwanderern gemacht haben, und ihnen gleich gute Eingliederungshilfen zu bieten. Statt in 20 Jahren teuer dafür zu bezahlen, dass wir das nicht getan haben. Zum zweiten hat Deutschland auch eine besondere historische Verantwortung dieser europäischen Bevölkerungsgruppe gegenüber. Das verpflichtet uns zu humanistischem Handeln. "
Beim Vergleich zwischen den den neuen Zuwander_innengruppen in Neukölln den Spanier_innen und Griech_innen auf der einen und den Roma auf der anderen Seite wird klar, dass alle (auch) wirtschaftliche Gründe haben, weshalb sie kommen, und dass sie Deutsch erst lernen müssen. Das sind also nicht die Unterschiede. Die liegen hingegen darin, dass die Menschen aus neueren EU-Ländern nur eingeschränkte Freizügigkeitsrechte haben, dass Roma auch schon in ihrem Herkunftsland ausgegrenzt wurden und dort weniger Rechte hatten und dass sie nicht privilegierte Singles sind, die mal was Neues ausprobieren können.
Marginalisierung, fehlende Arbeitsplätze und fehlende Unterstüzung können tragische Folgen haben wie in Saarbrücken, wo einer Roma-Familie der Strom abgestellt worden war, weil sie die Rechnungen nicht bezahlt hatten, und bei einem durch Kerzen verursachten Wohnungsbrand vier Kinder starben (siehe taz). Das hätte möglicherweise durch mehr Unterstützung vorher vermieden werden können.
"Aber erstens muss ich doch die Fakten akzeptieren: Roma sind EU-Bürger, sie genießen bald die volle Freizügigkeit. Es ist überhaupt keine Option, sie zurückzuschicken. Stattdessen halte ich es für besser, nicht die Fehler zu wiederholen, die wir bei früheren Einwanderern gemacht haben, und ihnen gleich gute Eingliederungshilfen zu bieten. Statt in 20 Jahren teuer dafür zu bezahlen, dass wir das nicht getan haben. Zum zweiten hat Deutschland auch eine besondere historische Verantwortung dieser europäischen Bevölkerungsgruppe gegenüber. Das verpflichtet uns zu humanistischem Handeln. "
Beim Vergleich zwischen den den neuen Zuwander_innengruppen in Neukölln den Spanier_innen und Griech_innen auf der einen und den Roma auf der anderen Seite wird klar, dass alle (auch) wirtschaftliche Gründe haben, weshalb sie kommen, und dass sie Deutsch erst lernen müssen. Das sind also nicht die Unterschiede. Die liegen hingegen darin, dass die Menschen aus neueren EU-Ländern nur eingeschränkte Freizügigkeitsrechte haben, dass Roma auch schon in ihrem Herkunftsland ausgegrenzt wurden und dort weniger Rechte hatten und dass sie nicht privilegierte Singles sind, die mal was Neues ausprobieren können.
Marginalisierung, fehlende Arbeitsplätze und fehlende Unterstüzung können tragische Folgen haben wie in Saarbrücken, wo einer Roma-Familie der Strom abgestellt worden war, weil sie die Rechnungen nicht bezahlt hatten, und bei einem durch Kerzen verursachten Wohnungsbrand vier Kinder starben (siehe taz). Das hätte möglicherweise durch mehr Unterstützung vorher vermieden werden können.
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Vermisst
urmila, 23:07h
Auch die taz berichtet über die Plakataktion 'Vermisst' zur Ausgrenzung von Muslimen. Die taz-Autoren berichten von der Vorstellung der Plakate im Innenministerium:
"Mehrmals betonten die Ministerialbeamten, wie sehr sie sich freuten, bei der Aktion auch die islamischen Verbände im Boot zu haben. „Uns ist wichtig, dass wir das mit und nicht gegen die Muslime machen“, sagte Kaller. "
Da haben sie allerdings wohl versäumt nachzuschauen, ob die Verbände wirklich im Boot sind:
"In einer gemeinsamen Erklärung teilten der Verband der Islamischen Kulturzentren VIKZ, der Zentralrat der Muslime in Deutschland, der Verband Ditib und die Islamische Gemeinschaft der Bosniaken mit, sie hätten die Kampagne bereits im Anfangsstadium stark kritisiert.
Die Einwände seien aber nicht aufgegriffen worden, die endgültigen Plakate habe man bis zur Veröffentlichung nicht gesehen. Unter diesen Umständen ergebe die „Sicherheitspartnerschaft“ mit dem Innenministerium keinen Sinn mehr. "
Was meinen die vom Innenministerium wohl damit, dass die Verbände im Boot waren?
"Mehrmals betonten die Ministerialbeamten, wie sehr sie sich freuten, bei der Aktion auch die islamischen Verbände im Boot zu haben. „Uns ist wichtig, dass wir das mit und nicht gegen die Muslime machen“, sagte Kaller. "
Da haben sie allerdings wohl versäumt nachzuschauen, ob die Verbände wirklich im Boot sind:
"In einer gemeinsamen Erklärung teilten der Verband der Islamischen Kulturzentren VIKZ, der Zentralrat der Muslime in Deutschland, der Verband Ditib und die Islamische Gemeinschaft der Bosniaken mit, sie hätten die Kampagne bereits im Anfangsstadium stark kritisiert.
Die Einwände seien aber nicht aufgegriffen worden, die endgültigen Plakate habe man bis zur Veröffentlichung nicht gesehen. Unter diesen Umständen ergebe die „Sicherheitspartnerschaft“ mit dem Innenministerium keinen Sinn mehr. "
Was meinen die vom Innenministerium wohl damit, dass die Verbände im Boot waren?
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