Samstag, 12. Mai 2012
Not lespisch

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Mittwoch, 9. Mai 2012
Hartes Vorgehen
In unserer Gesellschaft gibt es viele verschiedene Gruppierungen, die gerne eine andere Gesellschaft hätten. So hätte die CDU gerne eine konservativere mit weniger 'Ausländer_innen', die Grünen eine ökologisch nachhaltigere, etc. Verfassungskonform ist das alles nicht unbedingt, aber solange nicht zu offensichtlich oder offensiv gegen die Verfassung agiert wird (bzw. gegen die Mächtigen im Land), wird das als Teil des politischen Meinungsbildungsprozesses verstanden. Bei denen, die offensichtlicher nicht allen die gleichen Menschenrechte zugestehen wollen, wie z.B. Pro NRW, gehen die guten Demokrat_innen durchaus auf Distanz, halten aber die Fahne der freien Meinungsäußerung weiter hoch. Die Demokratie muss die Agitation von z.B. Pro NRW verkraften können.

Bei den Salafisten ist die Toleranz aber geringer. Wenn diese auf die Provokationen von Pro NRW gewalttätig reagieren, dann wird hartes Vorgehen angekündigt (siehe tageschau.de) und zwar ein hartes Vorgehen, dass sich rassistischer Ausschlussmechanismen bedient:

"Friedrichs Parteikollege Hans-Peter Uhl forderte die Ausweisung militanter Islamisten. Der "Bild"-Zeitung sagte er, die freiheitlich demokratische Grundordnung müsse von jedem Menschen in Deutschland akzeptiert werden. Wer diese Werte ablehne, "soll unser Land schnellstmöglich verlassen", so Uhl. "Wer aber kein deutscher Staatsbürger ist und hier nur sein krudes Gedankengut verbreiten will oder unseren Sozialstaat ausnutzen will, der muss ausgewiesen werden", sagte der CSU-Politiker weiter."

Menschen,die nicht die deutsche Staatsbürger_innenschaft haben und die "freiheitlich demokratische Grundordnung" ablehnen, scheinen gefährlicher als solche mit deutscher Staatsbürger_innenschaft (von Pro NRW, die NSU, etc.). Warum? Warum kann mensch mit den einen innerhalb Deutschlands fertig werden und muss die anderen ausweisen? Und was hat in dem Zitat die Ausnutzung des Sozialstaats zu suchen? Nutzt Uhl hier nur die aktuellen Gewalttaten, um eine rassistische (und verfassungswidrige) Politik zu fordern?

Auch Innenminister Friedrich fordert rassistische Ausschlüsse:

"In Einzelfällen müsse man auch eine Ausweisung prüfen, so der CSU-Politiker weiter. Dies sei bei kriminellen, verurteilten Gewälttätern unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglich. "Sie können aber niemandem eine Staatsbürgerschaft entziehen, wenn er keine andere hat"."

Ich vermute bei diesem Zitat, dass es ihm nicht darum geht, deutsch-deutschen Gewalttätern und Verfassungsfeinden die Staatsbürger_innenschaft zu entziehen. Um die geht es ja im ganzen Beitrag nicht, die gezielten Pro NRW-Provokationen fallen in der Berichterstattung völlig unter den Tisch. Friedrich muss über Menschen reden, die die deutsche Staatsbürger_innenschaft haben, die er aber nicht für Deutsche hält und denen er gerne die Staatsbürger_innenschaft entziehen würde (was nach dem Nationalsozialismus in Deutschland eigentlich nicht mehr passieren sollte), was er aufgrund der aktuellen Rechtslage aber leider nicht machen kann.

Eine (in meiner Lesart verfassungskonforme) Gleichbehandlung aller Menschen würde bedeuten, dass Menschen unabhängig ihrer Staatsbürger_innenschaft gleich behandelt werden. Ausweisung und Entzug von Staatsbürger_innenschaft kann nicht das Mittel für Strafverfolgung sein. Straftaten Einzelner dürfen nicht für rassistische Hetze gegen ganze Bevölkerungsgruppen ausgenutzt werden. Und die Sehschärfe auf dem rechten Auge sollte erhöht werden.

Nachtrag: In der taz heute eine weniger alarmistischer Bericht: Polizei macht Peace mit Salafisten.

Nachtrag 11.05.12: Die taz berichtet von weiteren verfassungswidrigen Forderungen von deutschen Politiker_innen:

"sein niedersächsischer Kollege Uwe Schünemann (CDU) forderte, "notfalls" die Grundrechte von Salafisten wie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit einzuschränken."

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Mittwoch, 9. Mai 2012
Wozu immer wieder Opferhierarchien?
Unsere Gesellschaft ist von unterschiedlichen Machtverhältnissen durchzogen und produziert eine ganze Reihe von Ausgrenzungen. Manche dieser Ausgrenzungsverhältnisse bekommen mehr Aufmerksamkeit, andere weniger. Alle sind gewaltvoll und schaffen Ungleichheiten.

Es fällt mir immer wieder auf, dass Menschen, die auf ein bestimmtes Machtverhältnis (oder die Intersektion von bestimmten Machtverhältnissen) hinweisen wollen, dies tun, in dem sie dieses Machtverhältnis (oder diese Intersektion) als besonders ausgeblendet darstellen und behaupten, dass bei anderen Machtverhältnissen viel mehr getan wird. Aktuell ist mir das gerade bei der taz-Berichterstattung letzten Samstag zum 'Aufstand der Dicken' aufgefallen. So zitiert die taz einen Sozialforscher:

"Dicke sind die letzte gesellschaftliche Gruppe, die man ungestraft diskriminieren kann"

Im taz-Kommentar wird behauptet, dass Homophobie und Rassismus in Deutschland sanktioniert würde. Dabei widerlegt sich der Kommentator selbst, wenn er schreibt:

"Und überhaupt findet es kaum jemand diskriminierend, Dicke anzugreifen. Das Vokabular dafür lautet „hänseln“. Wer spräche von Hänseln, würde ein Dunkelhäutiger als N[*] verunglimpft? "

Verunglimpfen ist genauso wie Hänseln ein Euphemismus für die Reproduktion eines gesellschaftlichen Machtverhältnisses. Rassismus und Homophobie sind nach wie vor alltäglich und machtvoll, auch wenn es Menschen gibt, die öffentlichkeitswirksam dagegen ankämpfen. 'Dicke' sind nicht die letzte Gruppe, die ungestraft diskriminiert werden kann, sondern eine von vielen Gruppen, die in unserer Gesellschaft mit alltäglichen Ausgrenzungen kämpfen müssen und kaum erleben, dass Diskriminierungen sanktioniert werden.

Ich verstehe nicht, warum um Aufmerksamkeit auf ein Ausgrenzungsverhältnis zu lenken, immer wieder behauptet wird, andere Ausgrenzungsverhältnisse bekämen (zu) viel Aufmerksamkeit und wären bereits gelöst . Wozu diese Vergleiche und Opferhierarchien?

Im Beispiel heute in der taz wird ein schwarzer Aktivist zitiert:

"Für die Schwarzen, "die Minderheit unter den Minderheiten""

Was soll das heissen die Minderheit unter den Minderheiten? 'Eine Minderheit im Integrationsbeirat' würde ich als Aussage verstehen, weil da tatsächlich eine zahlenmässige Mehrheit von bestimmten Migrationsgruppen gegeben ist. Die Formulierung die Minderheit unter den Minderheiten lässt aber noch andere Bilder aufkommen, sie suggeriert, dass eine Gruppe (in diesem Fall die Schwarzen) besonders marginalisiert ist, mehr als alle anderen.

Diese Vergleiche müssen aber immer hinken, denn natürlich gibt es nicht nur eine Minderheit unter den Minderheiten, sondern viele. Die Aufmerksamkeit liegt auf einigen und auf ganz vielen nicht. Das lässt sich nicht in eine klare Hierarchie bringen.

Entwertet Eure Analysen nicht durch Verleugnen von anderen Machtverhältnissen! Ihr müsst nicht am schlimmsten diskriminiert sein, um Unterstützung in Eurem Kampf bekommen zu können.

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Donnerstag, 3. Mai 2012
Irritierend


Gestern hat die Deutsche Welle bekannt gegeben:

"Best Social Activism Campaign

Gewinner in dieser Kategorie ist die Facebook-Page "Free Syrian Blogger& Activist Razan Ghazzawi". Die Kampagne war eine Reaktion auf die Verhaftung der syrischen Bloggerin Razan Ghazzawi am 04.12.2011, mit dem Ziel, ihre sofortige Entlassung zu erreichen."


Im weiteren Text gibt es keinen Verweis darauf, dass Razan inzwischen wieder inhaftiert ist und es - so weit ich das bisher mitbekomme habe - keine Nachrichten über sie und die anderen Inhaftierten vom Syria Media Center gibt.

Was genau zeichnet die Deutsche Welle aus? Und warum bekommt sie nicht mit, dass die Kampagne gerade wieder aktuell ist?

Nachtrag 13.05.12: Die Facebook-Seite "Free Syrian Blogger& Activist Razan Ghazzawi" ist aber auf jeden Fall preiswürdig. Nachdem Razan das erstemal aus der Haft entlassen wurde, wurde sie weiter genutzt, um über andere Gefangene zu berichten. Und das wurde fortgeführt, als Razan wieder in Haft war. Es ging also nie nur um Razan und ihre Bekanntheit wurde ausgenutzt, um Öffentlichkeit für andere herzustellen.

Die FB-Seite hat gestern gemeldet, dass alle die SCM-Inhaftierten, die vor Gericht standen, gestern aus dem Gefängnis entlassen wurden, und Razan hat auch schon getwittert. Hussein Ghrer und einige andere sind aber weiter in Haft.

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Sonntag, 29. April 2012
Deutschland und der Völkermord an den Armenier_innen
Die taz berichtet, dass auf einem Berliner muslimischen Friedhof zwei Täter des Völkermords an den Armenier_innen geehrt werden (und ihre Taten verschwiegen werden). Der SPD-Abgeordnete Özkaraca fragt nach, was Deutschlands Rolle im Schutz dieser Täter war:

"„Warum sind diese Männer hier begraben?“, fragt Özkaraca, „warum hat Deutschland diesen Menschen damals Unterschlupf gegeben?“"

Eine solche kritische Frage will sich der CDU-Politiker Dregger nicht stellen. In Verleugnung der lückenhaften deutschen Erinnerung behauptet er:

"Diese Frage stellt sich Burkhard Dregger, integrationspolitischer Sprecher der CDU, nicht. Seiner Ansicht nach kann die Türkei beim Thema Aufarbeitung viel von Deutschland lernen: „Es gibt keine andere Nation, die sich ihrer Geschichte so verantwortungsvoll und selbstkritisch stellt wie die deutsche Nation.“ Die Türkei solle auch hier Deutschland als Vorbild nehmen, so Dregger. "

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Gedacht
Aus Deutschland werden ständig Menschen abgeschoben. Meistens ohne viel Öffentlichkeit. In ein paar Einzelfällen kommt es zu öffentlichkeitswirksamen Interventionen. Wenn Schwule abgeschoben werden sollen, dann schaltet sich der LSVD ein, wie jetzt im Fall von Herry H., der nach Indonesien abgeschoben werden soll.

Marina Mai schreibt in der taz:

"Jörg Steinert vom Lesben- und Schwulenverband sitzt H. gegenüber, während dieser erzählt. „Ich habe lange gedacht, Herry stamme aus einer muslimischen Familie“, sagt er. Aber H. ist Katholik. Der Fall zeige, so Steinert, dass sich der Lesben- und Schwulenverband stärker für asiatische Kulturen öffnen müsse. "

Was will uns Steinert damit sagen?
Repression muss muslimisch sein?
Er spricht nicht mit Herry über dessen Herkunft?
Macht es einen Unterschied, dass Herry Katholik ist? Wenn ja, was für einen?
Wieso zeigt der Fall, dass der LSVD sich für "asiatische Kulturen offnen müsse"?
Was bedeutet es, sich für asiatische Kulturen zu öffnen?
Was sind asiatische Kulturen?

So viele Fragen und so wenige Antworten.

PS: Natürlich bin ich gegen die Abschiebung von Herry. So wie ich gegen jede Abschiebung bin.

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Teure Festung
Die taz berichtet:

"Insgesamt gibt die EU nach Angaben der Europa-Grünen bereits jetzt mindestens 400 Millionen Euro im Jahr für Grenzsicherung aus. Damit könnten über 23.000 Flüchtlinge eine dauerhafte Perspektive in Europa finden"

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Mittwoch, 25. April 2012
Für Fans von Statistiken
Die taz berlin berichtet, dass durch ungenaue Übertragungen von einer Datenverarbeitung in die andere die Statistiken über 'ausländische' Täter_innen einige Prozentpunkte zu hoch lagen.

„Bei korrekter Erfassung der Staatsangehörigkeiten läge der Anteil der Nichtdeutschen an allen Tatverdächtigen zu Straftaten insgesamt seit 2005 um 3 bis 5 Prozentpunkte unter den bisher ausgewiesenen Werten.“

Aber Statistiken lügen natürlich nicht.

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Film: Schildkrötenwut
Gestern habe ich auf dem Achtung Berlin-Filmfestival den Dokumentarfilm Schildkrötenwut (auch auf Facebook) von Pary El-Qalqili gesehen und war sehr beeindruckt. In dem Film setzt sich Pary El-Qalqili mit ihrem palästinensischen Vater und ihrem Verhältnis zu ihm auseinander - sowohl in Berlin wie auf Fahrten nach Palästina. Ein sehr persönlicher Film zu Migration, Exil und Tochter-Vater-Beziehung, der es schafft Ambivalenzen darzustellen bzw. Stehen-zu-lassen.

Im Vorfeld war ich mir unsicher, ob ein solch persönlicher Zugang gelingen kann, durch die Montage des Filmes fand ich es dann aber sehr gelungen (und viel besser als der Trailer den ich oben verlinkt habe).

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Montag, 23. April 2012
weit hergeholt
Die taz hat Stefan Redlich von der Berliner Polizei zu Polizei und Rassismus interviewt.

Auf die Frage: "Hat die öffentliche Debatte über die Morde der Neonazi-Zelle NSU eine polizeiinterne Diskussion über den Umgang mit solchen Vorwürfen, über Rassismus angestoßen?" antwortet Redlich mit: "In diesem Zusammenhang das Wort Rassismus zu benutzen, ist weit hergeholt." Und dem bleibt er im Rest des Interviews auch treu.

Rassismus(reproduktionen) bei der Polizei scheint kein Thema, schliesslich werden Polizist_innen in interkultureller Kompetenz ("Wissen über Regeln und Bräuche aus anderen Kulturen") geschult und damit ist alles gut.

Immerhin gibt er zu, dass die Polizei kein Spiegel der Gesellschaft ist, da viel zu wenig "Ausländer" und Frauen in ihr arbeiten.

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Syrische Aktivist_innen vor Gericht
Razan Ghazzawi und etliche andere im Syrian Center For Media And Freedom Of Expression Festgenommene mussten gestern vor Gericht erscheinen. Laut Facebook-Nachricht wurden nun auch die Frauen, die aus dem Gefängnis entlassen waren und sich täglich melden mussten, wieder infhaftiert. Von einigen der Männer gibt es noch keine neuen Nachrichten.

Nachtrag 28.04.12: Es scheinen jetzt wieder alle im Gefängnis zu sein. Es gibt wenige Nachrichten über twitter und in facebook. Das meiste in Arabisch.

Nachtrag 29.04.12: Mehr Informationen bietet das International Press Institute.

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