Sonntag, 1. Januar 2012
Hambacher Fest
Vor ein Tagen war ich zum erstenmal auf dem Hambacher Schloß und habe mir die Ausstellung zum Hambacher Fest angeschaut. Die Ausstellung und auch unsere Ausstellungsführerin sind sehr bemüht, auch Frauen in der Ausstellung vorkommen zu lassen. Das ist sehr angenehm. Aber noch etwas unbeholfen, denn die Frauen kommen doch wieder nur als Nebenfiguren vor und Nebenbemerkungen von Männern werden zu emanzipatorischen Aussagen stilisiert (und in der Führung emanzipatorische Aussagen durch sexistische Rahmung abgemildert).

Zum Hambacher Fest und der Demokratiebewegung habe ich einiges gelernt. Insbesondere die Vielfältigkeit der Stimmen, wenn diese auch in der Ausstellung nicht wirklich hervorgehoben wurden (sondern eher von der Geschichtslehrerin mit der ich da war). Die Vielfältigkeit und Widersprüchlichkeit des Hambacher Festes zu beleuchten, wäre sehr spannend gewesen - aber natürlich weniger heroisch.

Interessant fand ich auch diese Tafel der Ausstellung:



Sie berichtet von Bücherverbrennungen beim ersten Wartburgfest der Burschenschaften 1817. Der napoleonische Code Civil und Literatur jüdischer Schriftsteller_innen wurden verbrannt. Da hatten die Burschenschaften damals schon Ähnlichkeiten mit denen heute.

Erschreckend (wenn auch nicht unerwartet) war auch die Reaktion einer Besucher_in auf die Frage, warum denn wohl Pol_innen am Hambacher Fest teilgenommen hätten und wohin sie wollten. Dass es polnische Revolutionär_innen waren, die ins freiheitliche Frankreich wollten, und nicht Wirtschaftsflüchtlinge, die ins gelobte Land Deutschland wollen, war erklärungsbedürftig.

Für Deutschnationales gab es leider in der Ausstellung viele Anknüpfungspunkte.

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Gegen Nazis
An der Haltestelle August-Bebel-Strasse in Karlsruhe

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Mittwoch, 28. Dezember 2011
Auch in der Kleinstadt
Begrüßung im badischen Bretten:

Graffiti in Bretten: Fuck Homophobia


und in einem Karlsruher Cafe:

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Sonntag, 25. Dezember 2011
Gewalt mit Migrationshintergrund?
Die taz berichtet über zunehmende Gewalt gegen Schiedsrichter_innen im Berliner Fußball. Es geht darin auch um die Ursachendebatte, die zum Teil mit Hilfe von rassistischen Bildern geführt wird:

"Während Sprecher Kevin Langner weder einen "Trend noch andere Tendenzen" erkennt, meint Wehling, häufig sei "ein Migrationshintergrund dabei, das tut weh, das zu sagen"."

Was soll das heißen, häufig sei ein Migrationshintergrund dabei? So wie das hier verbunden wird, erscheint es als ob der Migrationshintergrund als Gewaltursache suggeriert wird. Ich vermute mal einfach, dass häufig auch das Geschlecht Mann sowie das Hobby Fußball dabei ist. Aber auch das dürfe als Ursache für Gewalt nicht ausreichen, ein bisschen mehr Analyse wäre hilfreich.

Ein bisschen mehr 'Anlayse' wird dann im Artikel auch noch geliefert: "Der Chef der Verbandsgerichts, Jürgen Lischewski, wird deutlicher: "Wenn jemand sagt: ,Ich ficke deine Mutter', dann sehen die Menschen mit Migrationshintergrund rot, das ist einfach so.""

Ist das so? Na dann. Die ohne Migrationshintergrund finden die Aussage wahrscheinlich toll. - Die Frage, die ich mir hier stelle, ist, warum wird überhaupt beleidigt. Wer beleidigt wen wie? Wie wird das sanktioniert?

Lischewski scheint überhaupt ein großer Analysierer zu sein: "Immerhin sei 21 Jahre nach dem Mauerfall die Ost-West-Problematik zu vernachlässigen, führt der 67-jährige Notar aus."

Was er uns damit wohl sagen will?

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Donnerstag, 22. Dezember 2011
Von PIO zu OCI
Bisher war ich offiziell bestätigte PIO (Person of Indian Origin). Seit heute bin ich nun offiziell registrierte OCI (Overseas Citizen of India).



Mit diesen Titeln will der indische Staat 'Inder_innen', die nicht in Indien leben, an Indien binden. Für mich bedeutet es, dass ich kein Visum für Indien beantragen muss. Und es bestätigt mir offiziell meine natio-ethno-kulturelle (Mehrfach-)Zugehörigkeit.

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Mittwoch, 21. Dezember 2011
Stille Post und Konstruktion von Fakten
Heute berichtet die taz mit einem Porträt über die Freilassung von Razan. So wie mir es scheint, hat die Autorin Juliane Schmacher für diesen Artikel Informationen aus verschiedenen Internetquellen zusammengetragen und keine Informationen aus erster Hand. Damit ergeben sich die Probleme, des Überprüfens eben dieser Quellen.

So erinnert mich der Abschnitt im taz-Porträt über Razans Thematisierung von Homosexualität stark an den L-Mag-Artikel von Hannah Wettig. Hannah hatte die Informationen aus erster Hand, den sie hat wie ich beim Young Media Summit Razan getroffen. Allerdings fand ich schon im L-Mag-Artikel ihre Darstellung von Razans Aussagen überraschend. Zumindest hatte ich Razans Argumentation anders verstanden (sehr viel komplexer). Durch die Übernahme der Darstellung in der taz wird diese Version jetzt aber weiter festgeschrieben.

In dem taz-Porträt halte ich auch die Aussage, Razan hätte zuletzt mit ihrer Rolle im internationalen NGO-Betrieb gehadert, für nicht so ganz passend. So wie mir scheint, haderte Razan da schon sehr viel länger mit.

Bei diesem taz-Porträt fällt mir nun auf, dass es auf zweifelhafter Datenbasis geschrieben wird. Wenn ich die Person nicht kenne, fällt es mir sicher viel weniger oder gar nicht auf. Die Suggestion von Faktenvermittlung, die die Medien machen, ist wirklich eine Herausforderung.

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Verleumdung
Die taz berichtet, dass ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde Erlangen gegen sieben Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen Klage erhoben hat, eil sie ihm: ""Tricks" und "Ermessensentscheidungen am äußersten rechten Rand" vorgeworfen." haben. Der Staatsschutz ermittelt. Die Menschenrechtsorganisationen stehen zu ihren Aussagen.

Die Anklage der Anklagenden erinnert an den Fall von Sabine Schiffer, die auch angeklagt wurde, weil sie eine Rassismusreproduktion angesprochen hat.

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Die ägyptischen (und syrischen) Aktivist_innen unterstützen
Im Mai hatte ich die Möglichkeit beim Young Media Summit in Kairo teilzunehmen. So habe ich einen kleinen Einblick in den Widerstand gegen die autoritären Regime in der Region bekommen können. Schon im Mai haben die jungen progressiven Aktivist_innen gegen die Militärregierung in Ägypten protestiert und gefordert, dass die Macht in zivile Hände kommt. Diesen Protest führen sie immer noch weiter. Dabei werden sie allerdings nicht von der Mehrheit der Bevölkerung unterstützt.

Im taz-Interview fordert der Aktivist Tarek Mustafa:

"Die Militarisierung Ägyptens im letzten Jahr, das ist schlimm. Aber die Revolution ist noch nicht vorbei, daher lässt sich noch nicht sagen, ob sie gewonnen hat oder gescheitert ist. Wir haben noch einen langen Weg vor uns, wir stehen erst am Anfang. Und wir brauchen euch, wir brauchen die Unterstützung jedes einzelnen Menschen auf der Welt, der gegen das ist, was jetzt in Ägypten passiert. Die Stimme der Revolution soll überall da draußen zu hören sein, überall."

Nachtrag 28.12.11: Auch die syrischen Aktivist_innen bitten in der taz um Unterstützung

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Sonntag, 18. Dezember 2011
Rassismus in Potsdam und Brandenburg
Die taz berlin berichtet Rassismus in Brandenburg war lange auch ein Standortproblem für Potsdamer Forschungseinrichtungen. Heute werden Migranten vor allem fernab von Berlin diskriminiert.. In dem Artikel wird ein Vertreter des Instituts von Klimafolgenforschung in Potsdam zitiert, der die Internationalität der Belegschaft betont, über die Willkommenskultur für diese in Potsdam schwärmt und sagt, dass er seit zehn Jahren von keinem Fall von Rassismus gegen Mitarbeitende mehr gehört hat.

Ich musste beim Lesen an den rassistischen Angriff auf Ermyas M. vor fünf Jahren in Potsdam denken. Der Politikwissenschaftler Hans-Gerd Jaschke verweist laut taz darauf, dass zwar Expert_innen gelockt werden, aber Flüchtlinge und Geringqualifizierte mit Rassismus und Bürokratie zu kämpfen hätten. Nadia Hitzel-Abdelhamid von der Opferperspektive bestätigt dies und bezweifelt, dass die Wissenschaftler_innen keine Rassismuserfahrungen machten: "Das Thema ist noch immer schambesetzt. Gerade Menschen mit guter sozialer Stellung fällt es oft schwer, über Diskriminierung zu sprechen." (Siehe auch die Suche nach Potsdam hier im Blog.)

Ach ja, die Integrationsbeauftragte von Brandenburg wird noch zitiert mit: "Sicher gibt es Vorfälle wie Angriffe auf Imbisse ausländischer Besitzer." Da muss die Integrationsbeauftragte wohl noch ein bisschen an integrierendem Sprachgebrauch arbeiten.

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"latente Ausländerfeindlichkeit" oder offener Rassismus?
Die taz berichtet über eine Kleingartenkolonie in Schleswig-Holstein, die folgende Abstimmung durchgeführt hat:

"Mit drei Kästchen zum Ankreuzen: Sollte es in der Kolonie künftig 27 Prozent Migranten geben wie im benachbarten Hamburg? 19,6 Prozent, dem Bundesdurchschnitt entsprechend? Oder lieber nur 12,6 Prozent wie in Schleswig-Holstein? 59 von 70 Anwesenden sprachen sich für eine Quotenregelung aus, 41 davon für die strengste."

Ein Sprecher der Stadt gibt sich erschrocken von der "latenten Ausländerfeindlichkeit. Ein Vereinsvertreter berichtet darüber, wie sehr sie versuchen Migrant_innen zu integrieren:

"Eine Bocciabahn wollten sie bauen, einen großen Backofen kaufen, in dem sie auch Spanferkel braten können. Doch für die Finanzierung kam keine Mehrheit zustande. "Die Migranten hier isolieren sich", sagt Rohde. "Warum muss ich jemanden lieb haben, der mich nicht lieb hat?" Unter Zwang funktioniere keine Integration, sagt er und merkt nicht, wie ambivalent sein Satz gerade war."

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Freitag, 16. Dezember 2011
Informationen aus dem Internet und deren Zuverlässigkeit


In der taz schreibt Gabriela Keller über ihre Schwierigkeiten über Syrien zu berichten, da sie nicht hinreisen darf und auf Informationen von Internetquellen angewiesen ist. Diese lassen sich aber nur partiell überprüfen. Sie können falsch sein, wie im Fall von Gay Girl in Damascus, bei der es sich um eine völlig erfundene Geschichte gehandelt hat. Sie können aber wie Keller berichtet, auch falsch sein, weil sich Aktivist_innen durch die bewußte Verbereitung einer falschen Meldung schützen wollen. Und sie können aus einer ganzen Reihe von anderen Gründen falsch oder zumindest verfälscht sein. Alleine mit der Hilfe des Internets ist der 'Wahrheitsgehalt' einer Nachricht schwer zu überprüfen.

Im Falle von Razan Ghazzawi weiss ich, dass es sich um eine reale Person handelt, da ich sie persönlich getroffen habe und Emailkontakt mit ihr hatte. Dass sie verhaftet wurde und unter Anklage steht, halte ich für eine recht glaubhafte Meldung, da viele verschiedene Quellen darüber berichten und sie sich nicht gemeldet hat, um den Berichten zu widersprechen. Von meinem Computer in Berlin aus, kann ich das aber nicht weiter überprüfen, ich muss mich auf meine Einschätzung der Glaubwürdigkeit der Nachrichten verlassen.

Auf dieser Grundlage beteilige ich mich an der Aufforderung Free Razan und will weiter darüber schreiben. Und das im Sinne von Razan, die vor ihrer Verhaftung getweetet haben soll, dass das syrische Regime nicht die Gefangenen fürchtet, sondern jene, die diese nicht vergessen.

Nachtrag 19.12.11: So die Nachrichten scheinen sich zu verdichten, dass Razan tatsächlich aus dem Gefängnis entlassen wurde. Amira, die auch beim Young Media Summit gewesen ist, schreibt so auf Global Voices. Ich hoffe sehr, es stimmt.

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