Donnerstag, 17. März 2011
Rückblick: Internationaler Frauentag


Letzte Woche war ich im Rahmen eines Lehrendenaustauschprogramm am Centre for Gender Studies der Universität Lund in Schweden. Zusammen sind wir dann auf die Demonstration zum internationalen Frauentag gegangen.

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Libyen und Südasien
Meine Quellen sind nicht mehr die neuesten, aber die Nachricht wird immer noch aktuell sein. In Libyen haben viele Menschen aus Südasien gearbeitet und sind jetzt von dem Bürgerkrieg bedroht. Die taz hat am 04.03.11 berichtet:

" Ein hundert Meter breiter Grenzstreifen trennt in Ras Ajdir Tunesien von Libyen. Der Asphalt fehlt, nur steiniger Grund. Der Wind wirbelt Staub auf. Es riecht schlecht. Hüben weht die rote Fahne mit dem tunesischen Halbmond, die zum Symbol der arabischen Revolution geworden ist, drüben das grüne Tuch des Reiches von Muammar al-Gaddafi. Hüben stehen Soldaten und Nationalgardisten, drüben ist, außer den ununterbrochen ankommenden Menschen mit schwerem Gepäck, niemand zu sehen. Es sind Chinesen, Vietnamesen, Inder, Bangladescher und vor allem Ägypter. Die tunesischen Beamten schauen kaum in die Pässe und winken sie freundlich durch."

Schon am 22.02.11 hatte BBC World davon berichtet, dass Südasiat_innen Libyen verlassen wollen und sich die südasiatischen Regierungen auf die Evakuierung vorbereiten. Im Fall der Bangladeschi scheint das nicht besonders gut geklappt zu haben. Die taz berichtet am 06.03.11:

" Sorgenkind der Helfer sind längst nicht mehr die Ägypter, die die überwältigende Mehrheit der Flüchtlinge gestellt haben, sondern die Menschen aus Bangladesch. Die dortige Regierung tut nichts für sie. Die Wege sind weit, der Transport ist teuer. Deshalb sitzen sie im Durchgangslager und wissen nicht, wann und wie es weitergehen wird."

Aber auch jene Bangladeschis, die nach Europa gebracht werden, sind weiter in Gefahr. Der Blog Clandestinenglish berichtet am 06.03.11:

" A human tragedy occurred at down at the port of Souda when 46 immigrants from Bangladesh jumped from the ferry “Ionian King” into the sea. The ferry was carrying evacuees from Libya. When the boat reached the Cretan port of Souda, the immigrants saw police on the coast and jumped into the sea, fearing that they would be arrested and deported. At least 3 immigrants lost their lives, while 16 are reportedly still missing."

BBC World berichtet heute über Bangladeschis, die es nach Bangladesch geschafft haben. Dabei beschreibt der Artikel auch die katastrophalen Wirtschaftlichen Folgen, die die Evakuierung für die Arbeiter_innen haben kann:

" But for now, the question is what will happen to those workers who have returned from Libya.
"I took a loan of about $3,000 (£1,861; 2,142 euros) to go to Libya. I have paid back 50% of my loan. I thought that if I could work in Libya for four to five years, I could pay back all the loans. Unfortunately, I had to come back. I do not have any money now," says Mr Rahman.
He has to support five of his family members, including his ageing parents. Still the family does not know whether he will get a job or whether there will be any opportunity to go back to Libya."

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Integration über alles
Die taz berichtet über die geplante Verschärfung des Ausländerrechts. Dabei wird der schwammige Begriff 'Integration' (siehe dazu auch einen Artikel von zwei Kolleginnen und mir als pdf) genutzt, um über das Aufenthaltsrecht von Menschen zu entscheiden:
  • "ein Wiederkehrrecht für Frauen geben, die gegen ihren Willen im Ausland verheiratet wurden, zuvor aber in Deutschland gut integriert waren"
  • "Bleiberechts für Jugendliche, die bislang mit einer Duldung in Deutschland leben. Sind diese "gut integriert" - konkret heißt das Schulbesuch über sechs Jahre oder der Erwerb eines Schulabschlusses -, sollen sie mitsamt den Eltern eine Aufenthaltserlaubnis erhalten."
  • "Neuzuwanderern die Aufenthaltserlaubnis nur befristet zu verlängern, solange diese ihren Integrationskurs nicht erfolgreich abgeschlossen haben"
  • ""Derjenige, der sich bemüht, muss natürlich nicht fürchten, in seine Heimat zurückgeschickt zu werden"
  • "Mit dem neuen Passus könne man "Integrationsverweigerer schneller feststellen""
Eine vage Vorstellung von Integration wird zur Bedingung für Aufenthalt in Deutschland gemacht, die Inhalte können jederzeit verändert werden, keinerlei Rechtssicherheit für jene, die dem Integrationsgebot ausgesetzt sind, Erfolgsaussichten sind minimal. Der Zwang an Disziplinierungsmitteln wie diesem Integrationskurs teilzunehmen. Grauselig.

Die Menschenwürde ist unantastbar, oder was sagt unser Grundgesetz? Weg mit dieser Integrationsdisziplinierung.

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Berliner Grüne beschliessen Rassismusreproduktionen
Die taz berlin berichtete, dass die Berliner Grünen mit rassistischen Bildern in den Berliner Wahlkampf ziehen wollen:

"Nach viel Dank an die Leistung vieler Migranten kündigt sie an, dass nun ein "Aber" folge. "Es gibt auch kleine Gruppen, mit denen gibt es Probleme", sagt sie. "Das müssen wir in unserem Programm ansprechen , wenn wir für die ganze Stadt da sein wollen". Gute Integration heiße auch, "dass wir sagen, wo es Probleme gibt." Und die nennt der Entwurf des Wahlprogramms konkret: so genannte Ehrenmorde, Drogenhandel oder islamischer Fundamentalismus."

Damit folgt Künast der sarrazinschen Logik, dass man endlich auch mal über Probleme sprechen müsse (als ob nicht ständig über Probleme gesprochen würde). Sie und mit ihr die Grünen reproduzieren die rassistischen Bilder über die Anderen. Dazu gibt es auch Kritik aus der Partei (siehe auch einen weiteren taz-Artikel):

""Im Wahlprogramm ist eine Textpassage, die diesen provokativen und verletzenden Ton anschlägt, fehl am Platze", sagt eine Vertreterin der Parteiarbeitsgemeinschaft Migration. Ein anderer Kritiker bezweifelt, dass das Wahlprogramm ganz den Grundwerten der Grünen entspricht. Er sieht vielmehr die Gefahr, "dass wir nicht nur den Kampf um das Rote Rathaus verlieren, sondern auch uns selbst." "

Das Gefühl habe ich auch. Mit den Grünen habe ich so einige Probleme. Bisher habe ich mich in Bezug auf rassismuskritische Politik allerdings immer noch am besten bei ihnen aufgehoben gefühlt (wenngleich ich mit Künast in dieser Hinsicht schon länger Probleme habe). Immerhin behauptet die Partei immer wieder rassismuskritisch zu sein (auch wenn sie es nicht wirklich ist), das ist schon mehr als andere Parteien. Mit der Berliner Richtungsänderung unterscheidet sie da allerdings nichts mehr von den anderen Parteien.

Künast legitimiert hier mal wieder Rassismus mit Feminismus: ""Es gibt die sogenannten Ehrenmorde, es gibt Gewalt auf den Schulhöfen, es gibt es, dass Frauen nicht die gleichen Chancen haben wie Jungen", sagt die Spitzenkandidatin. Gerade den letzten Punkt könne sie schon in ihrer Eigenschaft als Frau nicht hinnehmen."

Die Schwierigkeit der Realpolitik aber ist es, gleichzeitig Rassismus und Heterosexismus (und noch so einige anderen Machtverhältnisse) zu bekämpfen (und nicht sie gegeneinander auszuspielen). Dazu und zu der Schwierigkeit, diese Verbindung in der Forschung wirklich im Blick zu behalten, habe ich letzte Woche in Lund (Schweden) verschiedene Vorträge gehalten. Die Entscheidung der Berliner Grünen konnte ich da (leider) als Beispiel für das Problem nutzen.

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Kolonialistische Nebensachen
In einem taz-Artikel über die Folgen des Erdbebens in Neuselland schreibt die Autorin:

"Eine Ecke weiter stand der prachtvolle Ballsaal, mit altem Parkett aus Kauri-Holz und Retro-Möbeln, unersetzbar in einem Land mit so kurzer Geschichte."

Relativ kurz ist die Geschichte der Kolonialist_innen, nicht aber der Region.

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Samstag, 5. März 2011
Der Adel lebt
Die taz berichtet :

"Weiterhin teilte Guttenberg mit, er werde auch ohne Mandat künftig ein Bürgerbüro unterhalten, um der "Verantwortung für meine Heimat gerecht zu werden"."

Wenn er kein Mandat hat, keine Funktion ausfüllt, wozu will er dann ein Bürgerbüro führen? Was soll es den Leuten bringen, zu ihm zu gehen? Was für eine Form von Einsatz ist das?

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Hilfe für Flüchtlinge
Die deutsche Marine bringt ein paar Hundert Flüchtlinge von der tunesisch-libyschen Grenze nach Ägypten (siehe z.B. zeit.de). Toll, wie sich Deutschland engagiert - das wird sicher viel helfen. Laut taz:

"Weit über 100.000 Menschen sind bisher in Tunesien angekommen. An manchen Tagen waren es bis zu 15.000."

Der Deutschlandfunk berichtete, dass Ägypten Tausende innerhalb von 24 Stunden ausgeflogen hat. Und die deutsche Marine will mit drei Schiffen ein paar Hundert Menschen in zwei Tagen nach Ägypten bringen. Was soll das bringen?

Die taz zitiert einen tunesischen Aktivisten: "Wenn wir über Menschenrechte reden, sind die USA und die EU Weltmeister. Aber wenn es um konkretes Handeln geht, wo bleiben sie dann?"

Die Tunesier_innen engagieren sich trotz fehlender staatlicher Strukturen: "Nach der Revolution sei der Staat so gut wie zusammengebrochen, das Land befinde sich im Umbruch und Neuaufbau. "Ich habe eine so breite Solidarität der tunesischen Bevölkerung noch nie erlebt."

Die einen reden, die anderen handeln.

Nachtrag 07.03.11: Auf tagesschau.de ist nun ein ähnlicher Bericht wie ich ihn im Deutschlandfunk gehört hatte und der mich zu diesem Post angeregt hatte. Noch ein Zitat von tagesschau.de:

"Im Vergleich zu den Europäern haben die Ägypter unbürokratisch, effektiv und entschlossen gehandelt. In den vergangenen zwei Tagen brachte das revolutionsgeschüttelte Land mit einer Luftbrücke 60.000 Flüchtlinge nach Hause. Die staatliche Fluggesellschaft Egypt Air hätte sicher auch noch 450 Flüchtlinge mehr evakuiert.

Aber dann hätte die Guttenberg-geschüttelte Bundesregierung ihrerseits nicht so schöne Fernsehbilder und Schlagzeilen von geretteten Ägyptern auf einer deutschen Fregatte bekommen."

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Donnerstag, 3. März 2011
Neuer Innenminister
Die taz befürchtet keinen Rechtsschwenk:

"Kein Rechtsschwenk also - die Merkel-Regierung will in der gefühlten Mitte bleiben. Nur in der Integrations- und Islamdebatte könnte der Ton etwas schärfer werden."

Ach, nur in der "Integrations- und Islamdebatte", das ist dann ja nicht weiter schlimm, betrifft 'uns' ja nicht? Oder sind 'wir' sogar dabei? Danke, dass die taz mir mal wieder bescheinigt, am Rande der Gesellschaft zu stehen.

Nachtrag 04.03.11: Der neue Innenminister startet gleich antimuslimisch durch. tagesschau.de berichtet:

"Für erste Kritik sorgte Friedrich mit seinem Statement zu Wulffs Äußerungen über den Islam. Dem widersprach der CSU-Politiker erneut: Dass der Islam - wie von Wulff behauptet - zu Deutschland gehöre, sei auch aus der Historie nirgends zu belegen, so Friedrich."

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Donnerstag, 3. März 2011
Übung zur Analyse von Privilegien
"Adrett gekleidet schreitet Heinrich Hörnschemeyer durch den langen, beigen Flur von Haus 6. Er trägt einen braunen Anzug, ein braunes Hemd mit Krawatte, ein wandelnder Gegensatz zu den Menschen, die aus den weißen Türen rechts und links des Ganges auf ihn zukommen. Menschen mit dunkler Hautfarbe, dunkelbraunen Haaren und abgetragener Kleidung." schreibt die taz.

Was will uns die taz damit sagen?
  • Person A hat einen Namen, ist adrett, schreitet, hat braune Kleidung
  • Dann gibt es noch ein Gruppe von Personen, die keinen Namen haben, keine Indidvidualität, in Masssen auf Person A zukommen, deren Körper dunkel ist und ihre Kleidung abgetragen
Eine naheliegende Interpretation:
  • Person A: weiß, deutsch, Mittelklasse, individuell, Akteur (muss alles nicht benannt werden, da Norm)
  • Die undefinierten Menschen: Ausländer_innen, arm, kollektiv, passiv
Zur Analyse von Privilegien, Andersmachen, etc. ist es immer spannend anzuschauen, was benannt wird und was nicht. Das (Nicht-)Benennen schafft (unbewußte) Bilder bei der Leser_in.

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Rassistische Mieterhöhungen
Die taz berlin berichtet über einen Fall von Mieterhöhung in Berlin:

"Nur Mieter mit arabisch oder türkisch klingenden Namen hätten die bis zu 125-prozentigen Mieterhöhungen erhalten. Deutschstämmige Mieter dagegen durchweg wesentlich geringere, sagt Schnell."

Nachtrag 05.03.11: Mehr in der taz berlin.

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Dienstag, 1. März 2011
Kollektivhaft
Die EU heisst Flüchtlinge generell nicht willkommen. Per Dublin II sorgen die Nordstaten dafür, dass die meisten Flüchtlinge in den Mittelmeerstaaten bleiben müssen. Dort aber sind die Bedingungen für sie besonders schlimm. So berichtete die taz vor einiger Zeit, dass in Italien somalische Flüchtlinge in der ehemaligen somalischen Botschaft unter menschenunwürdigen Verhältnissen leben müssen. Jetzt berichtet die taz, dass die Botschaft geräumt wurde. Aber nicht, um den Flüchtlingen menschenwürdigere Unterkünfte zu geben (im Gegenteil). Grund für die Räumung ist, dass es auf dem Gelände der Botschaft zu einer Vergewaltigung kam. Zur Rechenschaft gezogen werden aber nicht die Täter, sondern alle Bewohner_innen. Die taz dazu:

"Für den rechten Bürgermeister Gianni Alemanno war der Vorfall ein Anlass zur Hetze. "Alle 70 müssen ausgewiesen werden!", forderte er. Schließlich hätten sie der Vergewaltigung tatenlos zugesehen und seien überhaupt "alle Verbrecher" - anderenfalls hätten sie doch "Arbeit und Wohnung gefunden".

Alemanno verkehrt so frech alle Tatsachen in ihr exaktes Gegenteil. Erstens waren es die Somalis selbst, die eingriffen, als sie die Schreie des Mädchens hörten; die Botschaftsbewohner hielten die Täter fest und übergaben sie der Polizei. Zweitens ist es der italienische Staat, der Flüchtlinge - sie stehen ohne jede staatliche Hilfe da - in solche Elendssituationen wie die der Botschaft Somalias in Rom zwingt."

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Freitag, 25. Februar 2011
Europäisches Interesse
Demokratie - dafür tritt die EU angeblich ein. Die nordafrikanischen Volksaufstände aber zeigen, dass die EU de facto wenig Interesse an Demokratisierung hat. Mit den Diktatoren kann sie ihre Festung Europa viel besser abdichten. Dazu ein Zitat aus einem taz-Kommentar vom 14.02.:

"Kaum ist unser alter, zuverlässiger Partner Ben Ali weg, stechen die Boote in See. Ben Ali allerdings musste sich über all die Jahre nie Mahnungen anhören, er lasse es an Demokratie mangeln oder er nutze europäische Hilfe dafür, den Wohlstand des eignen Clans zu mehren. Schließlich garantierte er jenes Gut, das "uns Europäer" faktisch weit mehr interessierte als Demokratie und Prosperität in Tunesien: die Stabilität - bei der Islamistenabwehr im Innern, vor allem aber an den Außengrenzen."

Wenn aber der Diktator nicht mehr dafür sorgen kann, dass die Menschen nicht in die EU kommen, muss der Aufbau der Demokratie dafür herhalten. Aus der taz vom 15.02.11: "Innenminister de Maizière (CDU) sagte, Tunesien müsse dafür sorgen, dass die Menschen bleiben: "Die Menschen müssen erkennen: Sie gehören nach Tunesien, um dort ein anderes Tunesien aufzubauen.""

Die nach Europa Migrierenden werden als Arbeitsmigrant_innen abgewertet, die sich besser um ihr Land kümmern sollten. Dabei hat der Umsturz in Tunesien auch direkte wirtschaftliche Folgen für die Menschen, wie ein taz-Interview mit der Anwältin Paola La Rosa zeigt:

"Viele, mit denen ich reden konnte, haben bis vor Kurzem als Kellner oder Koch in den Hotels Südtunesiens, in Djerba und den anderen Touristenhochburgen gearbeitet. Doch infolge der Unruhen sind diese Hotels jetzt alle geschlossen, ist der Touristenstrom abgebrochen - und die früher in dieser Branche Beschäftigten stehen jetzt auf der Straße."

Aber es kann natürlich nicht sein, dass diese Menschen in die EU kommen und wir ihnen dadurch auch beim demokratischen Umbau helfen. Mit Diktatoren lässt sich besser verhandeln.

Innerhalb der EU entledigen sich die nördlichen Staaten mittels Dublin II der Verantwortung für Flüchtlinge. So berichtet die taz über einen Iraner, der nach Griechenland abgeschoben werden soll und kein selbstbestimmtes Leben führen darf.

Derweil verschärft Österreich laut taz weiter sein Ausländerrecht mit "Abschiebehaft für Kinder als "Angebot" für die Eltern" und "unter "Mitwirkungspflicht" laufenden Internierung von Asylwerbern im Erstaufnahmezentrum". Bei der legalen Einreise, werden Deutschkenntnisse verlangt: "wenn kein Goethe-Institut in Reichweite sei, könnte jeder über Internet studieren".

Nachtrag: Europäische (und einige andere Staaten) holen ihre Staatsangehörige aus Libyen raus (siehe z.B. stern.de). Die Libyer_innen aber sind in Europa nicht willkommen (siehe tagesschau.de). Menschenrechte hängen mal wieder von der Staatsangehörigkeit ab.

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Freitag, 25. Februar 2011
Rassismus in Kinderbüchern
Über die Reproduktionen von Rassismus (und Heteronormativität und ...) in Kinderbüchern wird schon lange diskutiert, sowohl in der Wissenschaft wie in antirassistischen Initiativen (z.B. auf dem Schwarzen Blog, von Eske Wollrad, vom Verband binationaler Partnerschaften, etc.). Nun hat Wolfgang Benz vom Zentrum für Antisemitismusforschung das Thema aufgegriffen und so ist auch die taz auf das Thema aufmerksam geworden.

Das Problem scheint die Autorin Marlene Halser aber nicht in seiner Tiefe und Tragweite zu verstehen. Sie schreibt ganz distanzierend und die Analyse verzerrend zur Reproduktion von Rassismus in den Pippi Langstrumpf-Büchern: "Nun soll dieses Mädchen eine Rassistin sein." Dabei geht es nicht darum, dass Pippi rassistisch ist, sondern dass die Pippi-Bücher rassistische Bilder und Sprache reproduzieren und Kinder dadurch Rassismus lernen bzw. vertiefen.

Zudem hält die Autorin die Diskussion nicht für relevant, da die Bücher schon alt seien: "Einen aktuellen Anlass für Benz' Kritik gibt es nicht." Als ob die Bücher heute nicht mehr gelesen würden und nicht mehr Kinder prägen würden.

Des weiteren geht sie naiv davon aus, dass Eltern den Rassismus erkennen, als Problem ansehen und mit ihren Kindern darüber sprechen würden: "Benz fordert also den oder die kritische VorleserIn, die in der Lektüre innehält und mit den Kindern über das Gehörte spricht, wenn Pippi über die lügenden Kongolesen urteilt. Aber hätten das die meisten Eltern, die heute noch Vorlesen, nicht ohnehin getan?"

Schliesslich hat sie einen naiven Vorschlag zur Rassismuskritik: "Denn statt nur auf veraltete Phänomene hinzuweisen, wäre es konstruktiver gewesen, nach Kinder- und Jugendbüchern zu fahnden, die Minderheiten thematisieren und damit schon früh zu Toleranz und Offenheit beitragen." Da gibt es einige Bücher auf dem Markt, die Toleranz beibringen wollen und damit die rassistischen Differenzierungen festigen. Der Umgang mit rassitischen Strukturen in der Gesellschaft muss schon etwas komplexer sein.

Dieser taz-Artikel zeigt deutlich, wie wichtig die Auseinandersetzung mit Rassismus in Kinderbüchern ist.

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Impressionen zum antimuslimischen Rassismus
Dass ich seit Anfang Februar fast nicht gebloggt habe, hat nicht damit zu tun, dass es nichts zu bloggen gegeben hätte (es fehlte einfach die Zeit). Aus dieser Woche ein bisschen was zum Thema antimuslimischer Rassismus:

Cigdem Akyol schreibt in der taz darüber, dass islamisches Recht in Deutschland tatsächlich angewandt wird. Auch wenn zwischendurch mal darauf hingewiesen wird, dass dies nicht für islamisches Recht gilt:

"Der Erlanger Islamwissenschaftler Mathias Rohe erklärt, das Nebeneinander der Rechtssysteme sei Ausdruck der Globalisierung. "Wir wenden islamisches Recht genauso an wie französisches", sagt er."

erweckt der Artikel doch den Eindruck, das wäre islamisches Sonderrecht. Es wird nicht ausgeführt, dass im Privatrecht in Deutschland, das Heimatrecht gilt. Darin wird den Personen mehr Bezug zu dem Land ihrer Staatsbürger_innenschaft unterstellt als zu Deutschland, und sie deshalb dem Recht unterworfen.

Akyol schreibt auch zu Großbritannien: "Die Mehrheit stammt aus Indien und Pakistan - aus Gegenden, in denen die Rechtsauslegung per Scharia schon eine sehr lange Tradition hat."

Das stimmt so nicht ganz. In Indien, wie in anderen ehemaligen britischen Kolonien, gilt das plurale personal law. Privatrechtlich gibt es mehrere Rechtssysteme je nachdem welcher Religion/ Gemeinschaft mensch angehört. In Indien gibt es daher unter anderem christliches, hinduistisches, islamisches und staatliches Familienrecht. Das islamische ist durch die Scharia geprägt, das christliche durch die Bibel, etc.

Auch Martin Reicherts Artikel über eine Diskussion zu Muslimen und Homosexualität ist vom Nichtverstehen(wollen) geprägt. Das Hinterfragen des Diskurses, den insbesondere Maria do Mar Castro Varela, fordert, scheint (oder will) er nicht zu verstehen. Reichert tut mal wieder so, als ob er der einzige ist, der sich für die unterdrückten muslimischen/migrantischen Homosexuellen/Schwulen einsetzt. Muslimisch und migrantisch geht bei ihm in eins über, homosexuell und schwul auch. Castro Varela ist für ihn aber nur lesbisch udn damit nicht kompetent: "Es ist schwierig, an einem Sonntagmittag über Analverkehr zu sprechen."

In der Printtaz schaft es die taz dann beim Untertitel des Bildes sowohl Castro Varelas wie Sezgins Name falsch zu schreiben. Beck und Emcke bekommt sie aber hin.

Ein Artikel von Mirjam Schmitt zu einem Planspeil Junge Islam Konferenz zeigt, wie junge Menschen erst durch die öffentlichen Debatten zu Muslimen werden:

"Mit ihrem Verein DeuKische Generation setzt sich die 22-jährige Studentin zwar schon lange für die Interessen türkischstämmiger Jugendlicher ein, Religion spielt in dem Verein aber keine Rolle. "Meine Eltern haben mich säkular erzogen. Erst als ich bei einer Podiumsdiskussion als Muslimin vorgestellt wurde, habe ich gemerkt, dass ich mich mit dem Thema Islam auseinandersetzen muss", sagt Aylin Selcuk."

Die taz berichtet zudem darüber, dass Menschen, die für Muslime gehalten werden, pauschal unter Terrorverdacht stehen:

"Wer aus einem muslimisch geprägten Land stammt, gilt in Deutschland als potenzielles Risiko. Bei Beantragung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels wurden 2010 über 24.000 Menschen zu möglichen Terrorkontakten befragt. Davon waren vor allem Muslime betroffen."

Natürlich distanzieren sich die Behördenvertreter_innen davon, antimuslimisch zu handeln: "Laut einem Sprecher des bayerischen Innenministeriums sei aber nicht ein muslimischer Hintergrund der Befragten entscheidend für die Überprüfungen, sondern ob im Herkunftsland Terrororganisationen aktiv sind."

Werden da auch Menschen aus Irland oder Spanien befragt? Oder geht es nur um muslimische Terrororganisationen?

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