Dienstag, 22. Februar 2011
Berlinale: Stadt Land Fluß
Der Film Stadt Land Fluß wirft einen liebevollen Blick auf einen industriellen Agrarbetrieb im Brandenburgischen. Die schwule Liebesgeschichte wird nett entwickelt. Das Publikum war ziemlich begeistert. Und ich war begeistert als ich erfuhr, dass im Film nur zwei Schauspieler dabei waren, der Rest quasi dokumentarisch sei.

Die Diskussionsrunde war aber darüber hinaus fast so ernüchternd wie bei Tomboy. Eine Person fragte, ob schon Leute aufgrund von Homophobie aus dem Kino gerannt wären (sie könne sich das gut vorstellen bei einigen Leuten aus ihrem Umfeld). Daraufhin antwortete der Regisseur platt, dass ihm es leid täte, dass die Person solche Leute kenne. Es wäre niemand rausgerannt. Ich kann mir gut vorstellen, dass bei der Berlinale niemand rausrennt, da mensch ja weiss, in welchen Film sie_er geht. Die Frage hätte ich als Frage nach Homophobie aber ernst genommen. Die Antwort des Regisseurs fand ich sowohl Homophobie leugnend wie auch die fragende Person verletzend.

Es wurde auch gefragt, ob es auf dem Hof Akzeptanzprobleme für die schwule Geschichte gab. Der Regisseur meinte, dass es ok war und wenn ich es richtig verstanden habe, auch deshalb, weil die Schauspieler ja nur spielten schwul zu sein. Da passt Reicherts Kolumne in der taz dazu Wenn Heteros Homosexuelle spielen gut zu. Er schreibt auch:

"Doch einer von ihnen ermannt sich: "Ick muss sagen, ditt ick Schwule ja nisch leidn kann. Aber jetzt muss ick sagen: Ditt iss ja numal so, ditt ditt Emotionale sich dann eben ooch körperlich ausdrückt.""

Da wäre durchaus Potential gewesen, Homophobie mehr zu thematisieren und zu problematisieren.

Und am Rande: Dass die Hauptfigur mit dem Coming Out auch anfangen muss gegen seinen Willen Alkohol zu trinken, hat mich sehr geärgert. Es geht auch ohne.

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Plagiat
Grundlage jedes wissenschaftlichen Arbeitens ist, dass Quellen korrekt angegeben werden. Das muss im Studium geübt werden. Wenn Studierende es in ihrer ersten Hausarbeit noch nicht hinbekommen, ist das etwas worauf sie hingewiesen werden müssen, damit sie es lernen. Wer es bis zur Doktorand_in schafft, muss wissen, wie sie_er ordentlich zitiert. Und muss wissen, das Plagiat kein Kavaliersdelikt ist, sondern gegen die Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens verstösst.

Erschreckend ist, dass immer wieder plagierte Arbeiten, auch Doktorarbeiten, von Professor_innen nicht beanstandet werden. Da muss genau hingeschaut werden, welche Strukturen dazu führen, dass Menschen mit Hilfe von Plagiaten akademische Grade erreichen können.

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Montag, 21. Februar 2011
Berlinale: 7 Khoon Maaf
Im indischen Film 7 Khoon Maaf bringt eine Frau sechs Ehemänner unter die Erde und steht kurz vor der siebten Heirat. Das könnte eigentlich ein Film über starke Frauen sein oder feministisch oder so. Ist es aber gar nicht. Der Film besteht noch nicht mal den Bechdel-Test:

"1. Es spielen mindestens zwei Frauen mit,
2. die sich miteinander unterhalten,
3. über etwas Anderes als einen Mann"


Es gibt zwar mehr als die eine Frau, aber sie unterhalten sich nicht miteinander und es geht auch immer um die Männer. Die sechs Ehemänner bekommen mehr Profil als die Frau. Eigentliche Hauptfigur ist ein weiterer Mann, der die Geschichte (seiner Frau) erzählt.

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Sonntag, 20. Februar 2011
Berlinale: Dance Town
Der südkoreanische Spielfilm Dance Town begleitet eine Nordkoreanerin auf ihrer nicht ganz freiwilligen Flucht in den Süden und ihre ersten Schritte dort. Düsterer Film, aber gut. Gefallen hat mir unter anderem, dass der Norden nicht als das Böse schlechthin gezeichnet wurde. Die Protagonistin hatte dort auch ein Leben. Südkoreanische Propaganda stellt das in der Regel anders dar.

Zum Ende der Berlinale wurde leider keine Diskussion mit der_dem Regisseur_in angeboten.

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Samstag, 19. Februar 2011
Berlinale: Rotkohl und Blaukraut
Der Kurzfilm Rotkohl und Blaukraut von Anna Hepp zeigt das selbstverständliche Zusammenleben von Menschen im Ruhrpott, deren Eltern zum Teil aus der Türkei stammen.

Irritierend waren aber mal wieder ein paar Aussagen der Regisseurin. So erzählte sie, dass ihr die Idee zum Film gekommen ist, als sie ein Seminar zum Thema Glauben an der Kunst- und Medienhochschule Köln hatte. Glauben kommt in dem Film aber kaum vor, der scheint im Leben der zwei porträtierten Familien kaum eine Rolle zu spielen. Hat sie da 'Türk_innen' und Glaube gleichgesetzt? Irritierend auch ihre Begründung, warum sie die türkischen Gesprächspassagen nicht untertitelt hat. Sie meinte, dass wäre authentischer da die dominanz-deutschen Ehepartner_innen auch kein Türkisch verstünden.

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Samstag, 19. Februar 2011
Berlinale: Dernier etage gauche gauche
Eine Wohnung soll zwangsgeräumt werden, dann geht alles drunter und drüber. Der französische Film Dernier etage gauche gauche spielt irgendwo in den Banlieu, überspitzt die damit verbundenen Bilder ins Komische, macht dabei viel Spaß und ist irgendwie auch Ernst.

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Berlinale: Illegalisierte Migration
Die Nachrichten sind voll von den Menschen, die per Boot nach Lampedusa kommen, und von den Bemühungen der Europäischen Union diese von ihr ungewollte Migration zu unterbinden. Auf der Berlinale gibt es diverse Filme, die sich mit diesem Themenkomplex beschäftigen.

Der philippinische Film Halaw zeigt wie eine Gruppe von Filippina_os mit dem Schiff von Mindano nach Malayasia reisen wollen.

Der griechische Film Man at Sea thematisiert Bootsflüchtlinge im Mittelmeer.

Der deutsche Kurzfilm Eisblumen erzählt die Geschichte eines Illegalisierten in Deutschland.

Nachtrag 23.02.11: Mir hatte der Film Man at Sea ganz gut gefallen. Kurz zur Geschichte: ein griechischer Öltanker nimmt eine Gruppe Bootsflüchtlinge auf, schafft es nicht, sie in Europa an Land zu bringen, auch danach scheitern einige Versuche, zwischen der Besatzung und den Flüchtlingen kommt es zu Konflikten und auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen (mit Toten). Ich habe den Film als eine Auseinandersetzung mit den menschenverachtenden Rahmenbedingungen der Festung Europa und marktwirtschaftlicher Zwänge gelesen, die menschenfreundliches Handeln kompliziert machen.

Ein Freund hat den Film ganz anders gelesen: der Tanker als Sinnbild für Griechenland, das überschwemmt wird von Flüchtlingen, sich das nicht leisten kann und menschenverachtend handeln muss, um nicht selbst zugrunde zu gehen. Ich kann diese Lesart durchaus nachvollziehen, auch wenn ich ihn anders gesehen habe. Spannend wie unterschiedlich Filme wahrgenommen werden können.

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Berlinale: Vorverkauf
Vorverkauf bei der Berlinale 2011

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Dienstag, 15. Februar 2011
Berlinale: The Queen has no crown
The Queen has no crown ist ein sehenswerter Dokumentarfilm der Familie, Sexualität und Nation verbindet (und dabei an stellen zu sehr schwuler Ästhetik verfällt).

Nachtrag 18.02.11: Der Regisseur Tomer Heymann wiess in der Diskussion explizit daraufhin, dass es nicht ausreiche für die Rechte von Homosexuellen zu kämpfen. Man müsse generell für Menschenrechte eintreten. In seinem Fall heisst das, sich gegen die Politik seiner Regierung gegenüber den Palästinenser_innen zu engagieren.

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Berlinale: West is West


Ich war ja skeptisch gewesen. Häufig sind Nachfolgefilme schlechte Kopien des Originals. Da East is East aber ein wichtiger Film (für mich) war, wollte ich mir den Folgefilm West is West dann doch anschauen. Und es hat sich gelohnt. Sicher lässt sich einiges am Film kritisieren (so das Idealisieren des Verankertsein in zwei Kulturen und auch, dass es vorallem männliche Perspektiven - wie schon bei East is East - gab), aber es war ein unterhaltsamer Film mit politischer Dimension. Das wurde auch klar in der Diskussion danach, bei der die Produzentin klare politische Positionierungen gemacht hat. Und dafür gesorgt hat, dass der junge Schauspieler Aqib Khan gewürdigt wurde.

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Sonntag, 13. Februar 2011
Berlinale: Tomboy
Mein Berlinale-Auftakt war heute der Film Tomboy von Céline Sciamma. Ein Film über die_den zehnjährigen Laure/Mikael, die_der am neuen Wohnort als Junge auftritt. Die Kinder spielen beeindruckend. Der Film bietet viel, um Trans* zu thematisieren. Wenn das Ende nicht wäre, bei dem Zweigeschlechtlichkeit nochmal explizit wieder hergestellt werden muss. Und wenn mensch der Regisseurin nicht zuhört. Was sie nach der Vorstellung erzählt hat, war traurig. Sie schien das Trans*-Potential ihres Filmes überhaupt nicht zu sehen und es auch aktiv zu bekämpfen.

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