Mittwoch, 8. April 2009
Werbetexter_innen
haben wirklich einen doofen Job. Immer wieder müssen sie tolle Namen und Kampagnen für gar nicht so neue Produkte entwickeln. Da scheint der Griff zum Sexismus, Rassismus oder Kolonialismus immer wieder nahe liegend. Zum Beispiel wenn ein Name für Schokoeis mit Vanilleeis gefunden werden muss. So kann eine Eiskreation nicht heissen. Da nennt die Werbetexter_in sie doch lieber Safari Afrika. Mir als Konsumentin erschliesst sich der Zusammenhang mit Afrika zwar nicht, dafür aber der kolonial-rassistische Bezug.

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Keine Entwicklungshilfe
Die taz berichtet (und auf tagesschau.de war es auch eine kleine Nachricht), dass sich afrikanische Ökonom_innen gegen Entwicklungshilfe ausgesprochen haben. Ich bezweifele, dass ich den Argumenten der Ökonom_innen in allem zustimme, aber die Frage, wem Entwicklungshilfe nutzt, finde ich sehr berechtigt.

Entwicklungshilfe ist eine Fortsetzung des Kolonialismus, womit zum einen ökonomische und politische Interesse des Westens verfolgt werden und zum anderen der Anschein des Sorgens um die als Entwicklungsländern definierten Länder gepflegt wird. Die ungleichen Machtverhältnisse und der ungleiche Zugang zu Ressourcen in der Welt wird beibehalten und gleichzeitig kann der Westen behaupten, er kümmere sich doch mit Entwicklungshilfe (und die fehlende Entwicklung sei nur Schuld der jeweiligen korrupten Eliten).

Wichtiger als das gönnerhafte Verteilen von Entwicklungshilfe wäre es, die Förderung der westlichen Wirtschaften auf Kosten der Länder des globalen Südens (Subventionen, Protektionismus, etc.) abzubauen.

Nachtrag 13.05.09: In der Le Monde diplomatique bespricht Dieter Neubert James Shikwatis Plädoyer gegen die Entwicklungshilfe. Shikwati scheint einen ganz marktliberalen Ansatz zu haben und zu meinen dass die ökonomischen Probleme von afrikanischen Ländern durch individuelle Leistung behoben werden können. Das finde ich durchaus zweifelhaft, weil es ungleiche Machtverhältnisse in der Welt ignoriert. Immerhin plädiert er aber auch für die freie Mobilität von Menschen:

"Ergänzt werden müsste die Handelsfreiheit durch freie Reise- und Migrationsmöglichkeiten ..."

Neubert kritisiert Shikwatis Marktrhetorik - da kann ich ihm zustimmen. Er reproduziert aber auch weitgehend die Entwicklungsrhetorik und geht auch nicht auf ungleiche Machtverhältnisse nicht ein. Da wird er für mich problematisch und noch problematischer, wenn er Shikwati unter anderem mit folgenden Argument abwerten will:

"Ein dritter Grund für die Aufmerksamkeit, die Shikwati entgegengebracht wird, liegt in seiner Herkunft. Kritik an Entwicklungshilfe gewinnt an Gewicht, wenn sie aus Afrika selbst kommt, also von jemandem, der eigentlich dankbar sein müsste für die erwiesene Hilfe."

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Montag, 6. April 2009
Post/kolonial
Die Komoreninsel Mayotte hat letzte Woche dafür gestimmt, das 101. Department Frankreichs zu werden. Dazu könnte frau nun einen Bericht schreiben, der diskutiert, warum sich die Menschen auf Mayotte dafür entscheiden, Teil des Landes zu werden, dass sie kolonalisiert und unterdrückt hat. Frau könnte die Zuwendung zu Frankreich und zur EU als Strategie interpretieren, an dem aus dem Kolonialismus erraubten Reichtum Europas Anteil zu haben. Frau könnte auch diskutieren, wie sich aus der Kolonialgeschichte Frankreichs (und auch Europas) eine Verantwortung für die ausgeplünderten Regionen der Welt ergibt und vorallem eine Verantwortung, vom eigenen Reichtum abzugeben.

Der eurozentrische und exotisierende taz-Artikel wählt einen anderen Ansatz:

Mayotte profitiert von der französischen Kolonialmacht: "im Café Caribou gibt es sogar französische Croissants" und nicht wie in den Inseln drumrum "ein Kreis von stinkendem Müll, in dem die Hunde wühlen".

Die Tatsache, dass: "Während auf den Nachbarinseln die schwere Malaria tropica endemisch wütet, wurde sie auf Mayotte fast völlig ausgerottet. " wird als Verdienst Frankreichs angesehen und nicht als Frage danach, warum von der 'Weltgemeinschaft' nur auf Mayotte dafür gesorgt wird.

Dafür werden die eigennützigen und militärischen französische Interessen in den Mittelpunkt des Interesses gerückt (als ob sie legitim werden):

"Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich war sich zunächst durchaus nicht sicher, dieses Armenhaus von einer Insel behalten zu wollen - schließlich besitzt es mit La Réunion bereits einen Stützpunkt in der Region."

Und auch Europa muss sich vor den Armen schützen (und nicht seiner Verantwortung stellen und die Menschenrechte schützen):

"Mit der neuen Außengrenze wird sich die EU also ein neues Migrationsproblem einhandeln."

Der Artikel endet dann - wie könnte es anders sein bei einem Artikel über einen Ort mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung - mit einem unmotivierten Verweis auf Polygamie (und dass sich die Muslime sicher nicht an die europäischen Gesetze halten werden).

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Sonntag, 5. April 2009
Gender Economics
Am DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) gibt es eine Expertin für Gender Economics. Diese hat letzte Woche laut taz einen "Führungskräfte-Monitor" vorgestellt, der zeigt, dass die Selbstverpflichtung der Wirtschaft, Frauen zu fördern, nichts gebracht hat.

"Holst selbst zeigte sich enttäuscht. "Ich weiß auch nicht, warum sich nichts tut. Nach unserer Ansicht liegt es im Interesse der Unternehmen, Frauen frühzeitig zu fördern", sagte sie mit Verweis auf den Fachkräftemangel."

Vielleicht liegt das ja nicht nur an wirtschaftlichen Gründen. Vielleicht liegt die Erklärung ja eher in der strukturell verankerten Heteronormativität. Gegen die kommt frau auch nicht mit wirtschaftlichen Argumenten gegen an.

PS: Was bin ich froh, dass ich der Volkswirtschaftslehre den Rücken gekehrt und einen komplexeren Blick auf die Gesellschaft gewonnen habe.

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Ungleichheiten sichern
"Große Teile der Bevölkerung stehen staatlicher Antidiskriminierungspolitik zum Schutz von Homosexuellen, Ausländern und Andersgläubigen ablehnend gegenüber." berichtet die taz über die Ergebnisse der Sinusstudie.

"Viele fänden, dass das Thema Diskriminierung von den Medien aufgebauscht wird, und sähen das wirkliche Problem darin, dass sich Angehörige von Randgruppen nicht an hier gültige Regeln hielten und sich Sozialleistungen erschleichen würden."

Dazu passt, dass Politiker_innen rassistische Sprüche machen können und ihnen das kaum schadet:

"Die Wortwahl sei "sicher falsch gewesen", sagt Linsler. Aber dafür habe sich Walker ja entschuldigt."

Und das die Polizei rassistisch handeln kann, ohne dass es Konsequenzen hat. In diesem Fall in Frankreich:

"Hohe Polizeibeamte, Richter und Staatsanwälte deckten den Gewaltmissbrauch und behinderten die Ermittlungen - besonders dann, wenn die Misshandelten arabischer oder afrikanischer Herkunft seien."

Christliche Fundamentalist_innen hingegen, die sich gegen gleiche Rechte z.B. für homosexuell lebende Menschen aussprechen, können damit rechnen, dass eine Öffentlichkeit geboten wird.

So werden die ausgrenzenden Strukturen immer wieder (re)produziert und stabilisiert. Die Privilegierten sichern ihre Privilegien. Menschenrechte werden restriktiv gewährt.

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Samstag, 28. März 2009
Gegen Roma
In den letzten Monaten gab es immer wieder Berichte über rassistische Ausgrenzung von Roma in Italien. Viele dieser Roma kommen aus Rumänien. Die selbsternannten echten Rumän_innen wollen nicht mit Roma verwechselt werden und wollen nun (wie die taz berichtet) den Roma die Bezeichnung Roma verweigern. Eine offen rassistische Kampagne.

Roma gehören sicher zu den am stärksten rassistisch ausgegrenzten Gruppen in Europa und haben damit auch mit die schlechtesten Lebensbedingungen und geringsten Chancen, mehr aus ihrem Leben zu machen.

Nachtrag 20.09.09: Die taz berichtet über die europaweite rassistische Ausgrenzung von Roma. Dabei geht sie auch auf die rassistische Politik Deutschlands ein, die gerade Massenabschiebungen in den Kosovo plant.

Nachtrag 19.04.10: Die Abschiebungen in den Kosovo erfolgen bereits. Die taz hat dazu Josef Winkler interviewt, der im Kosovo war:

"Das Rückübernahmeabkommen sollte gleich wieder ausgesetzt und auf zwangsweise Rückführungen verzichtet werden."

Nachtrag 01.07.10: Die Abschiebungen in den Kosovo erfolgen weiter. Wie die taz berichtet, sprechen sich zahlreiche Fachleute gegen die Abschiebungen aus. So z.B.:

"Christian Schwarz-Schilling, ehemaliger Hoher Repräsentant der Internationalen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina, appellierte an die historische Verantwortung der Deutschen. "Jede zweite oder dritte dieser Roma-Familien hat Verwandte im KZ verloren", so Schwarz-Schilling."

All das beeindruckt aber weder das niedersächische Innenministerium noch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge:

"Es gehe nicht, dass ausreisewillige Roma "auf die Dauer unser Sozialsystem belasten", beklagte Hans-Hermann Gutzmer aus Niedersachsen. "

Nachtrag 06.04.11: Es gab einen Abschiebestopp und der ist jetzt abgelaufen, wie die taz berichtet.

Nachtrag 25.12.11: Die taz berichtet:

"Seit 2010 haben rund 30 Prozent aller Minderheitenangehörigen aus dem Kosovo, die vor dem Krieg hierher geflüchtet sind, Deutschland verlassen. Die meisten davon waren Roma. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervor. Über 3.250 "Abschiebeaufträge" in das Kosovo haben die Länder demnach erteilt, bei 1.650 davon handelte es sich um Familien mit Kindern. Viele dieser Kinder sind in Deutschland geboren und noch nie im Kosovo gewesen."

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Samstag, 28. März 2009
Mindestens 3000 €
Die Ausländerbehörde in Tübingen ist der Meinung, dass eine Person mit Doktortitel mindestens 3000 € im Monat verdienen sollte (wie die taz berichtet). Das wäre nicht schlecht. Würde ich echt gerne. Aber das Stipendium, dass ich bei meinem Fellowship an der Uni in Tübingen im Sommer bekommen werde, liegt natürlich mal wieder weit drunter. Gut, dass ich eingebürgert wurde. Dann muss ich trotz des nicht doktortiteladequaten Stipendiums nicht um meinen Aufenthaltsstatus bangen.

Nachtrag 27.04.09: In Berlin wird Musiklehrer_innen geraten, einen Taxischein zu machen, um eingebürgert zu werden (laut taz). Verdient frau als Taxifahrer_in mehr als Musiklehrer_in? Wenn ja, warum? Und überhaupt, warum ist das ein Einbürgerungskriterium?

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Baustein der Festung Europa
FES-Konferenz: Der europäische Pakt zu Einwanderung und Asyl

Bei einer Veranstaltung fragte die Friedrich-Ebert-Stiftung gestern: Der "Europäische Pakt zu Einwanderung und Asyl". Baustein der Festung Europa oder Ausdruck einer modernen Asyl- und Einwanderungspolitik?.

Der Hauptredner Mehdi Lahlou vom Institut National de Statistique et d'Economie Appliquee in Marokko lies keinen Zweifel an seiner Antwort: ein weiterer Baustein in der Festung Europa.

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Donnerstag, 19. März 2009
Der hässliche Deutsche
Die letzten Tage habe ich Nachrichten nur recht oberflächlich verfolgt. Deswegen weiss ich nicht, was Steinbrück genau gesagt hat (ausser dass das Schweizer Bankgeheimnis in der Kritik steht). Aber hier in der Schweiz gehen die Emotionen ganz schön hoch. Die kostenlosen Blättchen, die in den Trams ausliegen (und qualitativ durchaus mit der deutschen Zeitung mit den vier Buchstaben konkurrieren können), berichten ausführlich über den bösen und hässlichen Deutschen. Im Radio wird dazu aufgerufen, Steinbrück Mails zu schreiben, und ausführlich darüber berichtet, dass sie keine Auskunft von Steinbrück bekommen. Echt beeindruckend - und spannend. Das ganze scheint eine Kombination aus Kampf um das Bankgeheimnis (was ich als in Deutschland Sozialisierte kaum nachvollziehen kann, aber was wohl irgendwie die Schweizer Nation auch definiert) und dem ambivalenten Verhältnis zu Deutschland (Gefühl der Fremdbestimmung mit gleichzeitigen Wunsch vom großen Bruder anerkannt zu werden) zu sein.

Wird in Deutschland davon berichtet? Und wenn ja, wie?

Nachtrag am Abend: tagesschau.de berichtet jetzt auch über die Schweizer Reaktionen.

Keine scheint sich allerdings darüber aufzuregen, dass Steinbrücks Cowboy-Indianer-Bild rassistische Bilder nutzt.

Nachtrag 06.05.09: Steinbrück scheint ein besonderen Hang zu rassistischen Äußerungen haben. Um die Schweiz und andere Länder, die Steuerhinterziehung ermöglichen, abzuwerten, sagt er laut tagesschau.de: "er werde "Luxemburg, Liechtenstein, die Schweiz, Österreich, Ouagadougou" zur Berliner Steuerkonferenz im Juni einladen.". Und wie bei dem Cowboy-Indianer-Bild funktioniert diese Abwertung durch Bezug auf rassistische Bilder. Alle regen sich darüber auf, dass die Schweiz etc. in eine Reihe mit Burkina Faso gestellt werden, kaum eine hinterfragt, warum das eine Abwertung sein soll und warum Steinbrück Ouagadougou sagt statt Burkina Faso. Würde Burkina Faso nicht 'primitiv' genug klingen (in den rassistisch geschulten Ohren der Öffentlichkeit und Steinbrücks)?

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Freitag, 13. März 2009
Ohne Inhalt
Wer sich bestätigen möchte, dass Koranschulen böse sind und dass in Afrika alles schlimm ist, dabei aber nicht von irgendwelche Hintergrundinformationen und tiefergehenden Analysen belästigt werden möchte, der sollte den taz-Artikel Mit Koran und Konservendosen lesen.

Ich hatte gehofft, dass der Artikel Erklärungsversuche anbietet, warum die Koranschulen in Senegal so erfolgreich sind. Die Hoffnung wurde aber enttäuscht.

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Keine Religionsfreiheit
Wie die taz berichtet, wird an einer Grundschule im niederrheinischen Pesch trotz Protests einer Familie wieder ein gemeinsames Gebet eingeführ. Die Familie hat nachgegeben und ihr Kind von der Schule genommen:

"Die betroffene Mutter hält das für einen Skandal. "Das bedeutet, dass meine Tochter jeden Tag von Neuem aus der Klassengemeinschaft ausgegrenzt wird", sagt die junge Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. "Ich bin schockiert über die Feindseligkeit, die uns entgegengeschlagen ist", sagte sie der taz. Deswegen werde das Kind ab sofort eine andere Grundschule besuchen - in der nicht gebetet wird. "

(Negative) Glaubensfreiheit und die Trennung von Staat und Kirche werden in Deutschland kaum durchgesetzt, zumindest nicht, wenn es nicht gegen den Islam geht.

"Schulministerin Sommer zeigte sich indes zufrieden. "Ich freue mich sehr darüber, dass es uns gelungen ist, eine Klärung herbeizuführen", sagte sie. Schließlich sei die Ehrfurcht vor Gott "eines der wichtigsten Erziehungsziele des Schulgesetzes und der Landesverfassung"."

Das erschreckt mich sehr. Gut, dass meine Schule es mir erlaubt hat, keine Ehrfurcht vor irgendeinem Gott zu haben.

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Mehr rassistische Taten
Laut taz berlin steigt die Zahl der rassistischen Taten in Berlin:

""Besonders besorgniserregend ist, dass die Zahl der rassistisch motivierten Angriffe von 39 auf 65 gestiegen ist", sagt Sabine Seyb von ReachOut am Montag. Hier sei das Täterspektrum breiter als bei rechtsextremen Übergriffen. Das liege daran, dass es sich meist um Gelegenheitstaten handle. "Da tragen auch mal ganz ,normale' Menschen ihre rassistische Einstellung nach außen", erklärt Seyb. So entstehe mehr Angst bei den möglichen Opfern, da Täter unvermittelt zuschlagen würden."

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