Samstag, 8. März 2008
Männlich
Zum Frauentag diskutieren in der taz Jutta Allmendinger und Norbert Bolz. Die eine versucht es mit differenzierten und fundierten Aussagen, der anderen mit platten Slogans. So zum Beispiel:

" Allmendinger: ... Darf ich fragen: Was ist für Sie "genuin männliches Verhalten", das uns nun verloren geht?

Bolz: Zum Beispiel eine Orientierung an Stolz und Ehre."


Ich dachte immer, dass wäre genuin islamisches Verhalten und daher verachtenswert. Oder ist das nur verachtenswert, wenn islamische Männer sich daran orientieren? Und wenn 'deutsch-deutsche' Männer das fordern, dann ist es männlich?

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Frauenfußball
Über fußballspielende Frauen wird seit dem 'Wintermärchen' ja mehr berichtet. Aber so richtig scheinen die Journalisten nicht zu wissen, was sie damit anfangen sollen. In der taz wundert sich Jürgen Roos, dass zwei Nationalspielerinnen nach Schweden gewechselt sind. Obwohl er Deutschland für das Frauenfußball-Mekka hält (warum eigentlich?). Würde er sich das bei fußballspielenden Männern auch fragen?

Vielleicht hätte er auch einfach mal fußballspielende Frauen befragen können. Unsere (im Sinne von dem Team in dem ich spiele) Trainierin zum Beispiel meint in einer Rundmail an unser Team: "komisch - niemand spricht an, dass das Geldverdienen vielleicht der Hauptgrund sein könnte"

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Mal wieder
Aus der taz:

1. Die Tat

"Ungestört konnte der Mob den Imbiss von Saqib Mahmood aufbrechen. Über dem Laden, in seiner Wohnung, erlebte der Imbissbesitzer mit seiner deutsch-pakistanischen Familie den Angriff - auch seine vierjährige Tochter war dabei. "Deutschland den Deutschen" sollen die Angreifer gegrölt haben, als sie glühende Kohle vom Grill über den Boden verteilten. "Scheiß Türke, wir kommen hoch und machen dich fertig!", hätten sie gerufen, erinnerte sich Mahmood und sagte: "Wir hatten zum ersten Mal Angst um unser Leben." Der Mob griff auch einen türkischen Händler mit Eisenstagen an."

2. Die offizielle Einschätzung

"Von einer ausländerfeindlich motivierten Tat wollten die Straf- und Ermittlungsbehörden aber nicht ausgehen. ...

... Thomas Lenz, Staatsekretär des mecklenburg-vorpommerschen Innenministeriums ... Als Triebfeder der Krawalle macht aber auch Lenz nicht Rassismus, sondern "vielmehr Alkohol" aus.

Die Staatsanwältin warf den Tätern schweren Landfriedensbruch und versuchte gefährliche Körperverletzung vor. Wiechmann sagte, einige Angeklagte kämen zwar aus der rechtsextremen Szene, dennoch sei das Motiv nicht Ausländerfeindlichkeit, sondern zu viel Alkohol."


Überraschender- und glücklicherweise stimmt der Bürgermeister in diesen verharmlosenden Tenor nicht mit ein:

"Bützows Bürgermeister Lothar Stroppe war bei der Verhandlung und sagte, er hätte nicht vermutet, Zeuge einer "Suchtberatung" zu werden. Er kennt das Video, für ihn war der Angriff "eindeutig ausländerfeindlich"."

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Der Unsichtbare
überschreibt die taz ihren Online-Artikel über den Rapper Afro Hesse. Ein lesenswerter Artikel über das Leben eines Illegalisierten in Deutschland.

Nachtrag 09.01.10: Durch Unterstützungsaktionen hat Afro Hesse laut taz berlin jetzt eine Duldung.

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Freitag, 29. Februar 2008
Integration wichtiger als Schutz der Ehe
Das Berliner Verwaltungsgericht hat geurteilt, dass für die Familienzusammenführung ausreichende Sprachkenntnisse nachzuweisen sind (via MuB). Wenn ich das Urteil (pdf) richtig verstehe, dann ist das öffentliche Interesse an Integration höher zu bewerten als das individuelle Recht auf Schutz der Familie:

"Das Grundgesetz gewährt den Ehegatten die Freiheit, die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet zu führen, indes nicht uneingeschränkt. Die Grundrechtsträger können Eingriffe in ihre Freiheitssphäre nicht abwehren, die zum Schutze öffentlicher Interessen unerlässlich sind und die das Maß der Freiheitsbeschränkung noch in einem vernünftigen Verhältnis zu den der Allgemeinheit durch die Regelung erwachsenden Vorteile halten."

Die RichterInnen übernehmen in ihre Argumentation (ohne Einzelfallprüfung) den allgemeinen rassistischen Tenor der Integrationsdebatte:

"Es liegt auf der Hand, dass rechtzeitig erworbene Kenntnisse der Sprache des neuen Gastlandes die wünschenswerte schnelle Integration des zuziehenden Ausländers erleichtern können. ... Wer für sich die Entscheidung trifft, künftig in einem anderen Lande zu leben, muss sich darüber im Klaren sein, dass auf ihn gewisse Anpassungs- und Integrationsleistungen zukommen."

Zudem argumentieren sie, dass aus übergeordneten Gründen die Ungleichbehandlung unterschiedlicher Gruppen von AusländerInnen (keine Sprachkentnisse nötig für US AmerikanerInnen, AustralierInnen, KanadierInnen, etc.) gerechtfertigt ist:

"Außenpolitische Rücksichtsnahmen sind geeignet, eine Bevorzugung von Ausländern zu rechtfertigen, auch wenn bei Betrachtungen lediglich der einzelnen Personen eine unterschiedliche Handhabung nicht einleuchtend wäre."

In dieser Betonung von vage formuliertem (rassistisch und heteronormativ geprägtem) öffentlichen Interesse, das wichtiger ist als die grundgesetzlich festgeschriebenen Rechte der Einzelnen, erinnert mich dieses Urteil sehr an den Einbürgerungsprozess, den ich analysiert habe. Auch damals waren die individuellen Interessen unerheblich gegenüber den öffentlichen. Diese Rechtsauffassung lässt mich an der Grundgesetztreue des Rechtsstaats zweifeln.

Das Urteil (pdf) ist durchaus lesenswert, um ein Gefühl für die Argumentationen in diesem Rechtsstaat zu bekommen.

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Sippenhaft
Die deutsche Botschaft in Serbien wurde bei den Ausschreitungen letzte Woche beschädigt. Als Konsequenz (berichtet die SZ) ist jetzt die Konsulatsabteilung für unbestimmte Zeit geschlossen. Das bedeutet, dass alle SerbInnen (unabhängig davon ob sie an den Ausschreitungen beteiligt waren, sie befürworten oder nicht) keine Visa für Deutschland mehr beantragen können. Denn im Gegensatz zu den USA ermöglicht Deutschland es nicht, dass Visas in anderen Botschaften in der Region beantragt werden können.

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Scheinheiligkeit
"Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht im Gefühl vieler Muslime, ausgegrenzt und abgelehnt zu werden, eines der zentralen Probleme der Integrationspolitik. "Muslime sind Teil der Gesellschaft und der gemeinsamen Zukunft", sagte er am Mittwoch in Berlin auf einer Fachkonferenz zum Islambild in Deutschland. Der Islam werde in der Bevölkerung immer stärker mit Fundamentalismus und Fanatismus gleichgesetzt." berichtet die taz.

In seiner Analyse hat Schäuble durchaus recht. Nur sollte er auch dazu sagen, wer ganz massiv daran beteiligt ist, die Islamophobie immer weiter zu schüren: er selbst und seine Partei.

Seine Parteikollegin Kristina Köhler hat bei der gleichen Veranstaltung das wohl auch gleich wieder bestätigt:

"Zugleich forderte sie aber auch, nicht jede kritische Anmerkung gleich als Islamophobie abzutun. So müsse man beim Streit um einen Moscheebau unterscheiden zwischen eindeutig rassistischen Kommentaren von jenen, die den Islam generell ablehnen, und Kritikern, die hinter dem Bau von Moscheen den Ausbau eines Machtanspruchs oder ein politisches Symbol befürchten."

Was meint sie, wo der Unterschied dieser Aussagen ist? Welche sind frei von Islamophobie?

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Dienstag, 26. Februar 2008
Australien und Südasien
Mit den britischen KolonialherrInnen sind auch Menschen aus Südasien nach Australien gekommen. Viele von ihnen haben sich niedergelassen und sind Teil der Aborigine-Gemeinschaften geworden.

Den Beziehungen zwischen Südasien und Australien hat sich ein Workshop im Oktober 2006 in Sydney gewidmet. Einige der Vorträge sind jetzt in überarbeiteter Form im Transforming Cultures eJournal veröffentlicht. Besonders interessant sind in Bezug auf die Verbindungen zwischen SüdasiatInnen und Aborigines die Artikel von Goodall, Ghosh und Todd (als pdf) sowie von Paisley (pdf).

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Montag, 25. Februar 2008
Deutschfühlen
Hayati Boyacioglu fragt im taz-Interview:

"Warum sollte ich mich wie ein Deutscher fühlen? Wie fühlen sich denn die Deutschen überhaupt?"

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Politik und Rassismus
Die taz interviewt den Integrationsbeauftragten des Berliner Fußballverbands zu Rassismus im Fußball. Matur weißt auf die Verbindung von politischen Debatten und dem Fußballrassismus hin:

"Rassismus gehört mittlerweile zum Fußballalltag dazu. Das ist das Schlimme. Und es gibt regelrechte Schübe. Wenn zum Beispiel in der Politik gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund Stimmung gemacht wird, wie im hessischen Wahlkampf, dann spüren wir das auch sofort auf den Fußballplätzen."

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Sonntag, 24. Februar 2008
Natürlich
In der Diskussion meines Vortrags heute ging es unter anderem darum, ob Kategorien natürlich sind. Als Beispiel wurde erwähnt, dass zum Beispiel die Unterscheidung in Männer und Frauen eine natürliche sei. Auf meinen Einwurf hin, dass es auch Intersexuelle gebe und die erst durch einen medizinischen Eingriff zwangsweise eindeutig gemacht werden, kam ein interessanter Einwurf:

"Dass die Natur nicht immer so eindeutig in den Unterscheidungen ist, sollte nicht als Indiz genommen werden, dass die Unterscheidung nicht natürlich sei."

Was ist denn dann natürlich, wenn schon die Natur nicht natürlich ist?

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Samstag, 23. Februar 2008
Der Profi
Radio Eins Profi Benecke ist mit seinem biologistischen Wissenschaftsansatz und Heterosexismus für mich sowieso nur schwer erträglich. Heute musste er aber auch noch seine Praktikantin über seltsame InderInnen, Kühe und Hunde in Mumbai berichten lassen

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Freitag, 22. Februar 2008
MmMs können auch erfolgreich sein
Das Gegenmittel zu all der rassistischen Hetze gegen "kriminelle ausländische Jugendliche" scheint es gerade zu sein, darauf hinzuweisen, dass es auch erfolgreiche Jugendliche 'mit Migrationshintergrund' gibt. Role models müssen her, wurde auf einer Veranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung gefordert. Die taz veröffentlicht heute einen Artikel über Die unbekannten Erfolgreichen (Print-Ausgabe) bzw. Nicht-Prügler (Online-Ausgabe)". Die FDP-Tiergarten hat mich zu einem Vortrag über die bildungserfolgreichen "jungen Migranten und Migrantinnen aus Südasien" eingeladen.

Und natürlich ist es bei der gegenwärtigen rassistischen Hetze nicht verkehrt, die Bilder über die kriminellen, ungebildeten, asozialen, etc. 'AusländerInnen' zu brechen. Natürlich kann das Sichtbarmachen von erfolgreichen MmMs positive Identifikationsfiguren für andere MmMs schaffen.

Aber trotzdem ist mir dabei nicht wohl.
Sind denn nur die Erfolgreichen auch gewollt in unserer Gesellschaft?
Wird die Gesellschaft aus der Verantwortung genommen, indem suggeriert wird, dass es wer will auch schaffen kann?
Und inwiefern kann ich (AkademikerInnenkind, Mittelklasse, aus dem Westen, gesicherter rechtlicher Status) als Role Model für andere MmMs, die einen anderen sozialen und rechtlichen Status in Deutschland haben, dienen?

MmM ist nicht gleich MmM. Die implizite Gleichsetzung in diesen Diskursen, homogenisiert die 'AusländerInnen' und stabilisiert ihre unterstellte Andersartigkeit von den 'Deutschen'. Und das ist sicher nicht produktiv für den Abbau von rassistischen Strukturen.

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