Donnerstag, 21. Februar 2008
Schockiert
Im hessischen Dautphetal wird ein Haus mit rassistischen Parolen beschmiert und später am Abend angezündet. Die Polizei geht von einem "fremdenfeindlichen Hintergrund" aus, da auch "Ausländer raus"-Rufe gehört wurden. Die taz berichtet:

"Bürgermeister Bernd Schmidt (Freie Wähler) sagte, es habe ihn "hart schockiert", dass es ausgerechnet Familie O. getroffen habe. Ihr türkischer Migrationshintergrund sei "nicht erkennbar gewesen, so eingepasst sind sie"."

Wäre er weniger schockiert gewesen, wenn es eine andere Familie getroffen hätte?

Rassismus macht vor 'Integration' nicht Halt.

Nachtrag 25.02.08: Mehr Informationen in der taz.

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Mittwoch, 20. Februar 2008
Ausbürgerung nur zeitnah
Manchmal funktioniert der Rechtsstaat auch für 'AusländerInnen' noch etwas. Die taz berichtet:

"... das Bundesverwaltungsgericht am vergangenen Donnerstag geurteilt hatte, dass eingebürgerten ehemaligen Ausländern der deutsche Pass trotz arglistiger Täuschung Jahre später nicht einfach wieder abgenommen werden darf. Mehr als acht Jahre seien nicht mehr "zeitnah", hieß es zur Begründung."

Und ob es sich überhaupt um arglistige Täuschung handelt ist auch umstritten.

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Montag, 18. Februar 2008
Seaview
Zum Abschluss der Berlinale habe ich gestern noch den Dokumentarfilm Seaview gesehen. Ein einfühlsamer Einblick in die Unmenschlichkeit des (irischen) Asylsystems, der komplexe Zusammenhänge darstellt und auch vor Ambivalenten nicht zurückschreckt. Der Film wird davon getragen, dass sich die RegisseurInnen nicht nur intensiv mit dem Thema und ihren ProtagonistInnen auseinander gesetzt haben, sondern dass sie auch einen Erzählstrang entwickelt und Bilder sowie Sound dazu gefunden haben. (Bei anderen Dokumentarfilmen, die ich in den letzten Tagen gesehen habe, fehlte mir dieses filmische Gesamtkonzept.)

Nachtrag 26.03.08: Auch in Deutschland werden AsylbewerberInnen in Ferienlagern untergebracht, die dafür gar nicht geeignet sind. Z.B. in Katzhütte.

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Visitationszonen in Dänemark
Die taz berichtet aus Kopenhagen:

" ..."Visitationszone". Hier ... darf die Polizei ohne den geringsten Verdacht auf ein Vergehen nicht nur die Identität einer Person überprüfen, sondern sie an Ort und Stelle auch körperlich durchsuchen. Angeblich will man dabei Waffen finden. ... Der Polizei erlauben diese Zonen, Willkür und mangelnden Respekt vor anderen Menschen freien Lauf zu lassen ... Dadurch fühlten sich nicht nur Jugendliche ständig erniedrigt, schikaniert und beleidigt. ... In der Praxis müssten nur Jugendliche, die "nicht dänisch" aussehen, Kontrollen und Visitationen über sich ergehen lassen. ... "Wieso versteht die Polizei eigentlich nicht, was sie damit bewirkt?" Die Jugendlichen erlebten nur "ständig neue Beweise dafür, wie wenig sie willkommen sind in einem Land, in dem sie doch den Rest ihres Lebens verbringen sollen"."

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Freitag, 15. Februar 2008
Illegalisierte kochen
In Paris bestreikt und besetzt die Küchenbelegschaft ein Edelrestaurant (die taz berichtet): Sie arbeiten zum Teil schon seit Jahren in dem Restaurant, zahlen Steuern und Sozialabgaben, haben aber keinen legalen Aufenthaltsstatus und damit auch keine soziale Absicherung in Frankreich.

Nachtrag 20.02.08: Wie die taz berichtet, konnten sich sieben der neun Küchenhilfen durch die Aktion Aufenthaltspapiere erkämpfen. Den zwei anderen droht die Ausweisung.

Der Aktion vorausgegangen war eine Verschärfung der Verfolgung von Illegalisierten:

"Im vergangenen Juli hat Minister Brice Hortefeux die Patrons verpflichtet, die Papiere ihrer ausländischen Beschäftigten zur Prüfung an die Polizei zu schicken. Andernfalls machen sie sich wegen Beihilfe zu illegalem Aufenthalt strafbar. Eine Liste vom Januar 2008 verzeichnet 150 wenig qualifizierten Berufe, in denen es Arbeitskräftemangel gibt. In diesen Berufen können die Patrons Aufenthaltsgenehmigungen für ihre Beschäftigten beantragen - vorausgesetzt, die Beschäftigten stammen aus den neuen EU-Mitgliedsländern in Osteuropa. Papierlose EinwandererInnen aus anderen Ländern haben nur bei hoher Qualifikationen Anrecht auf außerordentliche Aufenthaltsgenehmigungen. Seit der Veröffentlichung der Dekrete hat eine massive Entlassungwelle von afrikanischen und asiatischen SchwarzarbeiterInnen eingesetzt."

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Aufrüstung
Die EU-Außengrenzen werden immer weiter (und teuer) aufgerüstet, um ungewünschte MigrantInnen abzuhalten. Die taz berichtet und Daniela Weingärtners Kommentar ist erschreckend unkritisch.

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Familiäre Integration
Die taz berichtet:

" Junge Türken integrieren sich immer besser in die Gesellschaft. ... Demnach sprechen 62 Prozent der türkischen Jugendlichen mit ihren Eltern nicht nur Türkisch, sondern auch Deutsch"

Wieso ist das ein Zeichen der Integration, wenn mit den Eltern, die eine andere Muttersprache haben, Deutsch geredet wird?

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Dienstag, 12. Februar 2008
Die Bundesregierung informiert
Ab sofort werden Mitglieder der deutschen Bundesregierung, wenn sie im Ausland zu deutschen Staatsangehörigen sprechen, dies ausschließlich in der jeweiligen Landessprache machen. Sie werden zudem die deutschen Staatsangehörigen bzw. ihre Nachfahren dazu auffordern, sich möglichst stark zu assimilieren, die deutsche Sprache nicht weiterzunutzen, keine aus Deutschland mitgebrachten Traditionen und Riten weiter zu verfolgen und sämtliche Bindungen an Deutschland abzubrechen. In keinem Fall werden sie außerhalb deutschen Bodens, deutschen Nationalismus oder die Interessen Deutschlands propagieren. Die deutsche Bundesregierung wird sich zudem nicht wieder in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einmischen, nur weil die Rechte deutscher Staatsangehöriger möglicherweise in Gefahr sind. Sie wird auch nicht länger die vereinfachte Einreise und Einbürgerung für Menschen, deren Vorfahren irgendwann mal Deutsch waren, beibehalten.

Vor diesem Hintergrund fordern deutsche PolitikerInnen den türkischen Ministerpräsident auf, ihrem Beispiel zu folgen (tagesschau.de berichtet). Sie verurteilen außerdem explizit die Ausstrahlung der Sendung Die Rückwanderer, da diese die Assimilationsverweigerung unterstütze.

Nachtrag 18.03.08: In besonders sensiblen Kontexten wird allerdings weiter deutsch gesprochen.

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Wieder Rüge für Deutschland
Mal wieder muss die EU-Kommission, Deutschland für Diskriminierung rügen. Die taz berichtet: "Die EU-Kommission fordert eine Nachbesserung des deutschen Gleichbehandlungsgesetzes. Dies geht aus einem Mahnschreiben des EU-Kommissars für Beschäftigung und Chancengleichheit, Vladimir Spidla, hervor, das der taz vorliegt." und endet ihren Bericht mit: "Das Mahnschreiben Spidlas betrifft übrigens nur den arbeitsrechtlichen Teil des Gleichbehandlungsgesetzes. Soweit es um Warenverkauf und Dienstleistungen geht, dürfte sich die EU-Kommission mit weiteren Kritikpunkten zu Wort melden."

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Montag, 11. Februar 2008
Afrika exemplarisch
Wenn das Abitur bereits nach 12 und nicht erst nach 13 Jahren gemacht werden soll, dann muss Lehrstoff gekürzt werden. Die taz berlin befragt dazu "den Geografie- und Geschichtslehrer Michael Brüser, der in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft auch die Fachgruppe Gymnasien leitet":

"Wenn Brüser mit seiner achten Klasse heute beispielsweise Afrika durchnimmt, konzentriert er sich auf das Thema Unterentwicklung. Anders als früher beschäftigt er sich weniger mit den verschiedenen Staaten."

(Dank an katunia für den Hinweis.)

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Sozialdemokratische Neutralität in Berlin
""Muslime werden durch das Neutralitätsgesetz nicht anders behandelt als Christen und Juden." Felgentreu räumte zwar ein, dass Konflikte hauptsächlich beim Kopftuch auftreten. Dieses sei aber "auch ein Symbol des islamischen Fundamentalismus, dem das Land Berlin seine Schulen, Polizeidienststellen und Gerichtssäle nicht öffnen darf", so der SPD-Fraktionsvize." berichtet die taz berlin.

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Solingen, Mölln, Ludwigshafen
Als ich 1998 junge Menschen in Deutschland, die indisch markiert sind, zum Thema Staatsbürgerschaft interviewte, erzählte mir einer, dass er sich bis 1992 ganz stark als Deutscher gefühlt habe. Aber dann mit den Anschlägen von Solingen, Mölln und Rostock begann er sich unsicher in Deutschland zu fühlen und überlegte, ob er die indische Staatsbürgerschaft annehmen sollte.

Auch bei meinen Interviews zum Internetportal Indernet bezogen sich InterviewpartnerInnen auf die Anschläge von 1992. Eine erzählte, wie diese ihr klar machten, dass sie nicht als Gleiche anerkannt wird in Deutschland (siehe Mareile Paskes Bachelorarbeit, S. 15)

In der taz schreibt Deniz Yücel über "Das Trauma von Mölln":

"Mölln und Solingen lehrten uns, dass wir bedroht waren. Dass man uns hier nicht wollte. Dass es überhaupt ein Uns gab."

Nachtrag 08.03.08: Für 'weiße' JournalistInnen scheint diese (symbolische) Bedeutung von Hausbränden schwer verständlich zu sein. Sabine am Orde wundert sich in der taz, dass trotz fehlender Beweise für einen rassistischen Brandanschlag in Ludwigshafen, die Angst weiter da ist:

"Doch das ändere nichts, erklärte Kolat den zum Teil schwer verwunderten Journalisten: "Die Angst in der türkischen Community ist da.""

Nachtrag 31.03.08: Es gab wieder eine Brandstiftung und die Polizei kann (zur Abwechslung mal) einen fremdenfeindlichen Hintergrund nicht ausschließen. In der taz wird ein Bezug zu Ludwigshafen gezogen. Allerdings ein sehr seltsamer:

"Sollte sich ein fremdenfeindlicher Hintergrund des Brandanschlags am Wochenende bestätigen, könnte das auch in der Türkei für neuen Wirbel sorgen."

Was soll denn das heißen? Wirbel in der Türkei?

Nachtrag 02.06.08: In Solingen wurde der 15 Jahrestag des Anschlags begangen. Die taz berichtet, wie wenig sich die PolitikerInnen und Solinger BürgerInnen für die rassistische Tat interessieren:

"Auf das Leid der Familie Genc geht der Bundesinnenminister nur kurz ein. Für ihn ist der Jahrestag ein "Tag der Hoffnung" - wegen der versöhnlichen Haltung der Familie Genc."

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Sonntag, 10. Februar 2008
Kunstfreiheit, die 327.
Ein Tatort wird verschoben, da er in Ludwigshafen im "türkischen Millieu" spielt und im realen Ludwigshafen gerade neun türkisch-markierte Menschen bei einer Brandkatasthrope umgekommen sind. Eine durchaus übliche Handlung. Nach Nine Eleven wurden auch keine Filme gezeigt, die Angriffe auf US amerikanische Städte zeigen. Nach dem Tsunami wurde 'Die perfekte Welle' nicht mehr im Radio gespielt.

Aber während es bei letzteren Reaktionen keine erboste Debatte über die Freiheit der Kunst gab, geht jetzt ein Aufschrei durch die deutschen KommentatorInnen. Der Tenor ist in etwa: Die 'TürkInnen' achten unsere Freiheit der Kunst nicht und die political correctness geht eindeutig zu weit. Political correctness scheint sowieso inzwischen nur noch als Schimpfwort verstanden zu werden. Die Interessen von Minderheiten/ Machtlosen scheinen nicht mehr schützenswert zu sein.

In der taz beginnt Susanne Lang ihren Kommentar mit: "Was ist der Unterschied zwischen Menschen mit ostdeutschem, brandenburgischem Hintergrund und Menschen mit türkischem?" und führt dann aus, dass die mit ostdeutschem Hintergrund sich nicht wehren, wenn immer wieder Bilder von kriminellen und provinziellen (die Liste könnte noch ausgeweitet werden: proletarischen, undemokratischen, rechtsextremen, etc.) Ostdeutschen gezeigt werden, während die mit türkischen mittlerweile die demokratischen Mittel der Demonstration und Lobbyarbeit nutzen. Für Lang disqualifiziert das aus einem mir nicht nachvollziehbaren Grund die türkisch-markierten Menschen. Ich hingegen würde mir wünschen, dass auch die Menschen, die als Ossis diskriminiert werden, sich mit demokratischen Mitteln gegen diese Ausgrenzung wehren.

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Empörung in Deutschland
PolitikerInenn und Medien sind verärgert: Die türkischen Medien sprechen vorschnell von einem rassistischen Brandanschlag. Der türkische Ministerpräsident plakatiert und redet türkisch. Türkische ErmittlerInnen sollen die deutschen ergänzen. - So können die 'TürkInnen' doch nicht mit Deutschland umgehen. Die haben uns ja auch nicht sofort unseren Marco ausgeliefert, obwohl der ganz eindeutig unschuldig war und dem türkischen Rechtssystem nicht zu trauen ist. Bei uns hingegen ist es klar, dass wir unfehlbar sind. Daher spricht unsere Bundeskanzlerin auch mit türkisch-markierten SchülerInnen als ob die ein wenig zurückgeblieben wären und rät ihnen: "Selbstbewusstsein. Einfach an euch glauben - das wäre mein Rat." (aus der taz).

Kein Wunder, dass sich türkisch-markierte Menschen andere Identifikationsfiguren suchen. Lukas Wallraff kommentiert in der taz treffend:

"Sicher möchte sich auch Erdogan profilieren - als Vater aller Türken, inklusive jener, die in Deutschland leben. Doch könnte er diese Rolle so erfolgreich spielen, wenn die 2,7 Millionen Deutschtürken zwischen Flensburg und Garmisch wirklich akzeptiert und angenommen würden? ... Wer dafür sorgt, dass hier geborene Migrantenkinder bei Fehlverhalten abgeschoben werden, und wer fremdenfeindliche Wahlkämpfer wie Roland Koch ausdrücklich unterstützt, darf sich nicht wundern, dass sich viele Deutschtürken Erdogan zuwenden."

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