Freitag, 28. Oktober 2022
Personal
Ein Bild mit drei Kellnern, die meisten anderen sind nicht im Bild.


Ich gehe täglich mindestens zweimal essen, da ich bisher keine eigene Küche habe. Inzwischen kenne ich viele der Kellner (Maskulinum!) und sie kennen mich auch besser. Auffallend ist die Anzahl der Kellner, die da sind. Rumstehen. Miteinander quatschen. Sich gegenseitig Befehle geben. Dies und jenes machen. Aber irgendwie für alles sehr lange brauchen. Ich warte meist, bis es denn dann so weit ist. Viele der Gäste werden ungehalten und rufen ungeduldig nach den Kellnern. Ob es dann schneller geht, bezweifele ich. Manchmal geht es auch von alleine schnell.

In meiner ersten Woche wurden mehrfach andere einzelne Frauen an meinen Tisch gesetzt. [Jetzt schon lange nicht mehr, warum weiss ich nicht.] Die erste war Dozentin für Human Ressources (Personalverwaltung/-entwicklung). Während wir warteten, dass wir bedient werden, sprachen wir über das viele Personal. Ihre These war, dass Inder_innen es mögen, wenn Menschen um sie rum sind. Menschen, die mit einem reden, mit einem "personal touch". Dass es Teil des Essengehens ist, von vielen Leuten umschwärmt zu werden.

Die nächste Tischnachbarin war ehemalige Botschaftergattin. Sie hatte auch mal in Deutschland gelebt und ihre Tochter lebt dort wieder. Sie meinte, sie fände es so faszinierend, dass in Deutschland eine Studentin mit einer Geldbörse (so ähnlich hat sie das ausgedrückt) einen ganzen Raum bedient und das schneller hinbekommt als die vielen Kellner hier, und gleichzeitig noch mit den Essenden reden kann.

Naheliegend ist, dass die Löhne für Kellner und Co hier im Verhältnis zu dem Vermögen der Essenden so gering sind, dass viele eingestellt werden können. In Deutschland verdienen Kellner_innen zwar auch wenig, aber im Verhältnis zum Essenspreis mehr, so dass nicht so viele angestellt werden können (und zur Zeit wiederum für die Arbeitsbedingungen auch nicht angestellt werden wollen). Zudem scheint es mir eine Frage von Hierarchie, die ich noch nicht durchschaue. Einer weist den Gästen die Tische zu und wirkt wie ein Chef. Andere nehmen die Bestellungen auf, andere oder auch die gleichen bedien, räumen auf. Nicht alle machen das gleiche und es gibt Befehlsketten. Sind dafür auch so viele Leute nötig?

Ein Argument für das viele Personal, das nicht nur im Speisesaal zu beobachten ist, ist, dass damit mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Frage wäre, ob nicht Arbeitsplätze mit höherem Gehalt geschaffen werden sollten. Aber da fehlt mir der Ein- und Überblick, um das beurteilen zu können.

Die australische Tischnachbarin fand übrigens alles ganz toll.

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