Mittwoch, 21. September 2022
Von Krankenschwestern zu Metzger_innen
Vor 60 Jahren gab es in der Bundesrepublik einen akuten Schwesternmangel. Daher wurden unter anderem aus Indien Krankenschwestern angeworben. Dazu forsche ich seit einiger Zeit und bin gerade in Archiven unterwegs.

Da die Bundesrepublik in den 1960ern kein Einwanderungsland sein wollte, mussten Argumentationen gefunden werden, weshalb trotzdem Schwestern angeworben werden dürfen. Behauptet wurde, sie kämen nur zur Ausbildung und das wäre Teil von Entwicklungshilfe. Und nach der Ausbildung müssten sie noch praktische Erfahrung sammeln, weshalb sie etwas länger bleiben sollten. Als es dann in den 1970ern ausreichend "deutsche" Schwestern gab, wurde das Entwicklungshilfeargument genutzt, um den Aufenthalt der indischen und anderen asiatischen Krankenschwestern zu beenden.

Dabei war den Behörden durchaus klar, dass die Argumentation nicht stimmig ist. In Indien wurde das deutsche Krankenschwesternexamen nicht anerkannt, so sehr sich die deutschen Behörden auch darum bemühten.

Jetzt lese ich auf dem SWR, dass aus Indien Metzger_innen-Azubis angeworben werden.

Wäre es der 1. April würde ich das für einen gelungenen Aprilscherz halten. Die meisten Menschen in Indien leben vegetarisch. Die regierenden Hindu-Nationalist_innen gehen rechtlich und gewalttätig gegen Schlachtungen von Kühen vor. Schwein essen in Indien nur sehr wenige. Wurst und Co gibt es gar nicht. Ich frage mich, wer da von wo angeworben wird. Vielleicht wieder aus Kerala (wie die Krankenschwestern), da es dort viele Christ_innen gibt? Wer geht nach Deutschland, um diesen Beruf zu lernen?

Und was passiert, wenn wir wieder genug Metzger_innen in Deutschland haben? Wird dann wieder gesagt, wie so oft, das war Entwicklungshilfe? Weil es in Indien so wenige Metzger_innen gibt?

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