Mittwoch, 18. Januar 2023
Interkulturelle Zuschreibungen
Teil des Weihnachtsbuffets im Büro


Das neue Jahr hat neue Fellows gebracht. Fellows mit transnationalen Erfahrungen und dem Wunsch, keine Fehler zu machen. Also fragte uns die eine, wie denn das sei mit dem Essen nur mit der rechten Hand.

Jeder (vermute ich) deutsche interkulturelle Ratgeber zu Indien erklärt, dass auf keinen Fall mit der linken Hand gegessen werden darf. Sondern nur mit der rechten. Alles andere ist unrein. Angeblich.

Mir war schon früh aufgefallen, dass sich unsere indischen Kolleg_innen nicht an diese Regel, die auch ich als gegeben angenommen hatte, halten. Als sie nun explizit gefragt wurden, verstanden sie die Frage gar nicht. Unsere 22jährige Kollegin hatte noch nie davon gehört, dass man das nicht dürfe.

Mal wieder ein Hinweis darauf, dass interkulturelle Handlungsempfehlungen mit großer Vorsicht zu betrachten sind. Kultur ist nicht homogen und statisch. Allgemeine Regeln stimmen situativ eher nicht.

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Dienstag, 17. Januar 2023
RSS und LGBTQ
Der Leiter des hindunationalistischen RSS Mohan Bhagwat hat kürzlich in einem Interview, Offenheit für LGBTQ gezeigt (siehe Indian Express). Zwei Tage später haben im Indian Express der Vize-Chef der BJP-Jugendorganisation und ein Doktorand erklärt, dass die Linken Hindutva nicht verstehen und diese Haltung gegenüber LGBTQ nicht überraschend sei. Ein paar Tage später hat der Indian Express noch einen Erklärtext gebracht.

Es ist schon lange klar, dass es in Indien queere Aktivist_innen gibt, die dem Hindu-Nationalismus nahe stehen oder vertreten. Das lässt sich vereinbaren, wie auch in der AfD (wie z.B. die Forschung von Patrick Wielowiejski zeigt).

Das heisst aber nicht, dass LGBTQ hier in Indien sicher sind. Gerade wurde eine Diskussion zu LGTBQ-Rechten mit dem offen schwulen Filmmacher Onir bei einem Literaturfestival in Bhopal wegen Sicherheitsbedenken abgesagt, anstatt für ausreichend Sicherheit zu sorgen (siehe auch Indian Express). Wer gedroht hat, wurde nicht berichtet. Es ist aber naheliegend, dass es Rechte waren.

Und sowieso: Auch wenn Mohan Bhagwat sich in dem Interview offen zu LGBTQ zeigt, zeigt er gleichzeitig die hindunationalistische Hetze gegen Muslim_innen (siehe auch Indian Express-Kommentar). Gegen diese sieht er die Hindu-Gesellschaft im Krieg.

Die Inklusion von LGBTQ durch die RSS ist nichts erstrebenswertes.

Nachtrag 18.01.23: Auf Scroll.in gibt es jetzt auch einen Kommentar, der die Homophobie des Hindu-Nationalismus thematisiert.

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Montag, 16. Januar 2023
Max oder Meks?
Zweisprachiges Straßenschild Max Mueller Marg


Das India International Centre ist in der Max Mueller Marg. Das Goethe-Institut in Indien heisst Max Mueller Bhavan. Max Müller war ein wichtiger Indologe , der in Oxford an der Universität geforscht hat und nie in Indien gewesen ist, soweit ich weiss.

Am Straßenschild lässt sich sehen, warum es nicht sinnvoll ist beim Übersetzen zwischen Deutsch und Hindi über Englisch zu gehen, zumindestens was die Vokale angeht. Im Hindi steht da, wenn ich es richtig lese: Meks Myular. Müller ist da noch ganz gut getroffen, aber der arme Max wird anglisiert. Maks würde es besser treffen. Oder war in Oxford aus Max sowieso schon Meks geworden?

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Samstag, 14. Januar 2023
Kalt
Heizstrahler


In Deutschland war es über die Feiertage eher zu warm. In Delhi derweil war es Anfang Januar sehr kalt. Eine Cold Wave. Das bedeutet, die Temperatur ist mehrere Tage hintereinander nachts unter 4 Grad Celsius gefallen. Und tagsüber unter 20 Grad geblieben. Das hört sich aus deutscher Sicht vielleicht nicht so kalt an. In Deutschland gibt es aber auch Heizungen. Und die meisten Wohnungen haben recht dichte Fenster. Das gilt für Delhi nicht. Zudem wohnen hier noch mehr Leute als in Berlin in nicht festen Unterkünften. Da wird es sehr kalt. Gefährlich kalt.

Meine Wohnung ist ziemlich dicht. Und ich habe einen ganzen Stapel Decken. Da konnte ich gut schlafen. Ausserhalb des Bettes wares aber doch empfindlich kalt. Und so habe ich von meinem Vermieter einen Heizstrahler bekommen. Das macht einen ziemlichen Unterschied. Für meine Körpertemperatur und vermutlich auch das Klima (sehr ineffiziente Form des Heizens).

Heutenachmittag habe ich auf der Dachterasse gesessen und gearbeitet. Das war sehr angenehm (bevor die Sonne untergegangen ist). Mal sehen, wie es nächste Woche wird. Da soll wieder eine Cold Wave kommen.

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Freitag, 13. Januar 2023
Abhängigkeit
Scherben, Wisschlappen, Mülleimer


Kurz nach 2.00 Uhr nachts bin ich letzte Woche in meiner Unterkunft in Delhi angekommen. Ich habe meine Sachen weggepackt, den Kühlschrank aufgemacht und da ist eine Wasserflasche rausgefallen. Aus Glas. Das ist zersplittert im gesamten Küchenraum und darüber hinaus.

Ich habe Scherben aufgesammelt, soweit ich konnte. Einen Lappen habe ich gefunden und etwas zusammengewischt. Einen Handfeger aber gab es nicht. Also konnte ich Mitten in der Nacht nichts weitermachen. Am nächsten Tag habe ich dann bei einem Angestellten Bescheid gesagt, dass mir eine Flasche zerbrochen ist. Er kam hoch, schaute es sich an und rief dann einen Sweeper, der sauber gemacht hat.

Da ich beim nächsten mal etwas handlungsfähiger sein wollte, habe ich heute ein Istrument zur Selbständigkeit gekauft: Ein Handfeger!

Handfeger


Wenn mir das nächste mal in der Nacht etwas kaput geht, kann ich das gleich regeln (und z.B. meine Küche weiter nutzen) und muss nicht darauf warten, dass jemand kommt, um mir zu helfen.

Die völlige Abhängigkeit der Herr_innen von den Angestellten hatte mich schon bei Downton Abbey sehr irritiert.

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Samstag, 7. Januar 2023
Buch von Julia Wadhawan
Cover von Julia Wadhawans Buch


In ihrem Buch "Sag mir nicht, wer ich bin" setzt sich die Journalistin Julia Wadhawan mit (ihrer Beziehung zu) Indien auseinander. Ich hatte mir nicht viel von dem Buch erwartet und war positiv überrascht. Wadhawan setzt sich sehr gut mit den Komplexitäten und Ambivalenzen auseinander, thematisiert Rassismus und Othering in Deutschland, blickt aber auch mit kritischem Blick auf Indien und vor allem immer wieder auf sich selbst und ihre Auseinandersetzung.

Und da ein großer Teil des Buches in Delhi spielt, hat es mich gleich noch mehr angesprochen.

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Freitag, 6. Januar 2023
Essen und Kochen
Als ich mit 14 Jahren in Indien war, war ich von den drei Wochen gefühlt drei Wochen krank. Ich bewegte mich zwischen Bett und Toilette und fühlte mich elend. Seitdem passe ich sehr darauf auf, was ich esse. Nichts, was ich nicht selbst geschält habe. Nur sicheres Wasser. Nichts Gefrorenes. Kein Fleisch. So mache ich das auch diesmal. Viele leckere Dinge fasse ich nicht an. Auch wenn das immer mal wieder zu Kommentaren führt. Und zum erstenmal hatte ich gar keine Magen-Darm-Probleme. Sehr angenehm.

Aber ich hätte schon sehr gerne, einige der Leckereien gegessen. So war ich sehr froh, als ich endlich eine eigene Küche hatte und mir selbst Ungekochtes zubereiten konnte. Frisches Obst und Gemüse!

An Fleisch traue ich mich trotzdem nicht dran, denn da gibt es zu viele unterschiedliche Gefahrenquellen. Wenn ich bei meiner Familie zu Besuch war, war das auch gar kein Thema, denn die ist bzw. war strikt vegetarisch. Es lässt sich in Indien problemlos und auch lecker vegetarisch leben. In meinem Umfeld jetzt gibt es aber doch einige, die Non-Veg (also Fleisch) essen. Und so stieg bei mir die Lust auf Lamm- und Hühnercurrys. Daher habe ich die Weihnachtsferien in Deutschland genutzt, um diese zu kochen.

Pfanne mit kochendem Hühnercurry


Überhaupt war es schön, endlich wieder richtig zu kochen. Meine Küche in Delhi ist recht spartanisch eingerichtet, sehr wenige Küchengeräte und kaum Zutaten. Da lässt sich schon kochen, aber nicht so aufwändig. Auch weil die Air Purifier sich über alles, was in die Luft steigt, beschweren.

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