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Donnerstag, 5. Januar 2023
Allerweltsname
urmila, 17:07h
Auf dem Weg zum Kolloquium gehe ich an der Goel(a) Lane vorbei.
In der Nähe meiner Wohnung könnte ich in der Goel Gift Gallery einkaufen.
Die Produkte sind allerdings nicht so mein Fall.
Aus ihrem Urlaub hat die Kollegin mir ein weiteres Goel-Schild geschickt.
Der Name, den ich in Deutschland immer buchstabieren muss und der gerne falsch ausgesprocchen wird (Göl), ist in Nord-Indien nichts besonderes. Er begegnet mensch recht häufig.
Wer die Allerweltigkeit meines Namens mal testen möchte, braucht nur in Facebook nach Personen mit dem Namen Urmila Goel suchen. Es kommt eine endlose Liste.
Also nichts Besonderes. Es sei denn ich habe den Namen. In Deutschland kennt ihn niemand. In Indien passe ich nicht zum Namen. Und nervig ist, dass ich in Indien durch den Nachnamen automatisch in eine Schublade gesteckt werde. Nachnamen sind Kastennamen.
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Mittwoch, 4. Januar 2023
Wiederholungswahl
urmila, 15:50h
Das Landesverfassungsgericht hat beschlossen, dass in Berlin sowohl die Wahlen für die Bezirke als auch für das Land wiederholt werden müssen. Wiederholt heisst, dass die gleichen Kandidat_innen wie bei der Wahl vor anderthalb Jahren wieder antreten. Auch wenn sie inzwischen etwas ganz anderes machen und eigentlich gar nicht mehr kandidieren wollten. In ein paar Ausnahmesituationen können Kandidat_innen auch gestrichen werden. Wie die Wahl ansonsten zu einer Wiederholungswahl werden soll, ist mir allerdings nicht klar. Denn natürlich wird mit dem Wissensstand 2023 gewählt und mit dem Wissen um den Ausgang der zu wiederholenden Wahl. Die, die nach 18.00 Uhr noch ihre Stimme abgeben durften/mussten, waren davon weniger beeinflusst als all jene, die jetzt wählen.
Ich hatte Sorgen, dass ich aufgrund meines Indienaufenthaltes sogar ganz um meine Stimmabgabe komme. Aber Dank meines Weihnachtsurlaubs konnte ich gestern im Briefwahlbüro abstimmen (die Wahlbenachrichtigung kam dann heute). Eine neue Erfahrung.
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Dienstag, 3. Januar 2023
Auf der Strasse laufen
urmila, 12:00h
Seit mindestens 40 Jahren sieht diese Strasse in Karlsruhe in etwa so aus. Eine Strasse die im Namen die französische Partnerstadt ehrt, ist schon immer ein Provisorium. Sie sollte einer grossen Strasse weichen, der dann im Zuge der Wiedervereinigung (das ist auch schon über 30 Jahre her) die Gelder entzogen wurden. Einen Fußweg hat die Straße immer noch nicht, auch wenn dort neue Studierendenwohnheime gebaut wurden. So läuft mensch auf der Strasse (fast wie in Delhi). Die Autos schneiden einer zwar nicht den Weg, fahren aber mit zu hoher Geschwindigkeit durch Pfützen und spritzen eine nass. Und so richtig entspannt ist es auch in Deutschland nicht, auf der Strasse laufen zu müssen.
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Donnerstag, 22. Dezember 2022
Gegenderte Toiletten
urmila, 11:00h
Ich hatte eine lange Wartezeit auf dem Flughafen in Delhi. Und bin da natürlich auch auf Toilette gegangen. Mit meiner Mütze auf dem Kopf und der Maske davor (siehe Foto am 18.12.22). Da sprach mich die Reinigungskraft an und erklärte mir, dass sei die Frauentoilette. Sie merkte aber schneller als ich mich erklären konnte, dass ich doch richtig war. Dann fing sie an, sich zu entschuldigen und hörte gar nicht mehr auf. Abgewiesen wurde ich an Frauentoiletten schon häufiger, so offensichtlich betroffen über die falsche Einsortierung war aber noch niemand.
Als wir in Zürich angekommen waren, war mir kotzübel. Ich musste möglichst schnell auf die Toilette. Als ich endlich eine gefunden hatte, bin ich schnell drauf. In meiner Kabine sitzend hörte ich dann, wie andere Personen reinkamen und hörte nur männliche Stimmen. Diesmal war ich tatsächlich falsch. In dem Fall schien es aber vorallem mir unangenehm. Von den Männern* wurde ich gar nicht wahrgenommen.
Als wir in Zürich angekommen waren, war mir kotzübel. Ich musste möglichst schnell auf die Toilette. Als ich endlich eine gefunden hatte, bin ich schnell drauf. In meiner Kabine sitzend hörte ich dann, wie andere Personen reinkamen und hörte nur männliche Stimmen. Diesmal war ich tatsächlich falsch. In dem Fall schien es aber vorallem mir unangenehm. Von den Männern* wurde ich gar nicht wahrgenommen.
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Montag, 19. Dezember 2022
Orange
urmila, 18:33h
Ich habe mir kürzlich eine schön knallig orange Kurta gekauft. Als ich damit im Büro auftauchte, kommentierten zwei indische Kolleginnen die Farbe der Kurta. Erst ganz unauffällig, schnell wurde aber klar, es ging darum, dass es die Farbe der Hindu-Nationalist_innen ist (Saffron). Dann meinten sie aber, wir sollten uns Farben nicht nehmen lassen.
Verstanden habe ich die Kommentare erst, als ich im Indian Express über die Kontroverse um einen Bollywood-Song gelesen habe:
"Out of the many elements for which one could criticise the song, it’s the orange outfit worn by Padukone, which features for about 15 seconds towards the end, that has caused a furore. Outrage has been generated by those who consider the colour saffron to be a part of their cultural legacy and not just a fall fashion favourite hue."
Ich wusste nicht, dass die Farbe schon so stark von den Hindu-Nationalist_innen angeeignet wurde.
Es geht hier auch nicht nur darum, dass sie den Film nicht mögen, sie wollen den Film verbieten und das Parlament muss sich damit beschäftigen, wie der Indian Express berichtet. Hindu-Nationalismus ist echt krass.
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Sonntag, 18. Dezember 2022
No Car?
urmila, 18:16h
Freitagabend habe ich meine Unterkunft in Delhi verlassen. Der Angestellte, der mich zum Tor herausliess, schaute sich um und fragte verwundert: "No Car?" Meine Antwort, dass ich die Metro nehmen würde, verwunderte ihn vielleicht noch mehr. Er fragte: "To the Airport?" Ja, zum Flughafen. Gar kein Problem. 10 Minuten Fussweg zur Metro-Haltestelle. Dann 10 Minuten in die falsche Richtung zum Zentrum der Metro, von dort dann mit dem Airport Express zum Flughafen. Dort direkt ankommen. Alles sehr stressfrei, während auf den Strassen die Autos im Stau standen. Kann ich nur empfehlen. Allerdings nur, wenn das Gepäck beim Umsteigen längere Distanz transportiert werden kann. Und es dürfen keine Messer und Alkohol im Gepäck sein, da mensch damit nicht Metro fahren darf. So wartet mein Taschenmesser jetzt in Delhi auf mich.
In Berlin dachte ich dann, dass ich mit der S-Bahn auch hervorragend nach hause komme. Eine Direktverbindung. Eigentlich. Gestern war aber SEV (Schienenersatzverkehr). Und minimale Informationen, nahezu keine am Flughafen. Für Menschen ohne Lokal- und Sprachkenntnisse eine absolute Unverschämtheit. Für Leute mit eigentlich auch. Die richtige Bushaltestelle für den SEV in Altglienicke zu finden, war gar nicht einfach, wir waren aber viele und so gelang es. Der Bus wurde dann immer voller und fuhr ganz schön lange. In Baumschulenweg gab es dann keine direkte Verbindung zum Treptower Park und ich habe mir doch noch ein Taxi genommen.
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Donnerstag, 15. Dezember 2022
Männer
urmila, 12:42h
In meinem Forschungsprojekt zur Anwerbung von Krankenschwestern aus Kerala geht es auch um deren Ehemänner und damit um Männlichkeit. Und so bekam ich schon bei meinen ersten Gesprächen in Delhi so einige Kommentare zu Männern.
Eine meiner Gesprächspartnerinnen im India International Centre erklärte, dass Männer in Indien das Geld kontrollieren. Das wäre auch bei ihr der Fall, obwohl sie als Dozentin an der Universität arbeitet. Auch eine meiner Kolleginnen meinte, dass Männer das Geld kontrollieren, auch wenn sie weniger verdienen als ihre Ehefrauen. Zudem meinte sie, dass sie nichts im Haushalt machten, auch wenn ihre Ehefrauen berufstätig seien. Stattdessen würden sie den ganzen Tag nur aufs Handy schauen.
Wie weit diese Einschätzungen zur Kontrolle von Finanzen und Anteil an Hausarbeit von Männern mit der Lebenswirklichkeit von Männern* in Indien zusammenpassen, kann ich nicht beurteilen. Das wird natürlich viel diverser sein. Was ich aber durchaus bestätigen kann, ist dass die meisten Männer*, die im öffentlichen Raum rumsitzen (zumeist weil sie als Security nichts zu tun haben), dabei auf Handys starren und Videos schauen. Das erklärt vielleicht zum Teil auch, warum Handyverträge hier viel größere Datenvolumen haben als in Deutschland.
Aufs Handy starrende Frauen* sehe ich weniger. Sie sitzen aber auch viel weniger im öffentlichen Raum rum. Sie machen andere Arbeiten und sind in der Öffentlichkeit weniger präsent.
Die Definition der Frau über einen Mann habe ich auch bei dem Abschluss meines Handyvertrags erfahren. Dort sollte ich den Namen meines Ehemannes oder meines Vaters angeben. Als ich nachfragte warum, wurde mir erklärt, dass ich damit identifizierbar bin, wenn eine andere Kundin den gleichen Namen hat. Auf meine Frage, ob ich auch den Namen meiner Mutter hätte angeben können, wurde dies bejaht. Standard ist aber die Identifizierung über Männer.
Und auch in der Wissenschaft lässt sich viel perfomative Männlichkeit beobachten. Ich habe hier sehr viel mehr mit Männern* zu tun als in Berlin. Und erlebe daher viel mehr Dominanzgehabe und ganz selbstverständliches unreflektiertes Ausnutzen von männlichen Privilegien, sowohl von Wissenschaftlern aus Indien als auch aus Deutschland. Da deckt sich der Tisch von selbst ab, ohne ihr zutun. Das Weiterreichen von Schüsseln ist Aufgabe der Frauen*. Und dass sie sich gerade in den Ladies Coach der Metro setzen wollen, muss ihnen erst gesagt werden. Und nicht alle verstehen, dass sie da nichts zu suchen haben. Die Männer* sind in der Tendenz selbstverständlich da, nehmen Raum ein, bekommen Aufmerksamkeiten. Und können dann auch ganz verständig und freundlich sein, wenn sie aufgefordert werden, etwas anders zu machen. Während die Frauen* eher selbstverständlich Care-Aufgaben übernehmen, auf die anderen achten.
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