Mittwoch, 26. Oktober 2022
Hunde
Einer der vielen Hunde in den Lodhi Gardens.


Hunde, überall Hunde. Hunde an der Leine mit Herrchen/Frauchen. Aber vor allem herrenlose Hunde. Aber nicht ortlos. Es sind immer wieder die gleichen, denen ich auf dem Weg zum Büro begegne.

Von manchen Menschen werden sie verjagt. Von anderen gestreichelt. Manche füttern sie auch. Zum Beispiel die Frau, die dafür die Bediensteten durch die Gegend kommandiert.

Meist liegen die Hunde rum und schlafen. Manchmal laufen sie durch die Gegend. Selten sind sie aufgeregt, rennen oder bellen.

Ich aber bin immer latent angespannt. Dezember 1992 wurde ich von einem solchen Straßenhund in Kerala gebissen. Er lief hinter mir, ich tat ihm nichts und auf einmal war er in meinem Bein. Das hättte ich fast verloren. Und noch heute wird es dick, wegen der tiefen Narbe. Seitdem habe ich Angst vor Hunden. Nicht mehr unkontrollierbar, aber doch Angst. Vor allem wenn sie hinter mir gehen, wenn sie rennen oder bellen. So können Spaziergänge eine ganz schöne Herausforderung sein.

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Dienstag, 25. Oktober 2022
Diwali
Diwali-Licht am India International Centre


Gestern war Diwali. Und ich war zum erstenmal an Diwali in Indien.

Diwali hat aber meine Kindheit begleitet. Jedes Jahr im Herbst hat die Deutsch-Indische-Gesellschaft in Karlsruhe eine große Diwali-Feier organisiert. Die Inder_innen und Freund_innen aus ganz Karlsruhe kamen zusammen. Es gab Essen und ein Bühnenprogramm. Mehrere Jahre mussten wir Kinder singen. "Mera joota hai japani". Die Erwachsenen haben es geliebt. So süsse Kinder. Ich habe es gehasst. Und wir mussten auch mehrere Proben machen, mit einer recht unbeliebten Chorleiterin. Was wir singen, wussten wir eh nicht. Und was Diwali war auch nicht.

Als junge Erwachsene war die jährliche Diwali-Feier dann eine Möglichkeit, meinen Studienfreund_innen etwas von meiner indischen Seite zu zeigen. Und so habe ich sie eingeladen, mitzukommen.

Noch heute wird in Karlsruhe Diwali gefeiert. Und meine Eltern haben immer ein volles Haus. Freund_innen kommen dafür extra angreist. Ich war schon Jahrzehnte nicht mehr dabei.

Vor 18 Jahren habe ich mich aber mal etwas mit Diwali beschäftigt und meine eigene Geschichte aus der Perspektive von Urmila geschrieben. Der Anlass war, dass wir am Diwali-Wochenende ein Seminar von InderKindern organisieren und irgendwie auf das Fest eingehen wollten. Das Seminar fand nicht statt.

Eine alternative Geschichte der Ramayana erzählt auch der wundervolle Animationsfilm "Sita sings the Blues" von Nina Paley.

So, und nun bin ich zu Diwali in Indien. Und das heisst zum einen, Feiertag. Das Büro ist geschlossen, das India International Centre bietet eingeschränkten Service, alles ist in Feststimmung. Es bedeutet zum anderen aber auch mehr Verkehr und die Ankündigung, dass die Luft schlagartig schlechter werden wird. Wegen der Böller, die eigentlich schon länger verboten sind, aber trotzdem gezündet werden. Aber auch wegen der Windverhältnisse, der Temperaturen und dem Abbrennen von Stoppelfeldern in Haryana. Und tatsächlich mein Luftreiniger hatte gestern mehr zu tun.

Die Luft an Diwali


Aber heute beim Mittagessen war die allgemeine Feststellung schon, es ist besser geworden, nicht so schlimme wie letztes Jahr, oder vor der Pandemie.

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Samstag, 22. Oktober 2022
Verkehr
Eine meiner größten Sorgen, bevor ich nach Delhi gekommen bin, war der Verkehr. Ich mag Autos schon in Berlin nicht. Und Delhi - so meine Erinnerung - gilt noch mehr das Recht des Stärkeren.

Um dem Verkehr zu entkommen, habe ich meine erste Unterkunft gleich neben dem Büro gewählt. Und auch meine nächste Unterkunft liegt in Fußentfernung, überwiegend durch den Park. Nur eine große Strasse überqueren.

Und ich habe mich kaum aus meiner Umgebung weg bewegt. Für meinen Vortrag aber musste ich nach Nord-Delhi. Mit der Kollegin aus Berlin hatte ich schon vereinbart, dass wir mit der Metro fahren. Sie fährt die eh jeden Tag. Dann war aber noch Platz im Uber der ICAS-Mitarbeitenden. Also sind wir mitgefahren. Eine gute Dreiviertelstunde im Stop und Go. Am Ende war mir schlecht. Und ich habe gesagt, ab jetzt in der Metro. Aber dann hat uns eine Professorin angeboten, uns mitzunehmen. Ein Angebot, dass ich schlecht ablehen konnte. Gewarnt von der Hinfahrt habe ich aber meine Armbänder gegen Reisekrankheit angelegt. Und ich kam mit einer ganz leichten Übelkeit davon.

Blick aus dem Auto auf den Verkehr


Dafür dass der Verkehr besonders schlimm war, gab es mindestens drei Erklärungen:

- Interpol war in der Stadt und viele Straßen gesperrt.
- Im Hanuman-Tempel wird dienstags gebetet.
- Diwali kommt und alle müssen noch Feiertagseinkäufe machen.

Anstrengend ist der Verkehr im Auto sitzend. Aber auch als Fußgänger_in. Vor allem, wenn die Straße gequert werden muss. Ampeln können beachtet werden, darauf vertrauen sollte mensch aber nicht. Und es kann auch mal jemand entgegen der Fahrtrichtung angerast kommen.

Straßenkreuzung an der Lodhi Straße.


Mensch muss die Verkehrsregeln lernen. Wer reagiert auf was wie? Wann kann ich wie gehen? Zweiräder sind schnell, können aber gut ausweichen. Autos können weniger ausweichen. Je größer das Auto, desto reicher und skrupelloser die Insassen. Bussen auf jeden Fall ausweichen. Sich Platz nehmen und aufmerksam sein. Am besten geht es für mich, wenn es einen Mittelstreifen gibt. Dann muss ich nur auf eine Richtung achten.

Heute habe ich den ersten längeren Spaziergang gemacht, um die Umgebung zu erkunden. Dabei habe ich zwei Märkte entdeckt und Kleinigkeiten eingekauft. Als ich zu der einen Hauptverkehrsstrasse gen Süden kam, sah ich schon von weitem Dunst.

Dunst/Smog hängt über der Straße.


Ich vermute mal, dass war schon Smog, wenn auch ein ganz lokaler. Ansonsten ist die Luft noch recht gut atmenbar und der Luftreiniger arbeitet noch auf der zweiten Stufe.

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Freitag, 21. Oktober 2022
Gruppenfotos
Durch meine Reise nach Indien bin ich irgendwie wichtiger geworden. Zumindest erscheine ich nun immer wieder auf Gruppenfotos mit wichtigen Menschen und werde von ICAS:MP getweetet.

Zuerst war ein Vertreter der deutschen Botschaft zu Gast und hat auch mit uns Fellows gesprochen.

Besuch von der deutschen Botschaft


Dann war gestern die Generalsekretärin der DFG (mit Kolleg_innen) hier.

Die DFG Generalsekretärin hört den Präsentationen zu.


Zwei Fellows und zwei Forschende der Max-Weber-Stiftung konnten in je fünf Minuten ihr Projekt skizzieren. Und dann ging es noch kurz in die Lodhi Gardens. Mit einem weiteren obligatorischen Gruppenfoto. (Beim IIC-Heritage Walk bin ich vor dem Gruppenfoto an ähnlicher Stelle gegangen. Da hatte ich keine Repräsentationspflichten.)

Besuch der Generalsekretärin der DFG


Sollte ich meinem nächsten DFG-Antrag das Foto beilegen? Oder lieber gleich bei der Generalsekretärin einreichen?

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Mittwoch, 19. Oktober 2022
Die deutsche Perspektive dezentrieren
Vortrag beim ICAS:MP Kolloquium


Zum Einstand meines ICAS:MP Fellowships habe ich gestern im Kolloquium einen Vortrag über mein Forschungsvorhaben gehalten.

Zu der Anwerbung von Krankenschwestern aus Kerala in die BRD arbeite ich ja schon lange. Dieses Jahr habe ich begonnen, Archivrecherchen zu machen. Und für meine sechs Monate in Delhi habe ich mir unter anderem vorgenommen, meine deutsche Perspektive auf diese Migrationsgeschichte zu dezentrieren und mehr über indische Perspektiven zu erfahren und zu recherchieren.

Für meinen Vortrag gestern habe ich daher insbesondere Fundstücke aus meinem Material vorgestellt, die indische Perspektiven darstellen. Zum Beispiel eine Debatte im indischen Parlament 1970 über die Migration von Ordensschwestern nach Europa. Da schien es mir weniger um die Frauen zu gehen als darum, anhand von skandalisierenden Presseberichten Stimmung gegen Christ_innen zu machen. Die Jana Sangh hatte das Thema eingebracht und der Außenminister hielt dagegen.

Es war gestern ein sehr produktiver Diskussionraum. Ich habe sowohl von Forschenden aus dem ICAS:MP-Kontext als auch anderen Wissenschaftlerinnen aus Delhi viele anregende Kommentare bekommen. Vielen Dank an Maya John für den Kommentar.

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Montag, 17. Oktober 2022
Smog
Die aktuelle Luftverschmutzung in Delhi.


Ich war mir nicht sicher, ob ich das Fellowship in Delhi wirklich will. In den letzten Jahren gingen auch durch die deutschen Medien immer wieder Berichte über den lebensgefährlichen Smog im Winter in Delhi. Die Luft war hier auch schon früher schlecht. Aber das war im Vergleich zu heute harmlos.

Die App zur Luftqualität zeigt an, die Luft ist aktuell "unhealthy". Letztes Wochenende war sie aufgrund des starken Regens noch gut.

Die Erzählungen über vergangene Winter sind schlimm. Kaum Sicht. Übelkeit beim Treten aus dem Haus. Am schlimmsten direkt nach Diwali, einem wichtigen indischen Feiertag bei dem viel Feuerwerk gezündet wird (nächsten Montag). Aber ansonsten bis Februar unangenehm. Drinnen mit Luftreiniger und draussen mit FFP-Maske soll es überstehbar sein. FFP-Masken habe ich mitgebracht. Einen Luftreiniger habe ich mir jetzt für meine Unterkunft gekauft. Er steht neben mir und schwankt zwischen "good" und "moderate". "Unhealthy" steht noch aus. Im Büro stehen in jedem Zimmer Air Purifier.

Mein neuer Luftreiniger für zu hause.


Aber nicht alle sehen das als notwendig an. Hier im IIC gibt es keine Luftreiniger. Die Inderin aus Kanada, mit der wir gestern Tee getrunken haben, meinte das wäre hier nicht so schlimm. In Toronto wäre die Luft auch schlecht, nur könne man es da nicht so gut sehen.

Die meisten Menschen in Delhi haben keine Wahl. Sie leben hier und müssen damit leben. Einen Luftreiniger können sich nur die wenigsten leisten.

Ich bin gespannt, wie schlimm es wird. Und hoffe sehr, dass es nicht so schlimm wird. Für mich und alle anderen.

So richtig verstehen, warum ein Research Fellowship in einer Stadt und zu einer Zeit angeboten wird, in der das Atmen krank macht, kann ich allerdings immer noch nicht. Und bei dem zudem die Stadt nicht ohne Erlaubnis verlassen werden darf. Ich bin froh, dass ich gekommen bin und finde Delhi auch spannend, aber auch bei einem gutbezahlten Fellowship sollten doch eigentlich Grundlagen von Arbeitsschutz gelten. Oder brauchen Forschende den nicht?

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Sonntag, 16. Oktober 2022
India International Centre
Aufkleber für den Heritage Walk des India International Centre


Vor 60 Jahren wurde das India International Centre eingeweiht. Das wurde heute unter anderem mit einem Heritage Walk des Gebäudes, also einer geführten Tour gefeiert.

Das India International Centre (IIC) ist ein besonderer Ort. Das Veranstaltungszentrum (mit Bibliothek) liegt direkt an den Lodhi Gardens. Schön ruhig und grün. Wohnen und Essen können hier nur die Mitglieder und ihre Gäste (ich bin Gast des Mitglieds ICAS:MP). Und diese scheinen überwiegend mein Alter und (viel) älter zu sein. Seit Jahrzehnten Mitglied. Geprägt noch durch des Nehru-Zeitalter. Ein Ort für Intellektuelle und Kunstbegeisterte (der gehobenen Mittel- und Oberschicht). Ein Club für Leute, die sich kennen.

Von der Führung habe ich nicht alles verstanden. Zum Teil akustisch und zum Teil, weil ich die Bezüge nicht ausreichend verstehe. Ich habe aber den Eindruck bekommen, dass ein Geschichtsverständnis vermittelt werden sollte, dass dem der derzeitigen Regierung wiederspricht. Das IIC wurde als ein besonderer Ort mit anderer Einstellung gelobt.

Beim Tee später fand eine der IIC-Mitglieder diesen Verweis aber nicht gut. Sie meinte, man solle nicht alles politisieren. Und ich wusste nicht so recht, wie ich das einschätzen soll und hielt mich daher mit der Beurteilung indischer Politik zurück.

Bei der Führung ging es vor allem um die Architektur. Das IIC wurde von dem USamerikanischen Architekten Joseph Stein entworfen. Laut Wikipedia ist dieser 1950 wegen McCarthy aus den USA weggegangen und hat sich dann in Indien niedergelassen. Damals waren die Zeiten noch andere.

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