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Samstag, 26. Dezember 2015
Weihnachtsgeschichte
urmila, 01:29h
Religiöse Rituale sind mir fremd. So wie mir Glaube überhaupt fremd ist. Am Heiligen Abend aber gehe ich mit meiner Mutter in die Kirche. Nicht der Religion wegen, aber wohl der Erinnerungen und vor allem der Musik wegen.
Dieses Jahr hat sie wegen des Bläsers eine katholische Messe ausgesucht. Als teilnehmende Beobachtung sehr spannend. Eine Aufführung mit sehr vielen Teilnehmenden, von denen die meisten die Regeln (ausreichend) zu können scheinen.
Meist nerven mich die Predigten. Aber dieses Jahr hat sie mir geradezu gefallen. Klare Position pro Flüchtlinge. Klare Absage zu Pegida, Ausländerfeindlichkeit und rechten Parteien. Und die Gemeinde musste dem - auf Basis der rituellen Regeln - zustimmen. Das hat bestimmt nicht allen gefallen.
tagesschau.de zu Folge waren wohl viele Gottesdienste so.
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Donnerstag, 24. Dezember 2015
Flüchtlinge auf dem Golfplatz
urmila, 13:18h
Mein Vater ging auf dem Golfplatz mit einem Freund spazieren. Golfen konnten die beiden aus gesundheitlichen Gründen gerade nicht. Spazieren aber ging. Vor ihnen spielte eine andere Golferin. Sie schien vor ihnen weg zu laufen. Irgendwann holten sie sie doch ein. Und fragten, warum sie denn schneller geworden war. Sie hatte gedacht, dass sie Flüchtlinge seien und sich gefürchtet.
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Freitag, 18. Dezember 2015
YMS: Bloggen
urmila, 00:46h
Beim Young Media Summit Reloaded ging es inhaltlich natürlich um Soziale Medien bzw. noch spezieller ums Bloggen. Schliesslich haben die YMS als Blogger_innen-Treffen begonnen.
Eine Frage dabei war, was eigentlich Blogger_innen sind, was das Bloggen ausmacht. Einigkeit wurde darüber nicht hergestellt. Für manche waren jegliche schriftlichen Äußerungen online (egal ob bei FB, Twitter, in Foren oder auf einem Blog) bloggen. Andere suchten nach eine viel spezifischeren Definition. Sie wollten eine Einzigartigkeit von Bloggen erfassen (und ihre eigene Einzigartigkeit etablieren).
Für mich wurde im Rahmen der Diskussionen klar, dass wir alle über sehr unterschiedliche Dinge sprachen. Dabei war es nicht nur ein Unterschied, ob wir in Deutschland (in großer Sicherheit, mit weitgehender Meinungs- und Informationsfreiheit) bloggen oder in einem Land, das im Umbruch ist, das gerade eine Revolution durchmacht, das im Kriegszustand ist, das von einem Monarchen kontrolliert wird, etc. Gerade dort, wo Presse-, Informations- und Meinungsfreiheit stark eingeschränkt sind, übernehmen Blogger_innen Aufgaben, die in Deutschland eher den konventionellen Medien vorbehalten sind. In Deutschland stellen wir vielleicht auch Gegenöffentlichkeiten her, aber es geht weniger darum, überhaupt Informationen zu veröffentlichen.
Das war aber nicht der einzige Unterschied. Massiv unterscheiden sich die Blogs auch nach Zugriffszahlen. Manche haben Tausende von Zugriffen am Tag (oder noch mehr, jenseits meiner Vorstellungskraft?), während ich noch nicht mal meine Zugriffszahlen kenne, aber sicher bin, dass sie eher Zweistellig pro Tag sind. Was haben wir gemein?
So unterscheidet sich wohl auch die Motivation zu bloggen. Für viele war die Anerkennung durch Likes und Kommentare sehr wichtig. Andere wollten die Welt verändern. Ich schreibe mir vor allem Ärger von der Seele (und freue mich natürlich auch, wenn ich gelesen werde und Denkansätze anbieten kann).
Für mich ergibt sich dann natürlich auch nicht die Frage, ob ich mich für das Bloggen bezahlen lasse. Das hat mir noch niemand angeboten. Für andere war das aber durchaus eine Frage, insbesondere ob sie dann noch ihre Unabhängigkeit wahren können. Dies gilt vor allem für jene, die zuverlässige Informationen in Umbruchsituationen zur Verfügung stellen wollen.
Eine andere Frage, die diskutiert wurde, war, warum so viele aufgehört hatten zu bloggen. Viele der Anwesenden waren längst keine Blogger_innen mehr. Die Deutsche Welle als Organisatorin schien aber ein Interesse daran zu haben, dass (gerade die arabischen) Blogger_innen wieder anfingen.
Ein Diskussionstrang ging darum, dass FB und Twitter Blogs abgelöst haben und die Kommunikation jetzt dort stattfinde. Was von einigen negativ gesehen wurde, während andere das ok fanden.
Mir stellte sich dabei vorallem die Frage der (A)Synchronität von virtueller Kommunikation. FB und Twitter sind ganz stark auf Live-Berichterstattung, auf Kommunikation in Echtzeit ausgerichtet. Jetzt sofort sollen alle erfahren, was gerade passiert. Jezt sofort, will ich wissen, was passiert. So wurde auch zum YMS unter #yms15 getweetet.
Bloggen ist hingegen eine asynchrone Kommunikationsform. Zum einen braucht die Blogger_in etwas Zeit, um ihren Text zu verfassen. Das geht nicht mal eben nebenbei. Und dann ist der Blogbeitrag auch nicht darauf ausgerichtet, dass er sofort gelesen werden muss. Er ist in der Regel auch noch nach ein paar Tagen, vielleicht sogar Wochen und Monaten aktuell - und kann auch noch gefunden werden.
Das weniger gebloggt wird, scheint mir auch daran zu liegen, dass gerade die Echtzeit-Kommunikation viel mehr nachgefragt wird.
Mir ist das fremd. Die Tweets unter #yms15 fand ich überwiegend ganz überflüssig. Mich interessieren mehr Informationen, die schon etwas gereift sind und mehr Zusammenhänge herstellen können. Deshalb bin ich wahrscheinlich auch immer noch Blogger_in und tweete nicht.
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Dienstag, 15. Dezember 2015
YMS: Visum
urmila, 17:08h
Der Young Media Summit Reloaded dieses Jahr war sehr kurzfristig organisiert. Das hat viele administrative Probleme mit sich gebracht, aber eins war kein Problem: Deutsche können ohne Visum nach Tunesien reisen.
Das gilt nicht für alle. Die beiden Ägypter_innen konnten nicht teilnehmen. Sie haben kein Visum bekommen. Wenn ich es recht verstanden habe, liegt das daran, dass Ägypten und Tunesien über die Visavergabe politische Differenzen austragen.
Und eine Tunesier_in erzählte mir, dass sie in Deutschland studieren wolle. Sie hat schon alles mögliche organisiert, inklusive Sprachkurs in Berlin. Aber die deutsche Botschaft gibt ihr die übliche Behandlung für Antragstellende: abweisend und abwertend. Sie erzählte, dass ihr gesagt wurde, dass Deutschland sie nicht brauche. Ihre Intelligenz sei angezweifelt worden. Deutschlands offizielle Willkommenskultur.
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Montag, 14. Dezember 2015
YMS: Verdient
urmila, 13:18h
Im Rahmen der Konferenz wurde von einer deutschen Teilnehmenden gesagt, dass jeder Bloger die Kommentatoren bekäme, die er verdiene.
Anmerkung: Die Bemerkung wurde in Englisch gemacht, daher bin ich mir nicht sicher, welche Genderung im Deutschen passend wäre. Ich wähle das generische Maskulinum, da die Aussage so klar machtunkritisch ist.
Es gab lauten Widerspruch von mehreren anderen deutschen Teilnehmenden. Eine Diskussion wurde allerdings nicht zugelassen.
Klar machtunkritisch finde ich die Aussage, da niemand (hetero)sexistische, rassistische, klassistische, ableistische, etc. Kommentare verdient. Sie sind nicht Ausdruck von persönlichen Unvermögen, sondern von gesellschaftlichen Ungleichheiten. Die wirken auch auf die virtuelle Kommunikation und verdrängen auch dort jene, die gesellschaftlich marginalisiert werden.
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Sonntag, 13. Dezember 2015
YMS: LGBTIQ
urmila, 21:13h
In der französischen Vorstellung eine_r Teilnehmer_in hörte ich LGBTIQ und war gespannt auf die Übersetzung, um herauszufinden was genau da der Bezug war. In der deutschsprachigen Übersetzung hiess es dann aber nur, dass die Teilnehmer_in sich für Gender-Fragen interessiere. Also fragte ich in Englisch nochmal genauer nach und tatsächlich die Teilnehmer_in bloggte zu LGBTIQ-Themen.
Aus dieser Nachfrage ergab sich ein kurzes Gespräch hierüber. Sowohl in Tunesien wie in Marokko steht Homosexualität unter Strafe. In Tunesien werden nach Angaben der Teilnehmenden sieben Menschen pro Monat auf Grundlage dieses Gesetzes verhaftet (die taz hat diese Woche auch dazu berichtet und verweist darauf, dass die WHO von 50 Festnahmen pro Jahr ausgeht).
Im Laufe der Tagung konnte ich noch weitere Gespräche zum Thema (mit Bezug zu Tunesien) führen. Eine Politikerin sei aufgrund ihrer Homosexualität erpresst worden und musste sich daher zurück ziehen. Viele Aktivist_innen agieren aus der Anonymität heraus, da sie Angst vor Verhaftung haben. Bei Hausdurchsuchungen zähle die Version der Polizist_innen doppelt und so sei es schwer gegen Vorwürfe vorzugehen. Einige legten sich offiziell gegengeschlechtlichte Partnerinnen zu, um Bestrafung zu entgehen. Es gibt aber auch Aktivist_innen, die sich öffentlich zur Abweichung von der Heteronorm bekennen.
In der Konferenz selbst spielte das Thema kein weiteres Thema. Bei meiner Nachfrage in der Vorstellungsrunde wurden wir gebeten, zu erklären was die Abkürzung bedeute. Ich bezweifle aber, dass das die kurze Aufzählung der Begriffe allen etwas gesagt hat, da hätten wir mehr erklären müssen. Ansonsten wurde in Gesprächen und auch während des Programms eifrig zweigegendert und heterosexualisiert. Trotzdem war ich froh, dass ich (wie schon beim YMS 2011 in Kairo) nicht die einzige war, die sich für queere Themen interessierte, und so spannende Kontakte aufbauen konnte.
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Samstag, 12. Dezember 2015
YMS: Kleingruppenarbeit
urmila, 00:29h
Bei der Kleingruppenarbeit heute wurde ich sehr überrascht. Nachdem wir ein Thema zugeteilt bekommen hatten und uns auf dem Balkon niedergelassen hatten, damit wir keine Rauchpausen machen mussten, schlug ein_e der Kleingruppenteilnehmenden vor, wie wir die Präsentation machen sollten: die vier Punkte sollten auf uns vier verteilt werden; ich sollte den ersten Punkt übernehmen. Für die beiden anderen schien das ok. Ich war irritiert. Wir hatten noch gar nicht diskutiert und es stand schon fest, was wir präsentieren? Über meine Irritation haben wir dann noch etwas diskutiert. Kurz bevor die Zeit vorbei war, haben wir auch inhaltlich noch kurz diskutiert. Und dann hat ein_e von uns die Präsentation vorbereitet und souverän vorgetragen:
Ungefähr hatten wir das auch tatsächlich in der Kleingruppe gesagt (nur nicht viel mehr und auch nicht ausdiskutiert, also nicht als Konsens). Nach der Präsentation kommentierte dann noch ein_er aus unserer Gruppe, was si_er vorher nicht gesagt hatte. Ich brachte einen Punkt ein, den ich vorher auch schon kurz gesagt hatte, der aber unkommentiert geblieben war. Darauf nahm die vierte Diskutierende dazu Stellung. Jezt fing also tatsächlich eine interessante Diskussion an, die wir dann auch noch in die Mittagspause gezogen haben. Warum wir aber vorher nicht diskutiert haben, ist mir nicht klar geworden.
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