Freitag, 11. Dezember 2015
YMS: Rauch
Blick vom Hotelbalkon in Tunis


In den Pausen habe ich immer viel Ruhe. Heute alleine auf dem Balkon des Hotels. In der Sonne. Die anderen waren derweil im Gebäude, tranken Kaffee, assen Kuchen, redeten. Und rauchten. In Tunesien scheint es völlig üblich zu sein, in geschlossenen Räumen zu rauchen (wenn auch nicht unbedingt legal). Egal ob in Hotelfluren oder in Restaurants. Einige deutschen Teilnehmenden geniessen diese Freiheit. Ich hingegen bedauere, dass ich kaum an Pausengesprächen teilnehmen kann. Drinnen, wo die anderen sind, würde ich Kopfschmerzen riskieren. Also halte ich mich fern. Asozial. Auch beim Essengehen bestehe ich auf rauchfrei. Das schränkt die Wahl sehr ein. Aber bis jetzt hat es jeden Abend geklappt.

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Donnerstag, 10. Dezember 2015
YMS: Vielsprachigkeit
Karten beim YMS Reloaded


Dieses deutsch-arabische Treffen ist wahrlich vielsprachig. Die meisten der Teilnehmenden sind mehrsprachig. Einige sprechen ihre Erstsprache, andere eine Zweit- oder weitere Sprache. Aber es gibt keine Sprache, die alle können.

Silmutan-Dolmetschende gibt es für Englisch-Arabisch und Französisch-Arabisch. Ich vermute mal, dass es nicht einfach ist aus dem Arabischen simultan zu dolmetschen. Bei der Übersetzung ins Englische braucht es zumindest immer recht lange, bis der Dolmetscher anfängt was zu sagen. Insgesamt redet er sehr viel kürzer als die Person, die er dolmetscht. Ich kann also davon ausgehen, dass ich viele Nuancen dessen, was gesagt wird, nicht erzählt bekomme. Leider verstehe ich auch häufig nicht, was die Aussage ist.

Übersetzung ist immer mit Verlust verbunden. (So wie Kommunikation natürlich immer.) Mit Dolmetschenden kann ich mich vielleicht der Illusion hingeben, in der mir geläufigeren Sprache mich sehr präzise ausdrücken zu können. Was allerdings nach der Dolmetschung bei den anderen ankommt, kann ich aber nicht beeinflussen. Daher finde ich eigentlich die Lösung, dass alle in Englisch reden und dabei vielleicht nicht ganz so präszise sind, besser. Dann ist eine direktere Kommunikation (samt Nachfragen) möglich. Darauf haben sich auch einige eingelassen.

Das wurde dann allerdings zu einem Problem für die eine Teilnehmerin, die weder Arabisch noch Englisch (noch Deutsch) versteht. Bei den englischen Redebeiträgen war sie aussen vor (also bei allen Beiträgen von Deutschen) und das wurde erst am Abend thematisiert.

Früher war schon klar, dass etliche Deutsche nicht ausreichend Französisch können. Daher gab es ad hoc konsequtive Dolmetschung von Französich ins Deutsche.

Der Tag war also vielsprachig, sowohl beim Reden wie Schreiben (wie das Foto zeigt). Eigentlich finde ich das gut und kenne das auch aus anderen Kontexten. Aber heute hat es mich überfordert. Und ich glaube das lag auch an den verschiedenen Arten des Dolmetschens und der Technik. Ständig musste mensch wechseln von Zuhören zu Kopfhörer aufsetzen, manche mussten dabei auch immer mal den Kanal wechseln, dann war auch ein Phase des Nicht-Zuhörens, weil nicht Verstehens, dann aber schnell wieder den Kopfhörer auf oder genau zu hören, dann hat die Technik nicht funktioniert oder der Dolmetscher war nicht gut verständlich. Das hat für mich nicht funktioniert. Ganz viel ist an mir vorbei gegangen, weil ich nicht mehr hinterher kam.

In den Pausen und am Abend ging das besser. In kleineren Gesprächsgruppen liess sich besser zwischen Sprachen wechseln und Sprachen finden, mit denen sich einige gerade unterhalten konnten. Morgen soll es mehr Kleingruppen geben. Das könnte auch das Verstehen verbessern, da wir direkter miteinander kommunzieren.

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YMS: Mobile Medien
Mobiltelefonladen in Tunis


Wir sind hier auf einer Bloger_innenkonferenz. Es geht also natürlicherweise um Medien. Und darum sie tatsächlich auch zu nutzen. Mehrere Teilnehmende waren daher auch am Anreisetag bemüht, lokale SIM-Karten zu bekommen, um zumindest immer online sein zu können. Kurz nach der Ankunft gingen die ersten Blogbeiträge online. Beim durch die Stadt spazieren, wurden immer mal wieder die Smartphones gezückt, um eigehende Mails, FB-Einträge, etc. zu checken. Beim Frühstück hatten auch mehrere ihre Notebooks dabei.

Ich versuche auch mitzumachen. Bevor wir in die Stadt gegangen sind, habe ich im Hotel-Netz Google Maps von Tunis geöffnet, um darauf dann auch offline schauen zu können. Irgendwann hatte ich mein Handy dann auch davon überzeugt, dass es sich hier in ein Netz einwählen kann, um SMS zu bekommen. Und abend habe ich geskypt. Oder versucht zu skypen. Denn sowohl mein Smartphone wie mein Netbook sind schon etwas älter und können nicht ganz so viel. Sie sind langsam, haben nicht genug Speicher, das Mikro scheint nicht mehr so ganz zu funktionieren. So kann ich auf meinen Geräten den technischen Stand von vor etwa zehn Jahren simulieren.

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Dienstag, 8. Dezember 2015
YMS: Handeln
Straßenszene in Tunis


Heute mittag kamen gleichzeitig sechs deutsche Teilnehmende des Young Media Summit Reloaded am Flughafen in Tunis an. Die erste Herausforderung war, ein Taxi zum Hotel zu bekommen und dafür nur den Preis zu zahlen, der uns vorher von den Organisator_innen genannt wurde. Nicht einfach. Denn wir wollten zu einem 4 Sterne-Hotel, waren viele und eindeutig Europäer_innen.

Ein paar von uns stiegen in Verhandlungen mit Taxifahrern ein, in Französisch bzw. Arabisch. Andere hielten sich im Hintergrund (so auch ich). Bald zeigten sich unterschiedliche Einstellungen dazu, was denn angemessen ist. Die einen meinten, es mache doch nichts ein paar Euro mehr zu zahlen. Und dass das Ganze zu lange dauere. Andere waren der Meinung, das es sehr wohl was mache,ein Mehrfaches des ortsüblichen Preises zu zahlen. Und das keine Eile notwendig sei. Ausdiskutiert wurde dies allerdings nicht (das meiste noch nicht mal ausgesprochen). Die einen verhandelten auf Französisch, der andere auf Arabisch (was aus der Gruppe sonst niemand sprechen konnte). Auf einmal wurde Gepäck in ein Taxi verladen und die ersten stiegen zum höheren Preis ein. Damit waren Tatsachen geschaffen.Und der erste Konflikt wurde kurz im Taxi artikuliert, aber dann doch lieber zur Seite geschoben.

Wir kommen hier mit sehr unterschiedlichen Erfahrungen und Einstellungen zusammen.

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Montag, 7. Dezember 2015
Young Media Summit Reloaded
Vor fast vier Jahren habe ich am Young Media Summit, einem Treffen von deutschen und arabischen Bloger_innen in Kairo teilgenommen. Das hat meinen Horizont sehr erweiteret. Unter anderem habe ich da die syrische Aktivistin Razan Ghazzawi kennen gelernt.

Nun hat die Deutsche Welle ganz kurzfristig zum Young Media Summit Reloaded nach Tunis eingeladen. Mit dabei sind Teilnehmende von drei verschiedenen Treffen 2010/11 (leider ist Razan nicht dabei). Ein Programm ist noch nicht auf dem Blog veröffentlicht. Aber in der Facebook-Gruppe geteilt. Beim letzten mal hätte mich das noch nicht erreicht und auch jetzt bin ich überrascht, dass die Kommunikation vor allem über den Anbieter läuft. Ich bin gespannt, was ich sonst noch so über Social Media und/oder arabische Entwicklungen lerne. Morgen früh geht es los.

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Donnerstag, 26. November 2015
Obergrenzen
Angesichts der vielen Menschen, die hoffen, in Europa ein besseres/sichereres Leben führen zu können, wird in Deutschland vermehrt über Obergrenzen (mit diesem oder anderem Begriff) diskutiert. Die Diskussion begrenzt sich dabei nicht nur auf rechte Parteien, sondern wird auch von jenen, die sich als links und/oder Vertreter_innen von Mindherheiten bezeichnen, geführt. Dabei ist mir klar, dass viele Behörden, Institutionen und Freiwillige vor Ort schon längst die Grenzen dessen, was sie meinen leisten zu können, überschritten haben (und sich trotzdem weiter einsetzen). Es geht mir nicht darum, das zu ignorieren. Mir geht es eher darum, die nationalstaatliche (oder EU-) Perspektive für einen Moment zu verlassen und einen globaleren Blick einzunehmen.

Dies möchte ich anhand eines taz-Kommentars von Christian Rath machen. Rath argumentiert, dass wir Obergrenzen brauchen, um langfristig Menschen unterstützen zu können. Vieles davon ist vernünftig, pragmatisch. Aber sein Ausgangspunkt zeigt den argumentativen Nationalismus:

“Zwar könnte man schon irgendwie die Lüneburger Heide, das Emsland und die Uckermark mit Zeltstädten und Containern füllen. Deutschland will schutzberechtigte Flüchtlinge aber nicht nur irgendwie verwalten und durchfüttern (wie dies global eher üblich ist), sondern integrieren, das heißt sprachlich, beruflich und sozial zum Bestandteil der Gesellschaft werden lassen. Und eine so verstandene Aufnahmefähigkeit ist natürlich niedriger als die rein organisatorische.“

In der Printversion lautete der letzte Satz: “Und die so verstandene Aufnahmefähigkeit des Einwanderungslandes Deutschland ist natürlich niedriger als die rein organisatorische Nothilfe eines syrischen Nachbarlandes.“ und stellt damit noch eindeutiger einen Vergleich mit anderen Ländern her.

Rath argumentiert also, dass wir menschenwürdige Standards für hierher flüchtende Menschen gewähren wollen. Das ist eine unterstützenswerte Forderung. Um diesen Standard einhalten zu können, will er aber die Anzahl jener, die nach der Deutschland kommen können, begrenzen. Es kann durchaus sein, dass er recht damit hat, dass der Standard bei höheren Zahlen nicht mehr zu halten ist. Aber wieso soll der Standard nur für jene gelten, die es nach Deutschland schaffen. Ist es ok, den hohen Standard in Deutschland damit zu erkaufen, dass andere woanders mit niedrigerem Standard leben müssen? Wollen wir der Welt zeigen, wie toll sich Deutschland um Flüchtlinge kümmert? Und dabei den Großteil der Flüchtlinge in den Ländern lassen, die über sehr viel weniger Ressourcen verfügen als Deutschland, dafür aber sehr viel mehr Menschen aufnehmen und diese “ nur irgendwie verwalten und durchfüttern“? Geht es um moralische Überlegenheit oder um die Hilfe für Menschen?

Mir ist klar, dass Rath in seinem Kommentar argumentiert, dass andere EU-Länder mehr flüchtende Menschen aufnehmen sollen. Auch dagegen habe ich nichts einzuwenden. Trotzdem finde ich die Argumentation höchst problematisch. Angesichts von globalen Ungleichheiten und Konflikten können wir nicht einfach davon ausgehen, dass wir unseren hohen Lebensstandard (und moralische Überlegenheit) bewahren können. Ich würde ihn auch gerne bewahren (und sogar noch erhöhen). Noch lieber will ich allerdings, dass ich, falls ich einmal fliehen muss, Zuflucht finde. Und ich vermute dabei wäre mir erst einmal wichtig, dass ich überhaupt irgendwohin kann, wo ich sicher bin und zu Essen habe. Denn wenn ich das nicht habe, dann helfen mir hohe Standards an Orten, zu denen ich keinen Zugang habe, auch nicht weiter.

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Dienstag, 24. November 2015
Kindeswohl wird abgeschoben
Die Aufgabe der Mitarbeitenden von Jugendämtern ist es, das Kindeswohl zu schützen. Die deutsche Abschiebepraxis macht dies aber unmöglich – und verstößt so gegen grundlegende Menschenrechte.

Mehr dazu im Zwischenruf für das Gunda-Werner-Institut.

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Sonntag, 15. November 2015
Kategorisierungen
Die letzten Tage war ich auf der Tagung "Postmigrantische Gesellschaft?!" des Rats für Migration. Da ging es unter anderem auch um Kategorisierungen und Datenerhebung. Ich verstehe schon, warum bestimmte Daten erhoben werden sollen, insbesondere dann, wenn es darum geht Diskriminierungen nachzuweisen. Aber gleichzeitig fühle ich mich auch immer unwohl damit, wenn ich in eine Schublade gesteckt werden soll.

Als ich 1997 mein Studium an der SOAS in London begann, musste ich ein ethnic monitoring Formular ausfüllen und kreuzte "Other Other" an. Eine ziemliche Othering-Erfahrung. Denn das Ankreuzen machte mir klarer als vorher, zu welchen Kategorien ich nicht gehöre bzw. gehören kann und dass es für mich keine eigene Kategorie gibt.

In Deutschland habe ich mittlerweile einen Migrationshintergrund. Ab und zu wird der abgefragt (z.B. Anfang letzten Jahres). Zum Beispiel wenn mensch sich arbeitslos meldet. Das habe ich kürzlich gemacht. Für mich überraschend wurde ich nach meiner Staatsangehörigkeit gefragt, nach meinem Geburtsort und dem meiner Eltern. Bei letzterer Frage wurde mir klar, wohin die Fragerei führen sollte und ich antwortete, dass ich einen Migrationshintergrund hätte. Was die Arbeitsagentur nun mit der Information machen will, ist mir aber völlig unklar. Was sagt der Migrationshintergrund über meine Arbeitslosigkeit aus?

Und damit zurück zur Konferenz. Ein Vorschlag (aus rassismuskritischer Perspektive) war ethnische Zugehörigkeit abzufragen. Aber was kommt dabei raus? Ich habe keine. Also könnte ich wieder so was wie "Other Other" ankreuzen. Oder ich könnte mir eine angebotene aussuchen. So z.B. "Deutsch". Aber was soll das sein? Und was hilft das irgendwem, wenn ich das angebe. Meine Erfahrungen von Zugehörigkeit gibt das nicht wieder. Genauso wenig würde "Indisch" passen. Selbst InderKinder würde nicht viel aussagen.

Diese Kategorisierungen sind Krückstöcke, die einigermassen für die funktionieren, die sich einer Schublade zugehörig fühlen wollen/können. Aber auch dann sagen sie wenig aus.

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