Freitag, 10. August 2012
Rassisistisches Massaker in Wisconsin
Vor knapp einer Woche gab es einen rassistischen Angriff auf einen Gurudwara in Wisconsin/ USA (siehe z.B. tagesschau.de ). Der Mörder war ein weißer Rechtsextremist (siehe z.B. tageschau.de ).

Mich erreichte die Nachricht über tagesschau.de, aber auch über verschiedene Freund_innen in Facebook: Pakistanerinnen, die auch in den USA gelebt haben, eine Australier_in mit indischem Namen und eine indische Migrantin in den USA. Für mich völlig überraschend war aber, dass die ganzen InderKinder in Deutschland (irgendwie auf Indien verwiesene Menschen, die in Deutschland sozialisiert wurden), mit denen ich über Facebook verbunden bin, das Thema nicht aufgegriffen haben, auch nicht das Indernet und erst spät und nur mit einem kurzem Link das india magazin . Nur die Bhangra Brothers posteten recht schnell ein Andenken an die Opfer. Nun stell sich für mich die Frage, warum es so wenig Interesse an dem Massaker gibt. Während alle (Nicht-)Medaillen von indischen Sportler_innen bei Olympia im Detail verfolgt werden? Warum sind Sikhs in den USA so weit weg von InderKindern in Deutschland?

Meine Freund_innen mit USA- und Australien-Bezug haben eine ganze Reihe von Links gepostet. Am Anfang ging es vorallem darum, dass Sikhs seit 9/11 immer wieder für Muslime gehalten werden und antimuslimischen Rassismus ausgesetzt sind (siehe The progressive und npr ). Dann ging es auch darum, dass diese Verwechselung natürlich nicht heissen kann, dass es gerechtfertig wäre, 'echte' Muslime umzubringen (und nur die Sikhs aussparen sollte, weil sie keine sind). Seitdem es klar war, dass ein weißer Rassist, das Massaker verübt hat, geht es auch immer wieder darum, welche Akte den als Terrorismus verfolgt werden und welche nicht (z.B. The New Yorker ). Und es geht um die Frage, warum der Amoklauf im Aurora so viel mehr Aufmerksamkeit bekommt (z.B. aus Australien newmatilda ). In Deutschland muss erstmal erklärt werden, was überhaupt Sikhs sind. Die taz interviewt dazu den Beiratsvorsitzender der Sikh-Gemeinde in Hannover. Der erste tagesschau.de-Videoclip war von der Deutschen Welle und startete im Goldenen Tempel in Amritsar, ging dann nach Delhi und erst von da nach Wisconsin.

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Mittwoch, 8. August 2012
Ausländerbehörde schikaniert
Die taz berlin berichtet, dass die Ausländerbehörde staatenlose Menschen, die in Berlin geboren sind, dazu zwingt in den Libanon zu reisen und viel Geld auszugeben, um ihre Identität zu beweisen. Und das obwohl es ein Verwaltungsgerichtsurteil gibt, dass das die deutsche Geburtsurkunde ausreicht und es keinen Ermessensspielraum für die Behörde gibt, sich darüber hinweg zu setzen. Aufgrund des Gerichtsurteils hat der Betroffene zwar ein Aufenthaltsrecht für ein Jahr bekommen, soll aber in dieser Zeit nach wie vor in den Libanon fahren, um seine Identität zu beweisen. Die Ausländerbehörde begründet das wie folgt:

"Das sei, so schreibt eine Sprecherin der Innenverwaltung der taz, "deswegen erforderlich, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass im Laufe der Zeit eine andere Staatsangehörigkeit - insbesondere die libanesische - erworben beziehungsweise festgestellt wurde.""

Hier gilt also im Zweifel gegen den Antragstellenden. Oder wie die taz berlin Canan Bayram zitiert:

"Dieses Augenmaß habe die Innenverwaltung verloren, kritisiert die Grüne, "weil sie sich in die Auffassung hineingesteigert hat, alle Staatenlosen aus dem Libanon zu kriminalisieren. Dabei katapultiert sie sich in eine Argumentation, in der der unwahrscheinlichste Fall eher angenommen wird als die normale Lebenswirklichkeit.""

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Neuer Text: von Asiat_innen und Inder_innen in Deutschland
Im Sommer 2008 wurde ich zu dem Internationalen Workshop „Imagining Race and Hegemony in (Inter)Asia“ in Seoul/ Südkorea eingeladen. Im November 2010 dann zu einer Podiumsdiskussion "Selbstorganisation und (Pan-)Asiatische Identitäten" im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Vietnamesische Diaspora and Beyond“ in Berlin. Im Zuge dieser Veranstaltungen habe ich mich mit dem Konzept Asien/Asiat_innen in Bezug auf die in Deutschland als Inder_innen wahrgenommenen Menschen auseinandergesetzt.

Dazu habe ich jetzt den Text Vorzeige-Migrant_innen, Rassismus und mögliche Bündnisse - von Asiat_innen und Inder_innen in Deutschland auf meiner Webseite veröffentlicht. Mit der Schlussfolgerung:

"Zwischen ‚Asiat_innen‘ und ‚Inder_innen‘ gibt es Gemeinsamkeiten. So verbindet die virtuellen Räume asia-zone, asiapower, danger!bananas und das Indernet, das in diesen virtuellen Räumen eine deutschsprachige Auseinandersetzung mit den Erfahrungen in Deutschland mit einem unscharfen natio-ethno-kulturellen Bezugspunkt jenseits von Deutschland verbunden wird. Das ist aber eine Gemeinsamkeit, die sie auch mit anderen Räumen natio-ethno-kulturell anders Definierter (wie ‚Türk_innen‘, ‚Pol_innen‘, ‚Russ_innen‘, etc.) verbindet. Verbindend sind viel mehr die Erfahrungen in Deutschland als der Bezug zu dem unscharfen Konstrukt ‚Asien‘. So bleibt mir unklar, wozu die Klammer ‚asiatisch‘ dienen soll."

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Freitag, 3. August 2012
Innenminister nicht verfassungstreu
Die taz berichtet, dass Innenminister Friedrich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Sozialleistungen für Asylbewerber_innen nicht akzeptieren will:

"Er halte es „nach wie vor für richtig“, dass Asylsuchende mit weniger Geld leben müssten als Hartz-IV-Empfänger, sagte er kürzlich bei einer Veranstaltung in Bamberg."

Wird Friedrich eigentlich vom Verfassungsschutz beobachtet?

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Olympia und Nation
Die Mainstream Medien in Deutschland sind hauptsächlich daran interessiert, was mit den 'deutschen' Sportler_innen so ist, was 'wir' gewinnen und wo die Sportler_innen versagen. Die 'deutschen indischen' Medien, die ich verfolge, sind hauptsächlich daran interessiert, wie Indien/ 'wir' stehen. (Dass 'Indien' die erste Medaille vor 'Deutschlands' erster hatte, wurde gefeiert.) Es geht also wieder um Nation.

Dabei ist die Nation im Kontext von Olympia eine interessante Konstruktion, wie ein taz-Artikel über "Plastik-Briten" vor zehn Tagen zeigte:

"„Plastik-Briten“ hat die Zeitung Daily Mail Athleten wie Aldama getauft, „künstliche Briten“. Gemeint sind Sportler, die angeblich aus dem einzigen Grund eingebürgert wurden, Großbritanniens Ruhm bei den Spielen zu Hause zu mehren. So entstand in London eine hässliche, nahe am Fremdenhass geführte, aber moralisch spannende Debatte über die Frage, ob Sportler ihre Nation wie einen Klub wechseln dürfen."

Die Nationenkonstruktion hat hier verschiedene Ebenenen:
  • die Motivation der Sportler_innen, sich einer Nation anzuschliessen
  • die Motivation der Verantwortlichen, den Sportler_innen die Staatsbürger_innenschaft zu geben und sie in die Mannschaft aufzunehmen
  • wie geht die öffentliche Meinung damit um, wann ist Rassismus dominant, wann wird ein_e eingebürgte Sportler_in zum 'wir' gezählt und wann fliegt sie_r wieder raus?
Die Motivation der Verantwortlichen ist wohl vorallem ein hoher Platz im Medaillenspiegel. Bei den Sportler_innen gibt es ganz unterschiedliche Motivationen, wie der taz-Artikel zeigt:

Es gibt jene Sportler_innen, die es nicht in das Team des Landes geschafft haben, dessen Staatsbürger_innenschaft sie haben und sich da an ihren britischen Elternteil erinnert haben - wobei es da sowohl den Fall gibt, dass sie "lebenslanger Brite"n aus dem Team verdrängen sowie dass sie es überhaupt erst ermöglichen ein Team aufzubauen (im Fall von Handball). Dann gibt es zumindest eine Sportlerin, die nicht mehr für das Land, aus dem sie kommt (Kuba) antreten darf, weil sie einen Schotten geheiratet hat und nach London zog, und sich daher ein neues Land suchen musste.

Die taz schliesst daraus:

"Ukrainische Ringer und schwedische Handballer werden in London Briten sein, doch jeder dieser Fälle ist unterschiedlich. In manch einem lässt sich durchaus pures Söldnertum vermuten. Doch wer legt fest, dass es für Menschen nur eine Heimat geben darf?"

Und ich frage mich, warum überhaupt diese Zuordnung immer so wichtig sein muss? (Das ist eine rhetorische Frage, klar, denn natürlich geht es um Nationenbildung und so.)

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Donnerstag, 2. August 2012
Religion und Kindeswohl
"Unter Abwägung aller Umstände „erscheint es für das Kindeswohl förderlich und auch notwendig, den Besuch des Unterrichts und der Schulgottesdienste zu ermöglichen“, heißt es in dem abenteuerlichen Beschluss. Die Nichtteilnahme stelle aufgrund von „Ausgrenzung“ „eine Gefährdung des Kindeswohls dar“. "

fasst die taz ein Gerichtsurteil in einem Streit zwischen einem getrennten Elternpaar um die Teilnahme ihrer Kinder am schulischen Religionsunterricht zusammen. Mutter und Kinder waren gegen eine Teilnahme, der Vater versucht durch das Gerichtsurteil die Teilnahme zu erzwingen.

Ein Aufschrei ging nicht durch die Republik.

Nachtrag 19.04.13: Das Kölner Oberlandesgericht bestätigt laut taz das Urteil.

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Mittwoch, 1. August 2012
Selber denken
Ich höre immer wieder, dass nur PoC/Schwarze definieren können, was Rassismus ist. Dass Weiße da nichts zu sagen dürfen. Einen solchen Ansatz halte ich für das Aufgeben von jeglichem analytischen Denken. Rassismus als Analysekonzept, kann und sollte von jedem angewendet werden. Und je nach Rassismusverständnis werden dabei unterschiedliche Ergebnisse herauskommen. Mit diesen unterschiedlichen Verständnissen muss dann umgegangen werden.

Theorien und Analysekonzepte sind diskutierbar, was nicht diskutierbar ist, sind Erfahrungen. Da stimme ich völlig zu, dass jede_r Mensch für sich selbst definiert, was si_er erlebt hat. Das haben andere zu akzeptieren. Und vom genauen Zuhören, kann viel gelernt werden.

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Sonntag, 29. Juli 2012
Wachsamkeit
"Plötzlich sah ich einen Mann, der mir offensichtlich etwas zugerufen hatte. Vom Tonfall her ahnte ich, dass er sauer war. Ich stand auf und ging auf ihn zu, um zu hören, was er wollte.

'Sehen Sie nicht, dass Ihre Kinder die Blumen pflücken?!'

Ich sah wirkich zwei oder drei Kinder, die Blumen in einem Beet pflückten, das nicht weit von meiner Bank entfernt war, auf der ich gesessen hatte.

'Das sind nicht meine Kinder', sagte ich ihm. Mein Ton klang entschuldigend, was mich selbst überraschte. Daraufhin ging der Mann zu den Kindern und schimpfte sie aus. Sie waren verängstigt und ich sehe noch heute, wie sie davonrennen. Das ist etwas, was ich an Deutschen gut finde. [...] Diese Wachsamkeit ist ein der größten bürgerlichen Tugenden, die die meisten Deutschen besitzen."


Keine Satire, sondern ein Auszug aus: Sujata Ogale (2003), Mit anderen Augen - Deutschland und die Deutschen aus der Sicht einer Inderin, Pfalzfeld: Kontrast Verlag, S.90.

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Donnerstag, 26. Juli 2012
Immer wieder
meinen Wissenschaftler_innen unter Menschen, die heute leben, 'unsere' Vorfahren finden zu können. Diesmal ein Bericht der BBC:

"The Hadza people, who still live as hunter gatherers, were used as a model of the ancient human lifestyle."

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