Donnerstag, 8. Juli 2010
Deutsche Symbolpolitik
Das Auswärtige Amt unterstützt die Aktion Discover Football, bei der Frauen aus der ganzen Welt miteinander Fußball spielen. Ein Team aus Liberia ist eingeladen. Bekommt aber laut taz kein Visum (vom Auswärtigen Amt). Vermutlich, weil die Spielerinnen arm sind.

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Verfassung schützen in Brandenburg
Die taz berichtet über "ganztägigen Anti-Islamismus-Training. "Integration, Radikalisierung und islamistischer Extremismus"" in der brandenburgischen Provinz. Der Verfassungsschutz will über die Gefahren des Islamismus aufklären.

"Der neue Feind, um den es hier geht, er ist ein Phantom. Niemand weiß, wie viele Muslime in der Uckermark leben. Es gibt keine Moschee im Landkreis, keinen islamischen Kulturverein. Der Verfassungsschutz zählte 2009 in Brandenburg 1.230 Rechtsextremisten, 600 Linksextremisten - und 50 Islamisten, aber von Letzteren vermutet die Behörde nicht einen in diesem Landkreis."

Das stellt sich doch die Frage, wohin die Ressourcen weshalb geleitet werden. Die Informationen, die die taz über Heiko Homburg, den "PR-Chef des brandenburgischen Verfassungsschutzes" lassen an der Verfassungstreue des Verfassungschutzes durchaus zweifeln:

"Homburg ist Quereinsteiger: Nach einer Karriere in der Jungen Union Hessen arbeitete er bis 2004 als Pressesprecher des brandenburgischen CDU-Innenministers Jörg Schönbohm. Über diese Zeit schweigt Homburg allerdings heute öffentlich lieber. Schließlich irritierte er damals selbst Konservative. Mal verstieg er sich zu der Formulierung, eine vietnamesische Familie sei "vom Steuerzahler durchgefüttert" worden, mal gratulierte er der Jungen Freiheit in einem Leserbrief zu deren neuem Layout. "

Nachtrag 28.09.10: Laut taz schützt der Verfassungsschutz auch in Bayern vor antirassistischer Arbeit, wurde jetzt aber gerichtlich zurückgepfiffen:

"Seit 20 Jahren kämpft der Münchner Verein gegen rechts, er dokumentiert und veröffentlicht Informationen über die Aktivitäten von Neonazis in Bayern. Seit diesem Wochenende darf ihn der bayerische Verfassungsschutz nicht mehr einfach so als linksextremistisch und demokratiefeindlich bezeichnen."

Die Verfassungsschutzeinschätzung hat(te) konkrete Auswirkungen auf die Arbeit des Vereins:

"Das Finanzamt strich dem Verein die Gemeinnützigkeit. Die Landeskoordinierungsstelle schloss Aida aus. Das Archiv musste einen Teilzeitmitarbeiter entlassen und um seinen guten Ruf fürchten."

Der Verfassungsschutz gefährdet immer wieder die Verfassung. Siehe auch hier.

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Rassistische Strukturen ausnutzende Polizisten
Marina Mai berichtet in der taz:

"Die Polizisten hatten von illegalen Zigarettenhändlern verlangt, dass sie sich bei den Kontrollen mitten im Winter die Unterhosen herunter- und die Socken ausziehen. Einmal ließen sie sie Schnee schippen. Die Beamten zerstörten SIM-Karten der Handys ihrer Opfer, damit diese keine Hilfe holen konnten. In Einzelfällen wurden Vietnamesen mit der Faust und dem Schlagstock geschlagen oder mitten in der klirrenden Kälte außerhalb der Stadt in einer ihnen unbekannten und menschenleeren Gegend ausgesetzt. Das traf auch einen Vietnamesen, der bei mehr als 10 Grad unter null nur Latschen getragen hatte, weil er nur vor die Tür seines Wohnheims gegangen war. "

Ich werde jetzt natürlich nicht behaupten, dass die Polizisten rassistisch waren, sonst könnte es mir gehen wie Sabine Schiffer. Aber wenn ich mir den Artikel über die Verurteilung von zwei Bundespolizisten so durchlese, dann kommt schon der Eindruck auf, dass diese beiden Polizisten sich rassistischer Strukturen bedient haben, um Menschen zu erniedrigen. Weder der Artikel noch das Gericht benutzen den Begriff Rassismus, aber folgendes Zitat legt es nahe, dass Rassismus hier eine Rolle spielt:

""Um Geld ging es gar nicht, darin sind sich alle Prozessbeteiligten einig", sagte der Richter in seiner Urteilsbegründung. "Ihnen ging es darum, Macht auszuüben. In Vietnamesen hätten sie ihre Opfer erblickt, weil "ihnen in den Augen der Angeklagten sowieso keiner glauben würde"."

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Donnerstag, 8. Juli 2010
Sankt-Florian-Prinzip
Freude. Die deutschen Fußballmänner haben verloren und damit dürften sich der ganz ach so fröhliche 'Partynationalismus' etwas legen. Aufatmen. Allerdings auf Kosten der Spanier_innen. Besser wäre es natürlich, wenn die auch aus dem Nationalismusblödsinn aussteigen könnten.

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Montag, 5. Juli 2010
Ausnahmezustand in der Nation
Samstagnachmittag, Sonne und ein leerer Spielplatz:

die deutsche Männerfußballnationalmannschaft spielt gegen Argentinien


Derweil sind die Bürgersteige voll, weil alle Fußball schauen müssen. Am Zeitungsständer martialische Parolen



Leider immer noch nicht vorbei.

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Samstag, 3. Juli 2010
Hintergründe für Butlers Ablehnung des Preises
Nachdem die taz bisher ausschliesslich den homonationalistischen Reaktionen auf Butlers Ablehnung des Zivilcourage-Preises Platz geben hat, lässt sie nun auch zehn Tage nach dem Ereignis andere Stimmen zu Wort kommen.

Am Donnerstag druckte sie ein Interview mit Judith Butler. Die taz-Fragen sind durch Abwehr gekennzeichnet. Der Veweis auf die Simon-Studie ist fraglich - es sei den Butler wurde die Studie vorher zur Verfügung gestellt. Der Die Übersetzung erscheint fragwürdig. Butler hat sicher nicht von farbigen Queers gesprochen - Queers of Colour lässt sich so nicht übersetzen, den das ist ein politischer Begriff, der sich im Deutschen auch klar von dem Begriff 'farbig' abgrenzt. Mich würde auch interessieren, ob Butler wirklich von "rechtsextrem" gesprochen hat.

Wie auch immer: das Interview stellt viele Dinge klar:

"es kann nicht richtig sein, etwas Falsches zu korrigieren, indem man erneut etwas Falsches macht."

"Homophobie ernst zu nehmen, heißt zu akzeptieren, dass sie auf unterschiedlichen Ebenen existiert und in verschiedenen Schichten der Gesellschaft. Wir sollten uns für die Homophobie innerhalb der CDU oder innerhalb der katholischen Kirche interessieren, aber auch unter Liberalen der Mittelklasse und neuen rechtspopulären Organisationen. Wenn wir dann vielleicht Homophobie innerhalb von Migrantencommunitys in Betracht ziehen, würden wir eine Art und Weise des Nachdenkens über Homophobie haben, die Rassismus nicht wiederholt. Aber untersuchen wir das Problem? Oder versuchen wir, diese Homophobie zu bekämpfen? Wenn wir das versuchen, müssen wir es in einem Zusammenhang einer Allianz machen, für die der Kampf gegen Rassismus genauso wichtig ist wie der Kampf gegen Homophobie. "

Sie wird dann auch mal wieder auf ihre angebliche Unterstützung von Hamas und Hisbollah angesprochen und antwortet:

"Mir ist klar, dass einige Leute mich in der Weise zitiert haben, dass ich Hamas und Hisbollah als links verstehen würde. Bei dem Statement in seiner Gänze betrachtet, als Antwort auf eine Frage, die aus dem Publikum kam, ging es allerdings darum, dass diese Bewegungen zwar als links beschreibbar sind, aber dass man, wie mit jeder Bewegung auf Seiten der Linken, entscheiden muss, ob es eine Bewegung ist, die man unterstützt oder nicht. Ich habe niemals eine dieser Bewegungen unterstützt, und da ich mich selber zur Gewaltlosigkeit verpflichtet fühle, wäre es für mich auch unmöglich, eine von ihnen zu unterstützen. Es ließe sich viel dazu sagen, wie sie sich gebildet haben und was ihre Ziele sind und in welcher Weise sie einen Kampf gegen Kolonialismus und Imperialismus darstellen. Aber dabei geht es für mich um analytische und beschreibende Arbeit - nicht um Anhänglichkeit oder Unterstützung. "

Danach macht das Interview dann einen Sprung, was darauf hindeutet, dass die taz da nicht weiterdenken wollte. Ein Verweis auf den Business Class-Flug und das Adlon unterbleiben, wahrscheinlich weil Bulter den Flug inzwischen selber gezahlt hat.

Heute dann in er taz ein Beitrag von Tülin Duman von GLADT, in dem sie auf die homonationalistischen Reaktionenen eingeht:

"Während die Bürgerrechtsbewegung der Lesben und Schwulen noch an eindimensionalen Identitätsmodellen hängt, sind immer mehr Menschen nicht nur "gewöhnlich" homosexuell. Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht, Religion, Alter, eine Behinderung und viele andere Merkmale prägen unsere Identität gleichermaßen. "Gewöhnliche" Hartz-IV-EmpfängerInnen können sich die Partyszene der Hauptstadt nicht leisten. Für "gewöhnliche" homosexuelle AsylbewerberInnen gelten nicht die Bürgerrechte, sondern gilt die Residenzpflicht. Wer die Zusammenhänge von Herkunft, Geschlecht und sexueller Orientierung nicht erkennt, wird weder der Berliner noch der deutschen Realität gerecht."

Nachtrag 12.07.10: Auf AVIVA Berlin ein ausführliches Interview mit Butler.

Nachtrag 01.08.10: In einem Interview mit der Jungle World muss sich Butler mal wieder mit dem Antisemitismusvorwurf auseinandersetzen und gibt spannende Antworten.

Nachtrag 05.12.10: In einem ziemlich stumpfen Artikel in der Welt Online, in dem primär gegen Jasbir Puar gehetzt wird, gibt es auch einen Verweis auf Butlers Ablehnung.

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Scheinehen
Ein Hamburger SPD-Abgeordneter ist wegen Anstiftung einer Scheinehe verurteilt worden (siehe taz). Er scheint wie viele Politiker_innen (und andere Machtmenschen) so einige nicht ganz so legale Dinge zu drehen, aber darum geht es mir hier nicht. Spannender finde ich die Definition von Scheinehe, die die taz bringt:

"Definition: Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt eine Scheinehe dann vor, wenn zwei Menschen nicht heiraten, um eine eheliche Lebensgemeinschaft zu gründen, sondern um dem ausländischen Partner ein sonst nicht zu erlangendes Aufenthaltsrecht zu verschaffen."

Es geht also ausschliesslich drum, das ausgrenzende rassistische Aufenthaltsrecht zu stützen. Rassismuskritisches Handeln wird kriminalisiert. An Menschen ohne festen Aufenthaltstitel werden andere Anforderungen für die Eheschliessung gestellt als an die mit einem festen Titel. Letztere dürfen heiraten, egal aus welchem Grund. Was rechtfertigt eine solche Differenzierung?

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Donnerstag, 1. Juli 2010
Kippa und Polizei
Die taz betitelt einen Artikel Wenn Kippaträger Polizisten sind. Bei der Überschrift bin ich davon ausgegangen, dass es darum geht, dass Juden, die die Kippa tragen, dies auch als Polizisten dürfen. Aber weit gefehlt. Die Kategorien Jude und Polizei scheinen als nicht vereinbar gedacht zu werden:

"Er glaubt, dass "es abschreckend ist, wenn Täter wissen, nicht alle Menschen mit einer Kippa sind Juden, sondern auch Polizisten". "

Eine prise antimuslimischer Homonationalismus ist dann auch noch im Artikel zu finden.

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Montag, 28. Juni 2010
Intersexualität
Letzten Mittwoch hat der Deutsche Ethikrat eine Veranstaltung zu Intersexualität durchgeführt. Sie war erschreckend heteronormativ. Medizinische Expert_innen bekamen viel Raum für ihre Reproduktion von Normen. Die Vertreter_innen vom Verein Intersexuelle Menschen wurden als Betroffene abgetan, bekamen viel weniger Redezeit und wurden mit ihrer Krankengeschichte eingeführt. Grauselig. In der Diskussion gab es dann glücklicherweise aus dem Publikum Gegenreden.

Audioprotokolle gibt es auf der Seite des Ethikrates.

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Im Prenzelberg zur WM
Spielt das Land bei der WM?

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Montag, 21. Juni 2010
Ausgrenzung durch Visavorgaben
Die taz berichtet über die restritktive Visavergabe an türkische Staatsbürger_innen:

"Kein anderer EU-Staat gilt unter Türken bei der Visavergabe als so restriktiv wie Deutschland."

und über die Grenzen des Schengen-Visas:

"Da die deutsche Visastelle einen so schlechten Ruf hat, holen sich viele Türken und Türkinnen, die eigentlich nach Deutschland wollen, ein Visum bei den Franzosen, Griechen oder Italienern, weil es dort viel schneller und unproblematischer geht. Doch obwohl ein Schengen-Visum für alle Schengen-Staaten gültig ist, kann auch das danebengehen. Es ist in den letzten Monaten mehrfach vorgekommen, dass türkische Besucher im Flughafen München festgehalten und sogar zurückgeschickt wurden, weil sie ein französisches und kein deutsches Visum hatten. Begründung: Man müsse sein Visa für das Hauptreiseland beantragen. Wären die Reisenden über Paris nach München gekommen, hätte es keine Probleme gegeben."

Wundern muss das mensch allerdings nicht. Denn dazu sind Visa ja da. Der deutsche Staat behält sich damit die Ausgrenzung von ausgewählten Menschen vor. Das ist der grundlegende Skandal. (Und nicht, dass davon auch Künstler_innen und Unternehmer_innen betroffen sind.)

Übrigens: deutsche Staatsbürger_innen können ohne Visa in die Türkei einreisen.

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