Donnerstag, 14. Juni 2007
Vorgeschobene Frauenrechte
"Wolfgang Schäuble hat lange an einer Verschärfungen des Zuwanderungsrechts gefeilt. Als der Bundesinnenminister merkte, dass es dafür Kritik hagelte, zog er die Frauenkarte. Mit den Maßnahmen, so der CDU-Politiker, sollten junge Ausländerinnen vor Zwangsheirat geschützt werden. Der Zeitpunkt war günstig: Monatelang war erhitzt über Ehrenmorde, Zwangsheirat und die Unterdrückung muslimischer Frauen debattiert worden - wer sollte da den Opfern Hilfe verwehren?" beginnt die taz ihren Artikel über die massive Verschärfung des Zuwanderungsrechts.

Das ist eine gerne gewählte Strategie: unter dem Vorwand Frauen zu schützen, rassistische Maßnahmen durchziehen und dabei dann ganz schnell wieder die Frauenrechte vergessen.

Auch in der taz: Ein kurzer Überblick über die anstehenden rassistischen Verschärfungen im Zuwanderungsrecht.

Nachtrag: Auf tagesschau.de wird Schäuble noch mit einer rassisitschen Äußerung zitiert bei der noch nicht mals mehr der Anschein der Wahrung von Frauenrechten aufrecht gehalten wird:

"Es könne nicht ignoriert werden, dass in bestimmten Ausländergruppen heute Ehepartner geheiratet würden, die nicht in Deutschland aufgewachsen seien. Um hier die Integration zu erleichtern, sollten den nachziehenden Partnern Deutschkenntnisse abverlangt werden."

Nachtrag 22.10.10: Laut taz will die Bundesregierung schärfer gegen 'Zwangsehen' und 'Integrationsverweigerer' vorgehen. Es ist tatsächlich eine Verbesserung, wenn Frauen, die ins Ausland verheiratet wurden, ein eigenständiges Wiederkehrrecht nach Deutschland haben. Ansonsten werden wiedermal Gesetze beschlossen, die überflüssig sind, da das Verfolgte bereits strafbar ist. Und es wird etwas beschlossen ohne das es belastbare Zahlen für Handlungsbedarf gibt.

Im taz-Artikel steht nicht, was ich im Radio gehört habe (mich erinnere, gehört zu haben): Eigenständiges Aufenthaltsrecht soll es nach Eheschliessung erst nach drei Jahren (zur Zeit zwei) geben. Das ist eine massive Verschlechterung, insbesondere für Opfer von häuslicher Gewalt, die jetzt noch länger vom Täter abhängig sein werden.

Nachtrag 27.10.10: Die taz berichtet jetzt von der Verlängerung auf drei Jahre, um "Scheinehen" zu verhindern, und führt aus:

"Das hält die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes für kontraproduktiv, da es für zwangsverheiratete Frauen "ein Jahr länger in der Ehehölle" bedeute."

Also selbst unter denen, die Zwangsheirat als das zentrale Probleme sehen, gibt es Widerstand gegen diese Verschärfung. Aber wenn es gegen "Scheinehen" geht, sind halt die Zwangsehen nicht mehr so wichtig.

Häusliche Gewalt erfolgt übrigens nicht nur in den sogenannten Zwangsehen. Das können auch dominanzdeutsche Ehemänner.

Nachtrag 31.10.10: Die taz berichtet weiter:

"Es mache einen Unterschied, wenn die Tochter ihrem Vater künftig sagen könne, "Zwangsheirat ist verboten und du machst dich strafbar", sagte auch Familienministerin Kristina Schröder (CDU)."

Das könnte sie auch ohne Gesetzesänderung sagen. Fehlende gesetzliche Ächtung scheint nicht das wesentliche Problem hier zu sein.

Weiter berichtet die taz:

"Voraussetzung [für das zehnjärige Rückkehrrecht, ug] ist, dass sie integrationswillig sind."

Wahnsinn. Was genau wollen sie dann den überprüfen bei einer Frau, die gegen ihren Willen verheiratet und aus Deutschland genommen wurde?

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Mittwoch, 13. Juni 2007
Ein häßliches Wort
Murat Ersen alias Muhabbet im Interview mit der taz:

taz: "Herr Ersen, was verstehen Sie unter "Integration"?"

Muhabbet: "Ich finde, das ist einfach ein hässliches Wort. Wir sind nun mal hier: hier geboren, hier aufgewachsen. Ich will hier bleiben und meine Kinder hier großziehen. Trotzdem besitze ich keinen deutschen Pass."

taz: "Warum nicht?"

Muhabbet: "Ich müsste ihn beantragen. Das verstehe ich nicht. Wenn man hier geboren wird, dann muss man einen kriegen, finde ich. Aber irgendwann hole ich das nach."

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Mittwoch, 13. Juni 2007
Versagen der Polizei
Die taz interviewt Opferberater Ohse zum Versagen der Polizei in Halberstadt:

taz: "Also reine Faulheit?"

Ohse: "Nein, vielen Beamten fehlt auch die Sensibilität für Opfer rechter Gewalt. Denn die Opfer gehören zum Teil selbst in das Feindbild der Polizei: Ausländer, alternative Jugendliche, Punks."

Nachtrag 14.03.08: Die taz berichtet, dass die Opfer nicht mehr an ein rechtsstaatliches Verfahren glauben: "Dieses Verfahren gibt nur noch vor, rechtsstaatlichen Belangen zu genügen", sagte Nedelmann. Deshalb beantragten die Nebenkläger im Prozess um den Überfall auf eine Theatergruppe im sachsen-anhaltinischen Halberstadt das Ende der Beweisaufnahme. Nedelmann hält wie die anderen Anwälte der Opfer "eine weitere Sachaufklärung geradezu für ausgeschlossen"."

Der Bericht endet mit den Konsequenzen für die Opfer: " Die Schauspieler wollen den Prozess jedenfalls so schnell wie möglich hinter sich bringen. Viele empfinden die schlampigen Ermittlungen und die Behandlung durch die Staatsanwälte als Verhöhnung. "Teilweise hat uns die Staatsanwaltschaft so hingestellt, als hätten wir Mitschuld an dem, was passiert ist", sagt Franziska, eine Tänzerin. "Wir wollen uns nicht weiter demütigen lassen." Wie ihre Kollegen hat auch sie Angst, den Angreifern wieder zu begegnen.

Sie und ein anderer Tänzer sahen deswegen nur einen Ausweg. Sie haben gekündigt und ziehen weg."


Nachtrag 02.06.08: Nur ein Täter wird verurteilt berichtet die taz hier und hier.

Nachtrag 20.06.08: In Halberstadt haben Initiativen an den Überfall erinnert (wie die taz berichtet).

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Sommermärchen
Die taz berichtet über den Vortrag eines Zeitzeugen des Holocausts in der Rütlischule:

""Ob er sich denn trotz der schwierigen Vergangenheit in Deutschland wohl fühlt", fragt ein Schüler. Bab zögert. Er habe immer gerne hier gelebt, antwortet er, "aber in den letzten zwei Jahren habe ich Angst bekommen". Die Bilder von der Fanmeile während der Fußball-WM haben ihn an den Nationalsozialismus erinnert. "Damals waren auch solche Menschenmengen am Brandenburger Tor und jubelten lauthals. Aber die schwenkten Hakenkreuzfahnen.""

Mehr zum Fahnen schwenken beim Sommermärchen.

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Montag, 11. Juni 2007
Norsk - Wissenschaftssprache
Mit großer Verwunderung fragte mich eine norwegische Wissenschaftlerin: "Mir ist aufgefallen, dass viele deutsche WissenschaftlerInnen in deutsch publizieren. Warum?"

Eine gute Frage.

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Protest verbieten
"Die Verwaltung im thüringischen Heiligenstadt hat ihre ganz eigene Vorstellung vom Kampf gegen rechts. Das Ordnungsamt der Kreisstadt im Eichsfeld hat versucht, jüdische Musik als Protest gegen eine NPD-Kundgebung zu verhindern. Ein für Samstag vorgesehener Auftritt von Klezmer-Musikern an einem SPD-Stand könne ein Sicherheitsrisiko sein, meinte die Verwaltung und teilte dies schriftlich den Sozialdemokraten mit. Klezmermusik könne zu Konfrontationen mit Rechten führen. " berichtet die taz.

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Registrieren
In Zukunft wird alles über mich gespeichert. Der taz entnehme ich:
  • meine Fingerabdrücke werden genommen: "Innenminister Schäuble möchte die Fingerabdrücke aller in Deutschland lebenden Ausländer, die nicht aus der EU oder der Schweiz kommen, erfassen und im Ausländerzentralregister (AZR) zentral speichern."
  • mein Foto wird gespeichert: "Am Donnerstag wird allerdings eine ähnliche Maßnahme im Bundestag beschlossen, die bislang für wenig Aufregung sorgte. So sollen im Ausländerzentralregister die Fotos aller in Deutschland lebenden Ausländer gespeichert werden."
  • und wenn ich Verwandte einlade, dann wird noch mehr gespeichert: "Der Referentenentwurf zielt eigentlich auf die Einführung einer Visa-Warn-Datei. Dort sollen Personen zentral gespeichert werden, die Ausländer nach Deutschland einladen."
Und jetzt sage keine, das alles betrifft mich nicht, weil ich ja gar keine 'Ausländerin' bin und mein Vater, die Verwandten einlädt.

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Sonntag, 10. Juni 2007
Ausländerfeindlich
"Ein ausländerfeindlicher Hintergrund scheint abwegig, da sich in der Gruppe lediglich ein Franzose befand, der nach Angaben des Ensembles nicht nicht als Ausländer auffiel." berichtet tagesschau.de.

Daraus können wir schließen, dass der 'Franzose' 'weiß' war. Und 'Weiße' sind viel seltener Opfer von rassistischen Angriffen.

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Samstag, 9. Juni 2007
Zungenbrecher
Gerade lief auf dem Deutschlandfunk ein Bericht über die Aussprachedatenbank der ARD. In dem Bericht ging es um Zungenbrecher, um Namen, die keiner aussprechen könne.

Meinen sie damit Namen wie Angela Merkel, mit dessen deutscher Aussprache sich die meisten Menschen auf dieser Welt schwierig tun?

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Mal wieder
Immer mal wieder kritisieren internationale Organisationen fehlende Menschenrechte in Deutschland. Diesmal berichtet die taz:

"Der Sonderermittler des Europarats, Dick Marty, hat die Bundesregierung im Fall Khaled El Masri heftig kritisiert. ... Es gebe nur einen Grund, warum die verantwortlichen Regierungen dies nicht auch herausbekommen hätten, so Marty: "Sie sind nicht daran interessiert, dass die Wahrheit ans Licht kommt.""

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Freitag, 8. Juni 2007
Gefahr
Die taz fragt Lügt Kavala? Ungedeckte Schuldzuweisungen und eigenwillige Meldungen lassen Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Polizeisondereinheit aufkommen. tagesschau.de bietet eine Reportage aus der Gefangenensammelstelle Rostock: Zwanzig in einem Käfig, 24 Stunden Licht und ein Video zu den Jagdszenen des Greenpeace-Bootes auf der Ostsee.

Offizielle Stellen und die meisten Medien stilisieren die G8-Proteste als (zumindest latent) gewalttätig (katunia und annabexis haben dazu gebloggt) und legitimieren damit eine Einschränkung der Grundrechte der Protestierenden (u.a. Demonstrationsverbote, Körperverletzung durch Polizeieinsätze, Vorenthalten von Rechtsbeistand).

Das erinnert mich an andere 'Sicherheitsdiskurse', die wir gerade erleben: islamistische Terroristen, Illegale, Schläfer, Zwangsheiraten, Kopftuch, Wrangelstrasse, etc. All diese werden auch zur Legitimation der Einschränkung von Grundrechten und der immer größeren Überwachung der Bevölkerung genommen.

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Rassistischer Alltag
In Dresden, in Berlin und in ganz Deutschland.

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Verschärfung
Die taz berichtet über die überraschende Diskussionen über ein Punktesystem für Zuwanderung (also: bestimmte ZuwanderInnen werden als ökonomisch nützlich definiert und dürfen dann einreisen, alle anderen dürfen nach wie vor nicht kommen). Der Artikel schließt mit:

"Erst einmal werden neue Mauern errichtet. Nächste Woche will Schäuble zahlreiche Änderungen beschließen lassen, die der grüne Migrationspolitiker Josef Winkler als "schärfste Verschärfung seit Jahren" geißelt. Die Einbürgerung von jungen Migranten, die schon hier leben, wird erschwert. Sie bekommen den Pass nur noch, wenn sie über Einkommen verfügen. "Das erschwert die Integration", so Winkler. Ausländische Ehepartner, die meistens aus der Türkei kommen, müssen künftig Deutsch lernen, bevor sie einreisen dürfen. Diese Vorschrift gilt freilich nicht für alle. Ehepartner aus den USA und Japan dürfen nämlich durchaus kommen, wenn sie noch nicht Deutsch sprechen. Winkler spricht deshalb von einer "Antitürkeiklausel".

Die Bilanz der großen Koalition dürfte die Experten bald ernüchtern: Über Erleichterungen denkt sie nach. Beschlossen werden neue Hürden."

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