Freitag, 4. Februar 2011
Rassismuskritische Studie über Ethnotourismus
Die Ethnologin Mechtild von Vacano hat eine interessannte rassismuskritische Studie über Ethnotourismus in Indonesien geschrieben: Reise Reflexionen - Selbst Bilder beim Verlag regiospectra.

In ihrem Buch versucht Mechtild von Vacano, Ansätze der kritischen Weißseinsforschung auf den Kontext des Ethnotourismus anzuwenden. Auch wenn ich immer wieder mit einigen Aspekten der kritischen Weißseinsforschung hardere, fand ich den Ansatz durchaus produktiv, um die Rolle von Tourist_innen aus Deutschland in Indonesien zu hinterfragen.

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Interkultureller Blödsinn
Laut tagesschau.de lernen deutsche Soldat_innen in interkulturellen Trainings nicht nur, dass sich Männer in Afghanistan an der Hand halten und das nichts mit Homosexualität zu tun hat, sondern üben das auch noch. Das soll ihnen irgendwas vor Ort bringen. Ich frage mich nur was?

Ich weiss, dass in südasiatischen Ländern der Körperkontakt unter Männern ein anderer ist als in Deutschland. Ich weiss auch, dass Deutsche den Körperkontakt als schwul wahrnehmen. Aber nach allem, was ich mitbekommen habe, wissen die Menschen in Südasien auch, dass der Körperkontakt unter Männern in Europa anders geregelt ist. Wenn sie händchenhaltende europäische Soldaten sehen, dann wird sie das irritieren. Und möglicherweise halten sie das dann auch für schwul. Auch bezweifle ich, dass sie mit den bewaffneten deutschen Soldaten Händchen halten wollen.

Völlig unklar ist mir auch, warum die Soldatinnen lernen Händchen zu halten. Soviel ich weiss, dürfen Frauen in Deutschland durchaus Händchen halten ohne gleich als lesbisch zu gelten. Sie müssen das also nicht lernen. Und mit Männern Händchen halten sollten sie in Afghanistan eher auch nicht.

Irgendjemand verdient da sein_ihr Geld mit ziemlichem Blödsinn.

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Burka in Hessen
Die letzten Tagen waren die Medien voll mit Berichten über eine Mitarbeiterin des Bürgeramts Frankfurt/Main, die nach ihrer Elternzeit in Burka zur Arbeit kommen wollte. Was genau da passiert, weiss ich nicht, denn dazu habe ich zu wenig Informationen. Daher will ich mich auch nicht mit dem Fall sondern mit der Berichterstattung und der politischen Reaktion beschäftigen.

Das Land Hessen hat die Gelegenheit ergriffen und die Burka im öffentlichen Dienst untersagt (siehe taz). Niedersachsen prüft wohl auch ein Burka-Verbot, ohne dass es dort einen konkreten Anlass gibt (siehe Zeit. Damit reihen sich die Länder in europaweite Kriminalisierungen der Buka bzw. des Phantoms der Burka ein.

Wenn ich es richtig sehe, dann werden zur Bebilderung der Berichte, keine Bilder aus Hessen oder Europa genommen, sondern aus Afghanistan. So erscheint es mir in der Print-taz sowie bei etlichen Filmen des Hessischen Rundfunks. Am krassesten war da ein Film vom Mittwoch, den ich jetzt nicht mehr online finde (hier war er). Zwischen die Berichterstattung aus Frankfurt/Main waren Bilder von Frauen in taubenblauen Burkas geschnitten, die mit größter Wahrscheinlichkeit aus Afghanistan stammen. Was sollen die Bilder aussagen? So ganz unkommentiert?

Getragen werden die Berichte von den üblichen Bildern des antimuslimischen Rassismus, wonach muslimische Frauen von unserer Gesellschaft ausgegrenzt werden müssten, weil sie vom Islam ausgegrenzt würden. Interesannterweise vermischt sich die Argumentation aber damit, dass die Frau 'uns' nur ausnehmen wolle. Denn es gehe ihr gar nicht um die Burka, sondern sie wolle nur eine hohe Abfindung erreichen. Spannend wie beide Argumentationslinien parallel geführt werden können.

Spannend auch noch ein Hinweis aus der taz:

"Allerdings könne es auch Ausnahmen geben, sagte Rhein. Gemeint sind offenbar Angestellte wie Reinigungskräfte, die zur Nachtzeit tätig sind. "

Das passt zu einer Aussage, die ich vor ein paar Tagen in einem Vortrag zu antimuslimischen Rassismus gehört habe: Das Kopftuch ist erst dann zum Problem in Deutschland geworden, als Frauen mit Kopftuch qualifizierte Stellen einnehmen wollten. Solange es sich um Reinigungskräfte dreht, interessiert das keine.

Nachtrag 05.02.11: Aus der taz:

"Der Personaldezernent der Stadt Frankfurt, Markus Frank (CDU), sprach von "wehrhafter Liberalität". ... dazu geführt habe, dass eine Ganzkörperschleier tragende städtische Angestellte am Donnerstagabend ihren Dienst quittierte."

Liberalität bedeutet also, wenn sich Frauen aus der Öffentichkeit zurückziehen.

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Interessantes Genderverständnis
Simone Schmollack schreibt in der taz über die Buchvorstellung des neuen Buches von Ex-taz-Chefredakteurin Basha Mika mit dem Titel "Die Feigheit der Frauen"

So, wie ich Schmollack verstehe, verlagert Mika die Verantwortung für Sexismus von den gesellschaftlichen Strukturen zu den individuellen Frauen:

"Ist es nicht eher so, dass es Müttern nicht unbedingt leicht gemacht wird, nach einer Auszeit in den Beruf zurückzukehren, will Braun wissen. "Ich wäre nicht so dumm, die Strukturen zu leugnen", kontert Mika: "Aber was hat sich denn geändert, seit wir die Strukturen beklagen? Nichts.""

Wenn das so stimmt, dann passt das zu der Entwicklung der taz in den letzten Jahren. Immer weniger Kritik ungleicher Machtstrukturen in der Gesellschaft, immer mehr Reproduktion von Ausgrenzungsmechanismen (u.a. Heterosexismus und Rassismus), immer mehr Verlagerung auf das Individuelle. Erschreckend.

Nachtrag 05.02.11: Aus den Referrern: "Search request: die feigheit der frau micka pascha"

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