Freitag, 25. Februar 2011
Rassismus in Kinderbüchern
Über die Reproduktionen von Rassismus (und Heteronormativität und ...) in Kinderbüchern wird schon lange diskutiert, sowohl in der Wissenschaft wie in antirassistischen Initiativen (z.B. auf dem Schwarzen Blog, von Eske Wollrad, vom Verband binationaler Partnerschaften, etc.). Nun hat Wolfgang Benz vom Zentrum für Antisemitismusforschung das Thema aufgegriffen und so ist auch die taz auf das Thema aufmerksam geworden.

Das Problem scheint die Autorin Marlene Halser aber nicht in seiner Tiefe und Tragweite zu verstehen. Sie schreibt ganz distanzierend und die Analyse verzerrend zur Reproduktion von Rassismus in den Pippi Langstrumpf-Büchern: "Nun soll dieses Mädchen eine Rassistin sein." Dabei geht es nicht darum, dass Pippi rassistisch ist, sondern dass die Pippi-Bücher rassistische Bilder und Sprache reproduzieren und Kinder dadurch Rassismus lernen bzw. vertiefen.

Zudem hält die Autorin die Diskussion nicht für relevant, da die Bücher schon alt seien: "Einen aktuellen Anlass für Benz' Kritik gibt es nicht." Als ob die Bücher heute nicht mehr gelesen würden und nicht mehr Kinder prägen würden.

Des weiteren geht sie naiv davon aus, dass Eltern den Rassismus erkennen, als Problem ansehen und mit ihren Kindern darüber sprechen würden: "Benz fordert also den oder die kritische VorleserIn, die in der Lektüre innehält und mit den Kindern über das Gehörte spricht, wenn Pippi über die lügenden Kongolesen urteilt. Aber hätten das die meisten Eltern, die heute noch Vorlesen, nicht ohnehin getan?"

Schliesslich hat sie einen naiven Vorschlag zur Rassismuskritik: "Denn statt nur auf veraltete Phänomene hinzuweisen, wäre es konstruktiver gewesen, nach Kinder- und Jugendbüchern zu fahnden, die Minderheiten thematisieren und damit schon früh zu Toleranz und Offenheit beitragen." Da gibt es einige Bücher auf dem Markt, die Toleranz beibringen wollen und damit die rassistischen Differenzierungen festigen. Der Umgang mit rassitischen Strukturen in der Gesellschaft muss schon etwas komplexer sein.

Dieser taz-Artikel zeigt deutlich, wie wichtig die Auseinandersetzung mit Rassismus in Kinderbüchern ist.

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Impressionen zum antimuslimischen Rassismus
Dass ich seit Anfang Februar fast nicht gebloggt habe, hat nicht damit zu tun, dass es nichts zu bloggen gegeben hätte (es fehlte einfach die Zeit). Aus dieser Woche ein bisschen was zum Thema antimuslimischer Rassismus:

Cigdem Akyol schreibt in der taz darüber, dass islamisches Recht in Deutschland tatsächlich angewandt wird. Auch wenn zwischendurch mal darauf hingewiesen wird, dass dies nicht für islamisches Recht gilt:

"Der Erlanger Islamwissenschaftler Mathias Rohe erklärt, das Nebeneinander der Rechtssysteme sei Ausdruck der Globalisierung. "Wir wenden islamisches Recht genauso an wie französisches", sagt er."

erweckt der Artikel doch den Eindruck, das wäre islamisches Sonderrecht. Es wird nicht ausgeführt, dass im Privatrecht in Deutschland, das Heimatrecht gilt. Darin wird den Personen mehr Bezug zu dem Land ihrer Staatsbürger_innenschaft unterstellt als zu Deutschland, und sie deshalb dem Recht unterworfen.

Akyol schreibt auch zu Großbritannien: "Die Mehrheit stammt aus Indien und Pakistan - aus Gegenden, in denen die Rechtsauslegung per Scharia schon eine sehr lange Tradition hat."

Das stimmt so nicht ganz. In Indien, wie in anderen ehemaligen britischen Kolonien, gilt das plurale personal law. Privatrechtlich gibt es mehrere Rechtssysteme je nachdem welcher Religion/ Gemeinschaft mensch angehört. In Indien gibt es daher unter anderem christliches, hinduistisches, islamisches und staatliches Familienrecht. Das islamische ist durch die Scharia geprägt, das christliche durch die Bibel, etc.

Auch Martin Reicherts Artikel über eine Diskussion zu Muslimen und Homosexualität ist vom Nichtverstehen(wollen) geprägt. Das Hinterfragen des Diskurses, den insbesondere Maria do Mar Castro Varela, fordert, scheint (oder will) er nicht zu verstehen. Reichert tut mal wieder so, als ob er der einzige ist, der sich für die unterdrückten muslimischen/migrantischen Homosexuellen/Schwulen einsetzt. Muslimisch und migrantisch geht bei ihm in eins über, homosexuell und schwul auch. Castro Varela ist für ihn aber nur lesbisch udn damit nicht kompetent: "Es ist schwierig, an einem Sonntagmittag über Analverkehr zu sprechen."

In der Printtaz schaft es die taz dann beim Untertitel des Bildes sowohl Castro Varelas wie Sezgins Name falsch zu schreiben. Beck und Emcke bekommt sie aber hin.

Ein Artikel von Mirjam Schmitt zu einem Planspeil Junge Islam Konferenz zeigt, wie junge Menschen erst durch die öffentlichen Debatten zu Muslimen werden:

"Mit ihrem Verein DeuKische Generation setzt sich die 22-jährige Studentin zwar schon lange für die Interessen türkischstämmiger Jugendlicher ein, Religion spielt in dem Verein aber keine Rolle. "Meine Eltern haben mich säkular erzogen. Erst als ich bei einer Podiumsdiskussion als Muslimin vorgestellt wurde, habe ich gemerkt, dass ich mich mit dem Thema Islam auseinandersetzen muss", sagt Aylin Selcuk."

Die taz berichtet zudem darüber, dass Menschen, die für Muslime gehalten werden, pauschal unter Terrorverdacht stehen:

"Wer aus einem muslimisch geprägten Land stammt, gilt in Deutschland als potenzielles Risiko. Bei Beantragung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels wurden 2010 über 24.000 Menschen zu möglichen Terrorkontakten befragt. Davon waren vor allem Muslime betroffen."

Natürlich distanzieren sich die Behördenvertreter_innen davon, antimuslimisch zu handeln: "Laut einem Sprecher des bayerischen Innenministeriums sei aber nicht ein muslimischer Hintergrund der Befragten entscheidend für die Überprüfungen, sondern ob im Herkunftsland Terrororganisationen aktiv sind."

Werden da auch Menschen aus Irland oder Spanien befragt? Oder geht es nur um muslimische Terrororganisationen?

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