Sonntag, 20. Mai 2007
Gender und der Nationalfeiertag
Norwegen (und die 'NorwegerInnen') rühmt sich, besonders viel für die Gleichstellung von Mann und Frau getan zu haben. Ich vermute sie haben alles recht dazu, kann das allerdings nicht weiter beurteilen, weil ich viel zu wenig mit 'NorwegerInnen' zu tun habe und auch nicht am 'norwegischen' Leben teilhabe. Ich bleibe eine Beobachterin von Außen, die vorübergehend da ist.

Schon in meinem Norwegischkurs in Deutschland hatte ich mir ein paar Fragen zu Gender und Sprache gestellt. Nach meinem Vortrag in Oslo wurde mir von einem 'Deutschen' gesagt, dass mein Hinweis darauf, dass die norwegische Sprache auch Genderhierarchien aufwiese die 'NorwegerInnen' wohl hart treffen würde, denn das wiederspreche ihrem Selbstverständnis. Gesagt haben sie allerdings nichts.

Nun gibt der Nationalfeiertag noch einmal neuen Grund zum Nachdenken über Genderbilder in Norwegen: Die Bunad wird vorallem von Frauen getragen. Sie repräsentieren und verkörpern die 'Kultur', die 'Tradition', die 'Nation' (vgl. die wissenschaftlichen Arbeiten von Yuval-Davis zu Frauen und Nation). Das Straßenbild war ganz klar gegendert. Auch wenn einige Männer auch Bunad trugen, ist das was anderes. Ihre Bunad ist weniger auffallend, weniger verziert und weniger hinderlich beim Treppensteigen. Es sind die Frauen, die mit den Bunad verbunden werden (und andersrum), wie mir auch das Gespräch mit meinen KollegInnen bestätigt hat.

Diese eindeutige Einteilung in zwei Geschlechter mit unterschiedlichen Rollen passt nicht in mein Bild von Gleichberechtigung. Historisch gewachsene Genderbilder und -rollen werden reproduziert, stabilisiert und weitergetragen. Was passiert, wenn dagen rebelliert wird? Wie weit geht die Gleichberechtigung? Kann eine Frau die männlich-markierte Bunad tragen? Ein Mann die weiblich-markierte? Kann mit den Elementen gespielt werden? (Gesehen habe ich nichts davon.)

Titelbild des Programms für den Nationalfeiertag

Und das war nicht die einzigen heteronormativen Genderbilder beim Nationalfeiertag. In den drum corps mit ihrem miltärischen Uniformen, Marschieren, Waffen und Musizieren habe ich nur Jungen gesehen (auch wenn die KollegInnen sagten, dass es jetzt auch welche gibt, in denen Mädchen zugelassen sind). Am Anfang der Hauptprozession gingen fast ausschliesslich Männer.

Als ich bei dem Gespräch mit den KollegInnen diesen Widersprch zwischen dem Gleichberechtigungsdiskurs und der Repräsentation beim Nationalfeiertag ansprach, meinte der eine Mann nur, jetzt würde ich zu sehr anthropologisieren. Zwei Frauen aber stimmten mir zu. Eine meinte, es gebe keinen Widerspruch zwischen den tatsächlich gelebten Genderrollen und dem was ich gesehen hatte. Die andere erzählte mir, dass die Gleichberechtigung (z.B. im Berufsleben) noch lange nicht erreicht sei, aber alle sich selbstgefällig zurücklehnen würden und Feminismus negativ konnotiert sei.

Mir war auch schon bei der Fernsehwerbung aufgefallen, dass sie sehr heterosexistisch ist. Und solche Bilder gab es auch beim Nationalfeiertag.

Am Rande des Zuges zum Nationalfeiertag

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