Samstag, 20. Dezember 2008
Islamist_innen und Evangelikale sind nicht gleich
In unserer Gesellschaft ist es Standard Muslime kollektiv als Islamist_innen (und damit Terrorist_innen) zu bezeichnen. Es scheint deshalb ok, wenn der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung Thomas Krüger die Schüler_innenzeitung Q-Rage mit folgendem Begleitwort verschickt: "In der Zeitung finden sich interessante Informationen, wie islamistische [...] Gruppen, die wichtige Freiheitsrechte in Frage stellen, Jugendliche umwerben." (siehe Artikel der taz). Da macht es nichts weiter, das durchaus unterschiedliche Geschichten über junge Muslime/Muslima in der Zeitung beschrieben sind.

Krüger hat aber einen Fehler gemacht. Er schreibt nicht nur von islamistischen Gruppen sondern von "islamistische und evangelikale Gruppen" und das geht nun gar nicht. Der Aufruhr ist groß und "Krüger distanzierte sich von dem Text - und von seinem Begleitschreiben." wie die taz schreibt. Dass Evangelikale z.B. Homosexualität für eine heilbare Krankheit halten, ist wohl nichts weiter verwerfliches.

(Mich hatte die Q-Rage aus einem anderen Grund geärgert.)

Nachtrag 04.01.09: Die Evangelikalen fordern noch mehr und scheinen damit erfolgreich. Auch wenn einige von ihnen gegen die jugendlichen Redakteur_innen hetzen:

"Diese waren mit Anschriften und Fotos auf Internetseiten bibeltreuer Christen veröffentlicht und attackiert worden."

Nachtrag 11.01.09: Ein längerer Bericht zu den Evanglikalen im taz mag.

Nachtrag 31.01.09: Die Bundeszentrale bringt jetzt - wie von den Evangelikalen gefordert - eine Publikation über Christliche Verantwortung heraus, wie die taz berichtet.

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Donnerstag, 18. Dezember 2008
Islamophobie und Antisemitismus
Hilal Szegin hat in der taz wieder ein interessantes, differenziertes und zum Nachdenken anregendes Schlagloch: Ein anderer Koffer unterm Bett veröffentlicht.

Dabei weist sie zum einen darauf hin, dass es neben Islamophobie noch andere gewalttätige Rassismen im heutigen Deutschland gibt:

"Was die reale physische Bedrohung durch Neonazis angeht, geraten afrikanischstämmige Menschen viel häufiger in deren Visier."

Zum anderen verweist sie darauf, dass der deutsche Antisemitismus ein singulärer ist:

"Und doch ist der arabische Antisemitismus historisch und politisch ganz anders gelagert als der deutsche - gerade weil der Holocaust ein im schlimmsten Sinne einzigartiges Verbrechen und Kulminationspunkt einer bestimmten, deutschen (und europäischen) Geschichte ist."

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Mittwoch, 10. Dezember 2008
Gewünscht: Mieter_innen mit deutschem Namen
Emsal Kilic hat für ihre Diplomarbeit untersucht, welche Erfahrungen Wohnungssuchende mit türkisch-klingendem Namen, türkisch-klingender Stimme und türkisch-wirkendem Aussehen im Vergleich mit deutsch-Wirkenden machen. Die taz berichtet über die Ergebnisse, die eine klare Privilegierung der deutsch-Wirkenden zeigen.

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Montag, 1. Dezember 2008
Islamo- und Homophobie
Aus der heutigen taz zwei Zitate zu den islamophoben Tendenzen des LSVD:

"Hakan Tas, Mitbegründer des Vereins türkeistämmiger Schwuler und Lesben GLADT und im Integrationsbeirat des Senats Vertreter homosexueller MigrantInnen, ärgert diese Haltung: Homophobie sei "ein weltweites Problem", sagt Tas. MigrantInnen oder Muslime zu Haupttätern zu erklären, sei diskriminierend. Der LSVD isoliere sich, wenn er "nur Türken und Araber als Täter" sehe, so Tas: "Er soll sich mal fragen, warum kaum noch MigrantInnen mit ihm zusammen arbeiten wollen"." in Schwule streiten schärfer

"Ich bin nicht dafür, das Problem zu ethnisieren, wie es der LSVD meiner Meinung nach tut. Nehmen Sie den Namen seines Migrantenprojektes: Miles. Es steht für Migranten, Lesben und Schwule und nicht für Migrantische Lesben und Schwule. Das ist doch eine eigenartige Sicht." aus dem Interview mit Nurkan Erpulat

Nachtrag 10.12.08: Die taz zitiert Thomas Birk, den schwulenpolitischen Sprecher der Berliner Grünen-Fraktion zu Homophobie:

"Verbreitet sei sie ethnisch übergreifend bei Männern mit konservativen Rollenbildern."

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Mittwoch, 29. Oktober 2008
Homophobie
In Kausldorf werden zwei Frauen angegriffen. Die Polizei schliesst eine homophobe Tat nicht aus. Die taz berichtet.

Ausserdem berichtet die taz von einem Treffen von "Vertreter[n] von Homosexuellen und Migranten .. mit Politikern" (ob es sich tatsächlich nur um Männer gehandelt hat und ob die Kategorien Homosexuelle, Migrant_innen und Politiker_innen trennscharfe sind, thematisiert die taz nicht weiter). Diesen Artikel beginnt die taz bezugnehmend auf den Vorfall in Kausldorf mit:

"Geplant war das Treffen schon länger, nach dem Angriff auf zwei Lesben in Hellersdorf (siehe oben) erfuhr es ungeahnte Aktualität"

Warum hat das Treffen dadurch ungeahnte Aktualität? Sind homophobe Migrant_innen extra ins 'weiße' Kausldorf gefahren, um dort 'weiße' Homosexuelle anzugreifen?

Die taz zitiert eine LKA-Vertreterin wie folgt:

"Die meisten Straftaten geschähen in den Innenstadtbezirken wie Schöneberg und Teile von Kreuzberg, wo sich Schwule offen zeigen, so Löhrs Kollegin, Marie Tischbier. Lesben würden eher Opfer verbaler Gewalt, während schwule Männer oft auch körperlich attackiert würden. In den östlichen Außenbezirken oder Neukölln trauten sich die meisten gar nicht, auf der Straße ihre Homosexualität zu zeigen.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: In Kreuzberg und Neukölln fühle ich mich recht sicher. Körperliche Gewalt befürchte ich eher nicht, verbale gibt es aber immer wieder. In Marzahn-Hellersdorf (dazu gehört auch Kaulsdorf) hingegen habe ich richtig Angst und passe sehr auf. Es gibt ganz klar No-Go-Areas und in denen ist dann natürlich die Anzahl der Angriffe geringer.

Homophobie ist ein Problem der heteronormativen Gesellschaftsordung und nicht spezifisch eines von 'Migrant_innen'.

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Sonntag, 26. Oktober 2008
Rund um den Islam und Islamophobie
  • die Moschee in Heinersdorf ist eröffnet (siehe taz und frühere Beiträge hier)
  • eine Moschee in Duisburg wird eröffnet und Deniz Yücel veröffentlicht einen differenzierten Artikel in der taz
  • das Landesarbeitsgricht Hamm bestätigt, dass einer koptuchtragenden Lehrerin gekündigt werden darf (siehe taz)

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Sonntag, 28. September 2008
Muslime und Statistik
Durch die Medien geisterte in den letzten beiden Tagen eine Studie über Muslime (z.B. in der taz). Besonders erwähnenswert ist den Medien vor allem folgende Erkenntnis:

""Bislang wurde die Religiösität der Muslime als sehr politisch wahrgenommen. Doch tatsächlich spielt Politik für sie eine untergeordnete Rolle", sagte die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth bei der Vorstellung der Studie am Freitag in Berlin."

Woran der Unterschied zwischen unseren Unterstellungen und den Ergebnissen der Studie wohl liegt? Möglicherweise an der Studie selbst. Mit quantitativen Erhebungen kann frau ja alles herausbekommen, was sie rausbekommen will. Könnte aber auch daran liegen, dass unsere Unterstellungen in der Regel wenig mit dem zu tun haben, was die 'Muslime' so tun.

Meine grundlegende Frage ist eine ganz andere: Wie wurden die Muslime, die studiert wurden, definiert? All jene Menschen, die sich als Muslime definieren? Dann frag ich mich erstens, wie diese Menschen gefunden wurden: Wurden alle Menschen in Deutschland gefragt, ob sie Muslime sind? Und zweitens überrascht es mich, dass nur 90% religiös sind, schliesslich war Religiösität ja die Definitionsgrundlage. Gab es eine andere Grundgesamtheit? Welche?

Am meisten wundere ich mich immer wieder, welche Bedeutung Statistiken beigemessen wird. Dabei sagen sie so unheimlich wenig aus, wenn nicht alle Annahmen bei der Datendefinition und -erhebung transparent gemacht werden.

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Donnerstag, 18. September 2008
Entweder oder
"Homosexuelle in Berlin wollen den Tag der offenen Moschee am 3. Oktober dazu nutzen, mit Muslimen über die Menschenrechte von gleichgeschlechtlichen Paaren zu diskutieren." berichtet die taz berlin.

Mensch ist also entweder homosexuell oder Muslim. Woher hat der LSVD diese Erkenntnis?

Dank an katunia für den Hinweis.

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Über die Ehre
"Die Inhalte der Ausstellung sind eigentlich bekannt" zitiert die taz den Neuköllner Bürgermeister Buschkowsky zur Eröffnung der Ausstellung Tatmotiv Ehre. Später im Artikel wundert sich die taz-Autorin Svenja Bergt dann über die Form der Präsentation:

"Doch leider trägt die Präsentation ihr Problem schon im Konzept: Wer sich gezielt vor die Informationstafeln stellt, muss sich zumindest schon so weit mit dem Thema beschäftigt haben, dass er sich darin vertiefen will. Die eigentlich interessante Zielgruppe dagegen, die Schülerinnen und Schüler, wird mit einer derart altmodischen Darbietungsform kaum erreicht .... Dabei hat der Veranstalter, die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes, extra Unterrichtsmaterial zu der Ausstellung entwickelt. Und die Organisation spricht auch davon, dass die Ausstellung bislang "sehr erfolgreich" durch Deutschland getourt sei. Dabei wird eine weitere Zielgruppe, die wichtig wäre, gar nicht erreicht: nämlich die Menschen, die kein Deutsch sprechen. Denn die Tafeln informieren ausschließlich in deutscher Sprache. "

Ich würde ja bezweifeln, dass die Zielgruppe, die Menschen sind, denen unterstellt wird, dass sie aus dem Tatmotiv Ehre handeln. Wenn dem so wäre, dann wäre sicher eine andere Darstellungsform (in vielerlei Hinsicht) gesucht und gefunden worden. Ich vermute viel eher, dass diejenigen, die wie Buschkowsky schon alles 'wissen', sich mit dieser Ausstellung in ihrer überlegenen wissenden Position festigen wollen und die anderen weiter als Objekte ihrer Betrachtungen erhalten wollen.

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Dienstag, 9. September 2008
Mal wieder das Kopftuch
Die Berliner Landesstelle für Gleichbehandlung hat eine Broschüre unter dem Titel Mit Kopftuch außen vor? (als pdf) herausgegeben. Darin geht es um Diskriminierungserfahrungen von Frauen, die Kopftuch tragen. Unter anderem auch aufgrund des Berliner Neutralitätsgesetztes.

Um diese Broschüre ist nun ein Streit ausgebrochen (die taz berichtet). 'Frauenrechtlerinnen' sehen in der Broschüre eine Unterstützung eines diskriminierenden Kopftuchzwangs. In ihrem Kampf gegen das Kopftuch scheint es ihnen nicht weiter wichtig, den Diskriminierungen, die kopftuchtragende Frauen erleiden, entgegen zu treten:

"Kritikerin Seyran Ates sieht das anders. Niemand bestreite die Diskriminierungserfahrungen von Kopftuchträgerinnen, sagte die Anwältin gegenüber der taz: "Das ist ein altes Thema.""

Frauenrechte gelten wohl nur für bestimmte Frauen.

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