Dienstag, 5. Februar 2008
Vom Angeklagten zum Zeugen zum Angeklagten
Im Dezember 2003 wird Peter Kwasi Gyimah im Abschiebegewahrsam verletzt. Die taz berichtet, was als nächstes geschah:

"Der erste Schritt der Wahrheitssuche war eine Strafanzeige gegen Gyimah: Er habe sich gegen eine Polizeimaßnahme gewehrt. Die Anzeige wurde zurückgezogen. Gyimah selbst erstattete nicht Anzeige gegen die Beamten, da er davon ausging, man würde ihm nicht glauben."

Dann aber beschuldigte ein Mitarbeiter des Abschiebegewahrsams einen anderen, Gyimah geschlagen zu haben. Gyimah wurde als Zeuge geladen und erkannte unter den ZuhörInnen denjenigen, der ihn geschlagen haben soll. Gegen diesen läuft ein Verfahren, das nun ausgesetzt wird, denn Gyimahs Anwältin hat einen Befangenheitsantrag gegen den Richter gestellt. Nicht nur wurde Gyimah die Prozesskostenhilfe verweigert, auch seine Glaubwürdigkeit wurde angezweifelt und der Richter sprach ihn mit "Angeklager" an.

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Probleme abschieben
Diese Überschrift wiederholt sich immer wieder, aber mir fällt keine treffendere ein.

Die taz berichtet über einen jungen Berliner, der für mehrere Straftaten verurteilt wurde und nun in die Türkei abgeschoben werden soll. Mit der verbindet den jungen Mann außer seiner Staatsbürgerschaft wenig. In Berlin fühlt er sich zu hause, dort wurde er straffällig. Dort wurde er aber auch in einem Status des Anderen gehalten:

"Mit 13 kam Serdar in ein Jugendheim, das war der Bruch in seiner Biografie. Es folgten Diebstähle, ständiger Ärger mit den Lehrern, irgendwann der erste Joint. Mit sechzehn muss er eine Aufenthaltsgenehmigung beantragen, denn vorher war sein Status über die Eltern gedeckt. Seine Betreuer versäumen es, seine Papiere einzureichen. Deswegen bekommt er nur noch befristete Aufenthaltsgenehmigungen. Mal für ein Jahr, mal für wenige Wochen."

Auch eine Freundin von mir versäumte es, an ihrem 16. Geburtstag ihre Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen. Dadurch war sie ein paar Wochen oder Monate 'illegal' in Deutschland und so verlor sie zum Beispiel ihren Anspruch auf vereinfachte Einbürgerung. - Praktisch so ein Gesetz.

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Die Grenzen der Freizügigkeit
Die EU-Freizügigkeit gilt nicht nur für Staatsangehörige der neuen EU-Länder nicht. Auch Menschen aus den privilegierten Staaten dürfen sich nicht niederlassen, wo sie wollen, wenn sie auf Sozialleistungen angewiesen sind.

Die taz berichtet von einer in Berlin lebenden Künstlerin (französischer Staatsangehörigkeit):

" ... hatte das Amt der EU-Bürgerin mit Abschiebung gedroht. Sollte Artru das Land nicht freiwillig verlassen, werde man ihre "Ausreise in Ihrem Herkunftsstaat Frankreich veranlassen". Deutschland schiebt eine EU-Bürgerin nach Frankreich ab ... Die 43-jährige Künstlerin ist zu arm für Deutschland. Sie muss gehen, weil sie weniger als 600 Euro im Monat verdient."

Wenn sie sich besser mit der Rechtslage ausgekannt hätte und sich um alle Formalia gekümmert hätte, wäre ihr die Ausweisung wohl erspart worden, wie die taz berichtet:

"Hätte sie rechtzeitig eine Steuernummer beim Finanzamt beantragt, wäre sie auf der sicheren Seite gewesen. Stattdessen meldete sie vor längeren Frankreichaufenthalten ganz ordentlich ihren Wohnsitz ab - ohne zu ahnen, dass dies ihre Chancen noch verschlechterte. Denn nur nach fünf Jahren ununterbrochenen Aufenthalts bekommen EU-BürgerInnen automatisch ein unbegrenztes Aufenthaltsrecht - und Anspruch auf Sozialleistungen. "Man muss sich gut informieren, um in den richtigen Status zu rutschen", sagt die Anwältin, die ihrer Mandantin nun hilft, sich von Frankreich aus auf einen zweiten Anlauf in Deutschland vorzubereiten. Als amtlich gemeldete Künstlerin kann sie nach erneuter Einreise einen zweiten Antrag auf Freizügigkeit stellen."

Aber wer kennt sich mit den Details des Rechtes so aus?

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Dienstag, 29. Januar 2008
Law and Order ohne Law
In Kärnten hetzt Haider weiter gegen 'AusländerInnen'. Gerade hat er es auf tschetschenische AsylbewerberInnen abgesehen. Mit allen (unlauteren) Mitteln versucht er sie (in andere Teile Österreichs) abzuschieben und bietet dabei die BürgerInnen um Mithilfe. Die Polizei verwehrt sich gegen die rechtsstaatswidrige Einmischung des Landeshauptmanns. ÄrztInnen beklagen pauschale Kollektivstrafen. Haider macht weiter und verbietet auch den Bau von Moscheen. (siehe Bericht der taz).

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Samstag, 26. Januar 2008
Schutz vor Ausweisung gefordert
Christian Semler kommentiert die Forderung und Praxis inländische StraftäterInnen auszuweisen in der taz:

"... unabhängige Süssmuth-Kommission ... kam einhellig zu dem Ergebnis, dass ein vollständiger Schutz vor Ausweisung für ausländische Kinder, Jugendliche und Heranwachsende unabdingbar sei. Die Kommission war der Meinung, dass sich die deutsche Gesellschaft zu ihrer Verantwortung bekennen müsse und sie keinesfalls an andere Länder delegieren dürfe. Schließlich seien die jugendlichen Ausländer in ihrer großen Mehrheit de facto Inländer."

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Freitag, 25. Januar 2008
In aller Verschwiegenheit
werden in Berlin Abschiebungen vorbereitet.

Die taz berlin berichtet, dass die Behörden aktiv versuchen, RechtsanwältInnen nichts von der anstehenden Abschiebung ihrer MandantInnen wissen zu lassen:

""Wir haben schon länger den Eindruck, dass die Ausländerbehörde die Anwälte eher als störend empfindet", sagte Jens-Uwe Thomas, Sprecher des Flüchtlingsrats. "Jetzt haben wir es zum ersten Mal schwarz auf weiß". Der Vermerk, um den es geht, datiert vom 11. Januar. Zum Zwecke der Abschiebung werde für die Armenierin Silwia S. Sicherungshaft beantragt, schreibt die Ausländerbehörde an das Amtsgericht Schöneberg, das im Abschiebeknast Köpenick über die Haftanträge entscheidet. In dem Schreiben weist die Ausländerbehörde darauf hin, dass bei Silwia S. "trotz intensiver Gespräche keine Ausreisebereitschaft erkennbar war". Dann folgt der entscheidende Satz: "Ich bitte Sie, von der Benachrichtigung der Verfahrensbevollmächtigten abzusehen, weil sonst die Maßnahme gefährdet ist.""

Im Abschiebegewahrsam gab es übrigens einen weiteren Suizidversuch.

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Montag, 14. Januar 2008
Ehen verhindern
Wenn indische StaatsbürgerInnen in Deutschland heiraten wollen, müssen sie eine Ehefähigkeitsbescheinigung aus Indien beibringen. Obwohl nach der Loseblattsammlung von Brandhuber/Zeyringer "Standesamt und Ausländer", Neufassung 10. Lieferung, abgeschlossen im Juli 1992, Frankfurt am Main, S.7:

"Indien kennt das Institut des Ehefähigkeitszeugnisses nicht. Bei Eheschließung in Deutschland ist daher die Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses durch den zuständigen Präsidenten des Oberlandesgerichts bzw. Bezirksgerichts erforderlich. Anstelle der bisher von indischen Staatsangehörigen geforderten Versicherung an Eides Statt ("Affidavit") sollte ein sog. "Certificate of Marriageability", ausgestellt vom zuständigen indischen Bezirksgericht, verlangt werden."

Vor etwa zehn Jahren hat das einer Freundin von mir, die in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, viele Probleme bereit. Denn die indische Botschaft war nicht zuständig und sonst auch keine Behörde in Indien. Sie musste daher vor Gericht ziehen und konnte erst dann heiraten.

Heute ist die Situation nicht besser geworden. Eine andere Freundin von mir, auch eine indische Staatsbürgerin, wollte sich in Deutschland verpartnern. Auch dafür wurde die Ehefähigkeitsbescheinigung verlangt. Anstatt ihrer sollte eine Affidavit beschafft werden und jemand von der deutschen Botschaft in Delhi beauftragt werden, bei ihren Eltern und NachbarInnen nachzufragen, ob es sie gibt und sie noch ledig ist. Dabei wäre auch allen erzählt worden, mit wem sie sich verpartnern will. Und das obwohl in Indien homosexuellen Menschen eine Verfolgung nach Section 377 des Indian Penal Codes droht. Die Freundin verzichtete daher auf die Verpartnerung. (Damit ist auch ihr Aufenthaltsrecht in Deutschland nicht mehr gewährleistet, da sie ihr Studium kürzlich abgeschlossen hat.)

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Dienstag, 8. Januar 2008
Jugendliche Straftäter
Die taz hat eine interessante Analyse von dem Soziologen Joachim Kersten zur Jugendgewalt veröffentlicht. Kersten geht dabei auch auf die unterschiedliche Wahrnehmung öffentlicher und häuslicher Gewalt ein.

Nachtrag 10.01.08: L. Gaede und O. Reissmann argumentieren in der taz, dass Jugendgewalt nicht durch die ethnisierte Herkunft sondern durch ökonomische und soziale Marginalisierung verursacht werden. Etwas problematisch an der Darstellungsweise ist der Eindruck, dass Kriminalität vor allem ein Problem der Ungebildeten ist. Für körperliche Gewalt im öffentlichen Raum mag das durchaus gelten. Die Gebildeten verlegen sich eher auf andere Formen von Kriminalität und Gewalt. Aufgrund ihrer Privilegien und Machtpositionen müssen sie sich zum einen die Hände nicht direkt schmutzig machen und können sich zum anderen auf viel elegantere Art bereichern.

Vom NDR gibt es zudem eine interessante Analyse, wie Ereignisse zu politikbestimmenden Medienereignissen werden.

Nachtrag 16.01.08: Heute in der taz ein Interview mit Haci-Halil Uslucan, der seit Jahren zu 'Jugenggewalt' in Deutschland forscht. Uslucan beeindruckt durch eine differenzierte Analyse, bei der er nichts beschönigt und nicht in pauschale Verurteilungen verfällt.

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Montag, 7. Januar 2008
Abschieben
"Allerdings fordert sie, dass erwachsene Ausländer nach Verurteilung zu einer einjährigen Haftstrafe zwingend ausgewiesen werden müssen. Derzeit liegt die Schwelle bei einer dreijährigen Haftstrafe. Das hat mit Jugenddelinquenz nichts zu tun und ist der eigentliche Hammer in diesem Programm."

schreibt die taz in einem Artikel über die aktuelle Diskussion zum Jugendstrafrecht.

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Freitag, 4. Januar 2008
Probleme abschieben
Im taz-Interview stellt Christian Pfeiffer gut dar, dass härtere Strafen nicht das Problem von Jugendkriminalität beheben können und verweist stattdessen auf die gesellschaftliche Gründe für das kriminelle Verhalten von Ausgegrenzten. Aber auch er hält es für sinnvoll Probleme abzuschieben, anstatt sie hier wo sie entstanden sind zu bearbeiten. Anstatt der jugendlichen StraftäterInnen will er deren "prügelnde Väter" abschieben.

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