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Freitag, 20. Januar 2023
The Book Shop
urmila, 10:42h
Gabriele Dietze bat mich für ihr Forschungsprojekt Quarantine Cultures nach indischen Romanen zur Pandemie zu schauen.
Also bin ich letztes Wochenende mal in den Buchladen um die Ecke gegangen. Und das war sehr nett. Die Buchhändlerin wusste zwar nicht sofort was, hat sich aber dann schlau gemacht und mir ein Buch bestellt ("Homebound", das lese ich gerade). Als ich dann noch nach queeren und/oder feministischen Romanen aus Indien fragte, ist sie sofort zum Buchregal gegangen und hat diverses aus dem Regal gezogen. Als ich ein anderes rauszog, in dem drei Frauen im Zentrum stehen, meinte sie, dass hätte eher keine feministische Perspektive. Ein paar der von ihr empfohlenen Bücher kannte ich schon, von den anderen habe ich erstmal zwei ausgesucht und mitgenommen. Eines ("Qabar") habe ich schon gelesen und fand es beeindruckend. Ausserdem habe ich noch einen Krimi zu Delhi mitgenommen, denn sie sehr empfholen hat.
Dann hat mich die Buchhändlerin noch nach aktuellen Trends der deutschen Literatur gefragt. Und da ich da nicht so recht antworten konnte (ausser Merle Kröger zu empfehlen), habe ich sie mal mit meiner Buchhändlerin aus Berlin vernetzt. Ich hoffe, die kommen in einen guten Austausch.
Gute Buchhandlungen sind echt goldwert.
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Donnerstag, 19. Januar 2023
Über Essen reden
urmila, 07:49h
Inder_innen würden viel über Essen reden, erklärten mir Freund_innen in Berlin. Und ich widersprach. In meiner indischen Familie wurde nie viel über das Essen gesprochen. Aber seit ich hier bei ICAS:MP arbeite, kann ich die Aussage unterstützen. Meine indischen Kolleg_innen verbringen das gemeinsame Mittagsessen meist damit, ausführlich über die Zubereitung der verschiedenen Gerichte, über die Zutaten, etc. zu sprechen. Sie sind alle engagiert dabei, egal ob sie die Gerichte selbst gekocht oder ihre Mutter oder ihre Köchin gekocht hat.
Wieder was über Indien gelernt. Und über Essen.
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Mittwoch, 18. Januar 2023
Interkulturelle Zuschreibungen
urmila, 11:25h
Das neue Jahr hat neue Fellows gebracht. Fellows mit transnationalen Erfahrungen und dem Wunsch, keine Fehler zu machen. Also fragte uns die eine, wie denn das sei mit dem Essen nur mit der rechten Hand.
Jeder (vermute ich) deutsche interkulturelle Ratgeber zu Indien erklärt, dass auf keinen Fall mit der linken Hand gegessen werden darf. Sondern nur mit der rechten. Alles andere ist unrein. Angeblich.
Mir war schon früh aufgefallen, dass sich unsere indischen Kolleg_innen nicht an diese Regel, die auch ich als gegeben angenommen hatte, halten. Als sie nun explizit gefragt wurden, verstanden sie die Frage gar nicht. Unsere 22jährige Kollegin hatte noch nie davon gehört, dass man das nicht dürfe.
Mal wieder ein Hinweis darauf, dass interkulturelle Handlungsempfehlungen mit großer Vorsicht zu betrachten sind. Kultur ist nicht homogen und statisch. Allgemeine Regeln stimmen situativ eher nicht.
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Dienstag, 17. Januar 2023
RSS und LGBTQ
urmila, 08:00h
Der Leiter des hindunationalistischen RSS Mohan Bhagwat hat kürzlich in einem Interview, Offenheit für LGBTQ gezeigt (siehe Indian Express). Zwei Tage später haben im Indian Express der Vize-Chef der BJP-Jugendorganisation und ein Doktorand erklärt, dass die Linken Hindutva nicht verstehen und diese Haltung gegenüber LGBTQ nicht überraschend sei. Ein paar Tage später hat der Indian Express noch einen Erklärtext gebracht.
Es ist schon lange klar, dass es in Indien queere Aktivist_innen gibt, die dem Hindu-Nationalismus nahe stehen oder vertreten. Das lässt sich vereinbaren, wie auch in der AfD (wie z.B. die Forschung von Patrick Wielowiejski zeigt).
Das heisst aber nicht, dass LGBTQ hier in Indien sicher sind. Gerade wurde eine Diskussion zu LGTBQ-Rechten mit dem offen schwulen Filmmacher Onir bei einem Literaturfestival in Bhopal wegen Sicherheitsbedenken abgesagt, anstatt für ausreichend Sicherheit zu sorgen (siehe auch Indian Express). Wer gedroht hat, wurde nicht berichtet. Es ist aber naheliegend, dass es Rechte waren.
Und sowieso: Auch wenn Mohan Bhagwat sich in dem Interview offen zu LGBTQ zeigt, zeigt er gleichzeitig die hindunationalistische Hetze gegen Muslim_innen (siehe auch Indian Express-Kommentar). Gegen diese sieht er die Hindu-Gesellschaft im Krieg.
Die Inklusion von LGBTQ durch die RSS ist nichts erstrebenswertes.
Nachtrag 18.01.23: Auf Scroll.in gibt es jetzt auch einen Kommentar, der die Homophobie des Hindu-Nationalismus thematisiert.
Es ist schon lange klar, dass es in Indien queere Aktivist_innen gibt, die dem Hindu-Nationalismus nahe stehen oder vertreten. Das lässt sich vereinbaren, wie auch in der AfD (wie z.B. die Forschung von Patrick Wielowiejski zeigt).
Das heisst aber nicht, dass LGBTQ hier in Indien sicher sind. Gerade wurde eine Diskussion zu LGTBQ-Rechten mit dem offen schwulen Filmmacher Onir bei einem Literaturfestival in Bhopal wegen Sicherheitsbedenken abgesagt, anstatt für ausreichend Sicherheit zu sorgen (siehe auch Indian Express). Wer gedroht hat, wurde nicht berichtet. Es ist aber naheliegend, dass es Rechte waren.
Und sowieso: Auch wenn Mohan Bhagwat sich in dem Interview offen zu LGBTQ zeigt, zeigt er gleichzeitig die hindunationalistische Hetze gegen Muslim_innen (siehe auch Indian Express-Kommentar). Gegen diese sieht er die Hindu-Gesellschaft im Krieg.
Die Inklusion von LGBTQ durch die RSS ist nichts erstrebenswertes.
Nachtrag 18.01.23: Auf Scroll.in gibt es jetzt auch einen Kommentar, der die Homophobie des Hindu-Nationalismus thematisiert.
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Montag, 16. Januar 2023
Max oder Meks?
urmila, 12:06h
Das India International Centre ist in der Max Mueller Marg. Das Goethe-Institut in Indien heisst Max Mueller Bhavan. Max Müller war ein wichtiger Indologe , der in Oxford an der Universität geforscht hat und nie in Indien gewesen ist, soweit ich weiss.
Am Straßenschild lässt sich sehen, warum es nicht sinnvoll ist beim Übersetzen zwischen Deutsch und Hindi über Englisch zu gehen, zumindestens was die Vokale angeht. Im Hindi steht da, wenn ich es richtig lese: Meks Myular. Müller ist da noch ganz gut getroffen, aber der arme Max wird anglisiert. Maks würde es besser treffen. Oder war in Oxford aus Max sowieso schon Meks geworden?
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Samstag, 14. Januar 2023
Kalt
urmila, 17:30h
In Deutschland war es über die Feiertage eher zu warm. In Delhi derweil war es Anfang Januar sehr kalt. Eine Cold Wave. Das bedeutet, die Temperatur ist mehrere Tage hintereinander nachts unter 4 Grad Celsius gefallen. Und tagsüber unter 20 Grad geblieben. Das hört sich aus deutscher Sicht vielleicht nicht so kalt an. In Deutschland gibt es aber auch Heizungen. Und die meisten Wohnungen haben recht dichte Fenster. Das gilt für Delhi nicht. Zudem wohnen hier noch mehr Leute als in Berlin in nicht festen Unterkünften. Da wird es sehr kalt. Gefährlich kalt.
Meine Wohnung ist ziemlich dicht. Und ich habe einen ganzen Stapel Decken. Da konnte ich gut schlafen. Ausserhalb des Bettes wares aber doch empfindlich kalt. Und so habe ich von meinem Vermieter einen Heizstrahler bekommen. Das macht einen ziemlichen Unterschied. Für meine Körpertemperatur und vermutlich auch das Klima (sehr ineffiziente Form des Heizens).
Heutenachmittag habe ich auf der Dachterasse gesessen und gearbeitet. Das war sehr angenehm (bevor die Sonne untergegangen ist). Mal sehen, wie es nächste Woche wird. Da soll wieder eine Cold Wave kommen.
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Freitag, 13. Januar 2023
Abhängigkeit
urmila, 13:33h
Kurz nach 2.00 Uhr nachts bin ich letzte Woche in meiner Unterkunft in Delhi angekommen. Ich habe meine Sachen weggepackt, den Kühlschrank aufgemacht und da ist eine Wasserflasche rausgefallen. Aus Glas. Das ist zersplittert im gesamten Küchenraum und darüber hinaus.
Ich habe Scherben aufgesammelt, soweit ich konnte. Einen Lappen habe ich gefunden und etwas zusammengewischt. Einen Handfeger aber gab es nicht. Also konnte ich Mitten in der Nacht nichts weitermachen. Am nächsten Tag habe ich dann bei einem Angestellten Bescheid gesagt, dass mir eine Flasche zerbrochen ist. Er kam hoch, schaute es sich an und rief dann einen Sweeper, der sauber gemacht hat.
Da ich beim nächsten mal etwas handlungsfähiger sein wollte, habe ich heute ein Istrument zur Selbständigkeit gekauft: Ein Handfeger!
Wenn mir das nächste mal in der Nacht etwas kaput geht, kann ich das gleich regeln (und z.B. meine Küche weiter nutzen) und muss nicht darauf warten, dass jemand kommt, um mir zu helfen.
Die völlige Abhängigkeit der Herr_innen von den Angestellten hatte mich schon bei Downton Abbey sehr irritiert.
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