Freitag, 13. März 2020
Wenn das Virus näher kommt
Bis jetzt gehörte ich zu den Coolen. Wird schon nicht so schlimm werden. Macht mal nicht so eine Panik. Andere Dinge sind wichtiger. Zum Beispiel die tödliche Festung Europa.

Dann beschliesst der Berliner Senat und die Berliner Hochschulen Sofortmaßnahmen für die Berliner Wissenschaft gegen die Verbreitung des Coronavirus und auf einmal zieht mich der Strudel in die Hektik rein. Unsere Tagung im Juni müssen wir wohl absagen. Können wir sie verschieben? Was muss alles geregelt werden? Und wie läuft das mit der Lehre? Wie lässt sich digitales Lehren organisieren? In all den Fragen und der Hektik kann mensch ganz aufgehen. Auf einmal bin ich überrascht, dass die Konferenz in London im Mai stattfinden soll. Haben die noch nichts von Corona gehört?

Ein Wechselbad der Gefühle. Dabei geht es mir ziemlich gut. Es ist gerade vorlesungsfreie Zeit. Ich kann von zu hause arbeiten, werde bezahlt und die vorlesungsfreie Zeit ist sogar verlängert.

Ich verstehe schon, dass die Ausbreitung des Virus verlangsamt werden muss. Aber der totale Fokus darauf ist problematisch. Darüber werden andere Skandale vergessen. So brauchen auch die Geflüchteten am Mittelmeer eine Chance auf menschenwürdiges Leben. Bei ihnen geht es ganz unabhängig vom Virus um Leben und Tod.

Nachtrag 13.03.20: Die Europäische Ethnologin Alexandra Schwell spricht in einem Interview über die Emotionen rund um das Coronavirus.

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Freitag, 6. März 2020
Rechte Zeiten
Das Jahr 2020 hat düster begonnen.

In Indien kommt es zu staatlich tolerierten und wohl beförderten Pogromen gegen Muslim_innen (siehe ein Artikel des Guardians) während eines Staatsbesuchs von Trump. In Deutschland wird kaum berichtet und dann auch nicht über den hindu-nationalistischen Kern der Gewalt.

In Hanau kommt es zu rechtem Terror mit 10 Toten. Auch die Politik spricht von Rassismus. Das ist gut. Und auch seltsam, denn nicht nur die AfD hat Rassismus in Deutschland aufblühen lassen. Seehofer, Sarazin und Co haben auch schon viel getan, um Rassismus zu fördern.

Und der Femizid in Hanau kommt kaum zu Sprache. Warum wird in so vielen Listen, das zehnte Opfer, die Mutter des Täters nicht aufgeführt?

Derweil eskaliert die EU die Gewalt an den Grenzen zur Türkei und im Mittelmeer. Anstatt Menschen in Not zu helfen, wird Gewalt gegen sie eingesetzt. Der Rat für Migration hat in einer Stellungnahme ausgeführt, dass Gewalt nicht die Lösung von Problemen ist.

Auf der Berlinale wurde ein eindrücklicher, ungewöhnlicher Film über die tödliche Grenze im Mittelmeer gezeigt: Purple Sea von Amel Alzakout. Forensic Architecture hat den Fall rekonstruiert.

Es sind schlimme Zeiten. Und die öffentliche Debatte sorgt sich vorallem um den Corona-Virus.


Nachtrag 11.03.20: Es war klar, dass ich nur einen kleinen Teil der rechten Zeiten erwähnt habe. Die taz berichtete von einer Demonstration gegen "LGBT-freie Zonen" in Polen. Die wurden wohl von fast 100 Gemeinden ausgerufen.

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Samstag, 22. Februar 2020
Hanau: Wir und die Anderen
Vielleicht ist das der Moment, den Blog anders deutsch wiederzubeleben. Der Moment, in dem ich ganz stark das Gefühl bekomme anders zu sein. In der Berichterstattung zum rechten Terror in Hanau und in den Solidaritätsadressen an die (potentiellen) Opfer, wird die vom Rassismus gemachte Differenzierung in Wir (die Deutschen oder so ähnlich) und die Anderen (die mit den ausländischen Wurzeln, mit Migrationshintergrund oder so) immer wieder bestätigt und gestärkt. Wir (wozu ich wohl nicht gehöre) zeigt sich solidarisch mit den Anderen (wozu ich vielleicht gehöre) und steht an deren Seite. Das fühlt sich sehr seltsam an. Ich merke, dass ich nicht zum Wir gezählt werde. Vielleicht ist es gut, das zu merken, weil es längst Realität ist. Aber es fühlt sich nicht gut an. Und es ist auch kein Weg aus dem Rassismus. Dazu muss das Wir viel inklusiver werden.

Und: Der rechte Terror geht alle in Deutschland an. Er betrifft nicht nur die, die in Shisha-Bars sitzen, die einen Migrationshintergrund diagnostiziert bekommen. Rechter Terror ist eine Gefahr für alle!

Nachtrag 05.03.20: Es gibt viele, die sich nach Hanau (noch mehr) als anders fühlen. Es gibt viele, die darauf auch bestehen und nicht wollen, dass alle sich betroffen fühlen, weil das die reale Gewalt verdeckt. Ich sehe den Punkt zwar, finde ihn aber gefährlich, denn die ganze Gesellschaft ist betroffen. In der taz hat Gild Sahebi geschrieben Ich bin kein Opfer. Und ich habe das Gefühl, dass sie einen Teil meines Zwiespalts abbildet, wenn auch mit einem anderen Schwerpunkt. Aus dem Herzen spricht sie mir mit:

"Wir drehen uns spätestens seit der Aufdeckung der NSU-Morde im Kreis. Rechtsextremismus wird externalisiert. Er betrifft die anderen. Er betrifft Menschen mit Kopftüchern, mit Kippa oder mit Davidstern. Wie wunderbar einfach. Damit lassen wir uns den Diskurs seit Jahren von Rechten aufzwingen. Warum sollte die sogenannte Mehrheitsgesellschaft gegen rechts aufbegehren, wenn es doch nur „die anderen“ betrifft?"

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Donnerstag, 20. Februar 2020
Demonstration gegen rechten Terror
Demonstration gegen rechten Terror 
<br />
Berlin 20.02.20


In den letzten Jahr gab es mindestens drei rechte Terrorangriffe (Lübcke, Halle und Hanau). Zur Demonstration heute in Neukölln bin ich (mit vielen anderen) gegangen.

Wir dürfen den Rechten weder Straße noch Politik überlassen.

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Montag, 25. November 2019
Podium: Über das Erinnern. Ein Rückblick auf „30 Jahre Mauerfall“
Plakat mauern/überschreiten


Podium: Über das Erinnern. Ein Rückblick auf „30 Jahre Mauerfall“

mit Ilanga Mwaungulu (Berlin), Patrice Poutrus (Erfurt) und Angelika Nguyen (Berlin)

Abendveranstaltung: 18 - 20 Uhr
Berlin, Hausvogteiplatz 5-7, Raum 0007


Im Jahr 2019 jährt sich der sogenannte Mauerfall zum 30. Mal. Dies war Anlass für viele Erinnerungsveranstaltungen, Publikationen, Forschungsprojekte, etc. Auf dem Podium blicken drei unterschiedlich Beteiligte auf das Jahr des Erinnerns zurück. Aus der Perspektive von Aktivist_innen und Wissenschaftler_innen fragen sie, was wie erinnert wird und welche Bedeutungen dieses Erinnern hat. Dabei geht es um unterschiedliche Formen des Erinnerns, vom individuellen biografischen Erinnern bis zur offiziellen Erinnerungspolitik – und all seinen Verflechtungen.

Bios

Ilanga Mwaungulu (Berlin): Kurz vor der Wende in Ostberlin geboren, wohnt jetzt in Westberlin und hat keine Lust mehr auf den Osten. Sie hat ihre Masterarbeit bei Urmila Goel über das Verhältnis von Internationaler Solidarität und Rassismus in der DDR geschrieben und sich dieses Jahr mit anderen linken Ossis zusammengetan, um sich auszutauschen und den Mainstream- Erzählungen zum Mauerfall was entgegen zu setzen. Sie betrauert das Scheitern des Kommunismus - vor allem an seiner eigenen Gewalt - und die Kommunist*innen und anderen Menschen, die ihm zum Opfer fielen.

Angelika Nguyen (Berlin): 1961 geboren in Ostberlin, Studium Filmwissenschaft HFF, 1991 Dokumentarfilm „Bruderland ist abgebrannt“ über vietnamesische Immigrant*innen in Ostberlin, 2011 Essay über Rassismus ihrer DDR-Kindheit, Aktivistin bei korientation e.V., deutsch-asiatisches Kulturnetzwerk und im Haus der Demokratie und Menschenrechte Ostberlin, tätig als Journalistin, Referentin, Autorin.

Patrice G. Poutrus (Erfurt/Berlin): 1961 geboren in Ostberlin, Schul- und Berufsausbildung in Treptow-Köpenick, Bis 1989/90 SED-Mitglied und FDJ-Funktionär, 1990 bis 1995 Studium der Geschichts- und Sozialwissenschaften an der HUB, 2000 Promotion an der Viadrina in FFO, anschließend Forschungen zu Migration und Asyl in beiden deutschen Staat und im vereinten Deutschland. Jüngste Veröffentlichung: „Umkämpftes Asyl. Vom Nachkriegsdeutschland bis zur Gegenwart, Berlin 2019.“ Derzeit wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Erfurt mit einem BMBF-Projekt zur Familienerinnerung an das Ende der DDR und die Zeit nach der deutschen Einheit in Thüringen.

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Montag, 21. Oktober 2019
mauern/überschreiten
Plakat mauern/überschreiten

Programm des Institutskolloquiums

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Dienstag, 14. Mai 2019
Vortrag in Cottbus: Hausmann und Vater
Heute um 15.30 Uhr halte ich an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus einen Vortrag mit dem "Hausmann und Vater–Verhandlungen von Männlichkeit im Kontext der Krankenschwesternmigration von Indien in die BRD".

Informationen zum Ort auf der Seite der Uni.

>> Mehr zu meinem Forschungsprojekt zur Krankenschwesternmigration

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