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Sonntag, 10. Januar 2016
Workshop for Lehrende und Interessierte: Intersektional lehren
urmila, 18:11h
Am Montag, den 08.02.15 von 9.30 bis 17.00 Uhr gebe ich an der Freien Universität Berlin einen Workshop zum Thema "Intersektional lehren":
"Im Workshop wird erarbeitet, welche Bedeutungen und Konsequenzen die Verflechtung von Ungleichheitsverhältnissen für die (eigene) Lehre hat und wie mit ihnen umgegangen werden kann. Ziel ist es, ein (eigenes) Verständnis von intersektionalem Lehren zu entwickeln."
Alles weitere hier.
"Im Workshop wird erarbeitet, welche Bedeutungen und Konsequenzen die Verflechtung von Ungleichheitsverhältnissen für die (eigene) Lehre hat und wie mit ihnen umgegangen werden kann. Ziel ist es, ein (eigenes) Verständnis von intersektionalem Lehren zu entwickeln."
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Samstag, 9. Januar 2016
Schärfere Gesetze
urmila, 12:44h
Die taz berichtet, dass jetzt wohl doch schärfere Gesetze kommen. Das Kanzleramt hat noch vor Weihnachten seine Blockade gegen eine Verschärfung des Vergewaltigungsrecht aufgegeben. Die taz schreibt:
"Nach längerem Zögern hat Justizminister Maas im Juli 2015 einen Gesetzentwurf vorgelegt, der zumindest in die richtige Richtung geht. Anders als ein Gesetzentwurf der Grünen will Maas zwar nicht das Prinzip „Nein heißt Nein“ umsetzen, aber zumindest einige Schutzlücken schließen."
Das hört sich so an, als ob Deutschland in Bezug auf sexualisierte Gewalt immer noch ein sehr patriarchales Recht hat und selbst die bisher blockierte Verschärfgung nicht wirklich zu einem rechtlichen Schutz vor ungewollten sexuellen Handlungen führt. Für ein Recht auf "Nein heisst Nein" gibt es in Deutschland wohl noch keine ausreichende Lobby. Die taz erklärt die Blockade der Verschärfung wie folgt:
"Beobachter gingen davon aus, dass man dort die Verschärfung des Sexualstrafrechts als unpopulär einschätzte, weil vor allem sexuelle Übergriffe in Beziehungen betroffen wären."
Wenn das so stimmt, dann will die Union ihren Wählern (und wohl weniger den _innnen) nicht zumuten, dass sie sexualisierte Gewalt nicht mehr straffrei anwenden dürfen. Die Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt ist in Deutschland ganz offensichtlich noch nicht sehr weit vorgeschritten.
Darauf verweist auch die sehr genaue und differenzierte Stellungnahme zu den Übergriffen in der Silvesternacht des bff: Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe. Diese Fachleute, die sich schon lange und intensiv mit sexualisierter Gewalt beschäftigen, lassen sich nicht auf den Abweg bringen, sexualisierte Gewalt vor allem als Problem von Männern mit Migrationshintergrund zu sehen. Stattdessen solidarisieren sie sich mit den Opfern der Gewaltübergriffe, weisen auf die Alltäglichkeit von sexualisierter Gewalt hin und prangern strukturelle Schutzlücken an:
"Allerdings ist die sexuelle Selbstbestimmung in Deutschland nicht voraussetzungslos geschützt. Der bff und viele andere Organisationen fordern seit Jahren, dass die Schutzlücken im Straftatbestand der sexuellen Nötigung/Vergewaltigung endlich geschlossen werden. Leider ist es immer noch so, dass maßgeblich für die Strafbarkeit eines Übergriffs nicht etwa der erklärte Wille einer Person ist, sondern faktisch die Frage, ob sie sich ausreichend zur Wehr gesetzt hat und der Täter somit Gewalt anwenden musste.
Auch bezogen auf die Taten in Köln ergibt sich – für den Tathergang gemäß den bisherigen Darstellungen in den Medien – eine Schwierigkeit für die Strafbarkeit. Dem bff sind schon lange zahlreiche Fälle bekannt, in denen Frauen an öffentlichen Orten belästigt, begrabscht und an Geschlechtsteilen angefasst wurden. In der Regel enden diese Taten für die Täter straflos, weil aufgrund der Überrumpelung der Betroffenen keine Nötigungsmittel angewendet werden müssen, um die sexuelle Handlung zu begehen. Solche Überraschungsangriffe sind – so die Erfahrung der Fachberatungsstellen und von Rechtsanwältinnen – nicht durch den Straftatbestand der sexuellen Nötigung erfasst und damit systematisch straffrei."
Laut taz würde die Verschärfung des Vergewaltigungsstrafrechts hier Verbesserungen bringen:
"Ausdrücklich erwähnen will Maas im Strafgesetzbuch auch den Fall, dass das Opfer „aufgrund der überraschenden Begehung der Tat zum Widerstand unfähig ist“. Gemeint sind zum Beispiel überraschende Griffe an die Brust oder zwischen die Beine. Bisher wurde dies teilweise als Beleidigung bestraft. Dies ist umstritten, weil es nicht um Ehre, sondern um die sexuelle Selbstbestimmung geht.
Diese Änderung könnte auch für Übergriffe wie in Köln relevant sein. Eine rückwirkende Anwendung der Verschärfung ist allerdings rechtsstaatlich ausgeschlossen."
Wenn das Bundeskanzleramt die Verschärfung also nicht blockiert hätte, gäbe es jetzt vielleicht schon schärfere Gesetze, um die Kölner Übergriffe zu bestrafen. Eine solche öffentliche Diskussion scheint mir bisher aber zu fehlen. Statt über einen besseren rechtlichen Schutz gegen sexualierte Gewalt wirde über Ausweisungen und Abschiebungen diskutiert. Das zeigt, dass es den Diskutierenden nicht um die Opfer geht, sondern darum Menschen aus Deutschland zu verweisen. Der bff schreibt:
"Eine Unterscheidung der öffentlichen oder politischen Reaktionen auf sexualisierte Gewalt je nach Herkunft der Täter wird jedoch dem Thema nicht gerecht."
Während der bff begrüßt, dass es jetzt eine größere öffentliche Aufmerksamkeit für sexualisierte Gewalt gibt, bedauert aber:
"Leider ist das Ausmaß der Empörung eine absolute Ausnahme und bedauerlicherweise wahrscheinlich zunächst auf den mutmaßlich nicht-deutschen Hintergrund der Täter zurückzuführen."
Wir brauchen nicht nur einen besseren rechtlichen Schutz vor sexualisierer Gewalt. Wir brauchen vor allem auch eine stärkere öffentliche Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt, ihrer Alltgäglichkeit, ihren Tätern und den Konsequenzen für (potentielle) Opfer. Wir müssen uns endlich auf den Weg zu einer gleichberechtigereren Gesellschaft machen, in der Frauen und andere von der heterosexuallen Cis-Männlichkeit abweichende Identitäten nicht mehr die Möglichkeit von sexualisierter Gewalt als Normalität ansehen, mit der sie umgehen müssen.
Nachtrag 11.01.16: Die taz berichtet, dass die CDU jetzt doch für eine "Nein heißt Nein"-Regelung ist.
Nachtrag 14.01.16: Mehr zur rechtlichen Situation in der taz.
Nachtrag 21.01.16: Und noch ein Gespräch von Christina Clemm und Sabine Hark in der Zeit.
Nachtrag 03.03.16: Heide Oestreich kritisiert in der taz die unzureichende Reform des Sexualrechts.
"Nach längerem Zögern hat Justizminister Maas im Juli 2015 einen Gesetzentwurf vorgelegt, der zumindest in die richtige Richtung geht. Anders als ein Gesetzentwurf der Grünen will Maas zwar nicht das Prinzip „Nein heißt Nein“ umsetzen, aber zumindest einige Schutzlücken schließen."
Das hört sich so an, als ob Deutschland in Bezug auf sexualisierte Gewalt immer noch ein sehr patriarchales Recht hat und selbst die bisher blockierte Verschärfgung nicht wirklich zu einem rechtlichen Schutz vor ungewollten sexuellen Handlungen führt. Für ein Recht auf "Nein heisst Nein" gibt es in Deutschland wohl noch keine ausreichende Lobby. Die taz erklärt die Blockade der Verschärfung wie folgt:
"Beobachter gingen davon aus, dass man dort die Verschärfung des Sexualstrafrechts als unpopulär einschätzte, weil vor allem sexuelle Übergriffe in Beziehungen betroffen wären."
Wenn das so stimmt, dann will die Union ihren Wählern (und wohl weniger den _innnen) nicht zumuten, dass sie sexualisierte Gewalt nicht mehr straffrei anwenden dürfen. Die Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt ist in Deutschland ganz offensichtlich noch nicht sehr weit vorgeschritten.
Darauf verweist auch die sehr genaue und differenzierte Stellungnahme zu den Übergriffen in der Silvesternacht des bff: Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe. Diese Fachleute, die sich schon lange und intensiv mit sexualisierter Gewalt beschäftigen, lassen sich nicht auf den Abweg bringen, sexualisierte Gewalt vor allem als Problem von Männern mit Migrationshintergrund zu sehen. Stattdessen solidarisieren sie sich mit den Opfern der Gewaltübergriffe, weisen auf die Alltäglichkeit von sexualisierter Gewalt hin und prangern strukturelle Schutzlücken an:
"Allerdings ist die sexuelle Selbstbestimmung in Deutschland nicht voraussetzungslos geschützt. Der bff und viele andere Organisationen fordern seit Jahren, dass die Schutzlücken im Straftatbestand der sexuellen Nötigung/Vergewaltigung endlich geschlossen werden. Leider ist es immer noch so, dass maßgeblich für die Strafbarkeit eines Übergriffs nicht etwa der erklärte Wille einer Person ist, sondern faktisch die Frage, ob sie sich ausreichend zur Wehr gesetzt hat und der Täter somit Gewalt anwenden musste.
Auch bezogen auf die Taten in Köln ergibt sich – für den Tathergang gemäß den bisherigen Darstellungen in den Medien – eine Schwierigkeit für die Strafbarkeit. Dem bff sind schon lange zahlreiche Fälle bekannt, in denen Frauen an öffentlichen Orten belästigt, begrabscht und an Geschlechtsteilen angefasst wurden. In der Regel enden diese Taten für die Täter straflos, weil aufgrund der Überrumpelung der Betroffenen keine Nötigungsmittel angewendet werden müssen, um die sexuelle Handlung zu begehen. Solche Überraschungsangriffe sind – so die Erfahrung der Fachberatungsstellen und von Rechtsanwältinnen – nicht durch den Straftatbestand der sexuellen Nötigung erfasst und damit systematisch straffrei."
Laut taz würde die Verschärfung des Vergewaltigungsstrafrechts hier Verbesserungen bringen:
"Ausdrücklich erwähnen will Maas im Strafgesetzbuch auch den Fall, dass das Opfer „aufgrund der überraschenden Begehung der Tat zum Widerstand unfähig ist“. Gemeint sind zum Beispiel überraschende Griffe an die Brust oder zwischen die Beine. Bisher wurde dies teilweise als Beleidigung bestraft. Dies ist umstritten, weil es nicht um Ehre, sondern um die sexuelle Selbstbestimmung geht.
Diese Änderung könnte auch für Übergriffe wie in Köln relevant sein. Eine rückwirkende Anwendung der Verschärfung ist allerdings rechtsstaatlich ausgeschlossen."
Wenn das Bundeskanzleramt die Verschärfung also nicht blockiert hätte, gäbe es jetzt vielleicht schon schärfere Gesetze, um die Kölner Übergriffe zu bestrafen. Eine solche öffentliche Diskussion scheint mir bisher aber zu fehlen. Statt über einen besseren rechtlichen Schutz gegen sexualierte Gewalt wirde über Ausweisungen und Abschiebungen diskutiert. Das zeigt, dass es den Diskutierenden nicht um die Opfer geht, sondern darum Menschen aus Deutschland zu verweisen. Der bff schreibt:
"Eine Unterscheidung der öffentlichen oder politischen Reaktionen auf sexualisierte Gewalt je nach Herkunft der Täter wird jedoch dem Thema nicht gerecht."
Während der bff begrüßt, dass es jetzt eine größere öffentliche Aufmerksamkeit für sexualisierte Gewalt gibt, bedauert aber:
"Leider ist das Ausmaß der Empörung eine absolute Ausnahme und bedauerlicherweise wahrscheinlich zunächst auf den mutmaßlich nicht-deutschen Hintergrund der Täter zurückzuführen."
Wir brauchen nicht nur einen besseren rechtlichen Schutz vor sexualisierer Gewalt. Wir brauchen vor allem auch eine stärkere öffentliche Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt, ihrer Alltgäglichkeit, ihren Tätern und den Konsequenzen für (potentielle) Opfer. Wir müssen uns endlich auf den Weg zu einer gleichberechtigereren Gesellschaft machen, in der Frauen und andere von der heterosexuallen Cis-Männlichkeit abweichende Identitäten nicht mehr die Möglichkeit von sexualisierter Gewalt als Normalität ansehen, mit der sie umgehen müssen.
Nachtrag 11.01.16: Die taz berichtet, dass die CDU jetzt doch für eine "Nein heißt Nein"-Regelung ist.
Nachtrag 14.01.16: Mehr zur rechtlichen Situation in der taz.
Nachtrag 21.01.16: Und noch ein Gespräch von Christina Clemm und Sabine Hark in der Zeit.
Nachtrag 03.03.16: Heide Oestreich kritisiert in der taz die unzureichende Reform des Sexualrechts.
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Donnerstag, 7. Januar 2016
Gegen sexualisierte Gewalt (ohne Rassismus)
urmila, 15:19h
Die meisten Frauen kennen das. Fremde Hände am eigenen Körper, ohne Zustimmung, übergriffig, eklig. In den meisten Fällen passiert nichts weiter. Der/die Täter sind nicht zu identifizieren, der Übergriff wird nicht als schlimm genug angesehen, etc. Diejenigen, die die Übergriffe thematisieren, erfahren, dass sie nicht auf Unterstützung zählen können (so auch meine Erfahrung sowie hier). Sie sollen sich nicht so haben, nicht so übertreiben, war doch nichts. Sexualisierte Gewalt ist auch in unserer Gesellschaft alltäglich und normal.
Dass es nun viel öffentliche Aufmerksamkeit für sexualisierte Gewalt gibt, ist erst mal zu begrüßen. Endlich wird sie thematisiert. Aber leider dann doch nicht wirklich. Interessant wird das Ganze für die Öffentlichkeit nur, weil die Täter „nordafrikanisch“ aussahen (was immer das bedeuten mag). Gewalterfahrungen von Frauen werden instrumentalisiert für rassistische Argumentationen. Ein immer wiederkehrendes Vorgehen in den letzten Jahrhunderten. Mal müssen angeblich die „braunen Frauen vor den braunen Männern“ gerettet werden, was nur durch Kolonialisierung/ Abschiebung/ etc. geht. Mal muss die „weiße Frau vor dem schwarzen Mann“ gerettet werden. (Woher wissen die Vertreter_innen dieses Topos eigentlich, dass in Köln/ Hamburg/ etc. nur weiße Frauen Opfer sexualisierter Gewalt wurden?)
Besonders hervor tun sich dabei jene, denen Frauenrechte sonst völlig egal sind. Aktuell, zum Beispiel, die dezidiert antifeministische Politik machen und/oder den #aufschrei für völlig übertrieben hielten. Auf einmal treten sie (angeblich) für Frauen ein, in einer höchst patriarchalen Geste. Sie schreien laut auf, während jene, die schon seit Jahrzehnten gegen sexualisierte Gewalt arbeiten viel weniger Öffentlichkeit bekommen. Letztere haben auch nicht so schön einfache Lösungen wie die nun Empörten.
Das ist ähnlich wie in Indien nach der ersten Massenvergewaltigung, die viel Öffentlichkeit bekommen hat. Auf einmal gab es einen großen Aufschrei. Viel Unterstützung. Grundsätzlich zu begrüßen. Aber auch da sind es nicht die feministischen Stimmen, die sich schon lange engagieren und differenzierte Lösungsstrategien haben, die am meisten Aufmerksamkeit bekommen, sondern die mit den einfachen Lösungsvorstellungen: Todesstrafe. Überzeugten Feminist_innen stellen sich dabei die Nackenhaare auf. Eine Menschenrechtsverletzung kann nicht durch eine andere gesühnt werden. Aber wer patriarchal denkt, dem/der fällt wahrscheinlich nichts anderes als die Forderung nach Gewalt ein.
In Deutschland wird jetzt wieder die Abschiebung von „ausländischen Kriminellen“ diskutiert (siehe tagesschau.de). Bevor überhaupt klar ist, wer die Täter waren, welchen Aufenthaltstitel sie hatten, etc. Abschieben scheint die Lösung für alles zu sein. Bloß weg von hier. Raus aus Deutschland. Deutschland reinigen. Wenn wir diese Täter rausschmeißen (und zur Sicherheit vielleicht noch ein paar mehr), dann ist wieder alles gut im Land. Dann können wir die alltägliche sexualisierte Gewalt wieder ignorieren und so tun als ob Frauen (ob Cis oder Trans) und andere von der Norm der Cis-Männlichkeit Abweichende, sich nicht fürchten müssten.
Die taz am 6.1.16 zitierte den Berliner Landesvorsitzenden der Linkspartei Klaus Lederer mit “Wenn man gegen das Patriarchat und sexuelle Belästigung vorgehen will, kann man das auch ohne Rassismus tun.“ Darauf sollten mehr Leute hören. Viele der Feminist_innen, die sich in den letzten Tagen zu Wort gemeldet haben, versuchen das (so z.B. Antje Schrupp (auch im DLF-Interview) und Hilal Sezgin), sowie auch einige bekannte Journalisten (z.B. Anja Reschke und Duja Hayali). Ich bin beeindruckt, wie schnell sie es geschafft haben, sich differenziert zu Wort zu melden. Ich war dazu nicht so schnell in der Lage.
Das Problem ist allerdings, dass viele es gar nicht wollen. Sie nehmen die differenzierten Analysen nicht wahr, suchen nur nach Futter für ihre rassistischen Argumentationen.
Mich stören aber nicht nur jene, die die sexualisierte Gewalt für Rassismus ausnutzen. Ich finde auch jene daneben, die sich jetzt nur über den Rassismus beschweren und denen die sexualisierte Gewalt mehr oder weniger egal ist. Diejenigen, dies sich vorher nicht darum gekümmert haben und sie jetzt auch nicht weiter wichtig finden. Das ist genauso eklig wie jene, die sich nicht um Rassismus kümmern. Die engagierten Feminist_innen gehören hierzu aber sicherlich nicht, egal was z.B. Jens Spahn von sich gibt.
Nachtrag: Margarete Stokowski hat auch eine pointierte Kolumne geschrieben.
Nachtrag 13.01.16: Und noch ein Beitrag von Mely Kiyak und noch ein zweiter.
Dass es nun viel öffentliche Aufmerksamkeit für sexualisierte Gewalt gibt, ist erst mal zu begrüßen. Endlich wird sie thematisiert. Aber leider dann doch nicht wirklich. Interessant wird das Ganze für die Öffentlichkeit nur, weil die Täter „nordafrikanisch“ aussahen (was immer das bedeuten mag). Gewalterfahrungen von Frauen werden instrumentalisiert für rassistische Argumentationen. Ein immer wiederkehrendes Vorgehen in den letzten Jahrhunderten. Mal müssen angeblich die „braunen Frauen vor den braunen Männern“ gerettet werden, was nur durch Kolonialisierung/ Abschiebung/ etc. geht. Mal muss die „weiße Frau vor dem schwarzen Mann“ gerettet werden. (Woher wissen die Vertreter_innen dieses Topos eigentlich, dass in Köln/ Hamburg/ etc. nur weiße Frauen Opfer sexualisierter Gewalt wurden?)
Besonders hervor tun sich dabei jene, denen Frauenrechte sonst völlig egal sind. Aktuell, zum Beispiel, die dezidiert antifeministische Politik machen und/oder den #aufschrei für völlig übertrieben hielten. Auf einmal treten sie (angeblich) für Frauen ein, in einer höchst patriarchalen Geste. Sie schreien laut auf, während jene, die schon seit Jahrzehnten gegen sexualisierte Gewalt arbeiten viel weniger Öffentlichkeit bekommen. Letztere haben auch nicht so schön einfache Lösungen wie die nun Empörten.
Das ist ähnlich wie in Indien nach der ersten Massenvergewaltigung, die viel Öffentlichkeit bekommen hat. Auf einmal gab es einen großen Aufschrei. Viel Unterstützung. Grundsätzlich zu begrüßen. Aber auch da sind es nicht die feministischen Stimmen, die sich schon lange engagieren und differenzierte Lösungsstrategien haben, die am meisten Aufmerksamkeit bekommen, sondern die mit den einfachen Lösungsvorstellungen: Todesstrafe. Überzeugten Feminist_innen stellen sich dabei die Nackenhaare auf. Eine Menschenrechtsverletzung kann nicht durch eine andere gesühnt werden. Aber wer patriarchal denkt, dem/der fällt wahrscheinlich nichts anderes als die Forderung nach Gewalt ein.
In Deutschland wird jetzt wieder die Abschiebung von „ausländischen Kriminellen“ diskutiert (siehe tagesschau.de). Bevor überhaupt klar ist, wer die Täter waren, welchen Aufenthaltstitel sie hatten, etc. Abschieben scheint die Lösung für alles zu sein. Bloß weg von hier. Raus aus Deutschland. Deutschland reinigen. Wenn wir diese Täter rausschmeißen (und zur Sicherheit vielleicht noch ein paar mehr), dann ist wieder alles gut im Land. Dann können wir die alltägliche sexualisierte Gewalt wieder ignorieren und so tun als ob Frauen (ob Cis oder Trans) und andere von der Norm der Cis-Männlichkeit Abweichende, sich nicht fürchten müssten.
Die taz am 6.1.16 zitierte den Berliner Landesvorsitzenden der Linkspartei Klaus Lederer mit “Wenn man gegen das Patriarchat und sexuelle Belästigung vorgehen will, kann man das auch ohne Rassismus tun.“ Darauf sollten mehr Leute hören. Viele der Feminist_innen, die sich in den letzten Tagen zu Wort gemeldet haben, versuchen das (so z.B. Antje Schrupp (auch im DLF-Interview) und Hilal Sezgin), sowie auch einige bekannte Journalisten (z.B. Anja Reschke und Duja Hayali). Ich bin beeindruckt, wie schnell sie es geschafft haben, sich differenziert zu Wort zu melden. Ich war dazu nicht so schnell in der Lage.
Das Problem ist allerdings, dass viele es gar nicht wollen. Sie nehmen die differenzierten Analysen nicht wahr, suchen nur nach Futter für ihre rassistischen Argumentationen.
Mich stören aber nicht nur jene, die die sexualisierte Gewalt für Rassismus ausnutzen. Ich finde auch jene daneben, die sich jetzt nur über den Rassismus beschweren und denen die sexualisierte Gewalt mehr oder weniger egal ist. Diejenigen, dies sich vorher nicht darum gekümmert haben und sie jetzt auch nicht weiter wichtig finden. Das ist genauso eklig wie jene, die sich nicht um Rassismus kümmern. Die engagierten Feminist_innen gehören hierzu aber sicherlich nicht, egal was z.B. Jens Spahn von sich gibt.
Nachtrag: Margarete Stokowski hat auch eine pointierte Kolumne geschrieben.
Nachtrag 13.01.16: Und noch ein Beitrag von Mely Kiyak und noch ein zweiter.
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Montag, 28. Dezember 2015
Flüchtlinge in der Straßenbahn
urmila, 23:44h
Die Schwester einer Freundin will sie aus dem Kino abholen. Mit dem Auto. Obwohl es eine direkte Straßenbahnverbindung zu ihr nach hause gibt. Die Freundin versteht nicht warum. Auch nicht nachdem ihre Schwester es erklärt hat: die Flüchtlinge!
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Samstag, 26. Dezember 2015
Weihnachtsgeschichte
urmila, 01:29h
Religiöse Rituale sind mir fremd. So wie mir Glaube überhaupt fremd ist. Am Heiligen Abend aber gehe ich mit meiner Mutter in die Kirche. Nicht der Religion wegen, aber wohl der Erinnerungen und vor allem der Musik wegen.
Dieses Jahr hat sie wegen des Bläsers eine katholische Messe ausgesucht. Als teilnehmende Beobachtung sehr spannend. Eine Aufführung mit sehr vielen Teilnehmenden, von denen die meisten die Regeln (ausreichend) zu können scheinen.
Meist nerven mich die Predigten. Aber dieses Jahr hat sie mir geradezu gefallen. Klare Position pro Flüchtlinge. Klare Absage zu Pegida, Ausländerfeindlichkeit und rechten Parteien. Und die Gemeinde musste dem - auf Basis der rituellen Regeln - zustimmen. Das hat bestimmt nicht allen gefallen.
tagesschau.de zu Folge waren wohl viele Gottesdienste so.
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Donnerstag, 24. Dezember 2015
Flüchtlinge auf dem Golfplatz
urmila, 13:18h
Mein Vater ging auf dem Golfplatz mit einem Freund spazieren. Golfen konnten die beiden aus gesundheitlichen Gründen gerade nicht. Spazieren aber ging. Vor ihnen spielte eine andere Golferin. Sie schien vor ihnen weg zu laufen. Irgendwann holten sie sie doch ein. Und fragten, warum sie denn schneller geworden war. Sie hatte gedacht, dass sie Flüchtlinge seien und sich gefürchtet.
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Freitag, 18. Dezember 2015
YMS: Bloggen
urmila, 00:46h
Beim Young Media Summit Reloaded ging es inhaltlich natürlich um Soziale Medien bzw. noch spezieller ums Bloggen. Schliesslich haben die YMS als Blogger_innen-Treffen begonnen.
Eine Frage dabei war, was eigentlich Blogger_innen sind, was das Bloggen ausmacht. Einigkeit wurde darüber nicht hergestellt. Für manche waren jegliche schriftlichen Äußerungen online (egal ob bei FB, Twitter, in Foren oder auf einem Blog) bloggen. Andere suchten nach eine viel spezifischeren Definition. Sie wollten eine Einzigartigkeit von Bloggen erfassen (und ihre eigene Einzigartigkeit etablieren).
Für mich wurde im Rahmen der Diskussionen klar, dass wir alle über sehr unterschiedliche Dinge sprachen. Dabei war es nicht nur ein Unterschied, ob wir in Deutschland (in großer Sicherheit, mit weitgehender Meinungs- und Informationsfreiheit) bloggen oder in einem Land, das im Umbruch ist, das gerade eine Revolution durchmacht, das im Kriegszustand ist, das von einem Monarchen kontrolliert wird, etc. Gerade dort, wo Presse-, Informations- und Meinungsfreiheit stark eingeschränkt sind, übernehmen Blogger_innen Aufgaben, die in Deutschland eher den konventionellen Medien vorbehalten sind. In Deutschland stellen wir vielleicht auch Gegenöffentlichkeiten her, aber es geht weniger darum, überhaupt Informationen zu veröffentlichen.
Das war aber nicht der einzige Unterschied. Massiv unterscheiden sich die Blogs auch nach Zugriffszahlen. Manche haben Tausende von Zugriffen am Tag (oder noch mehr, jenseits meiner Vorstellungskraft?), während ich noch nicht mal meine Zugriffszahlen kenne, aber sicher bin, dass sie eher Zweistellig pro Tag sind. Was haben wir gemein?
So unterscheidet sich wohl auch die Motivation zu bloggen. Für viele war die Anerkennung durch Likes und Kommentare sehr wichtig. Andere wollten die Welt verändern. Ich schreibe mir vor allem Ärger von der Seele (und freue mich natürlich auch, wenn ich gelesen werde und Denkansätze anbieten kann).
Für mich ergibt sich dann natürlich auch nicht die Frage, ob ich mich für das Bloggen bezahlen lasse. Das hat mir noch niemand angeboten. Für andere war das aber durchaus eine Frage, insbesondere ob sie dann noch ihre Unabhängigkeit wahren können. Dies gilt vor allem für jene, die zuverlässige Informationen in Umbruchsituationen zur Verfügung stellen wollen.
Eine andere Frage, die diskutiert wurde, war, warum so viele aufgehört hatten zu bloggen. Viele der Anwesenden waren längst keine Blogger_innen mehr. Die Deutsche Welle als Organisatorin schien aber ein Interesse daran zu haben, dass (gerade die arabischen) Blogger_innen wieder anfingen.
Ein Diskussionstrang ging darum, dass FB und Twitter Blogs abgelöst haben und die Kommunikation jetzt dort stattfinde. Was von einigen negativ gesehen wurde, während andere das ok fanden.
Mir stellte sich dabei vorallem die Frage der (A)Synchronität von virtueller Kommunikation. FB und Twitter sind ganz stark auf Live-Berichterstattung, auf Kommunikation in Echtzeit ausgerichtet. Jetzt sofort sollen alle erfahren, was gerade passiert. Jezt sofort, will ich wissen, was passiert. So wurde auch zum YMS unter #yms15 getweetet.
Bloggen ist hingegen eine asynchrone Kommunikationsform. Zum einen braucht die Blogger_in etwas Zeit, um ihren Text zu verfassen. Das geht nicht mal eben nebenbei. Und dann ist der Blogbeitrag auch nicht darauf ausgerichtet, dass er sofort gelesen werden muss. Er ist in der Regel auch noch nach ein paar Tagen, vielleicht sogar Wochen und Monaten aktuell - und kann auch noch gefunden werden.
Das weniger gebloggt wird, scheint mir auch daran zu liegen, dass gerade die Echtzeit-Kommunikation viel mehr nachgefragt wird.
Mir ist das fremd. Die Tweets unter #yms15 fand ich überwiegend ganz überflüssig. Mich interessieren mehr Informationen, die schon etwas gereift sind und mehr Zusammenhänge herstellen können. Deshalb bin ich wahrscheinlich auch immer noch Blogger_in und tweete nicht.
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