Dienstag, 15. September 2015
Grenzkontrollen
Nach der 'Willkommenskultur' nun die Grenzkontrollen. Dazu warum sie nötig sind, gibt es allerlei Begründungen. Die meisten davon verstehe ich nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Registrierungen an den Grenzen einfacher sein sollen als in Großstädten. An der Schutzwürdigkeit der Migrierenden ändert sich durch die Grenzkontrollen auch nichts. Was allerdings wohl erreicht werden kann, ist, dass sich Deutschlands Image wieder ändert. Es wird signalisiert, wir wollen nicht willkommen heissen. Da die Menschen aber trotzdem weiter nach einem Ort für lebenswerten Leben suchen werden, ändert das wohl kaum etwas daran, dass viele nach Deutschland (als Wohnort oder Transitraum) kommen wollen. Sie werden wieder vermehrt auf Fluchthelfende (gemeinhin Schlepper genannt) zurückgreifen. Für deren Geschäft sind die Grenzkontrollen vermutlich hilfreich.

Die Grenzkontrollen fördern so das Geschäft (nicht nur) von kommerziellen Fluchthelfenden und gefährden damit die Migrierenden. Sie behindern grenzübergreifende Mobilität auch von Nicht-Migrierenden. Sie widersprechen der Idee der Europäischen Union. Sie versuchen Menschen davon abzuhalten, in Sicherheit zu kommen. Sie untergraben damit grundlegende Menschenrechte. Ohne aber Probleme zu lösen.

Und: Ja, wenn viele Menschen nach Deutschland flüchten, ist das eine Herausforderung für Organisation, Finanzen und Miteinander. Aber: Die Zahl der in Deutschland Schutz Suchenden ist sehr klein im Vergleich zu jenen in Ländern, die direkt an Konfliktgebiete grenzen. Dort müssen ganz andere Dimensionen organsiert werden. Konflikt und Krieg produzieren Probleme, die nicht einfach zu lösen sind. Am meisten leidet aber nicht Deutschland, sondern die Vertriebenen.

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Dienstag, 8. September 2015
Bewegend
Es bewegt mich, wenn ich die Berichte lese, sehe, höre. Lese, welche Wege Menschen auf sich nehmen, um ein besseres Leben erhoffen zu können, um überhaupt leben zu können. Höre, was Menschen auf diesen Wegen alles erleiden müssen, wie viele sie nicht überleben. Sehe, wie sich andere Menschen dafür engagieren, dass die Menschen willkommen geheißen werden, etwas zu trinken und essen bekommen. Es ist toll, dass sich so viele engagieren, sich einsetzen. Toll, dass Menschen wieder mehr Hoffnung bekommen können.

Es ist erschreckend, dass derweil weiter fast täglich (oder doch eher täglich)? Unterkünfte angegriffen werden, dass Menschen auch hier wieder in Gefahr geraten. Erschreckend, dass das Willkommen durchsetzt ist von der Forderung, dass nicht alle willkommen geheißen werden können. Dass die politischen Diskussionen sich weiter darum drehen, wie die Festung Europa gestärkt werden kann, wie verhindert werden soll, dass Menschen in Sicherheit kommen.

Emotional ein auf und ab. Ganz sicher zu hause. Mit anderen Dingen, die wichtig sind, beschäftigt. Überwältigt und überfordert. Und dankbar all denen, die sich engagieren. Voller Hoffnung, dass sich doch etwas positiv verändern kann. Und natürlich auch skeptisch, denn das habe ich gelernt.

Und hier noch was Analytischeres:

Auf dem Blog der feministischen Studien schreibt Gaby Dietze über die derzeitige Willkommenskultur und deutsche Exzeptionalismen. Sowohl positiv überrascht als auch skeptisch.

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Freitag, 28. August 2015
Ein Werk der Politik
Johannes Voggenhuber kommentiert auf derstandard.at, dass die Toten im Lastwagen nicht ein Werk der Schlepper sondern der Politik sind:

"Dieses Grauen ist das Werk einer Politik, die das Schlepperwesen erst hervorgebracht hat. Diese rechtlose Politik, die in ihrer Abschreckungswut jeden Fluchthelfer und jegliche Fluchthilfe kriminalisiert, ohne die doch Flucht niemals in der Menschheitsgeschichte gelingen konnte, diese Politik und nichts anderes treibt die Verzweifelten in die Fänge der Schlepper."

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Donnerstag, 27. August 2015
Arbeitsmigration


tagesschau.de berichtet, dass viele Migrant_innen aus der EU nach Großbritannien kommen. Bei unserer Wanderung durch die Cotswolds konnten wir dies auch beobachten. Insbesondere in den Bussen wurden alle möglichen Sprachen gesprochen. Und das von Menschen, die so aussahen, als ob sie gerade von der Arbeit kamen.

In Bourton-on-the-Water sprach uns der Fisch & Chips-Verkäufer an, wo wir denn herkämen. Auf unsere Rückfrage erklärte er , er käme aus der Slowakei (so wie auch sein Kollege). Und besser als in der Slowakei sei sein Job in Bourton alle mal. Für Europas Wirtschaft sah er schwarz. Uns gab er gratis eine Extra-Portion Ketchup (und nicht Vinegar).

Auf BBC One wurde derweil berichtet, dass es zu viel illegale Migration nach Großbritannien gäbe und die Regierung dagegen vorgehen wolle.

Die Ablehnung gegen die EU machte auch ein Souvenirladen in Moreton-in-Marsh deutlich:

An einem Souvenierladen in den Cotswolds.


Den Laden boykottieren konnten wir nicht. Er hatte nicht nur geschlossen, sondern auch wirklich nichts, was wir hätten kaufen wollen.

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Nicht Pack
Gerade werde jene Menschen, die gegen nach Deutschland flüchtende Menschen hetzen oder sie angreifen, als Pack, Dumpfbacken oder ähnliches bezeichnet. Es ist richtig Position gegen rassistische Taten zu beziehen, aber es ist gefährlich Rassismus als Dummheit abzutun. Rassismus ist eine Perspektive auf die Welt, sie erklärt die Welt und gibt Handlungsanweisungen. Rassismus hat nichts mit Dummheit zu tun, sondern eher mit Ethik, Wertvorstellungen und Wertschätzungen. Rassistische Einstellungen spiegeln sich in unserer Gesetzgebung, in Instiutionen, Medienberichtersattungen, etc. wieder. Die offene Hetze, die gerade stattfindet, ist ein Ergebnis davon, kommt aus der Mitte der Gesellschaft und muss daher auch dort bekämpft werden. Politker_innen sollten nicht von Pack reden, sondern ihre eigene Politik überdenken und sich für eine solidarischere Welt einsetzen.

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Donnerstag, 27. August 2015
Nachrichten
Kolonialbau in den englischen Cotswolds


Gut zwei Wochen BBC One-Nachrichten bedeutet, weitgehend abgeschottet von (welt)politischen Ereignissen zu sein. Viel Informationen zu A-Level und GCSE-Examen. Viel zum Absturz bei einer Flugshow und etwas über den britischen Helden im Thalys. Etwas auch über die Abschottungspolitik Großbritanniens. Und dann letztes Wochenende kurz Bilder aus Deutschland. Ausschreitungen vor einem Real. Mehr nicht.

Zurück in Deutschland, dann der Wunsch ganz schnell wieder von Nachrichten abgeschnitten zu sein. Nichts mitzubekommen vom staatlichen Versagen, von rassistischen Ausschreitungen und deutscher Abschottungspolitik.

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Freitag, 7. August 2015
Zwischenruf
Ich habe einen ersten Zwischenruf für das Gunda-Werner-Institut geschrieben. Zur Debatte um #merkelstreichelt.

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Donnerstag, 6. August 2015
Behinderungen im Öffentlichen Nahverkehr
Karlsruhe ist bekannt für seinen ausgesprochen guten Öffentlichen Nahverkehr. Mit der Straßenbahn kann mensch direkt in den Schwarzwald fahren. Wenn nicht gerade eine Böschung befestigt werden muss und deshalb ein Schienenersatzverkehr eingesetzt wird. So fuhr ab Bad Herrenalb nur ein Bus.

Eine Bad Herrenalberin schob ihr Faltrad in den Bus und wollte es platzsparrend an der Wand befestigen. Das verhinderte aber der Busfahrer. Keine Räder im Bus. Falträder müssen gefaltet werden. Da halfen auch ihre Einwände nicht, sie hätte mit dem Verkehrsverbund telefoniert und dieser hätte ihr versichert, dass da sie als Gehbehinderte auf das Rad angewiesen sei und es damit ein Behindertenfahrzeug sei, sie dieses auch im Bus mitnehmen dürfe. Sie dürfe sogar ihr Dreirad mitnehmen. Der Busfahrer zeigte sich nicht beeindruckt, ignorierte auch ihren Behindertenausweis. Irgendeine andere Frau wedelte mit einem Papier, dass aussagte, Räder dürften nicht mitgenommen werden. So machte sich die Bad Herrenalberin daran mit etwas Mühe ihr Rad zu falten.

Gefaltetes Rad im Schienenersatzverkehr


Damit war der Busfahrer zufrieden. Auch wenn das Rad jetzt viel mehr Platz einnahm als vorher. Auch wenn es jetzt durch die Gegend rutschte und gefährlicher war. Auch wenn die Bad Herrenalberin jetzt viel mehr Streß mit ihrem Rad hatte als nötig. Beim Umstieg in die Straßenbahn bat sie uns, die Bahn solange anzuhalten, bis sie mit dem Rad da sei.

Wie sie das Rad in die Straßenbahn bekommen hat, ist mir unklar, denn das ist ganz schön steil:

Eingang zur Straßenbahn in Karlsruhe


Sie hat es aber geschafft. Nur fuhr die Bahn zu schnell an und sie fiel neben ihr Rad. Mit Hilfe von anderen Fahrgästen konnte sie sich mit Mühe wieder aufrichten.

Karlsruhe hat ein gutes Nahverkehrssystem. Aber es hat so einige Barrieren für Menschen, die nicht so ganz gut zu fuß sind.

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