Sonntag, 30. Januar 2011
'Tag des Spatzen' auf Arte
Ein Film über die Abwesenheit des Afghanistankriegs in Deutschland: Der Tag des Spatzen.

Ich habe ihn letztes Jahr auf der Berlinale gesehen, sehr beeindruckend, aber auch eine Herausforderung für die Zuschauenden (mensch muss sich auf die Langsamkeit des Filmes einlassen). Nächste Woche im Fernsehen: am kommenden Mittwoch, den 02. Februar um 23:40 Uhr auf ARTE.

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Neukölln verstösst gegen Kinderrechtskonvention
Der Tagesspiegel berichtet, dass in Neukölln nicht alle Kinder, die in die Schule gehen wollen, auch zugelassen werden. Einige Kinder aus bulgarischen Roma-Familien, die keine Meldeadresse haben, werden als Illegalisierte betrachtet und ihnen das Recht auf Schulbesuch verwehrt. Dazu auch eine Analyse auf suite201 sowie eine Klarstellung, dass es sich bei diesen Familien aus dem EU-Mitgliedsland Bulgarien um keine Illegalen handelt.

Neukölln unter Bürgermeister Buschkowsky und mit Unterstützung von Körting unterstützen mal wieder rassistische rechtswidrige Ausgrenzungen und versuchen das institutionell zu begründen. Derweil können in Kreuzberg auch Kinder ohne Meldeadresse in die Schule.

Wo bleibt die taz-Recherche zum Thema?

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Boykott der Extremismusklausel
Die taz berichtet ersten staatlichen Widerstand gegen die Extremismusklausel:

"Jetzt boykottiert mit Berlin das erste Bundesland das neue Förderverfahren für Projekte gegen Rechtsextremismus der Bundesregierung. Sozialsenatorin Carola Bluhm (Linke) teilte am Donnerstag mit, dass sie gegen die "zweifelhafte Erklärung" Widerspruch eingelegt habe."

Nachtrag 18.05.11: Die taz berichtet Lieber Geldverzicht als Bekenntniszwang. Es scheint etliche Organisationen zu geben, die sich der Extremismusklausel verweigert.

Nachtrag 29.04.12: Die Extremismusklausel ist rechtswiderig wie z.B. die taz berichtet. Das Ministerium will weiter machen:

"Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gab nach dem Urteil bekannt, die schriftliche Urteilsbegründung abwarten zu wollen. Bis dahin bliebe die „Demokratieerklärung Bestandteil unserer Bescheide“, hieß es aus Berlin."

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Mittwoch, 26. Januar 2011
Spitzensport reicht nicht
Spitzensportler_innen werden durchaus auch mal schnell eingebürgert, um Deutschland Medaillen und Titel zu sichern. Aber selbst Meisterschaften sind keine ausreichende Gewähr dafür, in Deutschland Grundrechte zu bekommen. Die taz berichtet über das Eistanzpaar Zhiganshina und Gazsi:

"Die Ausländerbehörde im sächsischen Chemnitz, wo ihr Eistanz- und Lebenspartner zu Hause war, versagte der mittellosen Sportlerin eine Aufenthaltserlaubnis."

Das es da durchaus einen Ermessensspielraum gibt, zeigt der erfolgreiche Umzug:

"Erst mit dem Umzug ins Allgäu stießen die beiden auf eine Ausländerbehörde mit Einsehen. Seit eineinhalb Jahren hat die Russin eine Aufenthaltserlaubnis."

Aber das reicht immer noch nicht, um selber Geld verdienen zu dürfen:

"Zhiganshina hat noch immer ein Arbeitsverbot von der Ausländerbehörde ... Ohne gesichertes Einkommen und ohne Beitragszeiten in die Rentenversicherung ist aber kein deutscher Pass zu haben. "

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Rechte für Illegalisierte
In Norwegen wurde eine Illegalisierte abgeschoben. Das alleine ist sicher nichts besonderes. Bei dieser Illegalisierten handelt es sich aber um Maria Amelie, die ein Buch über das Leben als Illegalisierte in Norwegen geschrieben hat, und damit zur öffentlichen Person geworden ist. So gibt es jetzt auch öffentliche Proteste wie die taz und antropologi.info berichten.

Der öffentliche Protest scheint allerdings nicht nur aus Solidarität/Mitleid/Gutmenschentum mit Maria Amelie heraus motiviert sein, wie sonst so oft, wenn Menschen für eine besonder gut integrierte, gebildetete, etc. Person eintreten. Es scheint eine größere politische Dimension zu geben. Die taz berichtet:

"Nun könnten die Behörden beweisen, dass ihnen auch Papierlose etwas bedeuten, die nicht so jung und intelligent seien wie Amelie und auch nicht die "richtige" Hautfarbe wie diese hätten, hofft Akhenaton Oddvar de Leon vom Rat der Migrantenorganisationen in Oslo."

Auch im Film den antropologi.info verlinkt, geht es um den Kampf für die Reche von allen Illegalisierten.

Nachtrag 18.04.11: Die taz berichtet, dass Maria Amelie wieder in Norwegen ist und schreibt das dies durch ein 'Lex Amelie' möglich gemacht wurde. Leider gibt der Artikel nicht wirklich Informationen darüber, was dieses Gesetz aussagt.

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Samstag, 22. Januar 2011
Ungleichheiten in der Entwicklungszusammenarbeit
Aus der taz:

"Der SPD-Entwicklungspolitiker Sascha Raabe sagte der taz: "Die Personalpolitik Niebels nennen wir in Entwicklungsländern ,schlechte Regierungsführung'.""

Aber wir sind ja 'entwickelt', dürfen daher machen was wir wollen und den anderen sagen, was die zu tun haben.

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Montag, 17. Januar 2011
Vortrag in Bonn
Eingeladen von den Riot Skirts halte ich am Mittwoch einen Vortrag in Bonn unter dem Titel: "Kopftücher, Homophobie und deutsche Leitkultur - Über die Verflechtung von (antimuslimischem) Rassismus und Heteronormativität".

Ort: Kult41/ Beginn: 20h/ Eintritt frei

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Sonntag, 16. Januar 2011
Inklusive Party


Gestern bei der GLADT -Party im Südblock am Kottbuser Tor: ein paar Rolli-Fahrer_innen finden ihren Weg durch die Menge, Menschen aller Gender feiern miteinander, Dominanzdeutsche sind mal nicht in der Mehrheit (und diese drei Kategorisierungen sind nicht exklusiv gemeint). Leider ein seltenes Erlebnis in dieser Mischung.

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Freitag, 14. Januar 2011
Hierarchie der Überschwemmungen
In dem taz-Artikel Hundttausende obdachlos:
  • 1.155 Zeichen über die Hochwasser in Australien (ohne Angaben über Todesopfer - die gab es in früheren Artikeln)
  • 622 Zeichen über Brasilien (über 360 Tote)
  • 477 Zeichen über die Philippinen (mindestens 42 Tote)
  • 159 Zeichen über Sri Lanka (mindestens 21 Tote, sonst fast keine Informationen)
Warum sind die Überschwemmungen in Australien so viel berichtenswerter als alll die anderen? Warum habe ich in den Medien bis jetzt kaum etwas von den Überschwemmungen in Sri Lanka erfahren?

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Abschiebung mit Todesfolge
Die taz berichtet: Eine schwerkranke Frau wurde abgeschoben und starb einen Monat nach ihrer Abschiebung:

"Es gab weder Medikamente noch Geld für einen Arzt. ... "Die Abschiebung bedeutete den Abbruch der fachärztlich gebotenen psychiatrischen Behandlung", sagt Anwalt Dieckmann. Man wisse zwar nicht, was die Gehirnblutung ausgelöst habe, erklärt Markus Göpfert, Leiter des Caritas-Fachdienstes Migration. "Aber möglicherweise gibt es einen Zusammenhang ..."

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Donnerstag, 13. Januar 2011
Geschichten über Aussiedler_innen
tagesschau.de interviewt Reiner Klingholz zu Aussiedler_innen. In dem Interview werden einige steile Thesen aufgestellt:

"Der Experte Klingholz erklärt im Interview mit tagesschau.de, warum die Integration der Aussiedler eine Erfolgsgeschichte ist."

Mit Aussiedler_innen habe ich mich noch nicht schwerpunktmässig auseinandergesetzt, aber diese Aussage finde ich überraschend. Zum einen, weil es mal eben eine recht große Gruppe homongenisiert, was nie funktionieren kann. Zum anderen, weil ab und zu Aussiedler_innen auch als Problem gehandelt werden. Zum Beispiel in Marzahn, wo sie die größte Einwanderergruppe stellen. Im Interview wird dann später auch klar, dass die migrierenden Erwachsenen erhebliche Probleme auf dem Arbeitsmarkt haben und weit unter ihrer Qualifikation arbeiten müssen, was sie wahrscheinlich nicht als Erfolg bewerten. Auch das Bild der "kriminellen Aussiedler" wird angesprochen. Da macht Klingholz dann eine deutschtümelnde Unterscheidung:

"In Städten wie Berlin gibt es da eine gewisse Häufung von Kriminellen mit russischem Hintergrund. Aber da werden oft Russlanddeutsche und Russen verwechselt. Es gibt ja auch viele Russen und Ukrainer, die eingewandert sind, ohne deutsche Vorfahren zu haben."

Mit Deutschtümmelei und rassistischen Ausgrenzungsmechanismen hat es sicher zu tun, wenn Aussiedler_innen weniger als Problem angesehen werden. Das spricht Klingholz implizit an, wenn er von phänotypischer rassistischer Zuschreibungspraxis spricht:

"Hinzu kommt, dass sie nicht deutlich anders aussehen als die "Einheimischen". Sie gehen also insgesamt stärker in der Gesellschaft auf."

und explizit, wenn er von gesetzlichen Rahmenbedingungen spricht:

"Sobald sie einen Fuß nach Deutschland gesetzt haben, bekommen sie einen deutschen Pass. Das erleichtert ihre Integration massiv. Sie bekommen zudem Vergünstigungen wie Integrations- und Deutschkurse, mehr als alle anderen. Das spricht nicht gegen die Aussiedler – sondern gegen die Integrationspolitik. Das zeigt, dass man bei anderen Gruppen auch etwas erreichen könnte, wenn man wollte."

Zeigt aber deutlich, dass er keinen rassismuskritischen Zugang hat, wenn er behauptet:

"Es dauert generell immer eine Weile, bis sich Integration in Assimilation gewandelt hat."

Assimilieren können sich nur die, die nicht klar als andere markiert sind. Mit gewissen physiognomischen Merkmalen ist das in Deutschland unmöglich, egal wie sehr mensch sich bemüht.

In seiner Differenzierung von Aussiedlerinnen und Türkinnen reproduziert Klingholz auch antimuslimischen Rassismus:

"Die Erwerbsquote ist aber sehr hoch [bei den Aussiedlerinnen]. Unter den türkischstämmigen Einwanderern sind die Frauen oft zu Hause, weil das teilweise kulturell erwünscht ist."

Wenn wir uns die Migrationsgeschichte in die BRD ansehen, fällt auf, dass viele türkische (und andere) Gastarbeiterinnen gekommen sind, um in den Fabriken zu schuften. Wenn sie heute keine Arbeit mehr haben, liegt das weniger an ihrem Wollen (oder ihrer Kultur), als an den Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt. Frauen und 'Ausländer_innen' und ungelernte Arbeiter_innen (und Kombinationen hiervon noch mehr) erfüllen Pufferfunktionen auf den Arbeitsmarkt, sie werden als erste entlassen, wenn es eng wird. - Es scheint so, als ob Aussiedler_innen weiter oben in der Rangordnung stehen, auch wenn ihr Platz durchaus prekär ist.

Zum Schluß noch ein Kommentar zu einer weiteren steilen These:

"Dass nichts über Aussiedler in der Zeitung steht, ist ein gutes Zeichen. Die Normalität interessiert ja oft keinen. Wenn es schiefläuft, wird es zum Thema."

Als ob alle Gruppen, die Ausgrenzungen erfahren, in den Medien auftauchen. Roma und Sinti findet mensch da selten. Über Illegalisierte und Menschen in Abschiebehaft wird höchst selten berichtet. Transmenschen und Intersex haben so gut wie gar keine Öffentlichkeit. Um nur ein paar Beispiele zu nenen von Gruppen, für die sich niemand interessiert und die daher auch nicht in den Medien auftauchen.

Dass über Aussiedler_innen wenig zu lesen gibt, mag auch damit zusammenhängen, dass wir das Bild aufrecht erhalten wollen, dass wir 'Deutschen' gut miteinander auskommen.

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