Samstag, 22. November 2008
Engstirnige Schule
In Wiesbaden wurde ein Mädchen für einen Tag von der Schule verwiesen, weil es Türkisch gesprochen hat. Wie die taz berichtet, sagt das Mädchen, dass es in der Pause Türkisch gesprochen hat und die Schule sagt, es war im Unterricht. Grundlegend für den Veweis ist laut Schule:

""Wenn so viele Nationalitäten gemeinsam lernen, schafft nur eine gemeinsame Sprache die Grundvoraussetzung für Kommunikation", sagt Schulleiterin Anna Marx".

Ich bin auf eine Europäische Schule gegangen. Wir waren zwar prinzipiell nach Hauptsprache in Klassenverbände aufgeteilt, haben aber auch viel Unterricht in gemischten Klassen gehabt. Im Unterricht gab es immer eine Hauptsprache, aber es war kein Problem, wenn eine Schüler_in auch mal eine andere benutzt hat, weil sie etwas nicht verstanden hat oder sich nicht ausdrücken konnte. So habe ich auch für mehrere Sprachen, die ich nie formal gelernt habe, ein Gefühl entwickelt. Vielsprachigkeit war für mich ganz selbstverständlich und unproblematisch. Als ich dann auf die einsprachige deutsche Universität kam, fand ich das sehr befremdlich. Da waren meine Studienaufenthalte in Großbritannien eine angenehme Abwechslung. Endlich gab es wieder vielsprachige horizonterweiternde Gruppen.

Aber es scheint bei den deutschen Schulsprachvorgaben auch nicht primär, darum zu gehen, ob vielsprachig gelernt werden kann. Es geht wohl vielmehr um die Unsicherheiten und Komplexe von Einsprachigen:

"Die Mädchen hätten vielmehr im Unterricht gestört und trotz Ermahnungen der Lehrerin weiter Türkisch gesprochen. Die Lehrerin habe sich persönlich angegriffen gefühlt, da sie aus Gesten und Mimik der Schülerinnen entnahm, dass negativ über sie gesprochen wurde, sagt Marx. Auch andere Schüler hätten sich zuvor über die Mädchen beschwert. "Sie empfanden ihr Verhalten als Ausgrenzung, Mobbing und Ärgern." Selbst auf einer Elternbeiratssitzung sei das Thema schon behandelt worden, weil Schüler vermuteten, über sie werde in einer fremden Sprache gelästert, erklärt Marx."

Mit solchen Problemen müsste eine Schule doch anders umgehen können.

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Sonntag, 16. November 2008
Normsetzung
Die BVG leidet darunter, dass die Scheiben ihrer Fahrzeuge gescratcht werden. Um dies in den UBahnen in der Zukunft zu verhindern, bekleben sie jetzt probehalber Scheiben mit Brandenburger Toren wie die taz berichtet und ich schon bewundern konnte. Nun finden dies einige Menschen nicht ästhetisch (so auch ich), andere halten es für wenig effektiv. Das ficht aber die BVG nicht an, denn sie wissen, was ästhetisch objektiv am besten ist und was ihre Fahrgäste wünschen:

""Diese Diskussion ist mir zu theoretisch", meint BVG-Sprecher Klaus Watzlack. Zerkratzte Scheiben "sehen aus wie Hund". Den Fahrgästen sei es außerdem egal, wie das Muster auf dem Sitz oder am Fenster aussieht. Hauptsache, es sei alles sauber und ordentlich - das würde auch das Sicherheitsgefühl erhöhen."

Aha.

Nachtrag 18.11.08: Habe heute morgen die ersten gescratchten Brandenburger Tore gesehen. Auch nicht hübsch.

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Die Schweiz und die Menschenrechte
Auch die Schweizer Polizei scheint regelmäßig gegen die Menschenrechte zu verstossen wie die taz berichtet.

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Samstag, 15. November 2008
Mal wieder Opferumkehr
In Steglitz-Zehlendorf erinnern Straßennamen nicht nur an den antisemitischen Historiker Treitschke sondern auch an die gewalttägigen Versuche Deutschlands, Teile Chinas zu kolonisieren. Die taz berichtet:

"Die Iltis-, Lans- und Taku-Straße erinnern an deutsche Kolonialschlachten im Osten Chinas. Die "Iltis" war ein Kanonenboot, das 1900 chinesische Widerstandskämpfer besiegte. Wilhelm Lans war deren Kapitän. Er bombardierte die Küstenforts von Taku. Mit alliierten Großmächten plünderten und mordeten sich die Kolonisten bis nach Peking."

Die CDU aber ist strikt gegen die Umbenennung der Straßen und führt dafür absurde Argumentationslinien an:

"CDU-Fraktionschef Hippe resümiert dagegen am Mittwoch, wer denn eigentlich Opfer gewesen sei - schließlich wurde auch der deutsche Kapitän Lans verletzt. "Kriegsverbrechen waren das jedenfalls nicht." Und wo heute Straßen nach Karl Liebknecht benannt seien, ertrage er Wilhelm Lans erst recht."

Nachtrag 22.11.08: Die taz berichtet wieder über den Streit über die Umbennenung der Treitschkestrasse in Steglitz. Gereon Asmuth kommenteirt pro Umbennenung und Uwe Rada contra. So argumentiert Rada, dass es auch falsch gewesen sei das DDR-Erbe aus dem Straßenbild zu löschen wie z.B. in der Umbenennung der Clara-Zetkin-Strasse in Dorotheenstrasse. So weit kann ich folgen. Weshalb wir mit einem Straßennamen der Ehefrau eines Kurfürsten gedenken und sie damit auch ehren sollen, ist mir unklar. Der Frauenrechtlerin Clara Zetkin zu Gedenken und dabei auch in Erinnerung zu halten, dass es zwei deutsche Staaten gab, finde ich ok. Daraus lässt sich für mich aber nicht folgern, dass wir der antisemitischen Geschichte Deutschlands Gedenken, in dem wir Antisemit_innen weiter mit Straßennamen ehren, wie das in Steglitz geschieht. Das dient weniger der Auseinandersetzung mit der Geschichte und mehr der Kontinuität.

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Donnerstag, 13. November 2008
Software erkennt Geschlecht
betitelt die taz einen Artikel über eine Webseite, die das Geschlecht einer Webautor_in mittels Sprachanalyse feststellen will.

Für meinen (englischsprachigen) Blog werde ich zum Mann erhoben (das heisst - wenn ich die Argumentationslinie richtig verstehe-, ich produziere ganz untypisch für Frauen Informationen):
Genderanalyzer analysiert andersdeutsch/english

Auf meiner englischsprachigen Webseite, auf der ich den Leser_innen meine wissenschaftlichen Ergebnisse zugänglich mache, scheinen aber die Informationen zu fehlen:
Genderanalyzer analysiert urmila.de/english

Dank des genderanalyzers kann ich jetzt aber wissenschaftlich fundiert sagen, ich sprenge die Grenzen der Zweigeschlechtlichkeit.

Nachtrag: Kyla Pasha wird vom GenderAnalyzer ganz eindeutig als Mann kategorisert. Auch yeahpope und Alison Bechdel werden in die Kategorie gepackt, allerdings etwas vorsichtiger. Hier gibt der GenderAnalyzer wie bei meinem Blog an, dass die Seiten recht "gender neutral" sind, genauso wie die als Frau kategorisierte Mera Terrha Pakistan. Spannend. Denn was all diese Seiten auf jeden Fall verbindet (ausser dass sie alle von in der Gesellschaft jeweils als Frauen definierten Menschen gemacht werden) ist, dass sie sich ganz explizit mit Gender beschäftigen und dabei alles andere als neutral sind.

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Dienstag, 11. November 2008
Weiße Flecken
Schild im Görlitzer Park

Das Bild hat meine immer gut informierte Kreuzberger Freundin mit folgendem Text verschickt:

"Das irre an dem Bild ist, dass der/die/das Punktemacher völlig richtig gekennzeichnet hat wo im Görli gedealt wird- allerdings hat er/sie/es ausschließlich die Stellen gekennzeichnet, wo schwarze Dealer stehen, dagegen sind alle Stellen, wo nicht so schwarze Dealer stehen, ausgelassen. Ähnlcih ist die Polizei dann bei einer Razzia verfahren: Alle Schwarzen -und nicht nur alle schwarzen Dealer- eingesammelt, die anderen durften weiter arbeiten."

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Donnerstag, 6. November 2008
Unsichtbar
Victoria Robinson kommentiert heute in der taz, welche Bedeutung der Wahlsieg Obamas für Schwarze Deutsche hat.

Dabei thematisiert sie auch, dass mit dem Fokus der Politik in Deutschland auf 'Migration und Integration' viele rassifizierte Menschen unsichtbar gehalten werden:

"In Deutschland sind Schwarze Deutsche kaum politisch repräsentiert - wir sind nämlich in weiten Teilen keine "Migranten", müssen weder Sprache lernen noch uns integrieren - und fallen damit aus dem Rahmen der Gruppen, für die "Beauftragte" in Frage kommen. Auch, wenn wir tagtäglich spüren müssen, dass man uns für "anders" hält, wird gleichzeitig so getan, als würde unser Schwarzsein gar keine Rolle spielen. Und wir bleiben mit unseren Belangen im Allgemeinen unsichtbar."

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Mittwoch, 5. November 2008
Rechtsstaatlichkeit nur für echte Deutsche
Von dem Prozess gegen den vermutlichen Holzklotzwerfer berichtet die taz:

"Weil der Mann aus Kasachstan stammt, beantragen seine Verteidiger gleich zu Beginn, die Angeklageschrift zu übersetzen und einen Dolmetscher zu bestellen. Doch der Vorsitzende Richter sieht hierfür keinen Grund. Nikolai H. lebt seit 14 Jahren in Deutschland und hat einen deutschen Pass. Das Argument der Verteidiger, dass H. im Alltag Russisch spricht und wegen geringer kognitiver Fähigkeiten als "nicht vermittelbar auf dem Arbeitsmarkt" gilt, reicht dem Richter nicht."

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