Samstag, 7. Juni 2008
Gegen Gewalt in der Familie
Die taz hat Fatma Bläser interviewt, die mit ihrem Verein Hennamond junge Männer und Frauen (mit Migrationshintergrund) unterstützt, die in ihren Familien von Gewalt bedroht sind bzw. zur Gewalt aufgerufen werden. Das Interview mit Bläser hebt sich angenehm von anderen Interviews zum Thema 'Ehrenmord' ab. Sie verzichtet auf platte Pauschalisierungen sowie auf die Gleichsetzung von Islam und Unterdrückung der Frau. Sie zeigt die strukturellen Rahmenbedingungen für familiäre Gewalt auf und zeigt Unterstützungswege für junge Frauen und Männer auf. Ab und zu kommen zwar vereinfachende Dichotomien (wie Deutsche und MigrantInnen) vor, aber insgesamt zeichnet sich das Interview durch Differenzierung und genaues Hinschauen aus.

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Freitag, 6. Juni 2008
Festungsmauern hoch gezogen
Die Festung Europa ist weiter verstärkt worden wie z.B. die taz berichtet:

"Verpflichtung zur Ausweisung illegaler Migranten; Abschiebehaft bis zu 18 Monaten; nach der Abschiebung ein Wiedereinreiseverbot für die gesamte EU für bis zu fünf Jahren: das sind die Kernpunkte der neuen "Rückführungsrichtlinie", auf die sich die Innen- und Justizminister der EU am gestrigen Donnerstag in Luxemburg einigten."

Die deutsche Regierung war dabei wohl federführend wie in einem zweiten taz-Artikel zu lesen ist:

"Flüchtlingsorganisationen vermuten die harte Hand Deutschlands hinter der Richtlinie. "Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hat es geschafft, die anderen EU-Staaten auf die deutsche Flüchtlingspolitik zu trimmen und so die Lage für Flüchtlinge, die nach Europa kommen, schlimmer zu machen", sagt Günter Burkhard von Pro Asyl. "Nach dieser neuen Richtlinie dürfen Menschen, die nichts verbrochen haben, in Gefängnissen gehalten werden. Dort, wo es am nötigsten ist, entfallen die menschenrechtlichen Standards.""

CDU-PolitikerInnen formulieren ihre grundgesetzwidrige ("Die Würde des Menschen ist unantastbar.") Überzeugungen sogar offensiv:

"Die Bundesregierung ist begeistert. Innenstaatssekretär Peter Altmaier (CDU): "Wir haben im Sinne Deutschlands erreicht, dass die Abschiebungen von denen, die wir loswerden wollen, in Zukunft erleichtert werden.""

Dominic Johnson kommentiert die Harmonisierung auf Basis des menschenverachtestenden Standards.

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Mittwoch, 4. Juni 2008
Typischerweise
Die taz berichtet über ein Urteil zum Thema Eingetragene Partnerschaften:

"In der Ehe bekomme typischerweise ein Ehegatte vom anderen Unterhalt, insbesondere wegen der Kindererziehung. Bei Homo-Partnerschaften hat das Verfassungsgericht dagegen "keinen typischerweise bestehenden Unterhaltsbedarf" gesehen.

Der gestern veröffentlichte Beschluss stammt von den überwiegend konservativen Richtern Winfried Hassemer, Udo Di Fabio und Herbert Landau. Sie erklären darin aber nicht, wie bei einer kinderlosen Ehe "typischerweise" ein Unterhaltsbedarf entsteht, der automatisch einen Gehaltszuschlag von 100 Euro rechtfertigt."


Die Richter gehen also typischerweise von einer Versorgerehe aus, in der der Ehemann die Ehefrau finanziell abhängig hält. Und das wird dann noch vom Staat unterstützt.

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Dienstag, 3. Juni 2008
Kritische Islamkonferenz
Der Kritischen Islamkonferenz stehe ich eher kritisch gegenüber. Da dort RednerInnen wie Ralph Giordano, die sich durch primitive Islamohobie auszeichnen, eine Bühne bekommen. Giordano scheint dies (wie die taz berichtet) auch wieder genutzt haben. Allerdings gab es wohl auch Proteste gegen seine Pauschalisierungen:

"Auch Giordanos Aussage, er glaube nicht mehr an eine kollektive Integration speziell der türkischen Migranten, erntete Widerspruch."

Und auch sonst gab es wohl einige Aussagen, die ich unterschreiben könnte (würden sie in einen anderen Kontext eingebettet):

" In ihrer Abschlusserklärung kritisierten die rund 200 Teilnehmer die Initiativen von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und anderer deutscher Politiker, die eine verbesserte Integration von Zuwanderern durch eine Stärkung der "religiösen Identität" zu erreichen versuchten. Hierdurch werde "Individuen eine Gruppenidentität zugeschrieben ..."

Die derzeitige Fixierung auf Islam als Problem der 'AusländerInnen' ist eine unzulässige und gefährliche Homogenisierung der sehr diversen Menschen, die nicht als Deutsche anerkannt werden. Und sie hat ganz reale Konsequenzen:

"So würden Migranten dazu gezwungen, sich über die Religion zu definieren, "selbst dann, wenn sie ihrer Herkunftsreligion ursprünglich eher gleichgültig oder vielleicht sogar ablehnend gegenüberstanden""

Auch jene, die sich nicht als Muslime definieren würden, müssen sich jetzt aktiv mit der Zuschreibung auseinandersetzen. Gleichzeitig wird auch eine christliche Identifizierung gerade forciert.

Diese Instrumentalisierung von Religion durch die Dominanzgesellschaft muss thematisiert werden. Jene, die als Muslime definiert werden und ihnen auf dieser Grundlage Rechte entzogen werden, müssen geschützt werden. Da unterscheide ich mich dann grundlegend von den Teilnehmenden der Kritischen Islamkonferenz.

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Privilegien
Die taz interviewt den Vielreiser Helge Timmerberg über sein Reise in 80 Tagen um die Welt. Dabei beschreibt Timmerberg, wie die Reisen auch ein Weglaufen vor Problemen sind und das nicht funktioniert. Er kommt dann zum Schluss, dass es in Berlin doch schön ist:

"Ich kam nach den 80 Tagen nach Berlin, und ich kam in dem Rhythmus: neue Stadt, nächste Stadt. Und dann hat es mir plötzlich wahnsinnig gut gefallen. Alle Nationalitäten und Völker sind hier. Und die Toleranz in Deutschland ist viel größer als in fast allen anderen Ländern, in denen ich gewesen bin. Ich könnte zum Beispiel in Bangkok kein Restaurant eröffnen, denn Ausländer dürfen da keine Geschäfte machen. In Indien können sie dich für ein Gramm Haschisch mit abgebrochenen Bambusstöcken auspeitschen, bis du keine Haut mehr hast - das passiert. Am Ende dieses Buches steht eigentlich das Finden, das Erkennen: Warum soll ich eigentlich weg aus Berlin?"

In Berlin können 'AusländerInnen' auch nicht einfach ein Restaurant eröffnen. Soweit geht die Toleranz bei weitem nicht.
In Deutschland kann der Verdacht des Rauschgifthandels zu einem erzwungenen Herbeiführen des Brechens führen, das schon mehrfach zum Tode der Beschuldigten geführt hat (auch andere Tode in Polizeigewahrsam sind dokumentiert). Und das scheint gerichtlich besser abgesichert zu sein, als Prügeln in Indien (das ist definitiv verboten).

Timmerberg möchte also wohl in Berlin sein, weil er als 'Deutscher' hier über alle Privilegien verfügt, die ihm anderswo in der Welt zum Teil vorenthalten werden.

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Dienstag, 3. Juni 2008
Rassismus im Fußball
Die taz berichtet darüber, mit welchen alltäglichen Rassismen die SpielerInnen, TrainerInnen, etc. des jüdischen Fußballclubs Makkabi kämpfen müssen. Und wie dies von anderen klein geredet wird.

Nachtrag 08.09.08: Heute berichtet die taz berlin über die Rassismuserfahrungen von Türkiyemspor.

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Junge Freiheit für Abgeordnete
Die Junge Freiheit ist laut taz in den Presseverteiler des Bundestages aufgenommen worden. Dafür mag es gute Gründe geben. Der Grund, der von einem Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung angegeben wurde, ist allerdings sehr bedenklich:

"So schreibt ein Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung in einem Brief an das Büro des SPD-Abgeordneten Frank Schwabe, es bedürfe "des Hinweises, dass die Pressedokumentation schon seit langem dezidiert das linke politische Spektrum vertretende Zeitungen wie Neues Deutschland oder taz auswertet." Weiter heißt es: "Auch unter dem Gesichtspunkt der Ausgewogenheit des Informationsangebotes für die Abgeordneten erscheint die Berücksichtigung der Jungen Freiheit als dem bekanntesten Blatt des nationalkonservativen oder rechten Lagers geboten." "

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Ethnische Säuberung
""Die Vertreibung der Deutschen vor sechs Jahrzehnten war die größte ethnische Säuberung, die es je gab in Europa", erklärte Stewens unter dem Applaus der Vertriebenen." berichtete die taz über eine Rede der Vizeministerpräsidentin Bayerns. Dafür wurde sie auch kritisiert.

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Sonntag, 25. Mai 2008
LeistungsträgerInnen
Laut taz hat der Vorsitzende des RCDS Gottfried Ludewig zur Thema Umverteilung folgendes vorgeschlagen:

"Die Lösung könnte ein doppeltes Wahl- und Stimmrecht bei Bundestags- und Landtagswahlen für alle Leistungsträger in Deutschland sein."

Mit den LeistungsträgerInnen meint er bestimmt all die Frauen, die sich mit keiner oder kleiner Bezahlung, um Kinder, Pflegebedürftige und Männer kümmern.
Oder illegalisierte Menschen, die es schaffen, ohne jegliche Rechte am Leben zu bleiben.
Oder all die in prekären Beschäftigungslagen, die bei minimalen Einkommen gesellschaftswichtige Aufgaben erfüllen.

Das wäre schon hart für all die Ludewigs, die bisher wenig mehr leisten mussten, als in die Fußstapfen ihrer Väter zu treten, von deren Netzwerken und Ressourcen zu profitieren und über die über Generationen hinweg angeeigneten Privilegien zu verfügen.
Und es wäre verfassungswidrig. Insofern werden die Ludewigs weiter das gleiche Wahlrecht haben, wie jene die täglich kämpfen müssen.

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Samstag, 24. Mai 2008
Strukturelle Ausgrenzung
Die taz berichtet:

"Der Deutsche Anwaltverein sieht den "Zugang zum Recht" für Asylbewerber stark gefährdet. Sein Präsident Hartmut Kilger sagte, Asylanwälte würden heute so schlecht bezahlt, dass eine "verantwortliche" Betreuung der Mandanten kaum möglich sei."

und liefert auch eine Motivation der niedrigen Sätze:

"Schuld an den niedrigen Honoraren ist der Gesetzgeber. Er legte den Streitwert für Asylsachen auf nur 3.000 Euro fest. Das war 1993, als auch das Asylgrundrecht eingeschränkt wurde. Nach Auffassung der Anwälte sollte so die Übernahme von Asylmandaten unattraktiv werden. Seither wurde der Streitwert nicht angehoben."

und weist auf Ungereimtheiten in der Festlegung des Streitwertes hin:

"Bei der Klage um einen verweigerten Waffenschein ist der Streitwert immerhin 7.500 Euro, da stimmt doch das Verhältnis nicht."

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